Titel: | Stassfurter Kali-Industrie; von Dr. A. Frank in Stassfurt. |
Autor: | A. Frank |
Fundstelle: | Band 218, Jahrgang 1875, S. 62 |
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Stassfurter Kali-Industrie; von Dr.
A. Frank in
Stassfurt.
(Schluß von S. 503 des vorhergehenden
Bandes.)
Frank, über die Staßfurter Kali-Industrie.
D. Glaubersalz.
Die Verwendung des schwefelsauren Magnesiums und des Chlornatriums der Löserückstände
zu der seit lange auf vielen Salinen, wie auch von Balard
für Seesalzmutterlaugen und gelösten Pfannenstein ausgeführten Glaubersalzgewinnung,
hatte bei ihrer Einführung in die Staßfurter Industrie erst die sehr bedeutenden technischen Schwierigkeiten
zu beseitigen, welche sich einer geregelten und raschen Darstellung und Verarbeitung
größerer Laugenmassen in der kurzen kalten Winterzeit entgegenstellten. Der
anscheinend nahe liegenden Benützung von Eismaschinen, um mit deren Hilfe die
Fabrikation unabhängig von der Außentemperatur im ganzen Jahre zu betreiben, stellte
sich der ziemlich bedeutende Aufwand, welchen Anschaffung und Betrieb solcher
Maschinen bisher erfordern, als Hinderniß entgegenObgleich die Umsetzung von schwefelsaurem Magnesium und Chlornatrium ohne
bedeutende thermisch-chemische Action zu verlaufen scheint, so tritt
doch beim Auskrystallisiren des Glaubersalzes aus deren gemischten Lösungen
eine bedeutende Wärme-Entwickelung ein. Versuche und Berechnungen,
die vom Schreiber dieses angestellt und sowohl auf die
Wärme-Entwickelung beim Auskrystallisiren übersättigter
Glaubersalzlösungen, als auf die Abkühlung beim Lösen von Glaubersalz sich
stützten, ergaben das Freiwerden von ca. 59c bei der Ausscheidung des
Glaubersalzes, ein Facit, welches auch erklärlich erscheint, wenn man die
bedeutende Menge Krystallwasser (10 H₂O = 55 Proc.), welche mit dem
schwefelsauren Natrium erstarrt, berücksichtigt. Neben der Abkühlung der
gesammten Lösungen haben also die Eismaschinen auch die zur Neutralisation
des so frei werdenden Plus von Wärme erforderlichen Minuscalorien zu
liefern., und die ebenfalls sehr einnehmende Idee, von den Rückständen sofort nach
dem Herauslösen des Kalisalzes eine zur Glaubersalzgewinnung geeignete Lauge zu
erzeugen und diese in großen wasserdicht ausgemauerten Bassins anzusammeln und sie,
nachdem sie völlig geklärt, gleichmäßig gemischt und vorgekühlt war, bei
eintretender Kälte rasch und in großen Mengen ausfrieren zu lassen, stieß auf
unerwartete Schwierigkeiten, da das mit Cement ausgeführte Mauerwerk der großen
Bassins (dieselben waren 33m lang, 33m breit und 3m tief) der Einwirkung der Laugen wie dem
Drucke des Grundwassers nicht genügend widerstand und große Verluste durch
Versickern etc. verursachte. Nach diesen namentlich von Ziervogel und Tuchen gesammelten Erfahrungen
ist man überall darauf zurückgekommen, die Darstellung der Glaubersalzlösungen nur
im Winter und so lange zu betreiben, als eine entsprechend niedrige Temperatur
herrscht und die während der anderen Monate auf die Halde gestürzten Löserückstände,
zusammen mit den im Winter fallenden, in großen, mit mechanischen Rührwerken
versehenen Apparaten durch einströmenden Dampf rasch zu lösen und, nachdem sie durch
Absetzen geklärt, auf entsprechend großen hölzernen Kühlschiffen ausfrieren zu
lassen.
Auf der Fabrik von Fr. Müller ist eine andere, in der
ersten Einrichtung einfachere Lösemethode in Anwendung; es werden dabei die
Rückstände nur in große Bottiche mit falschen Böden geworfen und durch
überfließendes erwärmtes Wasser gelöst. Dieses Verfahren gibt eine weniger vollkommene
Ausnützung derselben und ist außerdem nur für solche Salzgemische anwendbar, in
denen durch längere Einwirkung von Luft und Feuchtigkeit der Kieserit bereits
verwittert istLöserückstände, welche mehrere Winter im Freien gelagert haben, enthalten oft
große Massen fertig gebildeten Glaubersalzes, so daß aus deren Lösung
scheinbar auch ohne starke Abkühlung Glaubersalz auskrystallisirt; so
enthielt z.B. ein von 1861 bis 1864 gelagerter Löserückstand auf der
Kalifabrik von A. Frank in Staßfurt:Magnesiumsulfat14,49Natriumsulfat13,96Calciumsulfat2,26Natriumchlorid27,09Kaliumchlorid1,60Unlösliches10,48Wasser30,12. Als eine eigenthümliche Erscheinung mag hier noch erwähnt werden, daß,
obgleich bei der Bildung des schwefelsauren Natriums durch Doppelzersetzung die
äquivalenten Massen von Chlormagnesium entstehen, ein geringer Gehalt an freiem
Chlormagnesium die Krystallisation ganz bedeutend beeinträchtigt und vermindert, und
daß man deshalb namentlich die zur Verwendung kommenden frischen Löserückstände
durch vorheriges Abspülen mit Wasser möglichst von anhängendem Chlormagnesium resp.
Carnallitlösung befreit. Ebenso hat sich auch in Staßfurt die ältere Angabe
bestätigt, daß ein Ueberschuß von Kochsalz in der Lösung die Ausscheidung des
Glaubersalzes wesentlich fördert, und sortirt man deshalb die Rückstände möglichst
derart, daß in deren Lösung auf 1 Mol. Bittersalz 2 Mol. Kochsalz kommen. Das aus
den Rohlaugen gewonnene rohe GlaubersalzRohes Glaubersalz enthielt im Durchschnitt nach mehreren im Laboratorium der
Vereinigten chemischen Fabriken zu Leopoldshall ausgeführten Analysen:Natriumsulfat40,22Natriumchlorid1,23Magnesiumsulfat als Kieserit0,47Magnesiumchlorid0,92Calciumsulfat1,12Rückstand (unlöslich)1,40Wasser54,64––––––100,00 ist mit Kochsalz und Chlormagnesium verunreinigt und in dieser Form für die
wenigsten Zwecke brauchbar; dasselbe wird daher entweder durch nochmaliges Auflösen
zu krystallisirtem „raffinirtem“ Glaubersalz oder durch
Verdampfen resp. Auskochen zu wasserfreiem Glaubersalz (Sulfat) umgearbeitet und
wird in beiden Formen von den Consumenten vielfach dem durch Zersetzung von Kochsalz
mit Schwefelsäure dargestellten Sulfat vorgezogen, da es bei richtiger Darstellung
die namentlich für Glasfabrikanten werthvolle Eigenschaft besitzt, kein Eisen und
keine freien Säuren zu enthaltenNach Analysen im obigen Laboratorium enthielt:CalcinirtesGlaubersalzPrima.Secunda.Natriumsulfat97,1094,00Calciumsulfat 0,40 1,10Natriumchlorid 1,65 2,50Unlösliches 0,35 2,20Eisenoxyd 0,012 0,07Wasser Rest Rest––––––––––––––––––100,000100,00.. Das in großen Krystallen (Sodaform) gewonnene Glaubersalz findet leider als
Verfälschungsmittel für krystallisirte Soda im Kleinhandel ausgedehnte Anwendung;
dagegen hat die Darstellung von Glaubersalz in Bittersalzform jetzt fast ganz
aufgehört, da der Preis von Bittersalz und Glaubersalz jetzt nahezu gleich
steht.
Die bedeutendsten Anlagen für Glaubersalzgewinnung und Verarbeitung sind die der Vereinigten Actiengesellschaft Leopoldshall, welche nach
den bei Ziervogel und Tuchen
gesammelten Erfahrungen von L. W. Ziervogel projectirt,
später noch vom Verfasser in Gemeinschaft mit Dr. Georg
Borsche erweitert und verbessert worden sind, so daß
in denselben im Winter 1872/73 ca. 75000 Ctr., im Winter 1873/74 ca. 150000 Ctr., im
Winter 1874/75 endlich 250000 Ctr. rohes Glaubersalz gewonnen und weiter verarbeitet
wurden. Die Kühlapparate haben jetzt 12000qm Oberfläche und liefern bei günstigen Nächten bis zu 3000 Ctr. rohes
krystallisirtes Glaubersalz in 24 Stunden. Die Weiterverarbeitung des gewonnenen
rohen Glaubersalzes zu Soda findet bisher in Staßfurt noch nicht statt, dürfte aber
mit der Zeit auch in Angriff genommen werden müssen, da namentlich der Markt für
krystallisirtes Glaubersalz ein sehr beschränkter ist und überdies bei der
Unsicherheit der von äußeren Verhältnissen völlig abhängigen Production vorherige
Abschlüsse mit den Consumenten von calcinirtem Sulfat (Glashütten etc.) immer nur in
beschränktem Umfange möglich sind. Bei einer regelmäßigen Verarbeitung der
Löserückstände sämmtlicher Kalifabriken in Staßfurt-Leopoldshall dürfte bei
jetziger Rohsalzförderung ein mittlerer Ertrag von 700000 Ctr. rohem krystallisirtem
(= 230000 bis 240000 Ctr. calcinirtem) Glaubersalz resultiren; da es aber vielen
Fabriken an genügenden Räumen zum Aufstürzen der Rückstände etc. fehlt und die
erforderlichen Anlagen auch kostspielig sind, so werden diese die Kieseritwäsche
stets der mühsameren Glaubersalzfabrikation vorziehen.
Verwerthung der letzten
Laugen.
Die bei der Verarbeitung des Carnallitsalzes wie der Kainite und auch bei der
Glaubersalzgewinnung fallenden letzten Laugen, welche als wesentlichsten
Bestandtheil Chlormagnesium enthalten und ein Jahresquantum von 2 bis 3 Millionen
Ctr. (100000 bis 150000t) trockenes
Chlormagnesium repräsentiren, haben bisher noch nicht die Beachtung in der Technik
gefunden, welche dieser Verbindung wegen ihrer mannigfachen schätzenswerthen
Eigenschaften gebührt, und die hier kurz erwähnt werden mögen, um zu deren weiterer
Ausnützung anzuregen. Die wesentlichen physikalischen Eigenschaften des
Chlormagnesiums sind: Große Hygroskopicität, leichte Löslichkeit und großes
Volumgewicht der Lösungen; die chemischen: leichte Zersetzbarkeit des wasserhaltigen
Salzes in der Hitze in Salzsäure und Magnesia und Zerlegung desselben durch alle
Alkalien und alkalischen Erden.
Bisherige Verwendung der letzten Laugen. Wie schon
erwähnt, enthalten die Abraumsalze einen kleinen Bruchtheil Brom, welches sich in
den letzten Laugen anhäuft und daraus von dem Verfasser fabrikmäßig gewonnen wird;
ebenso hat der Bromgehalt der letzten Laugen dem Verfasser Anlaß gegeben, aus diesen
und aus den ausgekochten Salzen Mischungen herzustellen, welche den verschiedenen
für medicinische Zwecke benützten Bade- und Mutterlaugensalzen (Kreuznacher,
Rehmer, Wittekinder, Kösener, Gottschalkowitzer etc.) nach Beschaffenheit,
Zusammensetzung und medicinischer Wirkung völlig entsprechen, und da sie bedeutend
billiger sind, als die „natürlichen“ Badesalze, auch die
Verwendung für weniger Bemittelte, sowie für große Badeanstalten, Lazarethe etc.
ermöglichen. Nach demselben Princip hat der Verfasser künstliches Seewasser der
verschiedenen Meere (Ostsee, Nordsee, Atlantischer Ocean etc.) für Bäder und
Aquarien hergestellt, für dessen richtige Zusammensetzung der Beweis damit geliefert
wurde, daß die Fische der betreffenden Gewässer darin fortlebten und gediehen. Bei
dem zunehmenden Seefischhandel nach dem Inlande wird es mit Hilfe solcher
Seesalzgemische aber auch möglich sein, im Binnenlande mit geringen Kosten größere
Seewasserbassins herzustellen und darin die Fische für den Verkauf lebendig zu
erhalten.
Als weitere und zur Zeit bedeutendste Verwendung der Staßfurter Endlaugen muß die von
Joseph Townsend, Port Dundas Glasgow, erfolgte Einführung
des Chlormagnesiums für die Webwaarenfabrikation an
erster Stelle erwähnt werden. Es ist bekannt, daß Ketten- und Schußfäden bei
der Weberei schon seit langer Zeit mit gewissen Schlichtmaterialien (Stärke-,
Isländisch- oder Caragheenmoos-Kleister) getränkt wurden, damit die
Fäden fester wurden und namentlich auf den Dampfwebstühlen nicht so leicht abrissen
(brachen). Da indessen diese Materialien leicht schimmelten und trockneten, so
mußten sie mit verschiedenen, nicht immer unschädlichen antiseptischen Mitteln
versetzt werden. Noch schlimmer aber für die Gesundheit der dabei beschäftigten
Arbeiter war es, daß man die Webstühle, um das Trocknen der Schlichte zu verhindern,
in Räumen aufstellte, die entweder an sich feucht waren (Keller etc.), oder in denen
durch Einleiten von Wasserdampf künstlich eine feuchte Atmosphäre geschaffen
wurde.
Die Einführung des Chlormagnesiums als Zusatz zu den Schlichten welche man Townsend verdankt, hat diese Uebelstände nicht nur
beseitigt, indem das Präparat die Schlichten vor Zersetzung schützt und durch seine
Hygroskopicität den Faden ohne künstliche Anfeuchtung geschmeidig erhält, sondern
die Luft in den Arbeitsräumen ist noch wesentlich dadurch verbessert, weil das
Chlormagnesium das mit den Ausdünstungen der Arbeiter exhalirte Ammonik absorbirt.
In England, wo Townsend unter dem Schutze eines Patentes
für Ausbreitung seiner Erfindung thätig sein konnte, hat dieselbe ausgedehnte
Anwendung gefunden; in Deutschland ist wegen Mangel eines Patentschutzes bisher
Niemand in der Lage gewesen, die hiermit, wie mit der ersten Einführung jeder
Neuerung verbundenen Opfer zu riskiren.
Das Chlormagnesium wird für diesen Zweck in krystallisirter Form (MgCl + 6
H₂O) durch einfaches Eindampfen der Endlaugen auf 39° B. (1,375
Vol.-Gew.) und Einfüllen der heißflüssigen Masse in Buchenholzfässer oder
Petroleumfässer fertig gemacht, und werden davon jetzt 6000 bis 8000t jährlich nach England versendet, welche
dort mit 7 bis 9 Pfd. St. pro Tonne incl. Patentnützungsrecht verkauft werden,
während der Preis in Staßfurt für gute derartige Waare kaum 3 Pfd. St. pro Tonne
(ca. 3 M. pro Ctr.) ist.
Eine andere Verwendung der hygroskopischen Eigenschaften des Chlormagnesiums ist mit
dessen Zusatz zu dem für die Straßenbesprengung benützten
Wasser versucht worden, wobei man auch als Nebenvortheil die Bindung des im
Straßenkoth befindlichen freien Ammoniaks in Aussicht nahm. Obgleich nun das
angestrebte Ziel erreicht wurde, so bot doch der Transport der erfordlichen großen
Massen bisher unüberwindliche Schwierigkeiten, und man hat es an den betreffenden
Versuchsstätten billiger gefunden, durch Anwendung größerer Massen Sprengwasser
annähernd dasselbe Resultat zu erzielen.
Im Anschluß hieran mag auch gleich die Verwendung des Chlormagnesiums als Desinsfectionsmittel in der sogen. Süvern'schen Masse und
in ähnlichen Combinationen (Kalk, Theer, Chlormagnesium) erwähnt werden, die indeß,
wenn auch bei kurzen Wasserläufen und sorgfältiger Anwendung nicht ganz ohne Nutzen,
den davon anfänglich gehegten großen Erwartungen nicht entfernt entsprach und
entsprechen konnte.
Sorel'scher Cement. Für die bekannte Erfindung Sorel's, aus geglühter Magnesia und Chlormagnesium
eventuell unter Zusatz weiterer Farbe- oder Füllstoffe künstliche
marmorartige Steine herzustellen, findet das Staßfurter Chlormagnesium einige
Verwendung, doch ist dieser Magnesiacement leider noch nicht genügend gewürdigt,
obwohl Sorel das Verfahren in letzter Zeit noch
wesentlich verbesserte und unter anderen auch in Wien ausgestellte Schleifsteine
– mit Zusatz von Schmirgelpulver – producirte, welche von
Metallarbeitern sehr gerühmt wurden. Ob sich Sorel's
Angabe, daß sein Magnesiacement auch dem Seewasser widerstehe, bestätigt, konnte vom
Verfasser leider nicht in Erfahrung gebracht werden; gegen warmes süßes Wasser ist
der Cement nicht dauernd widerstandsfähig.
Eine andere Verwendung des Chlormagnesiums, welche vielleicht eine Zukunft hat, ist
die als Klärungs- und Neutralisationsmittel bei der Verarbeitung des Zuckerrübensaftes. Nachdem Scheibler durch seine epochemachenden Arbeiten in Gemeinschaft mit Marschall und Felz
festgestellt hatteZeitschrift des Vereins für Rübenzuckerindustrie in Deutschland. Marschall, Jahrg. 1870 S. 339 und 619; Jahrg.
1871 S. 97. Felz, Jahrg. 1870 S. 357., daß es hauptsächlich nur die selbst nicht krystallisirenden organischen und
kohlensauren Verbindungen der Alkalien sowie die Aetzalkalien sind, welche die
Krystallisation des Zuckers verhindern und dadurch zu Melassebildnern werden,
während die selbst leicht krystallisirenden Alkalisalze, namentlich Chloride und
Sulfate, nicht nur keine Melassebildner sind, sondern sogar theilweise als
Verhinderer der Melassebildung wirken, hat man der Neutralisation der Alkalien volle
Aufmerksamkeit gewidmet und neben der directen Verwendung von Säuren –
Phosphorsäure, Schwefelsäure, schwefliger Säure etc. – namentlich solche
Salze herangezogen, welche, sich mit den schädlichen
alkalischen Salzen leicht umsetzend, diese neutralisiren. Von Morgenstern wurde hierzu das Magnesiumsulfat vorgeschlagen. Da aber ein
nicht immer zu vermeidender Ueberschuß derselben zur Bildung des in den Zuckersäften
sehr störenden Gypses Anlaß gibt, so sah man von diesem Präparat bald wieder ab und
benützte nach
Wandel's und des Verfassers Vorschlag eine Lösung von
Chlormagnesium gewissermaßen als neutrale Säure, da ein Ueberschuß davon nichts
schaden konnte, während die bei der Zerlegung des Chlormagnesiums durch die
Aetzalkalien sich abscheidende Magnesia zugleich als Klärmittel diente und große
Mengen organischer Verunreinigungen des Saftes, ähnlich wie dies schon bei der
sogen. Saturation geschieht, mit niederreißt. Nach Scheibler's neuesten, noch nicht abgeschlossenen Arbeiten scheint es, als
ob die Anwendung der Magnesia selbst neben den freien
Säuren belangreiche Vortheile böte.
Darstellung von Chlorbarium. Bei der Darstellung von
Chlorbarium ist das Chlormagnesium mit Erfolg an Stelle von Chlorcalcium oder
Chlormangan verwendet, indem man die Beschickung aus einem Gemisch von Schwerspath,
Kalk, Chlormagnesium und Kohle zusammensetzte und damit ein für viele Zwecke,
namentlich für das de Haen'sche
Kesselspeisewasser-Reinigungsverfahren sehr brauchbares Chlorbarium erhielt,
welches nach entsprechender Reinigung auch für Herstellung von Blanc fixe (mittels schwefelsaurem Magnesium) brauchbar
sein dürfte.
Salzsäuredarstellung. Die schon von Balard vorgeschlagene Benützung der leichten Zersetzbarkeit des
Chlormagnesiums beim Erhitzen zur Gewinnung von Salzsäure hat sich bisher in der
Praxis noch keinen Platz erobert, da die hierbei resultirende Salzsäure sehr dünn,
die vollständige Zersetzung schwierig und langsam, der Proceß daher, Angesichts des
billigen Preises der Salzsäure aus anderen Quellen, nicht lohnend ist. Aus demselben
Grunde ist die Anwendung des Chlormagnesiums zum Extrahiren des Kupfers aus den
Sanderzen und selbst die leichter ausführbare Darstellung von reinem Chlor durch
Erhitzen eines Gemisches von Braunstein und Chlormagnesium bisher noch nicht im
Großbetriebe eingeführt. Auch Weldon's Vorschlag, bei der
Revivication des Braunsteins das Chlormagnesium zu verwenden, hat noch keine
Nachfolge gefunden, und ebenso wenig sind bisher die für hüttenmännische Zwecke
– chlorirendes Rösten – so werthvollen Eigenschaften in größerem
Maßstabe benützt. Trotz alledem ist mit Bestimmtheit zu hoffen, daß diese für viele
Zwecke so brauchbare und in Staßfurt so massenhaft als beinahe werthloses
Nebenproduct fallende Verbindung mit der Zeit eine größere Rolle in der Technik
spielen wird.