Titel: | Zwei neue Dampfpumpen. |
Fundstelle: | Band 218, Jahrgang 1875, S. 13 |
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Zwei neue Dampfpumpen.
Mit Abbildungen auf Taf.
I [a/1].
Zwei neue Dampfpumpen.
Auf dem Gebiete der directwirkenden Dampfpumpen sind schon, obwohl kaum seit einem
Decennium näher beachtet, so unzählige Variationen zu Tage gefördert, daß es fast
scheint, als ob der menschliche Erfindungsgeist hier unerschöpflich bleiben sollte.
Täglich tauchen neue und originelle Ideen speciell zur Steuerung dieser Maschinen
auf, und selbst nur die interessantesten derselben zu beleuchten, würde die Geduld
der Leser allzu viel in Anspruch nehmen.
In jüngster Zeit wurden in englischen und amerikanischen Fachblättern zwei neue
derartige Mechanismen mitgetheilt, welche einer näheren Erörterung besonders werth
erscheinen und daher kurz hier besprochen werden sollen; es ist dies die modificirte
Dampfpumpe von Hayward und Tyler (Engineer, Juli 1875 S. 41, Engineering, Juli 1875 S. 45) und die neue Dampfpumpe
von Blake (Journal of the Franklin Institute, December 1874 S. 394 und daraus im
Engineering, Juli 1875 S. 37, und Engineer, Juni 1875 S. 437).
Erstere war auf der jüngsten Jahresausstellung der Royal Agricultural Society in
Taunton (England) zum erstenmale erschienen, und ist in Fig. 1 bis 4 dargestellt. Wie aus den
Zeichnungen hervorgeht, ist dieselbe von der allbekannten Hayward und Tyler'schen
„Universal“-Dampfpumpe (1868 190 258; vergl. auch 1871 200 173) dadurch
unterschieden, daß hier die Steuerung nicht im Dampfkolben, sondern außerhalb
desselben in einem eigenen Schiebergehäuse angebracht ist. Dadurch wird die
Kolben- resp. Cylinderlänge bedeutend vermindert und die Steuerung leichter
zur Reparatur zugänglich; indem aber für die Steuerung jetzt noch ein zweiter
Dampfkolben erforderlich ist – der Mechanismus im Schiebergehäuse
repräsentirt thatsächlich eine zweite kleine Dampfmaschine – wird die Anlage
sowohl complicirter und theurer, als auch der Dampfverbrauch etwas größer.
Die Einrichtung des großen Steuerkolbens mit dem darin befindlichen zweiten
Kolbenschieber ist in den Zeichnungen im Horizontal-, Vertical- und
Querschnitte näher dargestellt. Aus Fig. 4 ersieht man, daß
der Hauptschieberkolben nur durch eine Oeffnung in der Mitte frischen Dampf erhält,
welcher den inneren Raum des Kolbens anfüllt, an die beiden Enden desselben jedoch
nicht direct gelangen kann. Durch eine kleine, in Fig. 4 angedeutete
Oeffnung (links) kann jedoch auch frischer Dampf ins Innere des kleinen
Steuerkolbens gelangen, und von hier aus strömt derselbe, bei der in Fig. 1 gezeichneten
Stellung, durch einen Canal im Hauptsteuerkolben hinter das linke Ende desselben und
treibt den Kolben nach rechts, wie er eben in Fig. 1 dargestellt
ist.
In dieser Stellung tritt der in den Hauptschieber zuströmende Dampf direct hinter die
linke Seite des Dampfkolbens und treibt denselben nach rechts, während der vor dem
Kolben befindliche Dampf durch die große Schiebermuschel seinen Austritt findet,
sowie der rechts vom Steuerkolben befindliche Dampf unter der kleinen
Schiebermuschel entweicht. Endlich communicirt auch die Oeffnung z durch den Canal y im
großen Steuerkolben mit dem Dampfaustritt (Fig. 4), sowie die
Oeffnung z' am rechten Ende des kleinen Steuerkolbens
durch den Canal y' im großen Schieber mit einer Bohrung
x' im Dampfcylinder in Verbindung steht, welche ins
rechte Ende des Cylinders führt, also jetzt gleichfalls den Dampfaustritt
gestattet.
So stehen jetzt beide Seiten des kleinen Steuerschiebers, sowie die rechte Seite des
Hauptschiebers mit dem Dampfaustritte in Verbindung, bis der Dampfkolben am todten
Punkte rechts (Fig.
1) angelangt ist; sobald aber dies geschehen, wird die Oeffnung x' im Dampfcylinder mit dem nachdrückenden frischen
Dampfe erfüllt, und durch diese, den Canal y und die
Oeffnung z' gelangt endlich auch frischer Dampf auf die
rechte Seite des kleinen Steuerschiebers. Derselbe muß sich daher nach links bewegen
und läßt jetzt aus dem Inneren des Hauptschieberkolbens frischen Dampf auf dessen
rechte Seite treten, während die linke Seite mit der Ausströmung in Verbindung
kommt. Der Hauptschieber geht somit gleichfalls nach links und veranlaßt hierdurch
den Rückgang des Dampfkolbens.
Auf diese Weise findet, sobald einmal die Bewegung eingeleitet ist, regelmäßiges
Spiel der Pumpe statt; um diese für alle Fälle auch beim Angehen zu sichern, ist ein
Drücker P vorhanden, mittels dessen der Hauptschieber
beim Anlassen gestellt werden kann.
Die zweite der hier zu beschreibenden Dampfpumpen ist die des Amerikaners Blake, welche seit einigen Jahren in der amerikanischen
Staatenmarine ausgedehnte Anwendung findet und nun durch die Firma Owens und Comp. in London nach
Europa eingeführt werden soll. Dieselbe ist in Fig. 5 bis 7 dargestellt, mit
Weglassung des Pumpencylinders, welcher keine besondere Neuerung darbietet. Die
Steuerung geschieht zunächst durch einen gewöhnlichen Muschelschieber F', welcher durch zwei Kolben M und N (Fig. 5) seine hin und her
gehende Bewegung erhält. Außerdem aber ist zwischen demselben und dem eigentlichen
Schiebergesichte ein Zwischenschieber B eingeschaltet,
welcher in der aus Fig. 7
ersichtlichen Weise durch das abwechselnde Anschlagen des Dampfkolbens und des
Pumpenkolbens an den Hubenden umgestellt wird.
Wenn sonach der Dampfkolben, welcher grade in der Rechtsbewegung gezeichnet ist, an
das Ende seines Hubes gelangt, verstellt er schon vorher den Zwischenschieber B derart nach rechts, daß die linke Dampfeinströmung
völlig verdeckt wird und schon auf der rechten Seite des Kolbens eine Voreinströmung
beginnt, noch ehe der Kolben das Ende seines Hubes erreicht hat. Die völlige
Eröffnung des rechtsseitigen Dampfcanals kann aber erst durch die Linksbewegung des
Hauptschiebers F erzielt werden und zwar dadurch, daß
auf der rechten Seite des Kolbens M frischer Dampf
zugeführt wird, während die linke Seite N auspufft. Zu
diesem Zweck enthält das feste Schiebergesicht, auf dem sich der Zwischenschieber
B bewegt, drei kleine Oeffnungen J, K, L, (im Grundrisse Fig. 6 ersichtlich und
auch in Fig. 5
angedeutet), von welchen die rechte hinter den Kolben M,
die linke hinter N und die mittlere K zum Auspuff führt. Zwei kleine Muscheln im
Zwischenschieber B (in der perspectivischen Ansicht Fig. 7)
fungiren auf diesen Oeffnungen in der Weise eines E-Schiebers, so daß bei der Rechtsbewegung von B die Oeffnung J unterhalb der Muschel
hindurch frischen Dampf erhält und dadurch der Kolben M
(sammt dem Schieber F) nach links getrieben wird. Dabei
ist noch durch eine weitere kleine Bohrung gesorgt, daß der Kolben N vor dem Hubende gleichfalls ein Dampfkissen findet, so
daß selbst beim raschesten Gang der Pumpe keine Stöße vorkommen können.
Diese äußerst gelungene Pumpenconstruction hat somit alle Veranlassungen zu
Betriebsstörungen thunlichst entfernt; sie gestattet ein Angehen der Pumpe unter
allen Verhältnissen ohne äußere Beihilfe, und ist in der Steuerung ebenso
verläßlich, als ob der Schieber von einem Excenter bewegt würde. Als Beweis dessen
führen wir (nach Engineering) an, daß eine derartige
Pumpe ohne irgend welchen Anstand, sowohl mit der hohen Geschwindigkeit von 72
Doppelhüben, als auch unmittelbar darauf mit 1/12 Einzelhub pro Minute (1 Doppelhub
in 24 Minuten) arbeitet – ein Resultat, welches mit den gewöhnlich
gebräuchlichen directwirkenden Dampfpumpen absolut nicht erreichbar ist, wie Jeder,
welcher mit denselben zu thun hat, bald erfahren wird.
Nachdem trotz dieses wesentlichen Vortheils die Construction der Pumpe noch immer
einfach genug geblieben ist, so kann einer weiteren Verbreitung derselben wohl
entgegengesehen werden.
M.