Titel: | Normal-Petroleumbrenner von Dietz und Comp. in London. |
Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 298 |
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Normal-Petroleumbrenner von Dietz und Comp. in
London.
Mit einer Abbildung auf Taf. VI [b/2].
Dietz' Normal-Petroleumbrenner.
Dem Iron entnehmen wir folgende Beschreibung einer als
Muster- oder Normalbrenner für Petroleum und ähnliche Kohlenwasserstoffe zu
betrachtenden Construction.
In England beherrscht der Verbrauch an Leuchtgas durchaus nicht die Verwendung
anderer Leuchtmaterialien, wie man bei dem Vorhandensein so großer und ihrer
Qualität nach so vorzüglicher Lager von Gaskohlen vermuthen möchte. Im Gegentheil
ist der Verbrauch flüssiger Leuchtstoffe ein so bedeutender, daß der Verbesserung
der Lampenconstructionen eine große Aufmerksamkeit gewidmet wird, und in vielen
Häusern das Gas höchstens zur Beleuchtung der Fluren, Treppen, Küchen, Ställe und
ähnlicher Räume dient, während zur Beleuchtung der Zimmer, bis zu den feinsten
Salons, fast ausschließlich Petroleum, Solaröl u. dgl. benützt wird. Diese
Erscheinung erklärt sich leicht aus den Uebelständen der Gasbeleuchtung, unter denen
als die hauptsächlichsten die häufige Entwickelung schwefliger Säure, das
Vorhandensein von Schwefelwasserstoff (durch diese Verunreinigung des Gases leiden
die Möbel und besonders alle Metallgegenstände sehr), die beim Brennen entstehende
große Hitze, die gelbliche Farbe der Gasflamme und nicht zum kleinsten Theile auch
die sehr beschränkte Transportabilität der Gasflamme zu nennen sind. Allen diesen
Uebelständen der Gasbeleuchtung gegenüber steht beim Petroleum und ähnlichen
flüssigen Leuchtstoffen nur die unbequemere Reinigung und Füllung der Lampen und allenfalls noch das
oft blendend-weiße Licht. Indeß ist gerade letzteres nur ein scheinbarer
Uebelstand, welchem durch Anwendung entsprechender Schirme und Glocken, sowie
besonders durch Benützung mattgeschliffener oder geätzter Glasteller unter den
Schirmen leicht abzuhelfen ist.
Betreffs des Kostenpunktes möchten im Allgemeinen Leuchtgas und Petroleum einander
die Waage halten, besonders wenn man die Lichtstärke mit ins Auge faßt.
Für Petroleum und ähnliche Kohlenwasserstoffe gibt man in England den Flachbrennern
den Vorzug und zwar mit gutem Grunde; denn es ist nicht zu leugnen, daß die
Rund- und Hohlbrenner nicht sämmtliches von ihnen producirte Licht zur
Geltung zu bringen vermögen und deshalb pro Lichteinheit mehr Leuchtstoff consumiren
als die Flachbrenner, ferner daß die Reinigung der letzteren weit einfacher und
bequemer ist als die der ersteren.
Dietz' Lampe (Fig. 30) ist von den
meisten anderen Flachbrennern scheinbar nur wenig
verschieden, und doch zeichnet sie sich in ihren Leistungen vortheilhaft vor den
letzteren aus. Der Grund hierfür ist in dem sehr breiten (1 1/2 Zoll engl. = 38mm) Dochte und in den nachstehend
beschriebenen Details der Construction zu suchen.
Die Dochthülse d ist an ihrem oberen Ende nach einer der
Wölbung der Brennerkappe entsprechenden Curve abgerundet, wodurch es sehr leicht
gemacht worden ist, dem freien Theile des Dochtes die zur Entwickelung einer
gleichmäßigen und normalen Flamme erforderliche Abrundung zu geben. Bei fast allen
anderen Flachbrennern ist die Oberkante der Dochthülse geradlinig abgeschnitten; es
hängt also die Herstellung der normalen Rundung der Dochte lediglich von der
Geschicklichkeit der die Lampe bedienenden Person ab, und da diese Geschicklichkeit
nur selten vorhanden ist, so findet man nur zu häufig eine einseitige, in der Regel
von Rußbildung begleitete Entwickelung der Flamme.
In der Dietz'schen Einrichtung der Dochthülse muß ein
wesentlicher Fortschritt constatirt werden.
Eine andere Verbesserung besteht darin, daß bei dieser Lampe behufs Nachfüllung von
Oel nicht der ganze Brenner abgeschraubt zu werden braucht, für diesen Zweck
vielmehr in der unteren Platte des Brenners eine mit einem Deckel verschließbare
(aus der Zeichnung nicht ersichtliche) Füllöffnung vorhanden ist.
Sodann ist die Luftzuführung sehr zweckmäßig und so eingerichtet, daß die Luft durch
eine dreifache Reihe feiner Oeffnungen so in die Luftkammer l geführt wird, daß sie nur nach gehöriger Erwärmung und unter einem zur innigen Mischung
mit den Verbrennungsgasen geeigneten Winkel zur Flamme gelangt.
Nach übereinstimmenden Berichten anerkannter Autoritäten beträgt bei dieser Lampe der
Petroleumverbrauch bei einer Lichtstärke gleich 20 Normalkerzen 1,3 Unzen pro
Stunde, wenn der Docht 3/16 Zoll engl. (4mm,8) aus der Hülse ragt. Eine Erhöhung des Lichteffectes durch weiteres
Herausschrauben des Dochtes ist sehr wohl möglich und zulässig. Das zu den
Beobachtungen benützte Oel hatte ein specifisches Gewicht von 0,780. Rechnet man den
Preis des Petroleums zu 2 Shilling pro Gallon, den eines Leuchtgases von 14
Normalkerzen Lichtstärke zu 4 1/2 Shilling pro 1000 Cub.-Fuß engl., so
beträgt der Kostenaufwand pro Stunde für 1 Lichtstärke beim Petroleum 0,0225, beim
Leuchtgase 0,0200 Pence.
Der englische Berichterstatter spricht im Verlaufe seiner Mittheilung den Wunsch aus,
daß sein Ideal, nämlich ein unverbrennbarer Docht für Mineralöllampen, recht bald
verwirklicht werden möchte. Er verweist dabei auf die fast gar keiner Abnützung
unterworfenen Dochte der Spirituslampen und die schon von den Alten benützten Dochte
aus Asbest. Leider wird dies Ideal ein frommer Wunsch bleiben, da es bis jetzt kein
Mineralöl gibt, welches beim Verbrennen nicht mehr oder weniger Kohlenstoff am
Dochte ausscheidet. Diese Ausscheidung wird aber den freien Theil eines jeden Dochtes nach und nach durch Verstopfung der Poren
unbrauchbar machen und uns zwingen, diesen Theil von Zeit zu Zeit zu entfernen.
Trotzdem möchten wir doch unseren Lampenfabrikanten empfehlen, Versuche mit
Asbestdochten zu machen; denn es ist wenigstens denkbar, daß derartige Dochte durch
bloßes Abstreichen ihrer durch Kohle verstopften
Oberkante leichter und bequemer brauchbar erhalten werden können, als die
Baumwollengeflechte, bei denen man zum Behuf ihrer Reinigung fast immer zur Schere
greifen muß.
Am Schluß seiner Mittheilung bespricht der Berichterstatter die vermeintliche Feuergefährlichkeit der Mineralöle, und hier müssen wir
seine Abwehr aus eigener langjähriger Erfahrung kräftig unterstützen. Die aus
Braunkohlen dargestellten Mineralöle (Photogen, Solaröl) sind unter allen Umständen
durchaus nicht gefährlicher als Rüböl, also absolut gefahrlos, da ihre Siedepunkte
so hoch liegen, daß selbst bei der stärksten, in einer Lampe denkbaren
Temperaturerhöhung die Bildung von entzündbaren Dämpfen ausgeschlossen ist. Nicht
ganz so günstig stellt sich die Sache für Petroleum, welches im rohen Zustande
bedeutende Mengen sehr flüchtiger Kohlenwasserstoffe enthält, die zwar bei richtig geleiteter
fractionirter Destillation vollständig entfernt werden können, leider aber in vielen
Sorten des verkäuflichen Petroleums oft genug in bedenklicher Menge vorhanden sind.
Es gibt nämlich für diese flüchtigeren Theile des rohen Petroleums (die unter den
Bezeichnungen: Petroleumäther, Petroleumnaphta, Ligroine etc. bekannt sind) keine so
ausgedehnte Anwendung, daß sie genügenden Absatz fänden, und ihr Preis ist deshalb
ein äußerst geringer. Die Versuchung, diese flüchtigen Oele zu höherem Preise im
Petroleum mit zu verwerthen, liegt also nahe. Der Fabrikant ist geneigt, einen Theil
derselben nicht abzudestilliren, und der Händler nur zu oft gewissenlos genug, sie
dem guten Petroleum nachträglich wieder beizumischen. Und um die dadurch
herbeigeführte erhebliche Verminderung des specifischen Gewichtes, die leicht zum
Verräther der Fälschung werden könnte, wieder auszugleichen, „verschneidet“ man schließlich das schon
gefälschte Petroleum wieder mit schweren Oelen. Das normale specifische Gewicht wird
dadurch freilich wieder hergestellt, nicht aber die Gefahr beseitigt. Ein reeller
Verkäufer von Petroleum sollte deshalb stets und unter allen Umständen seine Waare
zunächst auf ihre Entzündbarkeit prüfen; es existirt für
diesen Zweck eine Anzahl gut construirter, einfacher und billiger „Petroleum-Prüfer.“
In Amerika und England wird diesem Gegenstande seitens der Behörden eine besondere
Aufmerksamkeit gewidmet, und es existiren dort gesetzliche Bestimmungen über das
Minimum der Entzündungstemperatur. Danach wird der Handel mit solchem Petroleum bestraft, bei welchem eine Entzündung der durch Erwärmung
desselben entwickelten Dämpfe unter einer Temperatur des
Oeles von 120° F. (ca. 49° C.) eintritt.
Für Deutschland existiren derartige gesetzliche Bestimmungen unseres Wissens noch
nicht, wenigstens nicht überall. (Vgl. auch 1875 216
51.)
L. R.