Titel: | Einige Bemerkungen über die Verbindung des telegraphischen Doppelsprechens mit dem Gegensprechen; von Professor Dr. K. E. Zetzsche. |
Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 29 |
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Einige Bemerkungen über die Verbindung des
telegraphischen Doppelsprechens mit dem Gegensprechen; von Professor Dr. K. E.
Zetzsche.Im Auszug aus Engineering D. A. Polytechnische Zeitung, Juni 1875 Nr. 26.
Mit einer Abbildung.
Zetzsche, über die Verbindung des telegraphischen Doppelsprechens
mit dem Gegensprechen.
In Amerika macht man seit einiger Zeit viel Lärmen über den Quadruplex telegraph, unter welchem eine Verbindung des telegraphischen
Gegensprechens mit dem Doppelsprechen zu verstehen ist. So wenig J. B. Stearns in Boston beim Hervortreten mit seinem
Gegensprecher oder Duplex telegraph irgend etwas davon
zu wissen schien, was viel früher in Deutschland im Gegensprechen geleistet worden
ist, und wie wenig von unzweifelhaftem Werthe er selbst dem hinzugefügt hat (vergl.
1874 202 111 ff.), so wenig scheint man in Amerika zu
ahnen, daß auch die Verbindung des Gegensprechens mit dem Doppelsprechen anderwärts
schon längst Gegenstand von theoretischen Untersuchungen und praktischen Versuchen
gewesen ist. Der Verf. gibt daher a. a. O. zunächst einige historische Bemerkungen
aus seinem Werkchen: Die Copirtelegraphen, die Typendrucktelegraphen und die
Doppeltelegraphie (Leipzig 1865. S. 168 ff.) wieder, in denen er der Leistungen von
Dr. Stark (15. October
1855), Dr. Bosscha (27.
October 1855), Wartmann (1861), Maron (1863) und Schaack (1863) kurz Erwähnung
thut, dann aber die Möglichkeit der Verbindung des Gegensprechens mit dem
Gegensprechen und die dabei zu erfüllenden Bedingungen erörtert.
Nun ist in der Nr. 459 des amerikanischen Journals The
Telegrapher (vom 1. Mai 1875) ein in der American
Electrical Society von Chicago von F. W. Jones
gehaltener Vortrag abgedruckt, in welchem sich über den Quadruplex folgende
Mittheilungen finden.
„Gegen Ende des J. 1874 wurde rühmend bekannt gemacht, daß zwischen
Newyork und Boston von Prescott und Edison ein Quadruplex mit Erfolg in Betrieb gesetzt
worden sei. In neuerer Zeit ist derselbe zwischen Newyork und Chicago, mit
Uebertragung in Buffalo, und zwischen Chicago und Cincinnati wirklich in Dienst
genommen worden; die erstere Entfernung beträgt nahezu 1000, die letztere 300
engl. Meilen. Es wurde dabei für den Gegensprecher die EinschaltungEs ist das die Einschaltung zum Gegensprechen, welche Maron in Berlin zugleich mit seinem
Doppelsprecher in der Zeitschrift des Deutsch-Oesterreichischen
Telegraphenvereins (Jahrg. 10 S. 3) beschrieb. in die Diagonale einer Wheatstone'schen
Brücke gewählt. In diese Diagonale des Gegensprechers wurden aber zwei Relais
eingeschaltet; das erstere derselben ist ein gewöhnliches mit kurzen Kernen und
mäßig großem Widerstand und spricht nur auf starke Ströme an; das andere ist ein
Siemens'sches polarisirtes Relais, welches auch
für schwache Ströme empfindlich genug ist, und dessen Zunge an die
Ruhecontactschraube geworfen wird, wenn ein Strom von einer gewissen Richtung
durch die Spulen geht, während ein Strom von der entgegengesetzten Richtung sie
an die, den Localstrom schließende, Arbeitscontactschraube legt.“
„Auf jeder Station kommen ferner zwei verschiedene Taster für das
Doppelsprechen in Verwendung. Der eine ist ein Doppeltaster, ein Polwechsel,
dessen eine Feder mit der Telegraphenlinie, die andere mit der Erdleitung
verbunden ist; die Contacte für diese beiden Federn sind kreuzweise mit der
kleineren Abtheilung der Linienbatterie verbunden, durch die Feder und den Hebel
des zweiten einfachen Tasters hindurch, welcher die Aufgabe hat, eine den Strom
verstärkende Abtheilung der Batterie zwischen dem Tasterhebel und seinem
Arbeitscontacte einzuschalten. Wenn beide Taster ruhen, so ist die kleinere
Batterieabtheilung in die Linie eingeschaltet; der von ihr ausgehende Strom
theilt sich an den Schenkeln der Brücke in zwei Zweige, von denen der eine durch
den Rheostat zur Erde, der andere durch die Linie geht und auf der anderen
Station in der Brücke sich abermals verzweigt, wobei der durch die Diagonale der
Brücke gehende Zweig die Zunge des polarisirten Relais an die
Ruhecontactschraube legt, während das gewöhnliche oder neutrale Relais auf
diesen schwachen Strom nicht anspricht. Wenn blos der Doppeltaster arbeitet, so
sendet er den Strom derselben Batterieabtheilung in die Linie, aber in
entgegengesetzter Richtung, und bewegt also die Zunge des polarisirten Relais
auf der andern Station an die Arbeitscontactschraube, so daß der zu ihm gehörige
Schreibapparat das Zeichen niederschreibt. Wird der Hebel des einfachen Tasters
niedergedrückt, so schaltet er lediglich die größere Batterieabtheilung in die
Linie, damit das gewöhnliche Relais auf den dadurch verstärkten Strom anspricht;
dabei bestimmt aber stets die jeweilige Lage des Doppeltasters die Richtung des
der Linie zugeführten stärkeren Stromes; wenn daher der einfache Taster allein
niedergedrückt wird, so kann das Zeichen auf dem polarisirten Relais der anderen
Station nicht mit erscheinen, weil der Strom dieselbe Richtung hat, wie wenn
beide Taster ruhen.“
„Vorausgesetzt, daß die Batterien der beiden Stationen in Abtheilungen von
50 und 150 Elementen getheilt sind, treffen folgende Stromstärken beim
Telegraphiren auf den 4 Tastern zusammen:
+ 50 und – 50 Elemente
50 und – 200 Elemente
+ 50 „ +
50 „
200 „ –
200 „
+ 50 „ +
200 „
200 „ –
200 „
+ 50 „ –
200 „
200 „ +
200 „
Diese beständigen Aenderungen in Stärke und Vorzeichen des Stroms in ihrer
Wirkung auf die Relais nöthigen zur Verbindung eines Condensators mit der
Diagonale der Brücke, welcher von denselben Strömen geladen wird, welche auf die
Relais wirken; wenn dann diese Ströme aufhören, so entladet sich der
Condensator, bevor ein Strom von der entgegengesetzten Richtung in den Relais
auftritt. Die mit dem Ausgleichungsrheostat verbundenen Kondensatoren verlangen
die feinste Einstellung, behufs genauer Neutralisation der statischen Entladung
der Linie.“
„Dr. H. C. Nicholson in Mt. Washington bei Cincinnati
hat einen Quadruplex mit Differentialeinschaltung angegeben; der eine Taster
sendet einen positiven Strom von gegebener Stärke, der zweite einen negativen
von der nämlichen Stärke, beide Taster zugleich endlich einen positiven Strom
von doppelter Stärke in die Linie; das Relais hat zwei entgegengesetzt
polarisirte Anker, von denen der eine, auf positive Ströme ansprechend, bei
Strömen von der doppelten Stärke noch eine Feder fortschiebt und so nicht nur
durch seinen eigenen, sondern auch durch den zum anderen Anker gehörigen Klopfer
den Localstrom schließt.“
In welcher Weise Nicholson die beiden Taster einschaltet,
gibt Jones nicht an; die zum Doppelsprechen
erforderlichen drei verschiedenen Stromstärken stehen jedoch bei der Nicholson'schen Methode in derselben Beziehung zu
einander, wie bei der von Maron angegebenen Einschaltung
zur Verbindung des Doppelsprechens mit dem Gegensprechen, nur daß Maron die Stromstärken + S,
– S und – 3 S
anwendet. Uebrigens benützt auch Maron nur ein Relais,
wiewohl mit drei permanent magnetischen Ankern.
Charakteristisch neu dagegen ist die Art und Weise, wie Prescott und Edison die drei nöthigen
Stromstärken beschaffen, insofern sie der Linie den Ruhestrom + S geben, zum Telegraphiren aber – S,
+ 2 S und – 2 S benutzen. Von der Taster- und Batterie-Einschaltung hierzu
gibt Jones leider auch keine Abbildung. Den gestellten
Bedingungen entspricht aber die von dem Verf. in nebenstehender Figur skizzirte
Einschaltung vollständig. Denn im Ruhezustande beider Taster T₁ und T₂ steht der Kupferpol
der Batterie B₁ über den Arbeitscontact 6 und den
Ruhecontact 3 des Doppeltasters T₁ mit der
Tasterachse 2 und durch den Draht x mit dem Eckpunkte r der Wheatstone'schen Brücke in leitender
Verbindung, in deren Diagonale pq die beiden
Relais R₁ und R₂ eingeschaltet sind, während die Endpunkte p und q der Diagonale beziehungsweise
einerseits mit der Linie L und andererseits durch den
Rheostat W und den Draht u
mit der Erde E in Verbindung stehen; der Zinkpol dieser
Batterieabtheilung B₁ ist dagegen über f und h mit dem Ruhecontact
9 des Tasters T₂ ,
mit der Tasterachse 8 und durch den Draht d mit dem
Arbeitscontact l und dem Ruhecontacte 4, der Tasterachse
5 und durch den Draht v mit der Erde E verbunden.
Textabbildung Bd. 217, S. 32
Beide Taster sind mit Contactfedern in der Weise
auszurüsten, daß der Tasterhebel unmittelbar, nachdem die eine Feder den
Ruhecontact verlassen hat, durch die andere Contactfeder mit dem Arbeitscontacte
in Berührung gebracht wird umgekehrt. Wird nun der Hebel des Tasters T₂ niedergedrückt, so wird außer B₁ noch die Batterieabtheilung B₂ über n, den
Ruhecontact 7 und die Achse 8 eingeschaltet; auf der anderen Station spricht
daher R₂ auf den verstärkten positiven Strom
an, während der Hebel von R₁, auch jetzt noch
an der Ruhestellschraube liegen bleibt. Bleibt dagegen T₂ in Ruhe und T₁ geht in
die Arbeitslage über, so wird der Kupferpol von B₁ über 6, 5, und v an Erde E, der Zinkpol über f,
h, 9, 8, d, 1, 2, x und r an die Linie L gelegt, der Strom also umgekehrt, und auf der
anderen Station gibt daher R₁ das Zeichen
wieder. Sind endlich beide Taster niedergedrückt, so bleibt der Kupferpol von
B₁ an E, es
kommt aber der Zinkpol von B₂ über n, 7, 8, d, 1, 2, x und r an L zu liegen, weshalb denn jetzt auf der anderen
Station beide Relais R₁ und R₂ durch den verstärkten negativen Strom
genöthigt werden, das auf beiden Tastern T₁
und T₂ gegebene Zeichen wiederzugeben.
Es besitzt eine solche Einschaltungsweise vor den älteren Einschaltungen einen nicht
unwesentlichen Vorzug insofern, als zu Empfangsapparaten nur zwei Relais nothwendig
sind. Mit diesem Vorzuge paart diese Einschaltung jedoch zwei Mängel. Denn auf der
gebenden Station tritt bei jeder Tasterbewegung während des Schwebens eine (wenn
auch noch so kurze) Linienunterbrechung (oder ein ähnlich wirkender kurzer Schluß
der Batterie) ein, welche ein Zerreißen der Zeichen befürchten läßt; auf der empfangenden
Station dagegen soll, wenn die Taste T₂
niedergedrückt erhalten, der Hebel von T₁ dagegen
auf und nieder bewegt wird, das Relais R₂ seinen
Anker nicht loslassen, obgleich dabei der Strom sein Vorzeichen wechselt.Mit demselben Mangel war die erste von Bosscha
angegebene Einschaltung behaftet; vergl. Zeitschrift des
Deutsch-Oesterreichischen Telegraphenvereins, Jahrgang 3 S. 27. Leider sind diese beiden Mängel derart, daß die Befürchtung nahe liegt, es
werde an ihnen die praktische, Anwendung dieser Einschaltungsweise scheitern, was um
so mehr zu bedauern ist, als der erwähnte Vorzug dieser Einschaltung zu der Hoffnung
berechtigen könnte, es sei durch sie ein Schritt weiter zur erfolgreichen Verbindung
des Doppelsprechens mit dem Gegensprechen gethan. Das Werthvolle einer solchen
Verbindung möchte der Verf. freilich auch jetzt nochVergl. die Copirtelegraphen etc. S. 107. weniger darin erblicken, daß sie die gleichzeitige Beförderung von vier
Telegrammen auf einem Drahte ermöglicht, als vielmehr darin, daß durch sie erst eine
vollkommene Lösung des Gegensprechens und des Doppelsprechens erlangt würde, indem
jedem empfangenden Telegraphisten auch ein Taster zum Unterbrechen, jedem gebenden
aber ein Empfangsapparat zur Verfügung gestellt wird, auf welchem er von der mit ihm
arbeitenden Station unterbrochen werden kann.