Titel: | Ueber das Rothholz als Indicator bei massanalytischen Operationen; von Prof. Stolba. |
Autor: | H. Stolba |
Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 527 |
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Ueber das Rothholz als Indicator bei
massanalytischen Operationen; von Prof. Stolba.Vom Verfasser gütigst eingesendeter Separatabdruck aus den
Sitzungsberichten der k. b.
Gesellschaft der Wissenschaften in
Prag.
Stolba, über das Rothholz als Indicator bei maßanalytischen
Operationen.
Im Gegensatze zu den Angaben der meisten Werke über Titriranalyse bin ich auf
Grundlage mehrjähriger Erfahrung zu dem Resultate gelangt, daß wir im Rothholze
einen ganz ausgezeichneten Indicator für gewisse acidimetrische und alkalimetrische
Bestimmungen besitzen, welcher nur in manchen Fällen dem Lackmus weicht, in manchen
demselben entschieden vorzuziehen ist, und der Carmintinctur an Empfindlichkeit
nicht nachsteht. Zwei Umstände sind es jedoch, die besonders hervorgehoben werden
müssen. Der eine betrifft die Nothwendigkeit, jede derartige Operation bei Siedhitze vorzunehmen; der zweite, an Stelle eines
Auszuges des Rothholzes, welcher bald verdirbt, kleine
Splitter des Holzes anzuwenden, von denen man einen Vorrath bereit hält. Zu
den meisten Operationen
genügen Splitter von der halben Größe eines Gerstenkornes, oft noch viel
weniger.
Das Rothholz gewährt die Annehmlichkeit, die Säuren z. B. Schwefelsäure, Salzsäure,
Salpetersäure geradezu auf kohlensäures Natron stellen zu
können, und einen Farbenübergang, der so deutlich ist, daß man selbst betreffs eines Tropfens einer 1/10 normalen Säure nicht im Zweifel
sein kann. Nehmen wir z. B. den Fall, es sollte bestimmt werden, wie viel einer
titrirten Salzsäure 100cc eines Brunnenwassers zur Neutralisirung der Carbonate des Kaliums,
Magnesiums (und Natriums) erfordern. Man erhitzt dies Wasserquantum in einem Kolben
von böhmischem Glase und setzt einen Splitter des Rothholzes hinzu. Das Wasser färbt
sich dunkelroth, und nun tropft man vorsichtig titrirte Säure hinzu, während man das
Wasser ins Kochen bringt. So lange noch kohlensaure Salze anwesend sind, besteht die
Farbenveränderung darin, daß die Flüssigkeit weniger roth, schließlich gelbroth
wird, beim längeren Kochen jedoch wieder ganz deutlich dunkelroth erscheint.
Fügt man wiederum vorsichtig Säure hinzu, so gelangt man zu dem Punkte, wo sich die
Flüssigkeit deutlich gelbgrün färbt und auch bei längerem
Kochen dieselbe Farbe behält. Dieser Punkt ist so scharf zu beobachten, daß man bei
Bestimmungen von ätzenden und kohlensauren Alkalien und Erden bei wiederholter
Arbeit vollkommen übereinstimmende Resultate erhält, und daß ferner die geringste
Menge einer titrirten Lauge, z. B. von 1/10 normaler Sodalösung, die deutlichste
alkalische Reaction (Rothfärbung) bewirkt.
Mit Hilfe desselben Indicators kann man mit derselben Leichtigkeit Säuren titriren,
indem man sich an den Eintritt der alkalischen Reaction: aus Grün in Roth hält, und
auch sofort erkennt, ob eine Analyse nicht überstürzt worden, weil die alkalische
Reaction bei Ueberschuß von titrirtem Alkali immer stärker wird. In diesem letzteren
Falle geht man mit titrirter Säure zurück und vollendet die Analyse mit Vorsicht,
indem man sich nunmehr an den Eintritt der gelbgrünen Färbung hält und die Menge der
verbrauchten titrirten Säure in Abzug bringt.
Ich habe in dieser Art sehr viele, durch andere Bestimmungen controlirte Analysen mit
dem besten Resultate durchgeführt und gefunden, daß die untersuchten Proben sehr oft
noch zu anderen maßanalytischen Bestimmungen an demselben Quantum dienen können.
Wäre beispielsweise in einer Soda- oder Potaschenprobe neben dem Alkali auch
noch der Chlorgehalt maßanalytisch zu bestimmen, so verfahre ich folgendermaßen. Die
entsprechend verdünnte Lösung eines gewogenen Quantums der Probe wird im Kolben zum
Kochen erhitzt, und ein
Splitter Rothholz von der Dicke und ⅓ Länge einer gewöhnlichen Stecknadel
hinzugefügt, welcher für diesen Versuch genug Farbstoff enthält. Man arbeitet mit
titrirter (chemisch reiner, also chlorfreier) Salpeter- oder Schwefelsäure
bis auch beim Kochen verbleibender grüner Färbung, und läßt hierauf vollkommen
erkalten. Fügt man nun chromsaures Alkali als Indicator hinzu, so läßt sich das
Chlor nach der Methode von Mohr ganz scharf bestimmen, da
die kleinen Mengen des Farbstoffes dieser Bestimmung nicht im Wege stehen.
Die Farbenübergänge werden jedoch weniger empfindlich, wenn kleine Mengen von
Thonerde oder Eisenoxyd zugegen sind.
Obgleich das Rothholz gegen so kleine Spuren wie die Carmintinctur weniger
empfindlich ist, so leidet jedoch die Schärfe der Bestimmung, indem z. B. bei
Anwesenheit der Thonerde der Uebergang aus der alkalischen in die saure Reaction
durch eine gelbröthliche Farbe angezeigt wird. In solchen
zweifelhaften Fällen hält man sich entweder an die alkalische Reaction, da hier die
deutlich rothe Färbung besser in die Augen fällt, und man bei einiger Uebung
dieselben Resultate erhält wie beim Lackmus, oder man wendet blos den letzteren
Indicator an.
Auch wenn man organische Säuren oder saure Salze derselben
zu bestimmen hat, verdient der Lackmus den Vorzug, da bei
diesen der Farbenübergang nicht so scharf und
deutlich ist, wie bei den stärkeren Mineralsäuren.
Da ich von dem Rothholze sehr oft Gebrauch mache, halte ich immer einen Vorrath
kleiner Splitter in einem gut verschlossenen Glase in Bereitschaft.
Schließlich werde noch bemerkt, daß die Reaction bei Lampen- oder Gaslicht
ebenso deutlich ist wie beim Tageslichte.