Titel: | Gill's Luftpumpe. |
Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 510 |
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Gill's Luftpumpe.
Mit Abbildungen auf Taf.
X [c/3.]
Gill's Luftpumpe.
Um das mit gewöhnlichen Luftpumpen erzielbare Vacuum, welches in Folge der Wirkung
des schädlichen Raumes kein vollständiges werden kann, möglichst zu erhöhen, ist die
Verringerung des letzteren bekanntlich das wirksamste Mittel. Da derselbe indeß
selbst bei guten Ausführungen immer noch eine namhafte Größe behält, hat man seine
schädliche Wirkung mit bekannten Mitteln theilweise herabzudrücken gewußt und
dadurch die Verdünnung der Luft auch bis auf 1mm
Spannung erzielt. Um nun den schädlichen Raum vollkommen zu vermeiden, hat Robert
Gill eine von der Revue
industrielle mitgetheilte Luftpumpe construirt, deren Einrichtung mit Hilfe
der Durchschnittsskizze Fig. 22 näher beschrieben
werden soll.
Gill bringt zwischen Kolben und Cylinderboden Oel, also
eine nicht verdunstbare Flüssigkeit, welche den Raum zwischen beiden nach
jedesmaligem Niedergang des Kolbens vollständig erfüllt, so daß beim darauffolgenden
Anhub des letzteren ein vollständiges Vacuum gebildet wird, mit welchem dann durch
das Spiel des Bodenventils der Recipient in Verbindung gebracht wird. Außerdem ist
durch Anbringung eines oberen Cylinderdeckels die Wirkung des äußeren Luftdruckes
auf das Kolbenventil ähnlich wie bei den Pumpen von Staudinger und Stöhrer vermieden.
In den Mantel c des Cylinders ragt theilweise der
glockenförmige Cylinderboden b und läßt zwischen sich
und ersterem einen ringförmigen Raum frei, in welchem sich der hohle cylindrische
Theil des gleichfalls glockenförmig gestalteten Kolbens k bewegen kann. An der obersten Stelle des Bodens b mündet das zum Recipienten führende Rohr r,
dessen Communication mit dem Cylinder durch das Bodenventil v abwechselnd hergestellt und aufgehoben wird. Die Bewegung dieses Ventils
erfolgt vom Kolben k aus und wird durch das am oberen
Ende der Ventilstange sitzende Kölbchen k1 vermittelt, welches mit einiger Reibung in der
hohlen Kolbenstange s gleitet. Da jedoch das Ventil mit
einer über seine Stange geschobenen Feder f belastet
ist, welche durch den Pumpenkolben k bei seiner tiefsten
Lage etwas zusammengedrückt wird, so kann beim Anheben des letzteren das Mitnehmen
des Kölbchens k1,
bezieh. das Lüften des Ventils v erst dann erfolgen,
wenn die Feder nicht mehr gespannt ist, der große Kolben also bereits einen gewissen
Weg nach aufwärts zurückgelegt hat. Umgekehrt wird beim Niedergang des Kolbens k zunächst das Ventil v
geschlossen, darauf die Feder f gespannt werden. In
beiden Fällen tritt während der Bewegung des Pumpenkolbens k und der Ruhelage des Bodenventils v eine
relative Bewegung des Kölbchens k1 in der hohlen Stange s
ein, welche eine Comprimirung der Luft im oberen oder unteren Theil derselben zur
Folge haben müßte. Um nun dies zu vermeiden, ist das Kölbchen k1 am Umfange vertical gerieft und dadurch
das Uebertreten der Luft auf die eine oder andere Seite gestattet. Der Pumpenkolben
k, der sich in seiner Form möglichst genau dem
Cylinderboden b anschließt, ist in seinem oberen Theile
auch mit Oeffnungen versehen; diese werden durch ein Kupferplättchen bedeckt, das
durch einen Ansatz der Kolbenstange s gehalten ist.
In den Cylinder mündet unten, um das früher erwähnte Oel in denselben einführen zu
können, ein Füllrohr o, in welches ein Hahn h eingeschaltet ist. Das Hahngehäuse ist von einer
Oelkammer umgeben, um den Luftzutritt zu verhindern. Oben ist der Cylinder durch den
Deckel d luftdicht geschlossen; dieser ist mit einem
Ventil v1 versehen,
welches die Verbindung zwischen dem oberen Cylinderraum und der Atmosphäre
herstellt, sobald in ersterem die Luft beim Anhub des Kolbens k verdichtet wird. Das Ventilgehäuse ist mit Oel gefüllt, welches die
Beweglichkeit des Ventils erhöhen und das Einrosten desselben verhindern soll. Der
dichte Durchgang der Kolbenstange durch den Cylinderdeckel d ist durch eine Stopfbüchse gesichert.
Will man nun mit der Pumpe arbeiten, so ist zunächst die Füllung des Cylinders mit
Oel vorzunehmen. Zu diesem Zwecke löst man den Cylinderboden b, hebt den Cylinder ab und stößt den Kolben k
so tief, daß der Raum oberhalb desselben mit dem Füllrohr
o communicirt und durch Oeffnen des Hahnes h Oel in den Cylinderraum fließt. Nach theilweiser
Füllung sperrt man den Hahn h ab, zieht den Kolben k in die Höhe, schraubt den Cylinder wieder auf seinen
Boden, läßt noch etwas Oel (durch wiederholtes Oeffnen von h in den unteren Cylinderraum eintreten und drückt endlich den Kolben
wieder nach abwärts bis in seine tiesste Lage. Hierbei wirkt der hohlcylindrische
Theil desselben verdrängend, und das Oel steigt, bis es den Raum zwischen
Cylinderboden und Kolben vollkommen ausfüllt. Ein etwaiger Ueberschuß kann in Folge
der bestehenden Undichtheit zwischen der Stange des Bodenventils und dem Boden des
Kolbens k zunächst in die Höhlung der Kolbenstange s und durch seitliche Oessnungen derselben (eventuell
durch die mit einem Plättchen bedeckten Kolbenöffnungen) in den oberen Cylinderraum
entweichen.
Beginnt hierauf der Kolben sein regelmäßiges Spiel, so wird zunächst beim Aufgang
unter demselben ein vollkommenes Vacuum gebildet werden müssen, da der ganze Raum
zwischen ihm und dem Cylinderboden mit Oel erfüllt war und dieses auch sämmtliche
Stellen bedeckt, durch welche etwa die Luft eintreten könnte. In der ersten Periode
des Anhubs bleibt das Bodenventil v in Folge der Wirkung
der Feder f geschlossen, was nöthig ist, indem sonst
beim sofortigen Oeffnen desselben das Oel in das Rohr r
eintreten würde. Mit dem Steigen des Kolbens sinkt jedoch gleichzeitig der
Flüssigkeitsspiegel im unteren Cylinderraum, die Feder f
wird endlich entspannt und in Folge dessen das Bodenventil v durch das Kölbchen k1 (welches, wie schon gesagt, mit hinlänglicher
Reibung in s eingepaßt ist) mit in die Höhe
genommen.
Nach dem Oeffnen des Bodenventils v communicirt nun der
Recipient mit dem Vacuum im Cylinder, während bei dem Aufgang des Kolbens die Luft
aus dem oberen Cylinderraum durch das Ventil v1, ins Freie gedrückt wurde. Wird dann der Kolben
nach abwärts gedrückt, so schließen beide Ventile v und
v1, — v in Folge der gleichzeitigen Wirkung des Kölbchens k1, und des
Atmosphärendruckes, v1
durch letzteren allein. Die Spannung unter dem Kolben nimmt nun wieder zu, und die
verdichtete Luft tritt in den oberen Cylinderraum über, bis sich schließlich bei der
tiefsten Lage des Kolbens zwischen diesem und dem Cylinderboden nur wieder Oel
befindet und alle Luft verdrängt ist. Dies wird um so sicherer erreicht, als beim
Saugen des Kolbens in Folge der entstehenden Spannungsdifferenz durch den Spielraum
zwischen Ventilstange und Kolbenboden etwas Oel von oben in den unteren Cylinderraum
gedrückt, beim beendeten Niedergang des Kolbens aber wieder zurückgetrieben werden
muß, welch letzteres natürlich eine völlige Beseitigung der etwa vorhandenen Luft
bedingt.
Da die Evacuation des Cylinders vollständig unabhängig von der Spannung der Luft im
Recipienten bleibt, so ist klar, daß das Vacuum im Cylinder bei jedem neuen Hübe
gebildet werden muß, wie weit auch die Verdünnung im Recipienten vorgeschritten sein
mag, und diese Verdünnung kann endlich so groß werden, daß sie mit unseren Apparaten
nicht mehr bestimmbar ist.
Es sei schließlich noch erwähnt, daß die Haupttheile der Pumpe aus Eisen gefertigt
sind, welches von Oel nicht angegriffen wird. Eine besondere Kolbendichtung ist
nicht nöthig, da der Kolben während seines ganzen Weges in Oel eintaucht. Bei der im
oberen Cylinderdeckel angebrachten Stopfbüchse ist ein vollkommener Abschluß der
Luft, also ein
Abdichten mit Oel nicht wesentlich, da der obere Cylinderverschluß nur zur
Entlastung des Kolbens vom Atmosphärendruck dient. Das Bodenventil v ist erst nach Abheben des Cylinders zugänglich; doch
bietet letzteres keine besondere Schwierigkeit.
F. H.