Titel: | Raffiniren des silberhaltigen Werkbleies durch Wasserdampf; von Rozau. |
Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 172 |
Download: | XML |
Raffiniren des silberhaltigen Werkbleies durch
Wasserdampf; von Rozau.
Rozau, über Raffiniren des silberhaltigen Werkbleies durch
Wasserdampf.
Nach vorliegendem Verfahren leitet man in das geschmolzene Blei, anstatt es wie
bisher durch Hand- oder Kraftbetrieb umzurühren, einen Strom Wasserdampf ein, wodurch
ein heftiges und anhaltendes Aufkochen der ganzen in Fluß befindlichen Metallmasse
hervorgebracht und die Abscheidung des Silbers vom Blei, sowie die Reinigung des
letzteren von den ihm beigemengten anderen Metallen befördert wird.
Die nächste Wirkung dieses Verfahrens ist selbstverständlich mechanischer Natur. Was
die chemische Wirkung anlangt, so ist dieselbe — in Folge davon, daß durch
die etwa 330° erreichende Temperatur, bei welcher der Proceß vor sich geht,
die beigemengten Metalle sich nicht oxydirten — allerdings weniger ins Auge
fallend, macht sich aber doch sehr bemerkbar, insofern das Blei eine Raffination
erleidet, welche von der, durch seine vor dem Krystallisiren bei Dunkelrothglühhitze
erfolgende Schmelzung bewirkten, Reinigung unabhängig ist. Die Richtigkeit dieses
letzteren Satzes erhellt aus der Thatsache, daß bei dem Dampfverfahren jede
vorläufige Raffinirarbeit wegfällt, sobald das Werkblei nur mäßig hart ist, wogegen
jene Operation bei sehr harten Werken allerdings erforderlich wird.
Wäre die chemische Einwirkung auf das zu raffinirende Blei gleich Null, so würde die
ohne die gedachte vorläufige Raffination erzielte Reinheit des durch Behandlung mit
Wasserdampf erzeugten Productes nur der Thatsache zugeschrieben werden können, daß
das Blei durch das wiederholte Umschmelzen bei Dunkelrothglut einer Reihe von
partiellen Raffinirungen unterworfen wird. Indessen spricht für die Annahme, daß
auch der Wasserdampf eine chemische Einwirkung auf das zu behandelnde Werkblei
ausübt, die Erscheinung, daß die bei der Operation sich bildenden Oxyde anfänglich
gelblich gefärbt und von erdiger Beschaffenheit sind, mit dem Fortschreiten des
Processes aber sich schwarz färben und sehr kupferhaltig werden — eine
Erscheinung, welche in den Kesseln des gewöhnlichen Verfahrens selbst bei dem
kräftigsten Umrühren nicht eintritt. Gegen Ende der Operation, während der Dampf in
dem flüssigen Antheile, in welchem Silber, Kupfer, Antimon und Arsen concentrirt
sind, noch in Wirksamkeit ist, zeigt sich das Blei von seinem früheren Kupfergehalte
befreit. Das Antimon wird durch die bei dem wiederholten Umschmelzen von der
atmosphärischen Luft bewirkten Oxydationen allmälig entfernt; weiches Blei gibt
sogar noch mehr Antimonoxyd, als hartes mit höherem Antimongehalt — ein
Beweis dafür, daß das Antimon sich zuerst oxydirt und das Blei vor Oxydation
schützt.
Das mit Hilfe des Dampfverfahrens producirte Blei ist vollkommen weich; das Verfahren
selbst bietet, auch abgesehen von dem Wegfalle einer speciellen Raffinirarbeit,
zahlreiche Vortheile dar, so die Ersparung der Kosten einer vorläufigen Reinigung,
ferner eine Verminderung der Oxydation des Bleies, somit des Metallabganges. Das sich
sehr fühlbar machende Ersparniß an Zeit und Arbeit wird einerseits durch die rasche
Ausführbarkeit der Operationen, andererseits durch die von den letzteren
beanspruchte geringere Anzahl von Arbeitern bedingt, während bei dem alten System
mehr und zugleich tüchtigere Leute nöthig sind, und dessen Ausführung überdies mehr
Raum erfordert.
Wenn das zu raffinirende Werkblei nicht über ein halbes Procent Antimon enthält, so
kann es nach dem neuen Verfahren unmittelbar behandelt werden; in diesem Falle
reducirt sich die Reinigung auf die der reichen Schlacke, und die Raffinirkosten
vermindern sich bis auf etwa den fünften Theil der durch die gewöhnliche Methode
veranlaßten Ausgaben. Hat man es mit einem Werkblei von höherem Antimongehalt zu
thun, so wird allerdings eine vorläufige oder einleitende Raffination erforderlich;
allein diese Operation braucht keineswegs so weit getrieben zu werden wie bei dem
gewöhnlichen Verfahren; man schließt sie ab, sobald der Antimongehalt bis auf ein
halbes Procent vermindert worden ist. Da Arsen sehr große Neigung hat, die Stelle
des Antimons zu vertreten, so ist empfohlen worden, diesen Körper mit Hilfe von
kohlensaurem Natron zu entfernen.
Der zu dem Dampfverfahren angewendete Apparat besteht im Wesentlichen aus zwei
Kesseln, deren einer in einem höheren Niveau steht als der andere. Jeder dieser
Kessel ist mit einer besonderen Feuerung versehen; der obere zum Einschmelzen des zu
raffinirenden Bleies dienende faßt ungefähr 180 bis 200 Ctr., der untere, für den
Krystallisationsproceß bestimmte, dagegen 300 bis 320 Ctr. Eine rings um den
letzteren laufende Bühne gestattet den Arbeitern die Ueberwachung der Operationen
und das Abziehen des entstandenen Gekrätzes. Das flüssige Blei wird aus dem oberen
Kessel mit Hilfe von Röhren, welche mit Schieber versehen sind, in den unteren
abgestochen. Zur Verhütung des Eindringens von Blei in das Dampfleitungsrohr ist ein
Hahn angebracht.
Nachdem die Werke in dem oberen Kessel eingeschmolzen sind, werden sie
„abgeschäumt“ (d. h. der Abstrich wird abgezogen) und dann
in den unteren Kessel abgestochen; sobald das Metall in den letzteren eintritt, wird
ein schwacher Dampfstrom zugelassen, um die Vereinigung der von der vorherigen
Operation herrührenden Krystalle mit dem flüssigen Blei zu bewirken. Zur Beförderung
der Krystallbildung wird im Anfange der Operation die Oberfläche des Bleies mit
etwas Wasser bespritzt. Der Dampf wird aus einem neben dem Kessel befindlichen
Generator unter einem Drucke von drei Atmosphären durch ein seitliches, nahe am
Boden des Krystallisirkessels mündendes Rohr zugelassen und mit Hilfe einer horizontalen,
über der Mündung des Dampfrohres in der Mitte des unteren Theiles vom Kessel
liegenden gußeisernen Scheibe durch die Metallmasse gleichmäßig vertheilt. Der
Kessel selbst ist mit einem aus einzelnen Segmenten zusammengesetzten Deckel
versehen; die ersteren werden abwechselnd alle 5 bis 6 Minuten von einem Arbeiter
gehoben, welcher das, durch den aus dem Metallbade entweichenden Dampf gegen die
obere Theile des Kessels emporgeschleuderte und dort anhaftende, Blei abnimmt. Unter
dem Krystallisirkessel stehen zwei kleine Hilfsöfen, um die Abflußröhren auf die
geeignete Temperatur zu erhitzen; sie werden unmittelbar vor dem Abstechen
angefeuert. Die entstandenen Oxyde (Abstrich) werden während der Operation nur
einmal abgezogen, und zwar vor der Zuführung des Dampfes; außerdem ist über dem
Kessel ein mit den Condensationskammern communicirender Rauchfang angebracht,
welcher zur Ableitung des einen Theil der Oxyde mit sich reißenden Dampfes in
Kammern führt, wo sich diese Oxyde in teigartigem Zustande absetzen.
Das flüssige Blei wird abgestochen, sobald sich etwa zwei Dritttheile des Metalles in
Krystallform ausgeschieden haben. Es fließt in conische, in die Hüttensohle
eingelassene Formen, und zwar durch die oben erwähnten metallenen Abflußröhren;
dieselben sind mit Sieben versehen, um etwa mit den flüssigen Metallantheilen
abfließende Krystalle zurückzuhalten. Bei jeder Operation werden zwei Blöcke von je
50 Ctr. producirt. Die bei den successiven Abstichen erhaltenen Blöcke werden
mittels eines Dampfkrahnes aus den Formen gehoben und ihrer (durch besondere Proben
ermittelten) Qualität entsprechend sortirt. Die reineren Blöcke werden gesammelt und
aufbewahrt, bis ihre Anzahl zu einer frischen Charge genügt. — Sobald der
Inhalt des Krystallisirkessels abgestochen ist, wird das während des in demselben
erfolgenden Krystallisationsprocesses im oberen Kessel eingeschmolzene Blei in den
unteren Kessel abgestochen und die Operation in demselben von Neuem angefangen.
Die erhaltenen Bleikrystalle (Kaufblei, Handelswaare) werden mit Hilfe der unter dem
unteren Kessel befindlichen Feuerung zum Schmelzen gebracht und das dadurch
erhaltene flüssige Blei wird in Muldenformen abgestochen, welche im Halbkreise
aufgestellt sind und mittels einer auf einem Zapfen drehbaren Rinne gefüllt
werden.
Sämmtliche zwischen dem Abstechen des eingeschmolzenen Werkbleies aus dem oberen in
den unteren Kessel und dem Abstechen des angereicherten Bleies in die Ingots
liegenden Arbeiten gelten für eine Operation. Die zur
Ausführung einer solchen erforderliche Zeit beträgt 1½ Stunden. Das Abstechen
des Kaufbleies wird für zwei Operationen gerechnet, da zum Einschmelzen
der Krystalle im unteren Kessel beinahe zweimal so viel Zeit erforderlich ist als
zum Krystallisiren selbst. Die Anzahl dieser auf das Abstechen des Kaufbleies zu
rechnenden Operationen macht, für Blei von 125 Grm. Silbergehalt, im Ganzen 25 bis
30 Proc. von der Anzahl der dazu erforderlichen Krystallisationen aus. Binnen 24
Stunden werden durchschnittlich 13 Operationen ausgeführt; doch steigt diese Anzahl
zuweilen auf 16 bis 17, was von der Beschaffenheit des Brennmateriales, von dem Zuge
und der (dem Krystallisirkessel näheren oder von ihm entfernteren) Stellung des
Dampfkessels, sowie auch vom Silbergehalte des zu entsilbernden und zu raffinirenden
Werkbleies abhängt. Ein Apparat, in welchem Blei von 125 Grm. Silbergehalt
verarbeitet wird, liefert im Verlaufe von 24 Stunden 120 bis 140 Ctr. Kaufblei.
(La
Métallurgie durch Iron, 1874 S. 361.)
H. H.