Titel: | Ueber Sicherheitsvorrichtungen an Spinnereimaschinen. |
Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 26 |
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Ueber Sicherheitsvorrichtungen an
Spinnereimaschinen.
Nach dem
Bulletin de la Société industrielle à
Mulhouse, December 1874 S. 584.
Mit Abbildungen auf Taf.
I [d/1].
Sicherheitsvorrichtungen an Spinnereimaschinen.
Reinigung des Plattbandes bei
Selfactors (Fig. 31).
Ie nach Qualität und Nummer des Gespinnstes ist es angezeigt, im Interesse sowohl des
Productes als auch der Reinlichkeit überhaupt, die Plattbänder täglich zwei-,
drei-auch viermal zu putzen, und geschieht dies gewöhnlich dadurch, daß der
Aufstecker mit einer Hand voll Putzfäden dicht hinter den Spindeln über den Wagen
hinfährt und das aus den Spindelbüchsen herausgespritzte Oel und den durch dasselbe
festgehaltenen Wollstaub entfernt. Da der Aufstecker sich dabei zwischen Wagen und
Cylinderbank befindet, und besonders wenn man mehr als zweimal reinigen muß, die
Maschine nur durch Abstellen des Treibriemens auf die Losscheibe in Stillstand
gebracht ist, so ist leicht zu erkennen, in welcher Gefahr sich der Aufstecker
befindet. Er könnte nämlich bei einem unzeitigen Einrücken, sei es durch
Unvorsichtigkeit des Spinners oder durch irgendwelche ungünstigen Umstände
herbeigeführt, vom Wagen erfaßt und an die Cylinderbank gepreßt werden, welcher
Unfall leider schon zu verschiedenen Malen eingetreten ist.
Zur Reinigung des oberen Theils des Wagens hat man deshalb eigene Selbstputzer
construirt, ein aus einem Lappen und einer Bürste bestehender Apparat, welcher
über die ganze Länge der Maschine hingleitet und den Staub vom Wagen wegnimmt
(vergl. 1871 202 15. 1872 204
441). Diese Selbstputzer lassen aber immer einen 8 bis 10 Cm. breiten Staubstreifen
hinter den Spindeln stehen, welcher mit der Hand beseitigt werden muß. Die Firma N.
Schlumberger und Comp. in
Gebweiler hat versucht, dem eben erwähnten Selbstputzer einen Theil hinzuzufügen,
der auch diese letztere Handarbeit durch mechanische ersetzen sollte; doch hat sich
dieser Apparat als nicht ganz genügend erwiesen.
Da nun aber der Selbstputzer das Plattband nicht ohne einen neuen Mechanismus, der
ihn sehr complicirt machen würde, reinigen kann, handelt es sich um ein Mittel,
welches das Ansetzen von Oel auf dem Plattbande verhindert.
Herr Weiß, Director bei Schlumberger
Sohn und Comp. in Mülhausen, machte in dieser
Richtung verschiedene Versuche. Er zog direct hinter den Spindeln einen Strick von
einem Ende des Wagens zum anderen; in diesen sog sich das herausspritzende Oel ein
und wurde nach und nach an die Spindeln zurückgegeben. Da dies aber verschiedene
Unbequemlichkeiten verursachte, so entfernte er deshalb den Strick und befestigte
über die ganze Länge des Wagens eine Latte hinter den Spindeln, um das Spitzen des
Oels auf das Plattband zu verhüten. Das herausspritzende Oel wird auf der den
Spindeln gegenüberliegenden Seite der Latte aufgefangen, sammelt sich da und wird an
die Spindeln zurückgegeben (vergl. Fig. 31).
Die Latte A besteht aus Tannenholz und wird auf das
Plattband B mit Holzschrauben aufgeschraubt. Sie hat auf
der unteren Seite über die ganze Länge einen Einschnitt, damit die vorstehenden
Köpfe der Bolzen C, welche das Plattband halten, sie
nicht an vollständigem Aufliegen verhindern. Diese Latte befindet sich 15 Mm. hinter
den Spindeln; ihr Querschnitt ist ein Trapez, dessen Basis in dem vorliegenden Falle
55 Mm. breit ist. Die eine Seite hinter den Spindeln ist in einem Winkel von
75° gegen die Basis geneigt, so daß die obere Kante 5 Mm. weiter zurücksteht
als die untere. Die Höhe beträgt 25 Mm. Durch diese Einrichtung hat man sehr
günstige Resultate erzielt, da das Plattband immer reinlich gehalten wird und der
Aufstecker in Folge dessen nicht mehr den Gefahren ausgesetzt ist wie früher.
Andere Constructeure haben dadurch das Spritzen des Oels zu vermeiden gesucht, daß
sie die Spindelbüchse inwendig ausbohrten; und es ist auch dieser Versuch sehr
erfolgreich gewesen, um so mehr als diese Anordnung vor der vorhergehenden eine
ziemliche Oel-Ersparniß voraus hat, da das Oel nicht mehr herausspritzen kann, und
deshalb die Spindeln anstatt täglich 2 bis 4mal nur einmal geölt werden müssen.
Sicherheitsgitter für Vorspinnmaschinen;
von Dollfus-Mieg und Comp. (Fig. 32–34).
Die Unglücksfälle bei Vorspinnmaschinen (flyers, bancs à
broches) werden meistens entweder durch die Spindelgetriebe oder durch die
Cylindergetriebe, oder endlich durch das Differentialgetriebe hervorgebracht. Davon
haben die letzteren zu Unfällen am häufigsten Anlaß gegeben. Durch Anordnung der
Deckel auf den Spindelgetrieben sind hier nicht leicht Unglücksfälle zu befürchten,
und können solche nur bei grober Fahrlässigkeit vorkommen. Die Cylindergetriebe
werden entweder durch besondere Räderverschalungen gedeckt, oder, was bei weitem
vorzuziehen ist, die Hauptgestelle werden so construirt, daß die ganzen erwähnten
Räderwerke in demselben untergebracht werden können.
Das Räderwerk, welches sich auf dem hinteren Theil der Maschine befindet und
Differentialgetriebe, Zwirnräder und Conustrieb in sich schließt, ist zahlreichen
Aenderungen und Regulirungen ausgesetzt, und erschwert dieser Umstand sehr das
Anbringen einer Sicherheitsvorrichtung. Man kann an demselben nicht gut
Räderverschalungen anbringen, da dieselben bei jeder Aenderung entfernt werden
müßten, also zu viel Umständlichkeiten hervorrufen würden.
Durch den Mangel einer Schutzvorrichtung befindet sich aber die Aufsteckerin in
fortwährender Gefahr, um so mehr als die Spinnerin es nicht augenblicklich sehen
kann, wenn die hinter der Maschine befindliche Aufsteckerin von den Rädern erfaßt
werden würde. Diesen letzteren Umstand, daß nämlich die vor der Maschine befindliche
Spinnerin die Aufsteckerin nicht gut sehen kann, benützt aber letztere auch oft, um
die Maschine während des Ganges zu putzen. Die schon vorgekommenen Unglücksfälle
zeigen auch, daß selbst die Meister beim Regeln der Bewegung oder beim Austausch
eines Rades in Gefahr kamen, weil die Spinnerin durch Unvorsichtigkeit die Maschine
unvermuthet laufen ließ. Ebenso beweisen Thatsachen, daß trotz strengsten Verbotes
auch die Spinnerinnen, besonders Samstags die Maschinen während des Ganges putzen,
um bei Zeiten fertig zu werden. Alles dies spricht dafür, um das
Differentialgetriebe eine Vorrichtung anzubringen, welche alle diese Uebelstände
möglichst beseitigt, und sind auch in diesem Sinne schon sehr viel Versuche gemacht
worden, welche zum Theil zu recht günstigen Resultaten geführt haben.
Bei den Vorspinnmaschinen von Higgins und Comp. in Manchester ist die Anordnung des
Differentialgetriebes eine ziemlich gefährliche, da dieses zu sehr im Bereiche der
Aufsteckerin liegt, und ist es bei diesen Maschinen besonders nöthig, eine
Schutzvorrichtung anzubringen, beispielsweise eine verschließbare Gitterthür, durch
welche man, ohne sich einer Gefahr auszusetzen, schmieren könnte. Den Schlüssel
könnte der Meister aufbewahren, oder wenn dieser zu sehr beschäftigt ist, die
Spinnerin; auf alle Fälle dürfte die Aufsteckerin diese Thüre niemals öffnen können,
so lange die Maschine im Gange ist. Eine nähere Ausführung dieses Projectes ist in
Fig. 32
bis 34 zu
ersehen.
Ein Gitter G von Bandeisen, dessen rechteckige Maschen
circa 4 Cm. weit sind, damit man mit dem Halse der Oelkanne hineinlangen kann, ist
so angebracht, daß es die Getriebe vom Hauptgestelle bis zum Conus und vom Boden bis
zum Aufsteckrahmen verdeckt. Beim Conus ist es im rechten Winkel umgebogen und zwar
so, daß man den Conusriemen verschieben kann, ohne durch das Gitter behindert zu
sein. Anstatt dieses Gitter vertical nach Art der Thüren zu befestigen, ist es
derart angebracht, daß man es nach der Längenrichtung der Maschine verschieben kann
und somit der ohnehin nicht allzu überflüssige Raum hinter der Maschine, wo oft noch
Spulenkästen stehen, nicht verstellt wird. Das Gitter läuft deshalb längs zweier
Schienen c, deren untere am Boden und deren obere
mittels Supports d am vorderen Hauptgestelle B und am ersten und zweiten Zwischengestelle B′ befestigt ist. Bei Verschluß mittels Schlüssel
stellten sich verschiedene Weitläufigkeiten heraus, und mußte man daher bedacht
sein, ein anderes Mittel für den sicheren Verschluß zu finden. Da das Gitter nun
nach der Längenrichtung verschiebbar angeordnet wurde, kam man leicht auf den
Gedanken, dasselbe mit der Riemenausrückung direct in Verbindung zu bringen in der
Weise, daß das Gitter nur dann geöffnet werden kann, wenn der Riemen sich auf der
Losscheibe befindet, also die Maschine bestimmt in Ruhe ist; dabei kann man die
Maschine nicht eher wieder laufen lassen, bevor das Gitter nicht an seinen Platz
zurückgeschoben ist.
Die von Dollfus-Mieg und Comp. herrührende diesbezügliche Einrichtung ist folgende. An dem schon
oben beschriebenen Gitter befindet sich ein Hebel L
L′, welcher den Ausrücker T mit dem Gitter in Verbindung bringt. Dieser Hebel, in Gestalt eines
Balancier, ist um einen Zapfen I drehbar, welcher je
nach Länge des Gitters und Lage der Riemengabel entweder im Vordergestelle, am
Aufsteckrahmen oder an irgend einem anderen Maschinentheil befestigt ist. Der
vordere Hebelarm L liegt wenn die Maschine eingerückt
ist, auf einem Einschnitt e
(Fig. 33) des die
Riemengabel F tragenden Segmentes g, und kann dieses ungehindert beim Einrücken und Ausrücken hin und her
geschoben werden, weil der Hebel in dem Einschnitt e
gleitet. Der hintere Hebelarm L′ erstreckt sich
über das ganze Gitter und ist am Ende desselben wie ein Haken umgebogen und hält
dadurch das Gitter so, daß man es ohne Entfernung des Hebels nicht verschieben kann.
Will man nun behufs Reinigung, Abänderung an den Getrieben oder aus sonstigem Grunde
das Gitter beseitigen, so rückt man den Riemen auf die Losscheibe; dadurch kommt nun
der Hebeltheil L. aus dem Einschnitt e, und man kann daher den Hebel so drehen (in die
punktirt angedeutete Lage), daß sein am hinteren Theil befindlicher Haken das Gitter
nicht mehr faßt. Dabei senkt sich der vordere Hebelarm und erhält eine solche
Stellung neben dem erwähnten Segment g, daß der Riemen
unmöglich zurückbewegt werden kann, die Maschine daher, so lange das Gitter nicht
geschlossen ist, nicht in Gang gesetzt werden kann. Will man die Maschine wieder
einrücken, so muß das Gitter auf seinen Platz zurückgeschoben und der Hebel L L′ so gedreht werden, daß sich sein Haken über
das hintere Gitterende legt; dadurch gelangt der vordere Hebelarm L wieder in die Höhe des Einschnittes e und man kann den Riemen nach Belieben verschieben.
Im Uebrigen sind in den verschiedenen Ansichten (Fig. 32 bis 34) gleiche
Theile mit den nämlichen Buchstaben bezeichnet.
R. K.