Titel: Untersuchungen über (Festigkeit und Elasticität der Constructions-Materialien; von Professor R. H. Thurston.
Fundstelle: Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 1
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Untersuchungen über (Festigkeit und Elasticität der Constructions-Materialien; von Professor R. H. Thurston.Vom Verfasser, Professor der Technologie am Stevens-Institute in Hoboken (N. J. Amerika), gütigst eingesandter Separatabdruck seiner im Franklin-Institute gehaltenen Vorträge. Mit Abbildungen und Taf. A und B. Thurston, Untersuchungen über Festigkeit und Elasticität der Constructions-Materialien. Vor einigen Monaten, als Verfasser mit den vorgeschrittenen Jahrgängen des Stevens-Institute of Technology beschäftigt war, die Festigkeit der Materialien zu untersuchen, fand sich, daß die Coefficienten, welche von den verschiedenen Autoritäten gegeben wurden, weder vollkommen unter einander übereinstimmten, noch auch mit seinen eigenen Versuchsresultaten. Der Verfasser war daher veranlaßt, eine eigenthümliche Maschine zu construiren, um mittels derselben zu bestimmen, wie weit diese Differenzen durch individuelle Beobachtungsfehler einerseits, durch die Verschiedenartigkeit der Materialien andererseits beeinflußt seien. Er entschied sich zu einer Vorrichtung zum Messen von Torsionswiderständen, und versah dieselbe mit einem automatischen Registrirapparat, um mittels desselben ein Diagramm zu erhalten, das eine verläßliche und exacte Darstellung aller Umstände bei Verdrehung und Bruch des Probestückes geben sollte. Kein Modus persönlicher Beobachtung konnte selbstverständlich so verläßliche Resultate geben wie dieses automatisch geschriebene Diagramm, und keine früher angewendete Methode war im Stande, gleichzeitig und in jedem Momente des Experimentes, die Größe der Verdrehungs kraft und des entsprechenden Verdrehungs winkels anzuzeigen. Es konnten daher wohl von der Anwendung dieses Apparates neue und wichtige Resultate erwartet werden—eine Voraussetzung, die sich auch vollkommen bewährt hat. Die ursprünglich vom Verfasser construirte und zu seinen Versuchen im Stevens-Institute benutzte Maschine ist in umstehendem Holzschnitte Fig. 1 dargestellt. Seitdem wurden allerdings verschiedene Maschinen für specielle Zwecke (für Drahtwalzwerke, Eisenbahn- und Brückenbau-Werkstätten) construirt, welche aber nur geringe Modificationen aufweisen. Textabbildung Bd. 216, S. 2 Textabbildung Bd. 216, S. 2 Textabbildung Bd. 216, S. 2 Textabbildung Bd. 216, S. 2 Wie aus der Abbildung ersichtlich ist, trägt das Gestelle A A′ in seinem oberen Ende zwei Hebel C E und B D gelagert, von denen der erstere mit einem Handgriffe, letzterer mit einem Gewicht versehen ist. Der Hebel C E ist in der rechten Wange des Gestelles gelagert, B D in der linken, und beide sind so lange vollkommen von einander unabhängig, bis ein Probestück eingespannt wird. Dieses wird in der aus Holzschnitt Fig. 3 und 4 ersichtlichen Weise mit vierkantigen Enden zugerichtet und mittels derselben in die Klauen M U (Fig. 2) der beiden Hebel eingelegt, welche sodann derart mit einander verbunden sind, daß bei der Abwärtsbewegung des Hebels C E — welcher bei Beginn in eine horizontale Lage gestellt wird — der ursprünglich vertical herabhängende Hebel B D, der Bewegung von C E folgend nach aufwärts steigen muß und dabei durch das Gewicht D immer größere Torsionsmomente auf das eingespannte Probestück ausübt. Dieselben werden dadurch gemessen, daß ein mit B D verbundener Stift I von einer am Gestelle A A′ befestigten Leitcurve F derart vorgeschoben wird, daß seine Querverschiebung genau proportional der Größe des von D ausgeübten Drehungsmomentes ist. Indem nun der Stift I auf einer an C E befestigten Papiertrommel G einspielt, so muß er auf derselben eine Curve beschreiben, deren Ordinaten sofort die Größe der jeweiligen Drehungsmomente angeben, die Abscissen aber, wie ohne weiteres erhellt, die Bogenlänge des Winkels, um den sich C E gegen B D verdreht, d. i. der jeweilige Torsionswinkel des Probestückes. Ein Maximumzeiger J, welcher nur dem Vorwärtsgange des belasteten Hebels B D folgt, dient als Controle der Angaben des Diagrammes. Die Methode des Experimentirens bedarf sonach keiner weiteren Erklärung; erwähnt mag nur noch werden, daß bei der vom Verfasser angewendeten und in Figur 1 dargestellten Maschine die Bewegung des Hebels C E zwar direct von Hand erfolgt, daß aber bei größeren Maschinen auch Vorsorge getroffen wird, dieselbe durch ein Getriebe zu vermitteln. Jedenfalls zeichnet sich der hier beschriebene Apparat vor allen anderen Festigkeitsmaschinen auch durch seine Einfachheit und den billigen Preis (150 Dollars = 645 Mark für eine Maschine wie die zu den hier beschriebenen Versuchen benützte) aus — Eigenschaften, welche verbunden mit der Leichtigkeit des Experimentirens und der Transportfähigkeit des ganzen Apparates für den Ingenieur kaum weniger wichtig sind, als die Genauigkeit und Vollständigkeit der damit erzielbaren Resultate. Die so erhaltenen Diagramme geben somit in ihren Ordinaten die Torsionsmomente, in ihren Abscissen die Verdrehungswinkel an, und nachdem der Widerstand gegen Abscherung bei homogenem Materiale dem Zugwiderstande proportional ist, so folgt daraus, daß bei derartigen Materialien die Ordinaten auch den Zugwiderstand bezeichnen können, und näherungsweise auch bei nicht vollkommen homogenem Materiale zu Vergleichungen der absoluten Festigkeiten dienen können, so lange, wie es geschah, alle Probestücke genau dieselben Dimensionen erhielten. Nachdem ferner die Elasticität des Materiales durch das Verhältniß der Verdrehungskraft zu der dadurch bewirkten bleibenden und vorübergehenden Verdrehung bestimmt ist, so erhellen auch aus den Diagrammen die Elasticitäts-Eigenschaften des Materiales, sowie endlich dessen Dehnbarkeit und totale Widerstandsarbeit gegen Bruch (resilience), letztere gemessen durch die Fläche des Diagrammes. Aus den Diagrammen, welche in der beigeschlossenen Tafel gegeben werden, geht hervor, daß der erste Theil der Diagrammlinie eine Curve von kleinem Radius, convex gegen die Abscissenachse, ist und daß die Linie dann unter einem kleinen Neigungswinkel gegen die Verticale nahezu gerade hinaufsteigt, bis sie, an einem Punkte in einiger Höhe über dem Ausgangspunkt, eine umgekehrte Krümmung annimmt. Der erste Theil der Linie wird wahrscheinlich durch das Nachgeben der nicht scharf genug passenden Beilagen hervorgerufen, welche zum Einspannen des Probestückes verwendet werden; ferner aber wohl auch bei manchen Materialien durch das vorzeitige Nachlassen einiger Fasern, welche schon vorher überansprucht waren. Sobald ein fester Halt erlangt ist, wird die Linie bisweilen fast ganz gerade, und zeigt, wie der Betrag der Verdrehung annähernd proportional ist der verdrehenden Kraft, entsprechend dem Hooke'schen Gesetze“: ut tensis sic vis. Nach Erreichung eines bestimmten Verdrehungswinkels, welcher durch den specifischen Charakter des Probestückes bedingt ist, wird die Linie gekrümmt, indem die Formveränderung ein rascheres Aenderungsverhältniß hat wie die Inanspruchnahme. Sobald diese Aenderung bemerkbar wird, beginnen wahrscheinlich die Molecüle, welche bis zu diesem Punkte im Allgemeinen ihre relative Position beibehalten und nur die relativen Distanzen vergrößert hatten, nun auch ihre Stellungen zu einander verschieben — in einer Weise, welche wohl mit der von TrescaL'écoulement des corps solides Comptes rendus 1869, 1871. als „Fluß der festen Körper“ beschriebenen Erscheinung identisch sein dürfte. Es ist dieser Punkt, bei welchem die Linie concav gegen die Basis zu werden beginnt, welcher als die Grenze der Elasticität betrachtet werden kann. Man wird bemerken, daß diese Grenze sehr genau bestimmt ist bei den Hölzern, weniger deutlich, aber noch immer wohl ersichtlich, bei sehnigem Eisen und den weniger homogenen Mustern anderer Metalle, aber vollkommen unbestimmbar wird, sobald wirklich homogene Materialien, beispielsweise die besten Qualitäten von gut durchgearbeitetem Gußstahl, untersucht werden. Dieser Punkt bezeichnet übrigens nicht, wie gewöhnlich angenommen wird, den Beginn der bleibenden Setzung, indem, wie später ersichtlich sein wird, eine Formveränderung — sei es vorübergehend oder bleibend, und gewöhnlich beides zugleich — bei jedem, auch noch so geringen Betrag der Verdrehung eintritt. Dieselbe tritt allerdings erst nach Ueberschreitung der Elasticitätsgrenze in beträchtlicherem Maße und dann auch zum größten Theile als bleibende Formveränderung auf. Die Neigung des geraden Theiles der Diagrammlinie gegen die Horizontale gibt ein Maß der Steifigkeit des Materiales, indem die Tangente des Neigungswinkels das Verhältniß der Verdrehungskraft zum Verdrehungsbogen bis zur Elasticitätsgrenze hinauf bezeichnet. Derselbe Werth kann gewissermaßen auch als Ausdruck für die Härte der Metalle angesehen werden, nachdem dieselbe, wie aus den Versuchen hervorgeht, bei homogenen Substanzen der Steifigkeit nahezu proportional ist. Nach Ueberschreitung der Elasticitätsgrenze wird die Diagrammlinie mehr und mehr parallel zur Abscissenachse und beginnt dann — bei den Hölzern ausnahmslos, aber auch bei einigen Metallen — rasch zu fallen, noch ehe ein Bruch in dem Probestück ersichtlich wird. Dies läßt sich nur dadurch erklären, daß bei sehnigen Substanzen — wie es eben Holz und einige Metalle sind — eine derartige Verschiebung der einzelnen Fasern über einander stattfindet, daß sie successive alle zum höchsten Widerstand gebracht werden und schließlich auch nur successive ihre Widerstandskraft verlieren, während harte und spröde Materialien, bevor noch ein solcher „Fluß der festen Partikeln“ bemerkbar wird, mitten in der aufsteigenden Linie mit einem Schlag brechen können. Es ist klar, daß die Normalformeln für Torsionswiderstand, ebensowohl wie für andere Formen des Widerstandes, nicht vollkommen correct sein können, nachdem sie nicht diesen Unterschied in dem Charakter des Widerstandes von geschmeidigem und steifem Material andeuten. Die Elasticität des Materiales wird dadurch bestimmt, daß die Verdrehungskraft zeitweise nachgelassen wird, um dem Probestück Zeit zu geben, sich von der Verdrehung soviel, als es seine Elasticität gestattet, zu erholen. In solchen Fällen wird man finden, daß der rückgehende Stift eine Linie beschrieben hat, die in ihrer allgemeinen Form und Lage derjenigen ähnelt, welche die Anfangspartie des Diagrammes gebildet hat, aber beinahe vollkommen gerade und mehr der Verticalen angenähert ist. Ebenso wie nun die Tangente des ursprünglichen Neigungswinkels Θ der aufsteigenden Diagrammlinie gegen die Horizontale ein Maß der Steifigkeit des Materiales abgab, so bezeichnet nun die Tangente des Neigungswinkels φ der von dem rückgehenden Stifte beschriebenen Linie den Grad der Elasticität, indem sie das Verhältniß der die elastische Federung hervorbringenden Kraft zum Betrage dieser Kraft angibt. Die Thatsache aber, daß dieser Werth tang φ stets größer ist wie tang Θ bei demselben Materiale, ist Beweis, daß stets eine größere oder geringere bleibende Setzung eintritt, wie viel oder wie wenig auch das Probestück verdreht worden sein mag. Endlich zeigt die Form der Curve, nachdem sie ihr Maximum passirt hat, die Art der Kraftveränderung während des Bruches an. Diese Schlußpartie des Diagrammes ist sehr schwer auch nur mit annähernder Genauigkeit zu erhalten, außer bei den zähesten und geschmeidigsten Materialien. Dieser Schlußtheil der Curve sollte, nach der Theorie, eine kubische Parabel sein, indem der Verlust der Widerstandskraft mit dem successiven Brechen concentrischer Lagen fortschreitet, und der zurückbleibende cylindrische Theil kleiner und kleiner wird, bis der Widerstand mit dem Bruche der Achslinie Null ist. In einigen Fällen ergeben die Diagramme, welche von dehnbaren Metallen erhalten wurden, diese parabolische Linie sehr deutlich. Bei allen harten Materialien aber ist der Riß, welcher durch den plötzlichen Bruch der äußeren, am meisten gespannten Partikeln entsteht, genügend, auch die inneren zu trennen, und dann wird die Schlußlinie gerade und vertical. Die Homogenität des untersuchten Materiales ist häufig kaum weniger wichtig als dessen Festigkeit, und es wäre sehr wünschenswerth für den Experimentator, irgend eine Gewißheit zu erhalten über den Charakter seiner Stichproben, inwieweit sie den Charakter der ganzen Lieferung, aus der sie entnommen sind, repräsentiren. Wenn die Stichproben vollkommen homogen sind, so kann man mit Zuversicht annehmen, daß sie genau die ganze Lieferung repräsentiren; wenn sie jedoch unregelmäßig in Structur und Festigkeit ausfallen, so kann kein verläßliches Urtheil über die ganze Lieferung gefällt werden, und es gibt keine Sicherheit, daß unter dem angewendeten Material nicht gerade an der Stelle, wo Festigkeit am nothwendigsten wäre, unverläßliche Bestandtheile sich befinden. Je homogener das Material ist, desto regelmäßiger ändert sich seine Widerstandskraft und desto weicher und symmetrischer sind die Linien des Diagrammes. Die Depression der Curve unmittelbar hinter der Elasticitätsgrenze stellt die größere oder geringere Homogenität des Materiales dar. Diese Thatsache ist in schlagender Weise bei einigen der erhaltenen Diagramme dargestellt, und gewährt (was nach dem Verfasser bis jetzt noch nie gefunden war) ein directes Mittel, um die Homogenität zu bestimmen. Die Widerstandsarbeit (resilience) des Probestückes wird durch die Fläche gemessen, welche in seinem Diagramme eingeschlossen ist, indem dieselbe bestimmt wird durch das Product aus der mittleren Widerstandskraft in den Weg, durch welchen sie wirkt, bis der Bruch hervorgebracht wird; d. h. sie ist proportional der Arbeit, welche von dem Probestück im Widerstand gegen Bruch geleistet wird, und stellt den Werth des Materiales im Widerstand gegen Stöße dar. Die Fläche innerhalb der Ordinate der Elasticitätsgrenze bezeichnet den Widerstand zur Aufnahme eines Stoßes ohne gefährliche Verdrehung und schädliche Formveränderung. Die Dehnbarkeit des Materiales wird abgeleitet aus dem Werthe des totalen Verdrehungswinkels, und ihr Maß ist die Verlängerung einer Linie der Oberflächen-Partikel, welche — ursprünglich parallel zur Achse — mit dem Nachgeben des Materiales eine schraubenförmige Gestalt annimmt und zuletzt in oder nahe dem Punkte reißt, wo der Maximal-Widerstand erreicht ist. Nachdem in unserem Falle bei der Verdrehung des Probestückes, keine merkbare Verringerung des Querschnittes oder Formveränderung des Probestückes stattfindet, so ist dieser Werth der Verlängerung ein thatsächliches Maß der größten Dehnbarkeit des Materiales und ist selbst eine genauere Angabe als der Bruchquerschnitt, wie derselbe gewöhnlich nach Zerreißversuchen gemessen wird. Es mag hier auch bemerkt werden, daß, wo immer hier Vergleichungen gemacht sind, ohne ausdrückliche Constatirung anderer Bedingungen, nur Probestücke derselben Dimensionen in den Diagrammen dargestellt sind. Festigkeitsversuche mit Hölzern. Auf Tafel A sind Curven verzeichnet, welche die charakteristischen Eigenschaften verschiedener Hölzer erkennen lassen. Die Holzarten, mit welchen experimentirt wurde, waren folgende, wobei die Nummern der Curve auf der Tafel je das Material bezeichnen, welches nachstehend mit gleicher Ziffer benannt ist.Auf Tafel A sind auf der Abcissenachse von rechts nach links fortschreitend die entsprechenden Verdrehungswinkel von 10 zu 10° angegeben. Die Höhen sind nach den Drehmomenten in engl. Fußpfunden bezeichnet und werden durch Multiplication mit 0,13825 auf Meter-Kilogramm reducirt. 1 Föhre (Weymouthskiefer) Pinus strobus. 2 FöhrePinus australis Splintholz. 3 FöhrePinus australis Kernholz. 4 TanneAbies nigra. 5 EscheFraxinus americanus. 6 NußbäumJuglans nigra. 7 Virginische CederJuniperus virginiana. 8 MahagoniSwietenia mahagoni. 9 EicheQuercus alba. 10 HickoryholzCarya alba. 11 Unechte AkazieRobinia pseudoacacia. 12 KastanieCastanea vesca. Die Probestücke waren alle von der Gestalt der Figur 3 und 3¾ Zoll (95,3 Mm.) lang, 7/8 Zoll (22¼ Mm.) stark im ausgedrehten Halse. Man wird bemerken, daß die Curve in allen Fällen beim Beginne fast vollkommen gerade aufsteigt, mit schwacher Neigung gegen die Verticale. Diese Bestätigung von Hooke's Gesetz innerhalb der Elasticitätsgrenze ist am besten ersichtlich aus der separat (auf Tafel A links) herausgenommenen Partie a a a der Curve 11 vom Akazienholz, in welcher der horizontale Maßstab etwas vergrößert wurde. Man wird bemerken, daß bei der größeren Zahl der Hölzer der Torsionswiderstand mit großer Regelmäßigkeit zunimmt bis nahe zu dem Winkel der größten Beanspruchung; plötzlich aber nimmt diese rapide Zunahme ab, und nach Ueberschreitung der Elasticitätsgrenze vermindert sich der Widerstand rasch mit zunehmendem Verdrehungswinkel, bis er zuletzt Null wird. Bei den zäheren und dichteren Arten tritt diese Abnahme des Widerstandes langsamer ein, und verschwindet bei einigen erst nach einem sehr großen Verdrehungswinkel. In den Curven von ausnahmsweise starkem und zähem Holze, bei welchem die longitudinale Cohäsion die seitliche Cohäsion weit überwiegt — wie bei 11, besonders aber bei 10 — ist eine merkwürdige Eigenthümlichkeit zu constatiren, welche besonders wichtig in einer Beziehung ist, die später ausführlicher besprochen werden soll. In diesen Fällen ist der Widerstand proportional der Verdrehung, bis ein Maximum erreicht ist. Dann fällt die Linie mit zunehmender Verdrehung, bis ein Minimum erreicht ist, um später aufs Neue zu steigen und ein zweites Maximum (selbst höher wie das erste, wie bei Hickoryholz 10) zu erreichen, ehe sie schließlich ununterbrochen zur Abscissenachse herabsinkt. Diese interessante und früher nie beobachtete Eigenthümlichkeit zeigte sich bei aufmerksamer Beobachtung als die Folge eines plötzlichen Nachgebens der seitlichen Cohäsion, wenn das Verdrehungsmoment das erste Maximum erreichte. Nachdem die Fasern derart von einander gelöst waren, gab dieses lose Bündel rasch nach, bis sie durch seitliche Anhäufung und Annahme einer Schraubenform sich übereinander legten, an der weitere Verdrehungen gegenseitig hinderten und den Torsionswiderstand aufs Neue erhöhten. Beim zweiten Maximum begann das Nachgeben abermals, indem die Fasern unter der Längsspannung brachen, zunächst die äußeren Lagen und dann successive die inneren bis zum Bruche der achsialen Faser. In diesem Falle scheint der Bruch nie durch Abscherung längs einer bestimmten Querschnittsebene zu erfolgen. Diese Erscheinung in der Gestalt der Curve ist somit ein Zeichen von mangelnder Symmetrie in der Vertheilung der Widerstandskräfte. Dieselbe mag entweder herrühren von thatsächlicher Verschiedenheit der longitudinalen und lateralen Cohäsion, oder auch von fehlerhafter Structur eines Probestückes, dessen Material selbst gleiche Cohäsion nach allen Richtungen hat. Autographische Diagramme der Widerstandskraft. der Hölzer. Textabbildung Bd. 216, S. interleaf 1 Föhre (Pinus strobus). 2 Föhre (Pinus australis) Splintholz. 3 Föhre (Pinus australis) Kernholz. 4 Tanne (Abies nigra). 5 Esche (Fraxinus americanus). 6 Nußbaum (Juglans nigra). 7 Virginische Ceder (Juniperus virginiana). 8 Mahagoni (Swietenia mahagoni). 9 Eiche (Quercus alba). 10 Hickoryholz (Carya alba). 11 Unechte Akazie (Robinia pseudoacacia). 12 Kastanie (Castanea vesca). Die Curven der Tafel A zeigen deutlich den verhältnißmäßigen Werth der Materialien für die verschiedenen Zwecke des Ingenieurs. Föhrenholz (von Pinus strobus) ist, wie die starke Neigung seiner Steifigkeitslinie (1) bezeichnet, weich und wenig steif. Die Elasticitätsgrenze ist bald erreicht, und der größte Widerstand findet sich bei einem Moment von 15½ Fußpfund (2,14 Meter-Kilogramm). Rasch an Stärke verlierend nach Passirung der Widerstandsgrenze, ist das Probestück vollkommen abgebrochen bei einem Winkel von 130°. Die kleine Fläche des Diagrammes zeigt, daß es geringen Widerstand zur Aufnahme von Stößen besitzt. Holzprobe 2 und 3 (Föhre Pinus australis) übertrifft ersteres bedeutend in allen werthvollen Eigenschaften, die aus der Curve ersichtlich sind. Das Splintholz (2) scheint in dem untersuchten Stück ebenso steif wie das Kernholz (3), aber es erreicht die Elasticitätsgrenze früher. Die allgemeine Form des Diagrammes ist bei beiden gleich und ist charakteristisch verschieden von dem Diagramme 1. Es hat augenscheinlich großen Werth, wo immer Steifheit, Stärke, Zähigkeit und große Widerstandsarbeit in Verbindnng mit Leichtigkeit verlangt werden, wie denn auch die letztere sehr wichtige Eigenschaft, sowie der billige Preis die so allgemeine Anwendung dieser Holzsorte bedingen. Es sei hier bemerkt, daß, indem alle Vergleichungen der Stärke auf Volumbemessungen basirt sind, auch stets eine Vergleichung der Dichtigkeiten angestellt werden sollte, um das Urtheil bei der Wahl von Materialien, deren Festigkeit bestimmt wurde, zu unterstützen. Tannenholz (von Abies nigra) 4. Erreichte 18 Fußpfund (2,49 Meter-Kilogramm) Widerstandsmoment. Esche 5. Erreicht nur 27½ Fußpfd. (3,80 M.-Kg.), so daß eine ungewöhnlich mindere Qualität des Probestückes angenommen werden dürfte. Nußbaumholz 6. Bemerkenswerth steif, stark und fähig zur Aufnahme von Stößen. Erreicht 35 Fußpfd. (4,84 M.-Kg.) Widerstandsmoment und einen Verdrehungswinkel von 220°. Die Steifigkeit wird dadurch illustrirt, daß es 25 Fußpfd. (3,46 M.-Kg.) erfordert, um nur 10° verdreht zu werden, während FöhrePinus australis (2) — nur 22 (3,04) und Abies nigra (4) nur 8 Fußpfd. (1,11 M.-Kg.) zur selben Verdrehung erfordern. Virginisches Cedernholz 7. Steif aber brüchig; Bruch bei 92°; Maximalmoment 22 Fußpf. (3,04 M.-Kg.) Mahagoni 8. Stark und steif; Maximalwiderstand beträgt 44 Fußpfd. (6,08 M.-Kg.); für 10° Verdrehung 32 Fußpfd. (4,42 M.-Kg.). Eiche 9. Weniger stark wie Akazie (11), Mahagoni (8) und Hickory (10), aber außerordentlich zäh und widerstandskräftig. Der größte Widerstand von 35½ Fußpfd. (4,91 M.-Kg.) findet statt bei 15° Verdrehung, bleibt nahezu unverändert bis zu 70°, weicht dann langsam zurück, bis das Probestück plötzlich bei 250° unter einer Spannung von 9 Fußpfd. (1,24 M.-Kg.) nachgibt und bei 253° ganz abbricht. Bemerkenswerth ist die seitliche Cohäsion, welche durch das Verwachsen der Fasern hervorgerufen wird. Hickory 10. Gibt die höchste Widerstandskraft, indem sein zweites Maximum selbst das der Akazie übertrifft; 45 Fußpfd. (6,22 M.-Kg.) für 10° Verdrehung; mit 54 Fußpfd. (7,47 M.-Kg.) bei 13° Elasticitätsgrenze; Maximalbeanspruchung 59½ Fußpfd., (8,23 M.-Kg.); bricht schließlich sehr rasch bei 145° ab. Akazie 11. Besitzt die größte Steifigkeit unter allen Hölzern und gibt nur 10° nach beim Maximum von 55 Fußpfd. (7,60 M.-Kg.). Ein Stück, besonders hart und compact, erforderte 48 Fußpfd. (6,64 M.-Kg.) für 4° Verdrehung und erreichte nahezu 190° Maximal-Verdrehungswinkel. Bei allen diesen Experimenten wurde beobachtet, daß die verschiedenen Probestücke derselben Gattung gewöhnlich sehr übereinstimmten in der Stärke und Steifigkeit, und daß größere Differenzen nur gelegentlich in der Elasticität und Widerstandsarbeit (resilience) beobachtet werden konnten. (Fortsetzung folgt.)

Tafeln

Tafel
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