Titel: | Ueber die Functionen des Gloverthurmes; von F. Vorster. |
Autor: | Fr. Vorster |
Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 558 |
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Ueber die Functionen des Gloverthurmes; von
F. Vorster.
Vorster, über die Functionen des Gloverthurmes.
Der 215. Band dieses Journals (S. 56
u.s.f.) enthält als Anmerkung einer größeren Arbeit von Dr. Georg Lunge eine Kritik meines Aufsatzes
über die Functionen des Gloverthurmes (vergl. 1874 213
411. 506). Es werden darin die von mir gemachten Beobachtungen bezüglich der
Reduction nitroser Schwefelsäure durch schweflige Säure, resp. die Anwendung
derselben auf die Arbeit des Gloverthurmes zu widerlegen gesucht.
Lunge hebt hervor, daß die Resultate meiner im
Laboratorium angestellten Versuche nicht auf die Arbeit des Gloverthurmes im Großen
anzuwenden seien. Ich benützte hierbei dieselbe nitrose Säure, wie sie im Großen
durch den Gloverthurm fließt. Ob ferner die SO₂ aus der Verbrennung von
Pyriten oder aus Schwefelsäure und Kupfer bei nachheriger Verdünnung von Luft
herrührt, kann keinen wesentlichen Einfluß auf ihre Wirkungsweise haben. Zwar ist
die Temperatur der SO₂ im Thurme etwa 300°, während sie bei meinen
Versuchen im Laboratorium gewöhnliche Lufttemperatur besaß. Es ist nun nicht
anzunehmen, daß die hohe Temperatur der in den Gloverthurm eintretenden SO₂
die Reduction der Stickstoff-Sauerstoff-Verbindungen verhindern kann;
im Gegentheil ist es wahrscheinlich, daß dieselbe dadurch noch beschleunigt wird.
Die Temperatur der theilweise denitrirten Säure, welche unten aus dem Gloverthurm
ausfließt, ist nach meinen Beobachtungen zwischen 120 und 130° und wurde auch
bei den meisten meiner Versuche auf dieser Höhe gehalten. Es ist schwer zu
entscheiden, wie lange dieselbe Quantität nitroser Säure im Gloverthurm der
Einwirkung der SO₂ ausgesetzt ist, und mögen daher in diesem Punkte
Einwendungen gegen meine Laboratoriumsversuche zu machen sein. Hieraus kann aber
nicht der Beweis geliefert werden, daß eine theilweise Reduction der nitrosen
Schwefelsäure zu Stickstoff im Gloverthurm überhaupt nicht erfolgt. Ich gebe zu, daß
dieselbe nicht so bedeutend ist, wie von mir angenommen wurde, kann aber nicht
einräumen, daß sie so unwesentlich ist, daß man dieselbe praktisch vernachlässigen
darf.
Lunge beweist demnach nicht die Unrichtigkeit meiner
Resultate, sondern modificirt nur meine Schlußfolgerung, daß Verluste zwischen 40
und 70 Proc. im Gloverthurme statt haben. Meine Folgerung war zu weitgehend, wie ich
gerne zugebe. Ich hatte die Größe des möglichen Verlustes nicht in der Weise
nachgerechnet, wie dies Lunge thut, und schätzte sie auf
etwa 2 Proc. Natronsalpeter von 100 Th. verbranntem Schwefel.
Auch C. Fr. Kuhlmann, Fabrikant in
Lille, spricht sich dagegen aus, stark nitrose Säure durch den Gloverthurm fließen
zu lassen, indem er sagt: „Wendet man Gloverthürme an, so ist nur eine
schwach mit salpetrigen Dämpfen gesättigte Kammersäure zu benützen.“
Wie mir bekannt, wird auch in seinen Fabriken die Denitrirung der Nitrosen Säure
nicht in Gloverthürmen vorgenommen.
Ich würde Hrn. Dr. Lunge sehr dankbar sein, wenn er mir den Weg zeigen
wollte, auch für die Denitrirung der nitrosen Säure ausschließlich durch Beobachtung
der Erscheinungen im Gloverthurm selbst zu genauen Resultaten zu gelangen. Ich
selbst habe diesen Weg nicht finden können, hielt es aber für besser,
Laboratoriumsversuche unter ähnlichen Bedingungen, wie dieselben im Thurme
herrschen, zu machen, als die wichtige Function der Denitrirung überhaupt der
Besprechung zu entziehen.
Bezüglich des Salpeterverbrauches gestatte ich mir die Bemerkung,
daß in den bedeutendsten Fabriken von Widnes derselbe im Durchschnitt langer
Zeiträume, eines Jahres z.B., mindestens 5 Proc. beträgt. Wenn Lunge den
Salpeterverbrauch am Tyne auf 3 1/2 und 4 Proc. angibt, so ist diese Zahl
„werthlos,“ so lange nicht auch die Ausbeute an
Schwefelsäure aus den verbrannten Pyriten angegeben wird.
Widnes, im Februar 1875.