Titel: | Ueber Regeneration des Braunsteins; von Ch. Jezler in Schaffhausen. |
Autor: | Ch. Jezler |
Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 446 |
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Ueber Regeneration des Braunsteins; von Ch. Jezler in
Schaffhausen.
Jezler, über Regeneration des Braunsteins.
Veranlaßt durch den in mehreren Zeitschriften (vergl. dies Journal, 1870 198 227) erschienenen Vortrag W. Weldon's vor der Versammlung der British
Association in Liverpool über Chlorfabrikation mittels fortwährend
regenerirten Calciummanganits, begann ich damals (1870) diesen Proceß im
Laboratorium zu bearbeiten.
Bei dem Versuche, in kleinen Mengen die Oxydation nach Weldon's Angabe so vorzunehmen, daß durch den Manganniederschlag, mit dem
nöthigen Kalküberschuß versehen und in reichlicher Flüssigkeit suspendirt, ein
anhaltender Luftstrom gedrückt wird, bemerkte ich, daß, während die Hauptmasse des
Niederschlages sich verhältnißmäßig langsam oxydirte, diejenigen Theile desselben,
welche an die Wand des oberen Theiles der Versuchsflasche geworfen wurden und
theilweise trockneten, den übrigen in der Oxydation vorauseilten. Ich verließ daher
nach den ersten Versuchen diese Oxydationsmethode, filtrirte die Manganniederschläge
und befreite dieselben noch weiter von der Mutterlauge durch Ausbreiten auf porösen
Unterlagen. Die Niederschläge wurden dann in Pastenform bei mäßiger Temperatur (30
bis 40°) fleißig umgearbeitet, völliges Eintrocknen und höhere Temperatur
aber sorgfältig vermieden. Eine solche Bearbeitungsweise war augenscheinlich von
lebhafter Oxydation begleitet. Mochte dieselbe sich später für die Anwendung im
Großen als brauchbar erweisen oder nicht, so hatte sie doch den Vortheil, daß ich
über die Höhe des zu gebenden Kalküberschusses zu den Manganniederschlägen sofort
ins Klare kam. Niederschläge, welche ein halbes Aequivalent Kalküberschuß enthielten, gaben nach
einer allerdings ganz veränderten Oxydationsweise die höchstgrädigen Producte
– eine Kalkmenge, auf welche aber auch Weldon
zurückgekommen ist.
Von Eisen befreite Manganchlorürlösungen wurden nun mit Kalkmilch gefällt, aus
welcher vorher durch Absetzenlassen gröbere Theile entfernt waren. Niederschläge mit
einem und solche mit einem halben Aequivalent Kalküberschuß mußten genauer in ihrem
Verhalten gegen atmosphärischen Sauerstoff untersucht werden, während höherer oder
geringerer Kalkzusatz entschieden ungünstigere Resultate aufwies. Auch Kalkzusätze
zwischen einem ganzen und einem halben Aequivalent Ueberschuß wurden außer Betracht
gelassen, weil ich mir die Wirkung des Kalkes in einfachen äquivalenten Mengen
dachte. Die erhaltenen oxydirten Niederschläge waren aber nicht von constanter
Zusammensetzung, vor allem nicht die Wirkung des Kalkes in äquivalenten Mengen zu
erklären. Immer war die aus Salzsäure entwickelte Menge Chlor für Verbindungen von
Manganoxyd oder Oxydhydrat mit Kalk zu groß, andererseits für
Superoxydhydrat- oder Superoxyd-Kalk-Verbindungen zu klein. Die
Existenz complicirter Körper schien nicht wahrscheinlich; ich hatte es
voraussichtlich mit einem Gemisch beider Verbindungen zu thun und danach zu
trachten, reine Superoxydkalk-Verbindungen zu gewinnen. Bei dem einen
angedeuteten Mangan-Kalkverhältnisse erwies sich obige Vermuthung als
richtig, indem die Darstellung eines Calcium-Bimanganites gelungen ist.
Die Oxydationsproducte wurden behufs Bestimmung des aufgenommenen Sauerstoffes wie
Proben natürlichen Braunsteins behutsam getrocknet und die Temperaturen beobachtet.
Es fand sich aber alsbald, daß eine Steigerung der Temperatur innerhalb gewisser
Grenzen keine Abnahme des Sauerstoffgehaltes bedingt, sondern daß im Gegentheil bei
höherer Temperatur Sauerstoff aufgenommen wird. Die erste Probe, ein halbes
Aequivalent Kalküberschuß enthaltend, einer Temperatur von 300° ausgesetzt,
zeigte einen Gehalt von 70,4 Proc. Mangansuperoxyd. Mit größerer Sorgfalt stellte
ich einen Körper mit 74,0 Proc. Mangansuperoxyd und 25,1 Proc. Kalk dar, welcher als
ein ziemlich reiner Bimanganit von der Zusammensetzung 2 MnO₂ + CaO betrachtet werden kann.
Namhaftere Mengen eines Oxydationsproductes mit 68 bis 70 Proc. Superoxyd bekam ich
wiederholt. – Der erhaltene Körper widersteht hohen Temperaturen, ohne sich
zu verändern; der gebundene Kalk ist durch Mineralsäuren nicht zu entfernen, ohne
daß nicht gleichzeitig Mangansuperoxyd zerstört wird, wohl aber läßt sich eine
geringe Menge überschüssigen Kalkes oder kohlensauren Kalkes durch Behandeln mit
Kohlensäure ausziehen.
Eine Verbindung, welche auf ein Aequivalent Mangan ein Aequivalent Kalk enthält, habe
ich nicht bekommen; ich verwendete aber auf die Darstellung eines solchen Körpers
auch keine anhaltende Arbeit, weil seine Existenz neben dem leicht darstellbaren
Bimanganit keinen praktischen Werth mehr hat.
Die Producte der Oxydation in feuchtem Zustande der Niederschläge enthielten mit
einem Aequivalent Kalk stets mehr Superoxyd als mit einem halben Aequivalent Kalk,
ohne aber zu einem höheren Procentsatz zu gelangen. Auch letztere enthielten stets
Mangansuperoxyd, ohne sich jemals vollkommen zu oxydiren. Nur die Einwirkung höherer
Temperatur hat vollkommene Oxydation zur Folge. Diese nahm ich im Laboratorium im
Porzellantiegel auf einer einfachen Spirituslampe vor, worin die Manganverbindung
unter stetem Umrühren stundenlang einer Temperatur ausgesetzt werden kann, daß der
Boden des Tiegels deutlich glühend erscheint. Größere Mengen oxydirte ich auf einer
eisernen Platte, welche ebenfalls sichtlich glühte, bei stetem Rühren. Die Aufnahme
des Sauerstoffes ist nach wenigen Stunden beendet.
Die von Weldon ausgesprochene Ansicht, daß wahrscheinlich
saure Manganite existirten, wäre somit als bestätigt zu betrachten; nur fehlt in dem
genannten Körper das Wasser, welches das zweite Aequivalent Superoxyd enthalten
sollte.
Kurz ist also die Darstellungsweise von möglichst reinem Calciumbimanganit folgende.
Reine Manganchlorürlösung wird mit nicht zu dünner Kalkmilch gefällt. Von der zur
Fällung nöthigen Menge die Hälfte, oder um ein geringes mehr, zugesetzt, der
Niederschlag nach dem Absetzenlassen von der darüber stehenden Flüssigkeit getrennt,
und über einer Unterlage von Sand auf Filtrirpapier ausgebreitet. Sobald sich der
Niederschlag von Papier leicht ablösen läßt, wird er gesammelt, unter fleißigem
Umarbeiten und Zusatz des verdampften Wassers dauernd einer Temperatur von 30 bis
40° ausgesetzt. Ist durch Sauerstoffaufnahme die Masse schwarz geworden, so
wird der größte Theil des Chlorcalciums ausgewaschen, dann die Oxydation bei hoher
Temperatur folgen gelassen, und wiederholt durch Sauerstoffbestimmungen gemessen.
Nach vollendeter Oxydation kann jeder Rest von Chlorcalcium ausgezogen werden. Nimmt
man die erste Oxydation in flüssiger Form der Masse vor, so tritt ein Moment ein, wo
der erst flockige und voluminöse Niederschlag dicht wird; dann ist auch das
Chlorcalcium leicht zu entfernen. Immer ist aber darauf zu achten, daß durch das
Auswaschen nicht zu früh
Kalk ausgezogen wird, denn nur das richtige Mangan-Kalkverhältniß läßt einen
hochgradigen Bimanganit erwarten. Das Product ist ein oft mehr braunes, oft mehr
schwarzes Pulver.
Nach dem beschriebenen Proceß regenerirter Braunstein ist selbstverständlich für
Darstellung von Chlor ein ganz ausgezeichnetes Material, nicht allein weil er in
Beziehung auf Salzsäureverbrauch denjenigen besten natürlichen Braunsteinen, welche
in großer Menge zu haben sind, gleichkommt, sondern namentlich, weil er den größten
Theil des Chlores mit kalter Salzsäure entwickelt, und der Entwickler nur am Ende
der Operation mäßig erwärmt zu werden braucht. – Pulverförmiger regenerirter
Braunstein kann durch Zusatz von einigen Procenten halboxydirter Masse, welche noch
nicht erhitzt war und Chlorcalcium enthält, zu Kugeln geformt werden, welche nach
dem Trocknen Festigkeit besitzen, vielleicht gegen pulverförmiges Product Vortheil
bieten.
Obiger Proceß ist im Bericht von Prof. E. Kopp über die
Schweizerische Abtheilung der Wiener Ausstellung 1873, Gruppe III ebenfalls kurz
besprochen.
Nachdem ich wiederholt meine Arbeiten über diesen Gegenstand abbrechen mußte,
übergebe ich das Resultat der Oeffentlichkeit, es den Interessenten überlassend,
eine Ausführung im Großen selber zu versuchen, oder sich mit mir in Verbindung zu
setzen. Wer durch Versuche Sicherheit in der Darstellung eines hochgrädigen
Productes erlangt hat, wird zu der Ueberzeugung gelangen, daß der beschriebene
Proceß unter Umständen berufen sein kann, mit den bestehenden Regenerationsmethoden
in die Schranken zu treten – um so mehr, als es sich dabei weder um einen
complicirten Chemismus, noch um eine theure Anlage handeln kann.