Titel: | Thonförderung auf schiefer Ebene mittels Kette ohne Ende; von L. Ramdohr in Aschersleben. |
Autor: | L. Ramdohr |
Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 410 |
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Thonförderung auf schiefer Ebene mittels Kette
ohne Ende; von L. Ramdohr in
Aschersleben.
Mit Abbildungen auf Taf.
XI.
Ramdohr, über eine Thonförderung auf schiefer Ebene mittels Kette
ohne Ende.
Wenn ich mir erlaube, nachstehend eine Beschreibung der auf der Ziegelei der Gebrüder Ramdohr zu Wansleben bei Teutschenthal im
Betriebe befindlichen „Thonförderung auf schiefer Ebene mittels einer
Kette ohne Ende“ zu geben und diese Beschreibung mit detaillirten
Zeichnungen zu begleiten, so glaube ich, dadurch recht vielen Industriellen einen
Dienst zu erweisen, da die betreffende Vorrichtung bei mäßigen Anlagekosten eine
geringe Betriebskraft und wenige Reparaturen erfordert und überall mit Nutzen
anwendbar erscheint, wo es sich darum handelt, aus einer Tiefe von 6 bis 20 Meter
bei entsprechender Förderlänge Thon, Kohlen, Torf etc. zu fördern, oder auch halb
oder ganz fertige Fabrikate aller Art auf größere Entfernungen horizontal,
aufsteigend oder im Gefälle zu bewegen.
Diese Kettenförderung erscheint mir selbst auf horizontalen Gleisen – sobald
eine ziemliche Weglänge zurückzulegen ist – deshalb angezeigt weil durch dieselbe bedeutend an
Menschenkraft gespart wird; denn die Kette nimmt die ihr gebotenen Wagen ganz
selbstthätig auf und gibt sie ebenso selbstthätig wieder ab, und es ist ganz
unmöglich, daß der einmal von ihr erfaßte Wagen unterwegs sich auslösen könnte. Wie
theuer es ist, Rohmaterial in großen Mengen aufsteigend zu befördern, dürfte jedem
Industriellen bekannt sein, welcher derartige Arbeiten ausführen zu lassen genöthigt
ist.
Bevor ich nun zur Beschreibung der Anlage selbst übergehe, gestatte ich mir, einige
allgemeine Bemerkungen über die localen Verhältnisse voraus zu schicken.
Die vorerwähnte Ziegelei (Fig. 1 und 2) liegt am Fuße eines
sehr sanft ansteigenden Gehänges, auf einer Fläche von beiläufig 12,5 Hektaren (50
Morgen) Größe. Der Thon, welcher das Liegende eines Braunkohlenflötzes bildet, das
in einiger Entfernung von der Ziegelei aufgeschlossen ist, zeigt schiefrige Structur
und ist schwer zu bearbeiten, liefert jedoch, scharf gebrannt, Steine von
bedeutender Härte und fast metallischem Klange. Das Einfallen des Thonlagers ist dem
des Berggehänges über Tage entgegengesetzt, und da seine Güte mit der Tiefe
wesentlich zunimmt, so erschien es angezeigt, nicht etwa eine sehr große Fläche bis
zur Horizontale abzutragen, sondern vielmehr mit einer Fläche von etwa 0,75 Hektar
(ca. 3 Morgen), nachdem dieselbe bis zur Horizontalen abgetragen worden war, in die
Tiefe zu gehen. Bei einer Jahresproduction von beiläufig 5 Millionen Steinen
vertiefte sich die Grube schnell, und nur 4 bis 5 Jahre war es möglich, das
Thonmaterial mittels Karren auf stark aufsteigender Bahn auf den Walzwerkboden zu
schaffen. – Bald aber drängte sich die Ueberzeugung auf, daß mit zunehmender
Tiefe der Grube und Verlängerung der Förderbahn der Nutzeffect der Handarbeit immer
geringer, die Förderungskosten für den Thon immer theurer werden müßten. Aus diesem
Grunde, ganz besonders aber auch aus Humanitäts-Rücksichten, entschlossen wir
uns, recht bald eine mechanische Thonförderung einzurichten, um nicht Schuld daran
zu haben, daß die rüstigeren und jüngeren Arbeiter, verlockt durch hohen Lohn, ihre
Kräfte in unverhältnißmäßig kurzer Zeit verbrauchten.
Freilich haben wir hierbei eine Beobachtung gemacht, die leicht von ähnlichen
Humanitäts-Bestrebungen abhalten könnte, wenn man sofortigen Dank oder nur
sofortige Anerkennung seitens der Arbeiter erwarten wollte. Denn diese erblickten in
der neuen Anlage zunächst nur ein Mittel, um ihnen Gelegenheit zu hohen Verdiensten
zu entziehen. Selbstverständlich konnten für das bloße An- und Abschieben der
Wagen auf horizontaler
Bahn und auf nur wenige Meter Länge nicht derselbe Accordsatz geboten werden, wie
für die Karrenförderung, bei welcher die Arbeiter es durch fast übermenschliche
Anstrengung zwar zu einem hohen Lohne brachten, aber auch die Grundlage ihrer
Arbeitsfähigkeit viel schneller verbrauchten, als sie selbst ahnten. Bei
Inbetriebsetzung der neuen Förderung wurden die Accordsätze sowohl der leichteren
und bequemeren Arbeit, (zu der sehr viel jüngere oder sehr viel ältere Leute
genügten), als auch den durch die Einrichtung der Anlage an Zinsen etc. entstehenden
Unkosten entsprechend geändert. Die Leute glaubten sich unerwarteter Weise anfangs
im Nachtheil, und um ihr Vorurtheil durch eigene freie Beobachtung zu entkräften,
stellten wir es eine volle Woche in ihr Belieben, entweder zu den alten Accordsätzen
den Thon mit dem Karren oder zu den neuen mit der maschinellen Vorrichtung zu
fördern. Sehr wenige Tage genügten, um ihnen die neue Anlage lieb zu machen, und
bald wußten sie es den Arbeitgebern Dank, daß diese die allerschwerste Arbeit auf
dem Werke ganz abgeschafft hatten.
Das Rohmaterial ist, wie schon bemerkt, schiefrig, kann jedoch der großen zu
verarbeitenden Quantitäten wegen nur zu einem sehr kleinen Theile durch Winterfrost
aufgeschlossen werden. Die Verarbeitung erfolgt deshalb in der Weise, daß der Thon
zunächst ein doppeltes Walzwerk passirt, in welchem die oberen Walzen mit etwa 15
Millim., die unteren mit ca. 7 bis 8 Mm. Zwischenraum arbeiten. Der gewalzte Thon
gelangt alsdann in acht Sümpfe, welche im Halbkreise um das Walzwerk so angeordnet
sind, daß zwischen letzterem und den Sümpfen genügender Zwischenraum zum Abkarren
des eingeweichten Thones erübrigt. In den Sümpfen verbleibt der Thon mindestens 12,
womöglich 24 Stunden. Von hier aus gelangt er in liegende, eiserne Thonschneider, in
denen die innigste Mischung und Homogenisirung der Masse bewirkt wird, und von den
Thonschneidern in die dicht daneben befindlichen Pressen. Walzwerk, Thonschneider,
Pressen, Transmissionen etc. sind – beiläufig bemerkt – von der Firma
Gebrüder Sachsenberg in Roßlau a. E. geliefert worden
und arbeiten seit mehreren Jahren zu unserer vollsten Zufriedenheit, da sie der
Beschaffenheit unseres Materials ganz besonders entsprechen.
Die Oberkante des Füllrumpfes für das obere Walzenpaar liegt 3 Meter über der
Hofsohle, die für die nächsten Jahre ausreichende Fördersohle in der Thongrube ca.
8,5 Meter unter dieser, so daß, um es bergmännisch auszudrücken, die gesammte
Seigerteufe 11,5 bis 12 M. betrug, bei einer Förderlänge von 80 bis 90 Meter.
Unter den verschiedenen in Erwägung gezogenen Vorschlägen, die Förderung mit
maschineller Hilfe zu bewirken, führe ich nur folgende zwei an:
I. Auf schiefer Ebene mit zwei Drahtseilen zu fördern. Gegen dies Project sprechen
die Erwägungen:
1) daß ein besonderer Arbeiter zur Umsteuerung der Seiltrommel
hätte angestellt werden müssen;
2) daß bei dieser Seilförderung sehr leicht und oft Seilbrüche
entstehen, welche durch den mit ungehinderter Kraft herunterlaufenden Wagen fast
immer erheblichen Schaden anrichten;
3) daß, um größere Mengen zu fördern, es nothwendig sein würde,
mehrere Wagen aneinander gekuppelt gleichzeitig aufzuholen, also zugweise zu fördern. – Dies bietet aber
folgende Unannehmlichkeiten: a) In der Grube sind nicht
immer gleichzeitig so viele Wagen gefüllt beisammen, als zur
Zusammenstellung des Zuges nothwendig sind.b) Das Aneinanderkuppeln der
Wagen in der Grube, sowie das Abnehmen mehrerer Wagen auf ein Mal
verursacht Zeitversäumniß und unnöthige Kosten.c) Wird das Ankuppeln
nachlässig bewirkt, so entstehen dadurch leicht Betriebsstörungen, resp.
Beschädigungen.d) Bei Seilförderung ist ein
selbstthätiges An- und Auskuppeln der Wogen nicht leicht, bequem
und sicher einzurichten.
II. Der Thon wird in der Grube selbst in den Förderwagen innerhalb eines Gerüstes
senkrecht in die Höhe gehoben und von da aus auf horizontaler Schienenbahn durch
Menschenhand nach dem Walzwerksboden befördert. – Gegen dieses Project
sprachen folgende Bedenken:
1) Wenn nicht eine besondere Fördermaschine aufgestellt werden
sollte, was unter allen Umständen zu theuer geworden wäre, so hätte von der
Hauptbetriebsmaschine aus die Kraft durch eine besondere Transmission, etwa
durch Drahtseil oder dergl., nach dem Förderpunkte übertragen werden
müssen.
2) Bei letzterem wäre wiederum ein besonderer Wärter zum
Umsteuern der Fördervorrichtung für das Auf- und Niedergehen der
Förderschalen nothwendig geworden.
3) Für das Auf- und Abschieben der Förderwagen am
verticalen Förderpunkte, sowie für den Transport von da nach den Walzen wären
ebenfalls besondere Arbeiter erforderlich gewesen.
Die Berücksichtigung dieser und mancher anderen Uebelstände führte uns denn dahin,
die Kettenförderung zu adoptiren, welche Verf. bereits vor etwa zehn Jahren in
kleinerem Maßstabe auf dem königl. Steinsalzwerke zu Staßfurt zur Beförderung von
Braunkohlen von der tieferen Sohle des Salinenhofes nach den Rümpfen der
Dampfkessel-Treppenroste im Betriebe gesehen hatte, und von welcher ihm
bekannt war, daß sie trotz ihrer theilweise etwas primitiven Einrichtung sich stets
gut bewährt habe.
Die Kettenförderung gewährt anderen Einrichtungen, besonders den vorstehend
besprochenen gegenüber, die Vortheile:
1) daß die Kette in ununterbrochenem Kreislauf sich befindet,
also während der ganzen Arbeitszeit niemals eine Umsteuerung derselben
erforderlich ist, wodurch natürlich an Zeit und Arbeitslohn gespart wird;
2) daß sie die größte Sicherheit gegen Unfälle gewährt, die
anderweitig durch Seilbrüche und dgl. leicht und oft sich ereignen;
3) daß bei ihr am meisten Handarbeit erspart wird;
4) daß durch das selbstthätige Erfassen und Abgeben, sowie
durch das absolut sichere Festhalten der Wagen ein möglichst ungestörter,
sicherer Betrieb erzielt wird; und
5) daß sie die größte Dehnbarkeit in der Leistungsfähigkeit
gewährt, da bei genügender Betriebskraft und angemessener Förderlänge es ganz
gleichgiltig ist, ob acht oder sechs oder nur ein Wagen von der Kette gezogen
werden. Ebenso ist es gleichgiltig, in welchen Zwischenräumen die Wagen der
Kette übergeben werden.
Die gesammte Fördereinrichtung besteht aus nachfolgenden wesentlichen Theilen: 1) der
zweigleisigen Förderbahn; 2) der endlosen Kette, welche sich in der Mitte der beiden
Gleise auf Leitrollen bewegt; 3) diesen Leitrollen selbst; 4) aus je einer
Kettenscheibe an stehender Welle an den Endpunkten der Bahn; 5) dem Angriffe der
Betriebskraft an einer der stehenden Wellen, und 6) den Förderwagen.
Zur Förderbahn haben wir zwei parallele Gleise aus
sogenannten Grubenschienen verwendet. Die Schienen bestehen aus Bessemerstahl, haben
das in Fig. 5
in natürlicher Größe gezeichnete Profil, wiegen pro laufenden Meter 4,5 Kilogrm. und
haben per 50 Kg. 10,80 Mark gekostet. Daß nicht gewöhnliche Eisen-, sondern
Stahlschienen verwendet wurden, hat seinen Grund darin, daß in Folge günstiger
Conjuncturen letztere per 50 Kg. nicht oder wenig theurer waren, als erstere, und
daß sie ihrer größeren Festigkeit wegen außerdem noch in einem leichteren Profil
verwendet werden konnten und dadurch in der That billiger wurden als gewöhnliche
Eisenschienen.
Für die Gleise wurde eine Spurweite von 536 Mm. (20 Zoll) gewählt – also etwas
mehr, als es bei kleineren Grubenbahnen Regel ist; wir hielten es jedoch mit
Rücksicht auf den hohen Bau der Förderwagen für geboten, von der üblichen schmalen
Grubenspur abzugehen. Die Entfernung von Gleismitte zu Gleismitte beträgt 1,050
Meter.
Bei der Bahn ist dreierlei Gefälle vorhanden; bei dem unteren Drittel in der
Thongrube beträgt dasselbe 1 : 5,5, bei dem mittleren Theile 1 : 7,3 und bei dem
oberen 1 : 10.
Es ist ganz gleichgiltig, in welchem Gefälle die Bahn angelegt ist; sie kann
ebensowohl horizontal sein.
Sonst bietet die Bahn nichts Abweichendes von anderen derartigen Bahnen;
bemerkenswerth sind nur die Endpunkte der Gleise. An ihrem tiefsten Punkte enden sie
bei mindestens 2 Meter Entfernung vor der Kettenscheibe horizontal, um die
Geschwindigkeit des ablaufenden Wagens beim Verlassen der Kette auf das
erforderliche Minimum zu bringen. Am oberen Ende der Förderbahn, und zwar genau an
demjenigen Punkte, wo die Kette so hoch liegt, daß sie aus der hinteren Gabel des
Wagens sich auslöst, erhält das Gleise auf 1 bis 2 M. Länge ein Gefälle von 20 bis
25 Mm., um den Wagen zu selbstständiger Vorwärtsbewegung zu veranlassen.
Es ist sehr leicht, die Kettenförderung durch eine oder mehrere Curven zu führen. Bei
der Anfangs erwähnten Anlage in Staßfurt müssen die Wagen mitten im Aufsteigen,
resp. im Gefälle, eine ziemlich scharfe Curve passiren. Die Geleise werden in
gewöhnlicher Weise gelegt (nicht mit Ueberhöhung der äußeren Schiene) und die
Führung der Kette erfolgt durch sogen. Wendedocken (Fig. 3 und 4), d.h. durch stehende,
um Zapfen drehbare, innerhalb ganz einfacher Holzgerüste aufgestellte Wellen oder
Walzen, welche unten einen bedeutend größeren Durchmesser haben, als in der Mitte
und oben, damit die Kette beim Vorbeigehen behindert ist, die Erde zu berühren, und
vielmehr gezwungen wird, sich in einer bestimmten Höhe über den Schienen zu halten.
Die Kette versetzt bei ihrem Vorbeigang an den Docken diese in Drehung, und zeigt
das Bestreben, sich bis zu derjenigen Stelle zu erheben, wo der cylindrische Theil
der Docken beginnt.
Sobald der Wagen aus dem gradlinigen Gleise in die Curve übergeht, liegt die Kette in
seiner Mitte, also auch mitten über dem Gleise, und da die Kette niemals straff
angespannt ist, so genügt selbst das Gewicht des leeren Wagens, um sie ohne Weiteres
auch in der Curve über der Mitte des Gleises zu halten, also sie selbst durch die
Curve zu führen. (Ein Entgleisen des Wagens in der Curve soll in Staßfurt nie
vorgekommen sein und der
Augenschein beweist auch das höchst Unwahrscheinliche einer derartigen Störung.)
Die Kette bewegt sich zwischen den Gleisen auf Leitrollen,
welche aus Hartguß hergestellt sind und die in Fig. 6 gegebene Form
haben. An beiden Enden der Förderbahn wird die Kette durch besondere Leitrollen
(Fig. 7)
so hoch gehoben, daß ihr Abstand von der Schienenoberkante ca. 250 Mm. mehr beträgt
als die gesammte Höhe des Förderwagens incl. Gabel. In gleicher Höhe mit der
Oberkante dieser Leitrollen und 1,5 bis 4 Meter von diesen entfernt befindet sich an
jedem Ende der Bahn eine horizontale, an einer stehenden Welle befindliche
Kettenscheibe, um welche sich die Kette herumlegt, indem sie die halbe Peripherie
derselben umspannt.
Die Kette ist eine aus bestem Material und in bester Ausführung hergestellte,
(angeblich auch „probirte“) sogen. „englische
Kette“ mit Gliedern aus 10 Mm. starkem Rundeisen. Zum bequemen und
gutem Betriebe gehört es, daß die Kette durchaus nicht straff angespannt, sondern
vielmehr bis zu einer gewissen Grenze schlaff und nachgiebig sei; sie legt sich dann
leicht über eine beliebige Anzahl von Wagen gleichzeitig hinweg. Eine gewisse Grenze
ergibt sich hier bald von selbst, und in den ersten Wochen kommt es allerdings vor,
daß die Kettenglieder sich so strecken, daß von Zeit zu Zeit ein kurzes Stück der
Kette herausgenommen werden muß. Dies ist in der kurzen Zeit von wenigen Minuten
ohne Schmiedearbeit auszuführen, wenn man von vornherein die Vorsicht gebraucht, in
die neue Kette in Entfernung von etwa 0.5 M. Nothgelenke einzuschalten, die durch
jeden Arbeiter herausgenommen und wieder eingelegt werden können. Diese Noth-
oder Hilfsglieder (welche bei der Ausrüstung der gesammten deutschen Artillerie und
des Train ebenfalls eingeführt sein sollen) möchte ich bei dieser Gelegenheit nicht
allein für den Zweck der Kettenförderung, sondern ganz allgemein jedem Fabrikanten,
welcher Gespanne halten muß, warm empfehlen, weil sie billig, haltbar und so bequem
in der Anwendung sind, daß man jede Kette, in der ein Glied gesprengt ist, in
kürzester Zeit wieder herstellen kann. Diese Nothglieder, welche fabrikmäßig aus
Schmiedeisen hergestellt werden und wohl überall käuflich zu haben sind, sind in
Fig. 8 in
1/2 Naturgröße zu einer 10 Mm. starken Kette gezeichnet. Jedes Nothgelenk besteht
aus zwei einander durchaus gleichen Theilen, die also beliebig verwechselt werden
können.Vergl. dagegen Creuzbauer's Kettenglied mit
Scharnier, beschrieben 1868 188 273.D. R. Die Verwendung ergibt sich von selbst, und bemerke ich nur noch, daß ein freiwilliges, unzeitiges
Wiederaufgehen des Nothgliedes durch die mit demselben verbundenen Glieder der
Originalkette ganz unmöglich gemacht wird.
Die Leitrollen sind zweierlei Art; die zwischen den
Schienen liegenden (Fig. 6) in der Mitte schwächer, als an den Seiten, gestatten der Kette
seitliche Schwankungen, führen dieselbe aber stets wieder in die Mitte zurück. Sie
sind auf einfache Weise auf Schwellen angebracht, in Entfernungen von 6 bis 10
Meter. Sie verhindern freilich nicht das Aufliegen und Schleifen der Kette auf einem
Theile der Schwellen; um das zu erreichen, dürften sie höchstens 2 M. von einander
entfernt sein. Das ist indeß nicht nöthig, denn die Abnützung der Schwellen durch
die Reibung der Kette ist nicht erheblich, läßt sich auch durch auf die Schwellen
genagelte Latten oder Bretstückchen, welche man von Zeit zu Zeit auswechselt, ganz
verhüten, und die Kette selbst leidet durch die Reibung auf dem Holze weniger als
letzteres. Der Hauptzweck dieser Leitrollen bleibt vielmehr hauptsächlich der, die
Kette in der Mitte zwischen den Schienen zu führen.
Die in gleicher Höhe mit den Kettenscheiben angebrachten Leitrollen (Fig. 7) haben den
doppelten Zweck, einmal um den Uebergang der Kette aus der Ebene der Kettenscheiben
in die nach dem Gleise hin sich senkende Linie zu vermitteln (und diese Linie ist
erforderlich zur Aufnahme und Abgabe der Wagen), und zweitens um die Kette genau
über der Mitte des Gleises an denjenigen Stellen zu halten, wo sie sich in die
Führungsgabeln der Wagen einlegen oder aus denselben herausheben soll. Und aus
diesem letzteren Grunde sind diese Leitrollen, von denen überhaupt nur 4 Stück (zu
jeder Kettenscheibe zwei) erforderlich sind, in ihrer Mitte der Form der Kette
entsprechend ausgedreht.
Die Kettenscheiben (Fig. 9 und 10), an beiden Enden der
Bahn aufgestellt, sind horizontale Scheiben von einem Durchmesser gleich der
Entfernung von Mitte zu Mitte der Gleise, mit glatter Peripherie und Spurkranz nach
unten. In der Peripherie sind in Entfernungen von ca. 150 Mm. quadratische Löcher
eingegossen, welche zur Befestigung von Mitnehmern dienen, deren Form aus der
Zeichnung ersichtlich ist. Ohne diese Mitnehmer würde eine Bewegung der Kette bei
Antrieb der Kettenscheiben nicht erfolgen; außerdem bewirken die Mitnehmer eine
Schonung der Kette bei der Bewegung um die Scheibe dadurch, daß, wenn sie nahe genug
aneinander stehen und hoch genug sind, die Kette sich polygonal um die Scheibe
legt.
Die Höhe der Scheiben über dem Fußboden soll etwa 2 Meter betragen, damit die
Arbeiter bequem unter derselben hindurch gehen können, um den anzuhängenden oder
abzunehmenden Wagen zu erreichen, ohne von der sich bewegenden Kette erfaßt zu
werden.
Die stehende Welle der Kettenscheibe läuft unten in einen stählernen Spurzapfen,
welcher nach beiden Seiten hin conisch abgedreht und lose in die entsprechende
Ausbohrung der Welle gesteckt ist, um leicht ausgewechselt werden zu können. Das
obere Ende der Welle läuft in einer gewöhnlichen Pfanne, unter welcher ein auf der
Welle sitzender Stellring verhütet, daß aus irgend einem Grunde die Welle aus der
Spur sich heben könne.
Der Antrieb erfolgt an der Welle derjenigen Kettenscheibe, nach welcher hin die
Beförderung der beladenen Wagen erfolgt, und es dürfte sich hier, wie für alle
ähnlichen Kraftübertragungen (z.B. bei stehenden Thonschneidern und Ziegelpressen)
empfehlen, den Angriff an das untere Ende der Welle zu verlegen. Bei unserer Anlage
in Wansleben war dies wegen örtlicher Verhältnisse nicht möglich; wir haben deshalb
oberhalb der Kettenscheibe ein großes conisches Rad auf die stehende Welle gesteckt,
welches durch ein conisches Getriebe angetrieben wird, auf dessen Welle
Riemenbetrieb von der Haupttransmission einwirkt. Zur Außerdienststellung der
Kettenförderung sind auf der Antriebswelle zwei Riemenscheiben (Fest- und
Losscheibe) vorhanden.
Zur Aufstellung der Kettenscheibe in der Thongrube und Anbringung der betreffenden
Kettenleitrollen dient ein angemessen construirtes Holzgerüst, welches auf einem
leichten Mauersteinfundamente steht.
Die Betriebskraft wirkt, wie bereits bemerkt, an der Welle der oberen Kettenscheibe.
Die Größe derselben ist natürlich durchaus abhängig von der Länge, resp. Schwere der
Kette, dem größeren oder geringeren Ansteigen der Förderbahn und der Größe der
bewegten Last. Das Etablissement in Wansleben fördert im Durchschnitt während einer
täglichen Arbeitszeit von 12 Stunden ca. 1500 bis 2000 Centner Thon auf 80 bis 90
Meter Länge und etwa 12 Meter Ansteigen. Nach der Schätzung des ausführenden
Maschinenfabrikanten consumirt die Kettenförderung hierbei höchstens 1 Pferdestärke.
Thatsache ist, daß die Betriebsmaschine es nicht zu fühlen scheint, ob die Förderung
arbeitet oder nicht. – In der Regel befinden sich höchstens zwei beladene und
zwei leere Förderwagen gleichzeitig unter der Kette. Die Bewegung der ganzen
Vorrichtung gefällt durch die sichere Ruhe und Solidität, mit welcher sie sich
präsentirt.
Die Riemen- und Räderübertragung ist darauf berechnet, daß die Kette, also
auch die Wagen mit der Geschwindigkeit von 50 Meter pro Minute (0,833 M. per
Secunde) sich bewegen, im vorliegenden Falle also der Wagen den vorgeschriebenen Weg in 1 Minute und 36
Secunden zurücklegt. Bei dieser Geschwindigkeit, die in der Praxis sich als eine
sehr zweckmäßige herausgestellt hat, ohne Nachtheil aber auf 1 M. per Secunde
gesteigert werden kann, erfolgt das Ein- und Auslegen der Kette an den Gabeln
der Wagen durchaus ruhig und ohne jeglichen Stoß.
Die Förderwagen (Fig. 4 und 11) haben seitlichen
Sturz ohne jegliche Klappe, und es bewährt sich diese Construction vorzüglich, da
die Entleerung eine vollständige und sehr leichte ist, und weder Scharniere noch
Riegel oder sonstige bewegliche, der Abnützung leicht unterworfene Theile vorhanden
sind. Auch ist das lästige Verstreuen des Inhaltes während der Fahrt ganz unmöglich,
während es bei Wagen mit Klappen zu leicht vorkommt, wenn letztere unvollkommen
geschlossen oder die Schließvorrichtungen abgenützt sind. Die Construction unserer
Wagen (die übrigens nicht neu ist) gestattet das Entleeren nach beiden Seiten; es
ist also stets gleichgiltig, wie der Wagen auf die Schienen geschoben wird.
Bezüglich der wesentlichen Bestandtheile des Wagens sei hier folgendes bemerkt. Die
Räder haben im Laufkranze 320 Mm. Durchmesser und 50 Mm. Breite; der Radstand
(Entfernung von Mitte zu Mitte der Achsen) beträgt 550 Mm. Die Räder sind auf den
Achsen festgekeilt; letztere laufen in Pfannlagern, welche an das hölzerne
Untergestell geschraubt sind.
Das Wagengestell wird speciell bei der vorliegenden Wagenconstruction gern ganz aus
Schmiedeisen hergestellt; wir haben trotzdem der Holzconstruction den Vorzug
gegeben, weil schmiedeiserne Gestelle an und für sich theurer und, wenn erst defect,
schwieriger zu repariren sind. Gestelle aus eichenem Holze haben mindestens gleiche
Dauer mit schmiedeisernen. Das Gestell besteht aus zwei eichenen Langhölzern von 210
Mm. Höhe, 110 Mm. Breite und 1 M. Länge, welche durch zwei Riegel so mit einander
verbunden sind, daß die Gesammtbreite des Gestelles 330 Mm. beträgt.
Der Wagenkasten, aus 5 Mm. starken Blechen in der durch die Zeichnung dargestellten
eigenthümlichen Gestalt angefertigt und mit entsprechenden Verstärkungen, namentlich
an der Innenseite der freistehenden Giebel versehen, faßt bei 955 Mm. Länge ca. 4,4
Hektoliter. Er besteht aus 5 Blechtafeln: zwei Giebeln, zwei Seitenwangen und einem
Boden. Unter dem Boden sind zwei Achsen aus kräftigem Flacheisen befestigt, die an
ihren hervorstehenden Enden in runde Zapfen auslaufen, um welche der Kasten beim
Entleeren sich dreht. Diese Drehzapfen sind von Mitte zu Mitte um 190 Mm. von einander entfernt
und liegen in entsprechend geformten, starken schmiedeisernen Gabeln, welche
letztere in geeigneter Weise mit dem Wagengestell verbunden sind. Die Entleerung des
Wagenkastens geschieht in Folge der günstigen Lage des Schwerpunktes zum Drehpunkte
sehr leicht durch einfaches Umlegen des Kastens nach der einen oder anderen Seite,
wobei die nach unten gekehrte Seitenwand einen Neigungswinkel von etwa 50°
annimmt, und deshalb den gesammten Inhalt leicht herausfallen läßt. Gegen die
Verletzung der Seitenwandbleche bei dem Auflegen derselben auf die Räder sind sie
durch starke, aufgenietete Blechplatten geschützt.
In den beiden Kippwellen ruht der Kasten so sicher, daß bei horizontaler Bahn und
Bewegung des Wagens durch Arbeiter eine Vorrichtung zur Verhütung des unfreiwilligen
Umkippens des Kastens nicht erforderlich ist. Im vorliegenden Falle hielten wir
jedoch eine solche Sicherung für geboten, um auch dem unwahrscheinlichen Falle
vorzubeugen, daß eine seitliche Schwankung der Kette den Kasten kippen könnte. Die
Sicherung besteht aus einem zwischen den Drehpunkten liegenden und am Untergestell
befestigten quadratischen Zapfen, auf welchen ein entsprechend geformtes Stück
Flacheisen geschoben wird, das mit zwei nach unten gerichteten Fingern sich über die
Drehzapfen (Kippwellen) des Wagens legt und somit diese festhält.
An jedem der beiden Giebel trägt der Wagen eine Gabel, deren Form und Befestigung aus
den Zeichnungen ersichtlich ist. In beide Gabeln eines
jeden Wagens legt sich die Kette mit je einem verticalen Gliede ein, aber nie
gleichzeitig, sondern wegen der stark geneigten Kettenlage erst an einem und kurze
Zeit danach am anderen Giebel. In umgekehrter Weise erfolgt die Auslösung des Wagens
ebenfalls nie gleichzeitig an beiden Gabeln.
Es ist klar, daß es mit Hilfe dieser Gabeln dem Wagen absolut
unmöglich ist, auf seinem Wege von der Kette sich loszulösen, so lange
letztere nicht durch die hochliegenden Leitrollen gezwungen ist, sich aus den Gabeln
zu heben. Und an denjenigen Stellen, wo dieser Fall eintritt, erreicht der Wagen
entweder horizontales (in der Grube) oder schwach geneigtes Terrain (auf dem
Walzwerkboden) und kommt auf diese Weise alsbald zur Ruhe.