Titel: Hydropneumatische Pumpe; von Ingenieur G. Jarre in Ornans (Departement Doubs, Frankreich).
Fundstelle: Band 213, Jahrgang 1874, Nr. LXXXVII., S. 376
Download: XML
LXXXVII. Hydropneumatische Pumpe; von Ingenieur G. Jarre in Ornans (Departement Doubs, Frankreich). Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, August 1874 S. 377. Mit einer Abbildung auf Tab. V. Jarre's hydropneumatische Pumpe. Diese Wasserhebemaschine beruht (wie bereits in diesem Journal, zweites Maiheft 1874, S. 350 mitgetheilt wurde) auf der Anwendung comprimirter Luft. Der Erfinder hat bei Aufstellung seines Systems insbesondere solche Fälle in's Auge gefaßt, wo der Motor aus zwingenden Gründen an einem Punkte angeordnet werden muß, welcher von dem Reservoir durch complicirte unvermeidliche Hindernisse getrennt ist. Da die pneumatische Transmission und die Wassercirculation ein flüssiges Continuum zwischen dem Motor und der Ausflußstelle repräsentirt, so läßt sich dieses System mit großer Schmiegsamkeit den schwierigsten Localverhältnissen anpassen. Der ganze Apparat, dessen wesentliches Organ in Figur 14 im Verticaldurchschnitte dargestellt ist, umfaßt: 1) eine Compressionspumpe, welche durch irgend eine geeignete Triebkraft in Thätigkeit gesetzt wird; 2) eine Vertheilungskammer D und 3) ein Reservoir R, welches abwechselnd mit Luft und Wasser sich füllt. Zur Verminderung des schädlichen Raumes muß die Vertheilungskammer so nahe wie möglich am Reservoir, jedoch außerhalb des Wassers, angeordnet sein. Das zu hebende Wasser tritt unmittelbar aus der Quelle durch ein nach Innen sich öffnendes Ventil a in das Reservoir R und gelangt in das bis nahe an den Boden des letzteren sich erstreckende Steigrohr T. Das Reservoir ist mit der Kammer D durch ein Luftzuleitungsrohr verbunden. Die Kammer selbst bietet drei Oeffnungen dar, wovon zwei durch Ventile C und C' verschließbar sind, während die dritte freie Oeffnung in das eben erwähnte Verbindungsrohr einmündet. Das Ventil C' gestattet der comprimirten Luft in abgemessenen Pausen den Zutritt in die Vertheilungskammer, während das Ventil C, auf welches ein Gegengewicht P wirkt, die Luft zur passenden Zeit entweichen läßt. Beide Ventile C und C' werden durch einen und denselben Balancier in Thätigkeit gesetzt, so daß stets gleichzeitig eines derselben offen, das andere geschlossen ist, damit während des Actes der Compression nie eine Communication mit der äußeren Luft stattfinde. Sobald das Reservoir R sich mit Wasser gefüllt hat, öffnet sich C' und schließt sich C, worauf die comprimirte Luft, welche während der Absperrung von C' durch die Pumpe in einem in die Luftleitung eingeschalteten Raume fortwährend verdichtet worden war, die Vertheilungskammer D anfüllt, auf das Wasser im Reservoir R drückt und dasselbe zum Steigrohr hinaustreibt. Nachdem sich R entleert hat, muß eine Drehung des Balanciers nach der entgegengesetzten Richtung erfolgen; C' schließt sich, sperrt dadurch den Zutritt der comprimirten Luft ab, während sich C öffnet und die den Behälter R füllende comprimirte Luft in's Freie entweichen läßt. Zugleich sinkt das Steigrohrventil vermöge seines eigenen Gewichtes herab, und hindert das Zurückfließen des bereits gehobenen Wassers, während das Bodenventil a dem Andrang des Quellwassers nachgibt und der Behälter R sich von neuem füllt. Folgende sinnreiche Vorrichtung vermittelt nun auf automatische Weise im richtigen Momente die Schauckelbewegung des Balanciers. An der Einmündungsstelle des Verbindungsrohres in das Reservoir ist ein oben offenes Gefäß V angeordnet. Aus der Mitte des ringförmigen Bodens dieses Gefäßes erhebt sich ein oben und unten offenes Rohr, welches von einem Schwimmer O bedeckt wird. Ein Heber S mündet mit seinem kürzeren Schenkel am Boden des Gefäßes V und mit seinem längeren an einer tiefer liegenden Stelle im Behälter R Der Scheitel dieses Hebers befindet sich ein wenig unterhalb der Oeffnungen des Gefäßes V. Durch das Centralrohr des letzteren erstreckt sich eine vom Balancier herabhängende Stange, welche sowohl den Schwimmer O als auch eine mit Wasser gefüllte Belastungstrommel K trägt. Zur Erläuterung der Function dieses Apparates übergehend, setzen wir als wesentliche Bedingung voraus, daß folgende fünf Größen eine numerisch abnehmende Reihe bilden: 1) die Gewichtssumme des Schwimmers O und des Ballastes K in der Luft; 2) die Summe des Gegengewichtes P und des Druckes der comprimirten Luft auf das Ventil C, wenn dieses geschlossen ist; 3) die Gewichtssumme des in der Luft befindlichen Schwimmers O und des in Wasser getauchten Ballastes K. 4) das Gegengewicht P allein; 5) die Gewichtssumme des Schwimmers O und des Ballastes K, wenn beide unter Wasser sich befinden. Am Anfang, wenn in Folge des niedrigsten Wasserstandes im Reservoir R Schwimmer und Ballast außer Wasser sind, ist ihr Gewicht der Annahme gemäß überwiegend und zieht den Balancier herab, wodurch C' sich schließt, C sich aber öffnet, die Luft daher, welche das Wasser bis an den Boden des Reservoir hinabgedrückt hatte, entweichen kann. Sofort öffnet sich in Folge des nachlassenden inneren Druckes das Ventil a im Reservoirboden, und das Wasser beginnt in dem Reservoir zu steigen. Während nun der Ballast K bereits untergetaucht ist, befindet sich der Schwimmer O noch in der Luft – ein Umstand, welcher immer noch zur Bewältigung des Gegengewichtes P hinreicht, so daß also das Ventil C vor der Hand noch geöffnet bleibt. Wenn aber das Niveau den Scheitel des Hebers S erreicht, so füllt sich in Folge der plötzlich eintretenden Wirkung des Hebers das Gefäß V, so daß nun der Schwimmer in das Wasser eintaucht. In Folge des auf der rechten Seite des Balanciers dergestalt entstehenden Gewichtsverlustes gewinnt nun das Gegengewicht P die Oberhand, zieht den Balancier auf der linken Seite herab, setzt durch Absperrung des Ventils C der ferneren Entweichung der Luft ein Ziel und läßt durch das gleichzeitig sich öffnende Ventil C' die comprimirte Luft in die Vertheilungskammer, so daß die Wirkung des Gegengewichtes P durch den im Inneren dieser Kammer herrschenden Luftdruck verstärkt wird. Durch diesen Druck schließt sich nun auch das Ventil a, so daß das in den Behälter eingedrungene Quellwasser keinen anderen Ausweg hat als durch das Steigrohr T. Wenn das Niveau bis zur Mündung des kürzeren Heberschenkels herabgesunken ist, hat sich das Gefäß V von selbst durch den Heber wieder entleert, und das ganze Gewicht des Schwimmers tritt daher wieder in Wirksamkeit. Da jedoch der Ballast K immer noch in Wasser taucht und das Gegengewicht P um den Druck auf das Ventil C verstärkt ist, so bleibt der Balancier vorläufig noch in dieser Lage, und der Wasserausfluß hat seinen ungestörten Fortgang. Endlich aber sinkt das Wasser unter den Ballast K, der Balancier kippt nach der rechten Seite über und das Spiel beginnt von neuem. Die Gefäße V und O sind offen – ein Umstand von Wichtigkeit, weil sie sonst Gefahr liefen, durch den wechselnden Druck, dem sie ausgesetzt sind, ihre Form zu verlieren. Vom Froste ist für die Organe keine Gefahr zur befürchten, wenn man nur die einfachsten Vorsichtsmaßregeln beobachtet. Als Beweis, wie gut der Apparat sich hält, führt der Erfinder an, daß mehrere Exemplare desselben bereits seit ungefähr zwei Jahren zu Ornans, ohne je einer Reparatur zu bedürfen, in unausgesetztem Betriebe sind. Folgendes sind die der Construction des jüngsten dieser Wasserhebeapparte zu Grunde liegenden Daten. Länge des Luftleitungsrohrs von der Compressionspumpe bis zum Reservoir 150 Meter. Innerer Durchmesser dieser Leitung 20 Millim. Anzahl der rechtwinkeligen Biegungen auf der ganzen Luftleitungsstrecke 23 Luftdruck im Momente der Entweichung; als Wassersäule 11 Meter. Luftdruck hinter dem Einlaßventil C' während seiner Absperrung 15 Meter. Länge der Wasserleitung vom Reservoir bis zur Ausflußstelle 50 Meter. Innerer Durchmesser der Wasserleitung 40 Millim. Anzahl der auf dieser Wasserleitungsstrecke vertheilten rechtwinkeligen Biegungen   9 Anzahl der Zwischenhähne   2 Geförderte Wassermenge pro Minute 75 Liter. Geschwindigkeit im Wasserleitungsrohre pro Secunde 1,3 Meter. Druckhöhe   6 Meter. Diesen Angaben gemäß beträgt der Verlust an Druckhöhe 5 Meter oder beinahe die Hälfte. Durch namhafte Vergrößerung des Durchmessers der Wasserleitungsröhre könnte man übrigens diesen Verlust bedeutend reduciren. Die Geschwindigkeit würde sich alsdann im umgekehrten Verhältnisse des Quadrates des Durchmessers, und die Widerstände würden sich ungefähr im umgekehrten Verhältnisse des Quadrates der Geschwindigkeit, also der vierten Potenz des Durchmessers vermindern. (Berichterstatter Haton de la Goupilliere.) P.

Tafeln

Tafel Tab. V
Tab. V