Titel: | Leitspindel-Drehbank von William Sellers und Comp. in Philadelphia. |
Autor: | Htg. |
Fundstelle: | Band 213, Jahrgang 1874, Nr. I., S. 1 |
Download: | XML |
I.
Leitspindel-Drehbank von William Sellers und Comp. in Philadelphia.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Sellers' Leitspindel-Drehbank.
Unter den in Wien 1873 ausgestellten Drehbänken nahm die von Sellers wegen der höchst zweckmäßigen Anordnung und trefflichen Ausführung
aller Theile unzweifelhaft den ersten Rang ein. Wir geben in Fig. 1 bis 16 eine ausführliche
Abbildung derselben. Die mannigfachen Verbesserungen, welche diese Drehbank
enthielt, beruhen auf den eingehendsten Erwägungen über die Wirkung der auftretenden
Kräfte, über die Gesetze der Abnützung und das höchste erreichbare Maß bequemer
Handhabung der Maschine-Erwägungen, welche in dem unvergleichlich prächtig
ausgestatteten illustrirten Katalog der genannten FirmaA Treatise on Machine Tools etc., as made by Wm.
Sellers and Co. in Philadelphia, U. S. (225 S. in 8. J. B. Lippincott und Comp.,
Philadelphia 1873.) niedergelegt sind.
In der Form des Bettes schließt sich Sellers dem Vorgang der Engländer an: Breite horizontale
Unterstützungsflächen für den Support, daher geringe Höhe der Grundplatte desselben
bei völliger Unwandelbarkeit der Form; gehobelte Leisten für die Supportführung auf
der Außenseite (Fig.
1). Dagegen hat er zur genauen Führung und Festklemmung des Reitstockes (Fig. 5 bis 7) in der richtigen Lage
auch die inneren Ränder der Wangen gehobelt und an einem derselben eine nach unten
vorspringende dreiseitige Rippe (a, Fig. 5) angegossen, an
welche sich die Gegenplatte b des Reitstockes mit
passendem Vorsprung anlegt; wird die Befestigungsschraube c des Reitstockes angezogen, so hat dies den Erfolg, daß der ganze
Reitstock gegen den verticalen gehobelten Rand der Rippe a angepreßt wird, daher nicht im geringsten Maße sich schief stellen kann.
Um jeder Formänderung des Bettes vorzubeugen, hat Sellers in verhältnißmäßig
kurzen Intervallen Querstege (cross girts) zwischen den
Wangen angegossen (d in Figur 6 und 7), in
Abständen von 254 Millim. bei den kleinsten und 790 Millim. bei den größten
Drehbänken. Diese Abstände bilden zugleich die Einheit für Bemessung der totalen
Bettlänge, indem die Modelle so eingerichtet sind, daß nach Bedarf ein oder mehrere
Stücke von der Länge dieser Stegintervalle angesetzt werden können. Um die allezeit
correcte Einstellung der Reitstockspitze noch weiter zu erhöhen, wird der Reitnagel
nicht durch eine einseitig wirkende Klemme, sondern durch einen concentrisch
spannenden federnden Hohlkegel (e in Fig. 6) bewirkt; derselbe
ist mit drei radialen, nach der Länge laufenden Schlitzen versehen und wird durch
Drehung der auf das Gewinde des Reitstockes aufgeschraubten Kappe f (mittels Handgriff g) in
das trichterförmig erweiterte Ende der Reitstockhöhlung eingepreßt.
Die Leitspindel
h (Fig. 1 und 5) liegt innerhalb der
Wangen und ist auf ihrer ganzen Länge in eine kreiscylindrische Rinne i eingebettet, daher vor Staub, Spänen und vor
Durchbiegungen und Vibrationen vollständig geschützt; selbstverständlich kann hier
die Supportmutter nur partiell ausgeführt sein, wofür sie jedoch größere Länge als
gewöhnlich erhält. Die Leitspindel wird bei dieser Bank nur zum Schraubenschneiden
verwendet, während zum gewöhnlichen Runddrehen die Supportschiebung mittels
Zahnstange und Getriebe erfolgt; die Drehungsgeschwindigkeit des letzteren wird
durch einen eigenthümlichen, weiter unten zu beschreibenden Frictionsscheibenapparat
verändert.
Die Einrichtung des Supportes ergibt sich aus den Figuren 1 bis
4. Der
oberste, den Stahlhalter tragende Schlitten k ist von
Hand zu bewegen; er kann mittels der bekannten Bogenschütze um eine verticale Achse
gedreht und unter jedem beliebigen Winkel gegen den Querschieber l festgestellt werden; letzterer läßt sich durch Drehung
der zugehörigen Führungsschraube von Hand verschieben, kann aber auch (durch Drehung
der zugehörigen Mutter) von der Laufspindel aus, also von elementarer Betriebskraft
betrieben werden, womit das selbstthätige Plandrehen ermöglicht ist; dieser
Querschieber überdeckt die zugehörigen Führungsflächen der Supportgrundplatte (saddle) in jeder Lage vollständig, so daß dieselben
gänzlich vor Staub und Spänen geschützt sind; letztere übergreift die äußeren
gehobelten Leisten des Bettes, und mittels einer Bremsleiste (gib) wird in bekannter Art der Spielraum vernichtet.
Die zum gewöhnlichen Runddrehen benützte Zahnstange befindet sich unter der vorderen
Führungsleiste des Bettes (bei m in Fig. 1 und 5); eine Nuthenwelle (feed rod) n ist in
paralleler Lage hierzu am Bett gelagert, deren Drehung mittels des schon erwähnten
Frictionsscheibengetriebes von der Laufspindel o aus
erfolgt; diese Welle dreht sich stets nach derselben Richtung; die Umkehrung der
Supportschiebung erfolgt dadurch, daß auf ihr zwei Schnecken, eine rechts-
und eine linksgängige stecken, welche man nach Belieben auf die Welle des Getriebes
einwirken lassen, beziehentlich auch beide ausrücken kann.
Die Einrichtung zur Veränderung der Zuschiebungsgeschwindigkeit
des Supportes ist aus Fig. 8 bis 11 zu entnehmen. Auf dem
hinteren Ende der Laufspindel o, welche keine
Gegenspitze trägt, sondern sich mittels einer gehärteten Stahlscheibe p gegen ein durch Schrauben nachziehbares Gehäuse
stützt, steckt das Zahnrad q im Eingriff mit einem
zweiten Zahnrad r, welches sich lose auf einem Stifte
dreht. Auf der Nabe dieses Zahnrades sitzt eine Reibscheibe s fest; eine gleiche Reibscheibe s', mit einem
anderen Zahnrad t verbunden, dreht sich unterhalb um
einen anderen, im Bett eingeschraubten Stift; wie Fig. 8 erkennen läßt,
haben diese Scheiben nach beiden Seiten vorspringende Ränder. Die Uebertragung der
Bewegung zwischen diesen Scheiben s und s' erfolgt nun durch ein Reibscheibenpaar uu, das auf einer Achse an dem horizontalen Arm
des Winkelhebels v steckt; zur passenden Einstellung
dieses Winkelhebels dient eine Schraube w, deren Mutter
im verticalen Arm desselben drehbar eingesetzt ist. Die beiden Reibscheiben uu sind auf der Innenseite flach conisch und
werden durch eine Mutter mit elastischer Unterlage gegen einander, beziehentlich an
die Ränder der Reibscheiben s und s' angedrückt; man erkennt nun leicht, wie je nach der Stellung des Hebels
v bei unveränderter Drehungsgeschwindigkeit von s eine schnellere oder langsamere Drehung von s' erzielt werden kann; von dem Rade t wird dann die Umdrehung durch Zwischenräder auf die
Nuthenwelle n übertragen.
Die Laufspindel o – im Spindelstock (Fig. 8, 12 und 13) – ist auf der
Seite des Arbeitstückes mit cylindrischem, auf der äußeren Seite mit kegelförmigem
Zapfen in bronzenen Schalen gelagert. Die ausgestellte Bank hatte dreifaches
Rädervorgelege (triple gear), wie aus Fig. 12 zu ersehen,
außerdem eine fünfläufige Stufenscheibe; daher die Laufspindel mit 15 verschiedenen
Geschwindigkeiten (welche eine gleichmäßig abgestufte Reihe bildeten) zu betreiben
war. Die Planscheibe bildete mit dem auf der Spindel festgekeilten Zahnrad x (Fig. 8 und 12) ein Stück. Diese
Ausführungsform wird für alle Bänke gewählt, welche für Arbeitstücke über 625
Millim. Durchmesser bestimmt sind; bei kleineren Bänken werden die Planscheiben in
gewöhnlicher Art aufgeschraubt; die Spindeln sind von gehärtetem Stahl und laufen in
Lagerschalen von demselben
Material, deren Vollendung durch Schleifen erfolgt. Die kegelförmigen Höhlungen zur
Aufnahme der Spitzen, welche das Arbeitstück fassen, werden zuletzt fertig gemacht,
so daß eine völlig correcte Stellung der Spitzen, welche auf einer besonderen
Schleifmaschine angeschliffen werden, möglich ist.
Die besprochene Drehbank wird mit offenem und gekreuztem Riemen angetrieben, kann
daher vorwärts und (mit größerer Geschwindigkeit) rückwärts getrieben werden.
Die Einrichtung des zu dieser Bank gehörigen Setzstockes
zur Unterstützung langer und dünner Wellen, welcher die unvollkommene und
beschwerliche Benützung der bei uns gebräuchlichen Holzfutter entbehrlich macht, ist
zur Genüge deutlich aus den Figuren 14 bis 16 zu
erkennen.
Die von Sellers ausgeführten Leitspindel-Drehbänke
bewegen sich in folgenden Grenzen:
Spitzenhöheüber dem Bett
Spitzenhöheüber derGrundplatte
desSupportes
Abstand derQuerstege imBett
Spitzenweiteim Maximum
Bettlängeim Maximum
152 Millim.
127 Millim.
254 Millim.
743 Millim.
1334 Millim.
915 „
720 „
790 „
4580 „
7642 „
Die Zahl der nach der Spitzenhöhe abstufenden Modelle beträgt 10.
Htg.