Titel: Ueber die Wiedergewinnung resp. Reinigung der bei der sogenannten chemisch-trockenen Wäsche abfallenden Kohlenwasserstoffe; von Dr. H. Vohl in Cöln.
Autor: Hermann Vohl
Fundstelle: Band 212, Jahrgang 1874, Nr. LXXIV., S. 399
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LXXIV. Ueber die Wiedergewinnung resp. Reinigung der bei der sogenannten chemisch-trockenen Wäsche abfallenden Kohlenwasserstoffe; von Dr. H. Vohl in Cöln. Mit einer Abbildung auf Tab. VI. Vohl, über die Wiedergewinnung der Kohlenwasserstoffe etc. Die Wiedergewinnung der bei der Reinigung von Bekleidungsstücken, Teppichen, Vorhängen und kostbaren seidenen Paramente angewendeten Kohlenwasserstoffe ist von der größten Wichtigkeit für diesen neuen Industriezweig. Die bei dieser Procedur, welche man die chemisch-trockene Wäsche nennt, abfallenden Kohlenwasserstoffe sind mit Fett- und Schmutztheilen beladen, welche theils gelöst, theils suspendirt darin enthalten sind. In Lösung befinden sich meist nur Fett- und Harztheile, welche gewöhnlich neutral, nur in höchst seltenen Fällen sauer reagiren. In letzterem Falle sind es gewöhnlich freie Fettsäuren, welche die saure Reaction veranlassen und nicht selten flüchtiger Natur sind. Man hat alsdann die Flüssigkeit mit einem kohlensauren oder kaustischen Alkali zu behandeln, um diese freien Säuren zu binden und aus der Flüssigkeit zu entfernen. Nicht selten tritt bei der Behandlung mit Alkalien eine schwache Ammoniakentwickelung auf, welche jedoch außer Acht gelassen werden kann. Substanzen, welche eine Behandlung dieser verunreinigten Kohlenwasserstoffe mit concentrirten Säuren z.B. concentrirter Schwefelsäure erheischen, sind niemals darin enthalten, weshalb alle Methoden, bei welchen eine derartige Behandlung vorgeschrieben ist, zu verwerfen sind. Die in diesen unreinen Flüssigkeiten enthaltenen organischen Stoffe, sowohl die gelösten wie auch die suspendirten, entwickeln mit concentrirter Schwefelsäure zusammengebracht sofort schweflige Säure, welche von den Kohlenwasserstoffen begierig aufgenommen wird und nur durch ein nachfolgendes Waschen mit Alkalien aus denselben zu entfernen ist. Unterläßt man das Behandeln mit Alkalien, so greift diese schwefelige Säure die Farben der Stoffe an. Wird die mit concentrirter Schwefelsäure behandelte Flüssigkeit, ohne vorher mit Alkalien behandelt worden zu sein mit oder ohne Wasserdämpfe destillirt, so enthält das Destillat ebenfalls schwefelige Säure. Die Angabe von Herm. Dröße in seiner Brochüre: die chemischtrockene Reinigung (Theod. Grieben, Berlin 1871) Seite 8, daß 10 Eimer der unreinen Kohlenwasserstoffe mit 1 1/4 Pfund Schwefelsäure gemischt mit Vortheil geklärt werden können, ist demnach unrichtig. Die mit einem nach der Dröße'schen Methode gereinigten Waschmittel behandelten Stoffe würden zweifellos verdorben, indem sowohl die Farben wie auch die Leinen- und Baumwollfaser, weniger die Seide und Wolle, angegriffen würden. Auch die von Dröße angegebenen Destillirapparate sind nicht empfehlenswerth, da sie bei der primitiven Form mit großen Mängeln behaftet sind. Zur Reinigung der gebrauchten Kohlenwasserstoffe verfährt man am besten folgendermaßen. Die Flüssigkeit wird, wie sie von der Waschmaschine kommt, mit einer verdünnten Sodalösung gemischt (etwa 10 Liter Sodalösung auf 1000 Liter Kohlenwasserstoffe), nach erfolgter Abscheidung die Lauge abgelassen und die Kohlenwasserstoffe mit Wasser nachgewaschen. Die so behandelte Flüssigkeit wird nun mittels eines Wasserdampfstromes der Destillation unterworfen und das Destillat entwässert. Der durch die Zeichnung in Figur 40 dargestellte Apparat eignet sich besonders zur Destillation der so behandelten Kohlenwasserstoffe und zeichnet sich durch seine continuirliche Arbeit vortheilhaft vor anderen Apparaten aus. A ist ein cylinderförmiges Gefäß von Eisenblech oder Gußeisen, welches mit zwei nach außen gewölbten Böden verschlossen ist. In dem unteren Boden ist der Abzugshahn l eingeschraubt. Der obere Boden ist mit der Zuflußröhre h, dem Schwimmer d, der Dampfzuführröhre a und der Dampfabzugsröhre b versehen. Bei k ist ein Wasserstandsglas angebracht. Die Zuflußröhre h hat bei i eine Zwischenröhre von Glas, um den Zufluß beobachten zu können. Der Schwimmer d ist mit dem Gelenkhebel f derart verbunden, daß er beim Auf- und Niederbewegen den Zuflußhahn g öffnen und schließen kann. Die Dampfzuführröhre a ist im Inneren des Gefäßes nach aufwärts gebogen und trägt über ihrer Mündung eine gewölbte Eisenplatte, in Folge welcher der Dampfstrom auf die Flüssigkeitsoberfläche gleichförmig vertheilt zurückgeworfen wird. Diese Röhre läßt sich mit dem Hahn y absperren. Die Dampfabzugsröhre b ist bei c mit einem sogenannten Sicherheitstrichter von bekannter Construction versehen, welcher ein Mitreißen oder Hinüberschleudern der zu destillirenden Flüssigkeit nach dem Condensator unmöglich macht. Bei x mündet diese Röhre in die Schlangenröhre oo. B ist das Reservoir für die zu destillirende Flüssigkeit. In dem Deckel dieses ebenfalls aus Eisen angefertigten Kessels befindet sich ein Mannloch, damit derselbe nach Bedarf gereinigt werden kann. n bezeichnet die Trichterfüllröhre und m den Niveaustandanzeiger. Am Boden des Gefäßes B befindet sich der Abflußhahn v, welcher direct mit der Röhre h verbunden ist. C ist das Kühlfaß mit der Kühlschlange ooo, der Wasserzuflußröhre s und der Abflußröhre t. Unterhalb des Kühlfaßes steht ein eisernes cylinderförmiges Gefäß D zur Aufnahme des Destillates. Es ist mit einem aufgeschraubten Deckel hermetisch verschlossen, in welchen die Gasabzugsröhre r eingeschraubt ist. In der trichterförmigen Erweiterung des oberen Endes von r liegt eine leichte, hohle Metallkugel, welche als Ventil dient. Am Boden des Gefäßes D befindet sich ein Ablaßhahn oder eine Sförmig gebogene Röhre q, welche so eingefügt ist, daß sie eine seitliche Neigung zuläßt. Unter dem Deckel mündet die Kühlschlange o in das Gefäß. Außerdem ist an demselben noch ein Wasserstandsglas p angebracht. Was die Ingangsetzung des Apparates betrifft, so öffnet man, nachdem das Reservoir B mit der zu destillirenden Flüssigkeit gefüllt ist, den Hahn v. Da der Kessel A noch leer ist, so nimmt der Schwimmer d seinen tiefsten Stand ein und es ist die Einrichtung so getroffen, daß alsdann durch den mit dem Schwimmer in Verbindung stehende Gelenkhebel f der Hahn g geöffnet ist, also die Flüssigkeit von B nach A gelangen kann. Bei dem allmäligen Steigen der Flüssigkeit in A wird der Schwimmer gehoben und der Hahn g demzufolge zugedreht, bis derselbe endlich bei etwa 2/3 Füllung des Kessels A vollständig geschlossen und der Zufluß unterbrochen wird. Man öffnet nun den Dampfzuführhahn y, in Folge dessen die Destillation schon nach einigen Minuten beginnt. Da nun mit einem Volumen Wasser in Dampfform das 8 bis 10fache Volumen flüchtiger Kohlenwasserstoffe je nach dem Grade der Flüchtigkeit und der Höhe ihrer Siedpunkte abgetrieben wird, so ist es einleuchtend, daß das Niveau im Kessel A nach und nach fallen und der Schwimmer d sinken wird, wodurch aber der Hahn g geöffnet und ein neuer Zufluß im Verhältniß der Niveauabnahme in A hervorgerufen wird. Bei fortgesetztem Betriebe sammelt sich im Kessel A soviel Condensationswasser an, daß der Hahn g in Folge der hohen Schwimmerstellung endlich ganz verschlossen bleibt; daher muß der Ablaufhahn l gelegentlich geöffnet werden. Hiebei ist es bei vorsichtiger Manipulation gar nicht nöthig, den Dampf abzusperren und die Destillation auch nur einige Momente zu unterbrechen. Das Destillat, welches sich im Kessel D ansammelt, besteht aus Wasser und den öligen Kohlenwasserstoffen; ersteres wird zeitweilig durch seitliches Neigen der Röhre q abgelassen. Beim Beginne der Destillation wird durch den in den Kessel A einströmenden Wasserdampf die Luft verdrängt, durch das Schlangenrohr o nach D und von hier durch das Rohr t in's Freie getrieben, wozu entsprechenden Falls die Röhre t mit einem Kamine oder dergl. in Verbindung gesetzt wird. Der Kugelverschluß der Röhre t ist jedoch unerläßlich, indem sonst bei sehr flüchtigen Kohlenwasserstoffen ein erheblicher Verlust durch Verdunstung derselben stattfindet. Mit diesem Apparat lassen sich bei guter Kühlung bequem 2000 bis 2500 Liter binnen 12 Stunden destilliren. Selbstverständlich hängt die Quantität von der Flüchtigkeit und dem Siedpunkte der zu reinigenden Kohlenwasserstoffe ab. Cöln im April 1874.

Tafeln

Tafel Tab. VI
Tab. VI