Titel: | Der Copirtelegraph von L. d'Arlincourt. |
Fundstelle: | Band 212, Jahrgang 1874, Nr. L., S. 295 |
Download: | XML |
L.
Der Copirtelegraph von L. d'Arlincourt.
Aus Engineering, April
1874, S. 294.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
d'Arlincourt Copirtelegraph.
Der in Wien 1873 ausgestellte Telegraph von d'Arlincourt
enthält wie andere Copirtelegraphen zwei synchron umlaufende Cylinder (A in Fig. 26, A₁ und A₂ in
Fig. 27
und 28); auf
den Cylinder A₁ der gebenden Station kommt das
auf Zinnfolie mit nichtleitender Farbe geschriebene Originaltelegramm, auf den
Cylinder A₂ der empfangenden Station ein chemisch präparirtes
Blatt Papier zu liegen, auf welchem der elektrische Strom die Copie erzeugen
soll.
Als Regulator benützt d'Arlincourt nicht das sonst übliche
conische Pendel sondern zwei Metallstäbe, welche wie die Zinken einer Stimmgabel
neben einander liegen; in der neuesten Form des Apparates aber sind diese beiden
geraden Stäbe durch zwei spiralgewundene, in Fig. 26 mit S₁ und S₂
bezeichnete Stäbe ersetzt worden. S₁ wird vom
Räderwerk in kreisförmige Schwingungen versetzt und S₂ schwingt dann von selbst mit. Am Ende jeder Umdrehung der Cylinder
wird außerdem der Synchronismus durch einen elektrischen Correctionsstrom gesichert.
Der gebende Cylinder läuft zu diesem Behufe etwas schneller und wird am Ende jedes
Umlaufes angehalten, bis ein vom empfangenden Cylinder in die Leitung gesendeter
Strom ihn wieder auslöst.
Deshalb enthält jeder Telegraph zwei von einander unabhängige Rädersätze, welche nach
Bedarf getrennt, aber auch zusammen wirken können. Der eine Satz erhält blos den
Synchronismus und wirkt auf den Stab S₁; der
andere Satz treibt die Cylinder A und die
Mikrometerschrauben, auf denen sich die Schreibstifte X
und X' allmälig über die Cylinder hinschrauben. Wird der
zweite Satz angehalten, so stört dies die Bewegung des ersten gar nicht. Die Achse
aa' (Fig. 29) ist beiden
Rädersätzen gemeinschaftlich; sie trägt an dem einen Ende ein Getriebe A, welches zum zweiten Satze gehört, am anderen Ende a' dagegen einen Doppelarm DR; die Hülfe b mit dem zu dem ersten Satze
gehörigen Getriebe B und dem Sperrrade B' ist lose auf aa'
aufgesteckt. R ist ein federnder Sperrkegel, welcher die
Achse aa' und die Räder B,
B' in gleichem Gange erhält. Wenn aAa'
durch DR angehalten wird, so setzt BbB' ungestört seine Bewegung fort; wenn dann DR losgelassen wird, so trifft R auf einen Zahn von B'B'
und die Achse a'Aa bewegt sich sofort mit der
nämlichen Geschwindigkeit wie B'B'. Die
Vorrichtung zum Anhalten von DR zeigt Figur 30. Die
Nase F an dem Hebel EE' fängt D und hält es so lange fest, bis der
Ankerhebel GH des Elektromagnetes M das Ende E' in die Lage E'' hebt; dies geschieht aber, wenn der Empfangsapparat
den Correctionsstrom durch die Leitung und durch M
sendet. Der gebende Apparat wird also in seiner Nullstellung angehalten und erst
dann wieder losgelassen, wenn der empfangende Cylinder ebenfalls in diese
Nullstellung gelangt.
Der ganz kurze Correctionsstrom ist von den chemisch wirkenden Telegraphirströmen zu
unterscheiden. Mittels des metallenen Hebels sLL'
(Fig. 27
und 28) wird
der Strom der Batterie CZ (Fig. 28) in beiden Fällen
entsendet. Dieser Hebel dreht sich um seine Achse L in 3
verschiedene Lagen sLm, sLg und sLt, je nachdem sein Ende an verschiedenen Stellen der excentrischen Scheibe
n oder n' anfliegt. In
die Lage sLm gelangt der Hebel, wenn sein Ende s in eine Vertiefung an der Scheibe n eintritt, und dann kann der Strom aus der Leitung von
der Klemme L seinen Weg nach der Achse L zum Contact m und durch
den Elektromagnet M zur Erde E nehmen; durch diesen Strom wird also der angehaltene gebende Cylinder
A₁ wieder los gelassen. In die Lage sLt kommt der Hebel, wenn ihn der Daumen o der Scheibe n hebt; bei
dieser Lage aber geht der Strom der Batterie vom Kupferpole C nach der Klemme C, zum Contact t, zur Achse L und über die
Klemme L in die Leitung; der dabei entsendete Strom
dient eben dazu, um den gebenden Apparat wieder los zu lassen. In der mittleren Lage
sLg endlich befindet sich der Hebel während
des übrigen Theiles der Umlaufzeit der Scheibe n, und es
wird dann mittels der Umschalter rKK der Strom der
gebenden Station nach den Cylindern A geleitet. Diese
Cylinder stehen in beständiger leitender Verbindung mit der Erde. Die horizontale
Schiene KK enthält mehrere, gut gegen einander
isolirte Felder; das breitere Mittelfeld L steht mit dem
Contact g und mit dem Hebel sLL' in Verbindung, so lange derselbe sich in der Mittelstellung befindet;
das Feld S ist durch einen Draht mit dem Schreibstift
X, das Feld C mit der
Batteriepolklemme C in Verbindung. Die 3 Zinken der
Gabel f bilden ein metallisches Ganze, sind aber gegen
den Arm rj isolirt. Liegt die Gabel rechts auf KK (Fig. 27), so geht der
ankommende Strom von der Klemme L zur Achse L, zum Contact g, zum Feld
L, in der Gabel f zum
Feld S und über den Schreibstift X und die Achse A₁ zur Klemme T in die Erde; er zersetzt hiebei das mit einem
chemischen Salze getränkte Papier und erzeugt dabei auf ihm ein farbiges Zeichen,
welches länger oder kürzer ist, je nachdem der Strom selbst länger oder kürzer ist,
d.h. je nachdem das Schriftzeichen des Originaltelegrammes ein dickerer oder
dünnerer Strich ist. Auf der gebenden Station geht der Strom von der
Batteriepolklemme C zum Feld C des Umschalters; liegt nun der Schreibstift X auf der Zinnfolie selbst, so geht der Strom durch den. Stift und den
Cylinder A zur Klemme T und
zur Erde E oder zum Zinkpole Z der Batterie; liegt dagegen der Schreibstift auf einen: isolirenden Zuge
der Schrift, so ist dieser eben erwähnte kurze Stromkreis unterbrochen und der Strom
geht vom Felde C zum Felde L
zum Contact g, zur Achse L,
zur Klemme L und in die Leitung.
Die eben besprochene Einschaltung eignet sich nur für kurze Leitungen. Auf längeren
Linien wird ein Relais nöthig. Der Arm rj des Umschalters K'K' erhält dann noch eine zweite Gabel f' und wird mittels des Griffes q (Fig.
26) für das Empfangen in die Lage der Figur 28 gebracht. Der
ankommende Strom geht dann vom Felde L zum Felde R und zu den Klemmen LR und L, durch die Windungen des Relais und
über die Klemme T' zur Erde. Die Zunge h des Relais aber sendet den von c zur Klemme c gelangenden Strom der
Localbatterie Zc von der Arbeitscontactschraube
nach den Klemmen B und B',
nach dem Felde B und in der Gabel f' zum Felde J zum Schreibstift X' und endlich über T zum
Zinkpole Z.
Bei den Copirtelegraphen folgen sich die Ströme sehr schnell. Deshalb entwarf d'Arlincourt ein besonderes Relais, da die gewöhnlichen
Relais nicht schnell genug arbeiten, der Wirkung der Rückströme und des remanenten
Magnetismus der Kerne zu sehr unterworfen sind. Das in Fig. 31 abgebildete
Relais d'Arlincourt's benützt die magnetische Wirkung der
Spulen des Elektromagnetes CD zur Anziehung einer
dünnen, permanent magnetischen Stahlzunge a, welche den
Localstromkreis schließt, während der remanente Magnetismus, welcher sich bisher der
eigentlichen Wirkung des Relais entgegenstellte, dazu verwendet wird, die sonst
gebräuchliche Abreißfeder zu ersetzen. Wenn nämlich ein Strom durch die Spulen C und D geht, so werden die
Kerne magnetisch und ihre Enden A und B beziehungsweise der Süd- und Nord-Pol.
Die freien Kernenden A und B
werden am kräftigsten magnetisch und die Stärke des Magnetismus nimmt nach der
neutralen Zone E hin ab, bei welcher er am schwächsten
ist. Bei p in der Nähe der neutralen Zone wird nun die
Zunge a befestigt. Wenn der Strom die Spulen durchläuft,
so wird der Südpol a der Zunge von dem
gegenüberliegenden Nordpole m der Spule C angezogen und von dem Südpole n der Spule D abgestoßen, und diese Anziehung
und Abstoßung überwiegt bedeutend die Abstoßung und Anziehung, welche gleichzeitig
von den ihr gegenüberliegenden Stellen der Kerne auf die Zunge a ausgeübt, wird. Deshalb legt sich die Zunge an die
Stellschraube v an und bleibt an ihr liegen, so lange
der Strom dauert, hält also so lange auch die Localbatterie geschlossen. Beim
Aufhören des Stromes verschwindet die von den Spulen selbst ausgehende Wirkung
augenblicklich; dagegen wird in den Kernen der remanente Magnetismus vorübergehend
noch von dem beim Aufhören des Stromes auftretenden Extrastrome verstärkt; in Folge
dessen wird die Zunge a jetzt an die Stellschraube v' heranbewegt und bleibt an dieser liegen, bis ein
neuer Strom sie wieder an v legt.
Um die Wirkung der Rückströme zu beseitigen, braucht man nur die Stellung der Schrauben so zu
reguliren, daß a ruhig liegen bleibt, während der Strom
geschlossen ist, beim Oeffnen dagegen eine ganze Schwingung macht.
Dieses Relais erfordert wenig oder keine Regulirung; es ist zugleich höchst
empfindlich und arbeitet sehr schnell. Mit diesem Relais gelang es, Telegramme auf
Linien von 560, ja selbst von 740 engl. Meilen Länge zu befördern.
d'Arlincourt benützt dieses Relais auch zur Translation in der in Fig. 32 skizzirten
Einschaltung. AA ist das Translationsrelais und
dessen Zunge L ist so gestellt, daß sie bloß eine
Halbschwingung in der einen Richtung macht, wenn der Stromkreis geschlossen wird,
eine volle Schwingung dagegen, wenn der Stromkreis unterbrochen wird. Die Drehachsen
der beiden Zungen L und R,
liegen auf den beiden Polen eines permanenten Magnetes K, und deshalb haben diese beiden Zungen entgegengesetzte Polarität. So lange
kein Strom circulirt, hält der remanente Magnetismus der Kerne die Zunge L in Contact mit der Schraube T, während die Zunge R an der Schraube S liegt. M ist ein Klopfer,
welcher mit der Stellschraube V und der
Translationsbatterie P verbunden ist. Der Ankerhebel N wird in seiner Ruhelage von der Feder U an die isolirte Schraube Y
herangezogen; ein dünner Draht verbindet den Hebel N mit
den Spulen B, B eines zweiten Relais, welches wegen des
von der Zunge R hervorgebrachten, deutlich klatschenden
Tones das „Peitschen-Relais“ heißt. Die andere Hälfte
der in Fig.
32 gegebenen Einschaltungsskizze, welche mit der nach Marseille führenden
Linie verbunden angenommen ist, während die linke Hälfte die von London kommende
Linie aufnimmt, ist mit der linken ganz übereinstimmend. Die beiden
Doppel-Relais sind durch die beiden Drähte F und
F' mit einander verbunden; der erstere läuft von der
Schraube T nach den Spulen des Relais A'A', der andere von T' nach den Spulen AA. Ein von Marseille
kommender Strom gelangt also zunächst zu dem Magnet K',
dann durch die Zunge L' zur Schraube T' und in F' nach den Spulen
AA und endlich zur Erde. Die Zunge L bewegt sich daher aus ihrer Ruhelage an T zur Schraube V und
schließt dadurch den Stromkreis der Batterie P, deren
Strom durch M nach V und L und in die Linie nach London geht. Durch die Wirkung
desselben Stromes bewegt sich aber der Hebel N von Y nach X und schließt den
Strom der Localbatterie p, und dieser hält die Zunge R an der Schraube O fest.
Nach Absendung des elektrischen Stromes kehrt die Zunge L an T und der Hebel N an Y zurück. Bei dieser Unterbrechung der
Localbatterie p wird die Zunge R an die Schraube S
zurückgeworfen und
dadurch die Londoner Linie mit der Erde in leitende Verbindung gesetzt. Nach der so
bewirkten Entladung dieser Linie aber kehrt R an O zurück, wie schon erklärt wurde.
Die beiden Klopfer M und M'
bilden dabei einen schätzbaren Controlapparat, da sie deutlich hören lassen, ob die
Relais gut arbeiten oder nicht. Auf diese einfache Weise hat d'Arlincourt die Schwierigkeiten der Translation bei Copirtelegraphen
überwunden.
Dieses Relais ist gegenwärtig in Gebrauch bei den verschiedenen Canal- und
Nordsee-Kabeln und hat länger als ein Jahr die Translation zwischen London
und Marseille vermittelt. E. – e.