Titel: | Bestimmung des Schwefels im Roheisen, Schmiedeeisen und Stahl; von M. Koppmayer, Betriebsassistent der Bessemer-Stahlfabrication in Ternitz. |
Autor: | M. Koppmayer |
Fundstelle: | Band 210, Jahrgang 1873, Nr. XXIX., S. 184 |
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XXIX.
Bestimmung des Schwefels im Roheisen,
Schmiedeeisen und Stahl; von M.
Koppmayer, Betriebsassistent der Bessemer-Stahlfabrication in
Ternitz.
Mit einer Abbildung auf Tab. III.
Koppmayer, Bestimmung des Schwefels im Roheisen, Schmiedeeisen und
Stahl.
Nachstehende Methode, den Schwefel im Roheisen, Schmiedeeisen und Stahl zu bestimmen,
habe ich an einer großen Reihe der verschiedenartigsten Roheisen-,
Schmiedeeisen- und Stahlsorten erprobt und für hüttenmännische Zwecke, sowohl
was Genauigkeit, als auch, was Raschheit der Durchführung anbelangt, entsprechend
gefunden.
Das Wesen der Methode ist folgendes: der Schwefel des zu untersuchenden Materiales
wird in Schwefelwasserstoff übergeführt und dann in eine Absorptionsflüssigkeit,
welche in diesem Falle eine titrirte Lösung von Jod in wässeriger Jodkaliumlösung
ist, geleitet. Man trachtet hierbei den Schwefelwasserstoff vollständig in dieser
Flüssigkeit, in welcher dann die bekannte Zersetzung (SH + J = JH + S) stattfindet,
zurückzuhalten und zu bestimmen. Letzteres wird geschehen können, wenn die Menge des
nicht veränderten Jodes der Absorptionsflüssigkeit durch Titrirung mit einer
wässerigen Lösung unterschwefligsauren Natrons festgestellt ist. Um sich Rechnungen
zu ersparen, richtet man sich die beiden Flüssigkeiten gleich so vor, daß 1 Kub.
Centimet. der Lösung von unter-schwefligsaurem Natron, genau durch 1 K. C.
Jodlösung zersetzt wird und genau 0,01 Procent Schwefel des untersuchten Materiales
entspricht. Werden 10 Grm. Roheisen u. dgl. zur Analyse verwendet, so wiegt davon 0,010,1 Proc. 0,001 Grm. Es soll nun durch 0,01 Proc. Schwefel = 0,001 Grm. genau
1 K. C. Jodlösung verbraucht werden; folglich muß 1 K. C. dieser Lösung an freiem
Jod enthalten 127 / 16. 0,01 = 0,0079375 Grm. oder der Liter 7,9375 Grm. Da aber
auch 1 K. C. der Lösung von unterschwefligsaurem Natron durch 1 K. C. Jodlösung
vollständig zersetzt werden soll, und die Zersetzung nach der Formel
2(NaOS²O² + 10 aqua) + J = NAJ +
NaOS⁴O⁵ + 10 aqua vor sich geht, so ergibt
sich die Menge x des zum Liter zu lösenden
unterschwefligsauren Natrons aus der Gleichung
248 : 127 = x : 7,9375; x = 15,05 Grm.
Ausführung.
Von dem zu untersuchenden Roheisen, Stahl u. dgl. werden 10 Grm. im möglichst
zerkleinerten Zustande (am besten sind feine Bohrspäne, oder, wo diese, wegen zu
großer Härte des zu untersuchenden Materiales, nicht zu erhalten sind, das durch ein
engmaschiges Netz gesiebte Pulver aus dem Stahlmörser) in einen circa 1/2 bis 3/4 Liter fassenden Glaskolben gebracht.
Der Kolben wird mit einem Korkstopfen verschlossen, in welchem sich drei Bohrungen
befinden. Man s. Fig. 15, welche den Apparat darstellt.
In eine dieser Bohrungen wird ein rechtwinkelig gebogenes, mit einem Absperrhahn (A) versehenes Glasrohr bis an den Boden des Glaskolbens
geschoben und mit einem Wasserstoff-Entwickelungsapparat in Verbindung
gesetzt. In die zweite der Bohrungen wird ein circa 50
K. C. fassender Kugeltrichter mit eingeschliffenem Glasstöpsel und Absperrhahn
ebenfalls bis an den Boden des Glaskolbens gesteckt, und durch die dritte Bohrung ein
rechtwinkelig gebogenes Gasentwickelungsrohr, welches mit dem Absorptionsapparate
F in Verbindung steht. Derselbe wird bei D mit der früher erwähnten Jodlösung gefüllt u. z. mit
einer genau abgemessenen Anzahl von K. C., z.B. 15. Man verdünnt diese, wenn
nothwendig, noch mit Wasser, so weit, bis der Apparat circa drei viertel Theil gefüllt erscheint. Ist dieß geschehen, so wird
über denselben ein Kasten gestürzt, um die lichtempfindliche Absorptionsflüssigkeit
vor der Einwirkung der Sonnenstrahlen zu schützen.
Wenn der Apparat auf die angegebene Weise vorgerichtet ist, wird durch denselben
Wasserstoffgas so lange durchgeleitet, bis man die Ueberzeugung hat, daß alle
atmosphärische Luft verdrängt ist. Ist dieß geschehen, so schließt man den Hahn (A), öffnet den Hahn B des
Kugeltrichters und erwärmt die Kugel so lange, bis einige Tropfen der darin
befindlichen Salzsäure in den Glaskolben auf das Roheisen u. dgl. gelangen. Wenn das
geschehen ist, so schließt man B wieder. Durch die
Zersetzung des zu untersuchenden Materiales mit Salzsäure, beginnt eine lebhafte
Gasentwickelung. Die entweichenden Gase gelangen in den Absorptionsapparat und
glucken in Gestalt von Blasen eine nach der anderen durch die darin befindliche
Flüssigkeit. Die oftmalige Berührung und der wiederholte Durchgang der einzelnen
Gasblasen durch die Absorptionsflüssigkeit, bewirken eine vollständige Aufnahme und
Zersetzung des Schwefelwasserstoffes. Hat die Gasentwickelung aufgehört, so erwärmt
man die Kugel von Neuem, öffnet den Hahn B und läßt
abermals Salzsäure in den Kolben gelangen, schließt dann den Hahn B wieder, läßt die Gasentwickelung vor sich gehen, und
wiederholt die Operationen so lange, bis endlich alle Salzsäure in den Glaskolben
getrieben wurde. Hat dann endlich die Gasentwickelung aufgehört, so erwärmt man den
Kolben bis zum Kochen der darin befindlichen Flüssigkeit, um die Lösung zu
beschleunigen und absorbirtes Schwefelwasserstoffgas auszutreiben. Bei grauem
Roheisen ist nach dieser Operation Alles vollständig zersetzt, bei Weißeisen,
Spiegeleisen, Schmiedeeisen und Stahl hingegen in den seltensten Fällen. Um dieß
aber auch hier zu bewerkstelligen, füllt man den Kugeltrichter mit destillirtem
Wasser und läßt auf dieselbe Weise, wie früher Salzsäure, jetzt dieses in den Kolben
treten u. z. so lange bis auch da das untersuchte Material, in der auf diese Weise
verdünnten Salzsäure gelöst resp. zersetzt ist. Hat man dann auch hier zum Schlusse
erwärmt und fängt die Absorptionsflüssigkeit an gegen D
in dem Maaße zurückzusteigen, als der Kolben erkaltet, so öffnet man den Hahn (A) wieder, und leitet aufs Neue so lange Wasserstoff
durch den Apparat, bis alle in demselben befindlichen Gase von diesem verdrängt sind. Ist
dieß geschehen, so gießt man sorgfältig den Inhalt des Absorptionsapparates in ein
Becherglas und wäscht mit destillirtem Wasser, das man bei E mit der Spritzflasche zugießt und durch Neigen nach D hin glucken läßt, nach, und vereinigt die Waschwässer
mit der Absorptionsflüssigkeit. Sodann gießt man von der auf früher erwähnte Weise
bereiteten Lösung, von unterschwefligsaurem Natron zu, bis alles Jod in
Jodwasserstoff umgewandelt ist, was an der eintretenden Entfärbung der durch Jod
gelbgefärbten Flüssigkeit leicht erkannt werden kann, da diese Reaction sehr
empfindlich ist, und ein Tropfen der einen oder anderen der obigen Lösungen
hinreicht, um die Flüssigkeit zu entfärben oder wieder zu färben.
Die Differenz von den Kub. Cent. der Absorptionsflüssigkeit und den bis zur
Entfärbung verbrauchten K. C. der Lösung von unterschwefligsaurem Natron gibt direct
den Schwefelgehalt des untersuchten Materiales in Einhundertel Procenten. Hätte ich
z.B. 15 K. C. Jodflüssigkeit in den Absorptionsapparat gegeben und 10 K. C. der
Lösung vom unterschwefligsauren Natron bis zur Entfärbung verbraucht, so enthält das
untersuchte Roheisen 0,05 Proc. Schwefel.
Um mich zu überzeugen, ob vielleicht Schwefel in dem Kolbeninhalte zurückbleibt,
wurde die Flüssigkeit von dem festen Rückstande desselben durch Filtration getrennt.
Weder im Filtrate, noch in dem mit kohlensaurem Natron und Salpeter aufgeschlossenen
Rückstande konnte selbst bei kupferreichen Roheisensorten und bei der sorgfältigsten
Untersuchung eine Spur Schwefelsäure nachgewiesen werden. Es scheint mir daher die
Annahme, daß bei kupferhältigen Roheisensorten der Schwefel vorherrschend an Kupfer
gebunden sey, nicht stichhaltig zu seyn, da doch das in Salzsäure so gut wie
unlösliche Schwefelkupfer, bei dem festen Rückstande sich befinden, und nach dem
Aufschließen mit kohlensaurem Natron und Salpeter der Schwefel desselben in Form von
Schwefelsäure gefunden werden müßte.
Die Schwefelbestimmung eines Roheisens u. dgl., auf oben beschriebene Weise
durchgeführt, erfordert drei Stunden Zeit und gibt genaue Resultate. Die
Absorptionsflüssigkeiten an einem kühlen, vor Sonnenlicht geschützten Orte, in gut
verschlossenen Flaschen aufbewahrt, halten sich lange Zeit unverändert, und zeigen
kaum vor 2 Monaten eine nachweisbare Veränderung ihres Gehaltes.