Titel: | Ueber den Werth der aus plastischer Kohle verfertigten Wasserfilter; von Julius Müller, Apotheker in Breslau. |
Fundstelle: | Band 208, Jahrgang 1873, Nr. CIV., S. 451 |
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CIV.
Ueber den Werth der aus plastischer Kohle verfertigten Wasserfilter; von Julius Müller, Apotheker in Breslau.
Müller, über den Werth der aus plastischer Kohle verfertigten Wasserfilter.
Ich hatte früher durch angestellte Versuche nachgewiesen, daß die Entwickelung von Organismen im Trinkwasser beim längeren
Stehen
theils den schon im Wasser enthaltenen, theils den in der Luft sich befindenden, im Wasser zum Keimen kommenden Sporen zuzuschreiben
sey, daß letztere, wie schon längst bekannt, durch Baumwolle abgehalten und die schon im Wasser befindlichen beim längeren
Kochen
völlig getödtet würden, so daß im vorher luftleer gemachten Kolben hineingebrachtes gekochtes und dann schnell mit Baumwolle
lose
bedecktes Wasser sich halte, ohne auch nach längster Zeit irgend welche Bildung von Organismen zu zeigen. Werden nun wirklich,
wie ja
behauptet wird, die Sporen beim Filtriren durch die aus plastischer Kohle verfertigten Wasserfilter zurückgehalten, so muß
solches
filtrirtes Wasser sich verhalten wie gekochtes, d.h. in einen Kolben gebracht, so daß beim Einfüllen atmosphärische Luft nicht
zukommen kann, darf solches Wasser nach schnellem Schließen des Kolbens mit vorher sorgfältig gereinigter Baumwolle auch bei
langem
Stehen keinerlei Organismen entwickeln. – Leider hat sich dieß durch die angestellten Versuche nicht bestätigt. – Es
wurde zu denselben ein noch nicht benutztes Wasserfilter einer der
renommirtesten Fabriken plastischer Kohle benutzt. Das gewählte Wasser war ein mittelmäßiges Trinkwasser Breslau's, das durch
seinen
Gehalt an Salpetersäure (100000 Theile enthielten 13,33) und Ammoniak (100000 Theile = 2,91) die Entwickelung von Sporen begünstigte.
– Am 10. August stellte ich folgende Versuche an:
Nicht gekochtes und nicht filtrirtes Wasser ließ ich in einen vorher mit Wasserdampf gefüllten, dann erkalteten, also luftleeren
Kolben
einsteigen, füllte den Hals des Kolbens sofort lose mit durch Aether sorgfältig gereinigter Baumwolle und setzte das Wasser
den
Sonnenstrahlen aus. Schon am 16. desselben Monats war nach der, immer vorher eintretenden Trübung, der Boden des Kolbens mit
einer
grünen Protococcusart bedeckt. Es waren also in dem nicht filtrirten angewandten Wasser Sporen, die sich beim Stehen an der
Sonne bald
entwickelten.
Den zweiten vorher sorgfältig gereinigten Versuchskolben füllte ich zur Austreibung der atmosphärischen Luft mit Kohlensäure
und
verschloß ihn dann mit einem zweimal durchbohrten Kork; in die eine Oeffnung desselben hatte ich eine an beiden Seiten offene
Glasröhre, deren Oeffnung der Ausflußgeschwindigkeit des Kohlenfilters entsprach, gesteckt, in die andere paßte ich die Ausgußröhre
des vorher in das betreffende Wasser eingetauchten und in Gang gesetzten Filters. Auf diese Weise hielt ich die atmosphärische
Luft
ab, denn in dem Maaße als das filtrirte Wasser in den Kolben floß, strömte Kohlensäure aus der anderen Röhre aus, verhinderte
also
dadurch – namentlich da die Kohlensäure 1/2 mal schwerer als die atmosphärische Luft ist, das Eindringen derselben. Nachdem
der
Kolben auf diese Weise mit dem filtrirten Wasser gefüllt war, verschloß ich den Hals ebenfalls lose mit der gereinigten Baumwolle
und
setzte diesen Kolben neben dem ersten der Sonne aus. Schon am 17. desselben Monats war der Boden auch dieses Kolbens mit derselben
grünen Protococcusart bedeckt.
Um endlich auch hier den Einwand, als könnten die Sporen doch durch die Baumwolle gedrungen seyn und sich im Wasser entwickelt
haben,
zu beseitigen, füllte ich einen dritten vorher luftleer gemachten Kolben mit eine halbe Stunde lang gekochtem Wasser, verschloß
ihn
lose mit Baumwolle und setzte ihn wie den ersten und zweiten Kolben der Sonne aus. Dieses Wasser, in welchem die Sporen wirklich
getödtet, also beseitigt sind, zeigte auch nach längerer Zeit nicht die geringste Bildung irgend eines organisirten Körpers.
Aus diesen Versuchen geht wohl unzweideutig hervor, daß die in dem
betreffenden Wasser vorhandenen Sporen unbehindert durch das Kohlenfilter durchwandern.
Ließ sich hiernach wohl von vornherein annehmen, daß die so viel besprochenen und eine so große Rolle spielen sollenden Batterien
ebenfalls durch die Kohlenfilter gehen würden, so führte ich doch den directen Beweis dafür: Ich vermischte destillirtes Wasser
mit
sogenannter Pasteur'scher Flüssigkeit, die voller Batterien war und ließ nun dieses Wasser durch das vorher
sorgfältigst gereinigte, schwach geglühte Kohlenfilter gehen. Leider zeigte sich unter dem Mikroskop jeder Tropfen mit Batterien
reich
versehen, anscheinend in derselben Menge, wie in der nicht filtrirten Flüssigkeit. – In einen vorher sorgfältig gereinigten,
mit Kohlensäure angefüllten und mit Baumwolle lose verstopften Kolben gebracht, vermehrten sich in dem filtrirten Wasser die
mit
durchgegangenen Batterien bald so, daß die anfänglich nur opalisirende Flüssigkeit bald völlig trüb, ja undurchsichtig wurde.
Der Werth der Kohlenfilter beruht demnach nur in dem Zurückhalten grober mechanischer Verunreinigungen, wie Sand, Lehm etc.
und bei
noch nicht langem Gebrauch wohl auch in der, namentlich der frisch geglühten Kohle zukommenden Eigenschaft, etwa vorhandenen
faulen
Geruch zu entfernen; nimmermehr aber können, wie vielfach behauptet wird, vermittelst der plastischen Kohlenfilter contagiöse Stoffe aus dem Wasser entfernt werden. (Archiv der Pharmacie, Bd. CCI S. 5.)