Titel: | Einige Notizen über die Darstellung von Gelatine; von F. Heuze. |
Autor: | F. Heuze |
Fundstelle: | Band 207, Jahrgang 1873, Nr. CXXXVII., S. 507 |
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CXXXVII.
Einige Notizen über die Darstellung von Gelatine;
von F. Heuze.
Heuze, über Darstellung von Gelatine.
Nach den bekannten Methoden zur Erzeugung von Heller Gelatine geht man gewöhnlich von
dünnen Häuten, Sehnen, Knorpeln oder Knochen aus, welche vor der Lösung mit
Salzsäure und Kalk präparirt werden müssen. Diese Methoden haben stets eine gute
untadelhafte Waare zu einem ziemlich hohen Preise geliefert. Der hohe Preis dieser
Waare hat mich unter Anderem veranlaßt, mich mit der Erzeugung einer billigeren
Gelatine von gleicher Güte eingehend zu befassen. Bei meinen Versuchen ging ich von
einem sehr schlechten, braunen, fast schwarzen Leime aus, welcher in einer Berliner
Ochsenpfotenölfabrik, mit der ich mich in Verbindung setzte, als Nebenproduct
gewonnen und für 6 Thlr. per Centner verkauft wird.
Derselbe stellt eine in kaltem Wasser nicht wie Leim aufquellende, sondern zu einer
dicken, wenig klebenden, syrupartigen Flüssigkeit sich lösende gummiartige Masse
dar, ähnlich derjenigen aus welcher Buchdruckerwalzen angefertigt werden, und die
nur in Papierfabriken und zur Appretur sehr dunkelgefärbter Zeuge Verwendung finden
konnte.
Zur Darstellung dieses Leimes werden die Füße, nachdem sie von den festeren
Beinknochen und Schuhen, welche zu Drechslerarbeiten Verwendung finden, befreit
sind, gewaschen und mit noch anhaftenden Haaren in einem geschlossenen Gefäße
überhitzten Wasserdämpfen bei 3 Atmosphären Druck drei Stunden lang exponirt, worauf
die Flüssigkeit nach etwa halbstündlicher Ruhe abgelassen wird. Die von dem
überstehenden Fett getrennte, stark ammoniakhaltige Leimlösung liefert, colirt und
im Dampfbade eingedickt, dem erwähnten schwarzen Leim, welcher vollständig
getrocknet, eine sehr spröde, zwischen den Fingern leicht zerreibliche Masse
darstellt. Die Versuche, denselben zu bleichen, gaben kein günstiges Resultat. Es
zeigte sich, daß derselbe bereits zersetzt und kein Glutin mehr sey, oder nur noch sehr wenig davon
enthalte. Durch sehr große Mengen schwefliger Säure ließ sich die Masse etwas Heller
stellen. Bei der Ausführung im Großen aber dürften sich diesem Agens viele
technische Schwierigkeiten in den Weg stellen. Die zur Erzeugung von schwefliger
Säure erforderlichen zerbrechlichen Apparate würden in den Händen der Arbeiter bald
zertrümmert seyn. Durch Auflösen von schwefligsaurem Natron in der stark verdünnten
Leimlösung und Zusatz von Salzsäure könnte der Apparat umgangen werden, wenn nicht
die anzuwendende Menge des Salzes eine zu große wäre. Es erfordern 50 Kilogrm. Leim
mindestens 2500 Grm. schwefligsaures Natron und 2250 Grm. Salzsäure. Die hieraus
resultirenden Salze, wie schwefelsaures Natron und Chlornatrium, wie die noch freie
Säure würden die Qualität des Leimes auf keinen Fall erhöhen, sondern denselben zu
vielen technischen Zwecken gänzlich unbrauchbar machen. Die Methode mit
Mineralsäuren zu bleichen, verbieten aber außerdem schon die eisernen Abdampfgefäße,
so daß sie an allen Beinen hinkt und davon gänzlich abgesehen werden mußte.
Nach den mißlungenen Versuchen, dem bereits fertigen Leinte die gewünschte Farbe zu
geben, blieb nun Nichts übrig, als die Ursache des Schwarzwerdens zu erforschen.
Die Anwesenheit des Schwefels und bedeutender Mengen von Ammoniaksalzen in der
Leimflüssigkeit war zu auffallend, als daß sie sich hätten lange der Beobachtung
entziehen können. Es konnten diese nur durch zu starke und zu anhaltende
Dampfeinwirkung sich gebildet haben, unter welcher nicht nur die Knorpelsubstanz in
den Leim, sondern auch die Haare mit in Lösung gegangen waren, und schien gerade
dieser Umstand die Schwarzfärbung herbeizuführen.
Um nun die Zersetzung des Leimes und Bildung des Ammoniaks auf ein Minimum
herabzudrücken, kann das Verfahren in der Weise modificirt werden, daß die in dem
Digestor angesammelte Flüssigkeit statt wie früher nach drei Stunden einmal, dreimal
abgelassen wird, und zwar von Stunde zu Stunde. Nachdem sich das Fett nach einiger
Ruhe vollkommen auf der Oberfläche angesammelt hat und abgehoben ist, wird zur
völligen Entfernung des Ammoniaks u.s.w. die wässerige Flüssigkeit mit einem Gemenge
von frischer Holzkohle und 25 Procent Thierkohle versetzt, über Nacht stehen
gelassen, dann am anderen Morgen bis zum Schmelzen der Gelatine, wozu etwa 20 bis
25° C. erforderlich sind, erwärmt, colirt und bis zur erforderlichen Dicke
eingedampft. Gegen 4 Procent des in Lösung befindlichen Leimes ist an Kohlengemenge
zur Erlangung des gewünschten Resultates erforderlich.
Nach der Reinigung mit Kohle entwickelt sich nunmehr beim Abdampfen ein angenehmer,
an Bouillon erinnernder Geruch, während bei der früheren Methode ein eben nicht
angenehmer Geruch die Luft verunreinigte.
Der auf diese Weise dargestellte Leim entspricht allen Anforderungen, welche man an
eine gute Waare stellt. Bei der selbst in dicken Schichten kaum weingelben Farbe
besitzt derselbe den höchsten Grad von Elasticität und Leimfähigkeit. Da er weder
Geruch noch Geschmack besitzt und stets frisches Rohmaterial zu seiner Darstellung
verwendet wird, so kann er, in dünne Tafeln gebracht, selbst als sogenannte Gelatine
zum Genuß dienen.
Berlin, im März 1873.