Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. , S. 153 |
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Miscellen.
Miscellen.
Eine gelungene Cigarren-Wickelmaschine.
Bekanntlich gehörten zeither Maschinen, welche rentabel mit Erfolg brauchbare
Cigarren (aus Tabakblättern) zu wickeln im Stande sind, zu denjenigen Dingen, welche
man als fromme Wünsche bezeichnen mußte. In neuester Zeit waren es besonders die
Maschinen von Julius de Bary in Offenbach und die von Reiniger in Stuttgart, welche anfänglich zu den Hoffnungen
berechtigten, daß die schwierige Aufgabe gelöst sey, nachher aber sich doch mehr
oder weniger unbrauchbar zeigten, was namentlich von der de Bary'schen Maschine (wegen zu großer Complication) gilt, während die von
Reiniger wenigstens theilweis noch (unter anderen
Orten in Leipzig) benutzt wird, indem man sie mindestens noch zur Abtheilung der für
die einzelnen Cigarren erforderlichen Tabakmengen benutzt.
Der Wunsch, brauchbare Cigarren mittelst Maschinen, in gehöriger Menge, herstellen zu
können, bleibt an sich schon gerecht und ganz natürlich, noch mehr aber zu einer
Zeit wo oft genug ein großer Theil der Handarbeiter Forderungen stellt, die nur
selten (oder gar nicht) dauernd befriedigt werden können.
Um so erfreulicher ist daher die Thatsache, daß es gegenwärtig Herrn Ingenieur Max
Friedrich, Inhaber einer Maschinenfabrik in Plagwitz
bei Leipzig, gelungen zu seyn scheint, eine eben so einfache, wie wirklich
brauchbare Cigarren-Wickelmaschine nicht nur zu construiren, sondern
derselben auch bereits Eingang in den Cigarrenfabriken verschafft zu haben.
Unter anderen sollen 10 Stück Friedrich'scher Maschinen
(von der Dampfmaschine getrieben) in der „Sächsischen
Tabaksfabrik“ in Frankenberg (im sächsischen Erzgebirge) arbeiten,
andere bei Hagedorn u. Müller
in Lobenstein, bei F. Schmidt in Altenburg, ferner bei
Gebr. Derer in Ohlau (Schlesien) etc.
Referent sah vor Kurzem ein Exemplar der Friedrich'schen
Cigarren-Wickelmaschine in Plagwitz arbeiten, wobei die Einfachheit der
Construction nicht genug gelobt werden konnte und die von der Maschine gewickelten
(mit Umblatt, nicht mit Deckblatt versehenen) Cigarren
allen Anforderungen einer gut fabricirten Cigarre entsprechen.
Die Hauptactionen der sehr wenig Raum, etwas über einen Meter Länge einnehmenden
Maschine, bestehen in dem Fortschieben (Vorbringen) des
Füll-Tabaks, Abschneiden des für eine Cigarre
erforderlichen Quantums, Fallenlassen des letzteren und Rollen des Tabaks auf einem
endlosen Leder unter Zuführen des Umblattes durch Menschenhand.
Das Wickelmachen erfolgt in so sinniger und doch einfacher Weise, daß die hier
angewandten Mechanismen (Excenter, Hebel und Schubstangen) kaum noch besser wo
anders als Maschinenorgane auftreten.
Zur Bedienung der Maschine (mit Ausnahme des Motors, eines
an der Handkurbel wirkenden kräftigen Jungen oder eines von einer Dampfmaschine
hergeleiteten Riemens etc.), reichen drei Mädchen aus.
welche pro Tag (10 Arbeitsstunden) bequem 4000 bis 5000 und auch mehr gute
Wickel anfertigen können, je nach Güte des Umblattes.
Der Verkaufspreis eines Exemplares dieser Maschine beträgt (franco
Plagwitz-Leipzig) 300 Thlr. Rühlmann.
(Hannoversches Wochenblatt für Handel und Gewerbe, 1872, Nr. 41.)
Zur Theorie der Explosionen detonirender Körper; von P. Champion und H. Pellet.
Die Verfasser haben durch Versuche gezeigt, daß gewisse explosive Substanzen, wie
z.B. Jodstickstoff, dadurch zur ExplosionEplosion gebracht werden können, daß man ihre Unterlage oder die sie umgebende Luft
in hinreichend rasche Schwingung versetzt. Die Versuche wurden in verschiedener
Weise ausgeführt. Man verband zwei lange Glasröhren, welche zusammen 2,4 Meter lang
und 13 Millimeter im Durchmesser waren, durch einen Streifen Papier und brachte in
dieselben an jedes Ende ein Stückchen Papier mit je 0,03 Gram. Jodstickstoff. Sobald
man das eine Präparat durch Berührung mit einem warmen Drahte zur Explosion brachte,
detonirte auch das andere. Daß die Explosion des zweiten nicht durch Pressung der
Luft erzeugt worden seyn konnte, ergab sich daraus, daß ein kleines leichtes Pendel,
welches man in der Röhre aufstellte, durch die Explosion nicht stärker bewegt wurde,
als etwa durch Hineinblasen von Luft mit dem Munde. Es wurden ferner kleine Mengen
Jodstickstoff auf den tiefen Saiten eines Contrabasses, einer Bratsche und einer
Violine befestigt und die Saiten durch Streichen zum Tönen gebracht. Die tiefen Töne
des Contrabasses bewirkten keine Explosion, wohl aber Töne deren Schwingungszahl
über 60 liegt; andererseits bewirkten auch die sehr hohen Töne, welche man durch
Anstreichen der Saitenstücke zwischen dem Stege und dem Saitenhalter der Violine
erhält, die Explosion. Schwingende Platten ergaben ein ähnliches Resultat. Man hatte
zwei chinesische Tamtams, von denen das eine beim Anschlagen sehr tiefe, das andere
hohe Klänge gab. Jodstickstoff auf denjenigen Stellen, welche die tiefen Töne
erzeugten, explodirte nicht, wohl aber auf den rascher schwingenden Theilen, welche
die hohen Töne erzeugten. Endlich stellte man zwei parabolische Hohlspiegel von 50
Centimeter Durchmesser in einer Entfernung von 2,5 Meter einander gegenüber, brachte
in den Brennpunkt des einen ein Stückchen Papier mit einigen Centigrammen
Jodstickstoff und zwischen beide Spiegel ein gleiches Stück Papier, dann entzündete
man im Brennpunkte des anderen Spiegels einen Tropfen Nitroglycerin, worauf der
Jodstickstoff in dem anderen Brennpunkte explodirte, nicht aber der zwischen beiden
Spiegeln befindliche. Man kann die Explosion durch eine äußerst geringe Menge
Nitroglycerin bewirken, wenn man den Jodstickstoff, welcher im Brennpunkte des
anderen Spiegels ist, auf eine elastische Membran bringt, die man über einen
Ausschnitt in einem Stücke Cartonpapier ausgespannt hat. An Stelle des
Nitroglycerins kann man auch andere explosive Substanzen anwenden. Man könnte hier
vielleicht annehmen, daß die Explosion des Jodstickstoffes durch die von dem einen
Spiegel reflectirten und von dem Brennpunkte des anderen Spiegels concentrirten
Wärmestrahlen erzeugt sey. Nach Berthelot entwickelt 1
Kilogrm. Nitroglycerin in einem geschlossenen Raume 19,700,000 Calorien. Da nun zur
Entzündung des Jodstickstoffes 0,03 Grm. Nitroglycerin ausreichen, so entspricht
diese Menge 591 Calorien. 0,9 Grm Schießpulver würden dieselbe Wärmemenge
entwickeln. Die Verf. versuchten dem entsprechend die Explosion durch Entzündung von
1 Grm. Pulver in dem Brennpunkte des ersten Spiegels hervorzubringen, doch ohne
Erfolg; es waren 8–10 Grm Pulver dazu nöthig. Uebrigens wurde der Versuch
noch folgendermaßen abgeändert. Beide Spiegel wurden mit Ruß überzogen; in den
Brennpunkt des einen brachte man wiederum den Jodstickstoff und in dem Brennpunkte
des anderen entzündete man 10 Grm. Schießpulver. Die Explosion des. Jodstickstoffes
fand nicht statt, jedenfalls weil die geschwärzten Spiegel die größte Menge der von
dem Pulver entwickelten Wärmestrahlen absorbirten. (Bei nicht geschwärzten Spiegeln
tritt durch eine Quantität Pulver immer Explosion ein.) Wendet man aber an Stelle
des Schießpulvers 0,03 Gram. Nitroglycerin an, so tritt die Explosion sicher ein.
(Industrieblätter.)
A. de Hemptinne's Verfahren zum
Concentriren der Schwefelsäure.
Der Apparat zum Concentriren der Schwefelsäure mittelst des Vacuums von A. de Hemptinne (beschrieben im polytechn. Journal Bd. CCV S. 419, erstes Septemberheft 1872),
erspart nicht nur die Anwendung einer Platinblase, sondern realisirt auch eine große Brennmaterial-Ersparniß. Der gußeiserne
Kessel, welcher dazu dient in der bleiernen Blase das Vacuum zu erzeugen, kann
gleichzeitig das Wasser heben, welches für die verschiedenen Kühlapparate
erforderlich ist. Zur Vereinfachung der Construction hat es der Erfinder aufgegeben,
die Vorwärmpfannen mittelst eines Röhrensystemes bei abgeschlossenem Luftdruck zu
heizen, und wendet jetzt diese Heizmethode in offenen Bleipfannen an.
Der Apparat von A. de Hemptinne functionirt seit zwei
Jahren, ohne Unterbrechung, in seiner Fabrik zu Molenbeek-Saint-Jean
bei Brüssel. (Chronique de l'Industrie, October 1872, S.
286.)
Ueber das Verhalten gewisser Metalle zu einer Auflösung von
Ferridcyankalium; von Prof. Böttger.
Man war bisher allgemein der Ansicht, daß der Wasserstoff, welcher von einem im
Kreise einer Volta'schen Batterie als Kathode dienenden
Palladiumbleche absorbirt worden, bei seinem Freiwerden stark reducirende
Eigenschaften zeige, z.B. (wie selbst Graham als ein
eigenthümliches Merkmal dieses sogenannten activen Wasserstoffes angegeben)
Ferridcyankalium in Ferrocyankalium und Eisenoxydsalze in Eisenoxydulsalze
überführe. Diese Ansicht ist indeß, meinen Beobachtungen zufolge, nicht stichhaltig;
ich habe nämlich gefunden, daß das Palladium für sich schon,
ohne mit Wasserstoff auf elektrolytischem Wege beladen zu seyn, nebst noch
einigen anderen Metallen, die Eigenschaft besitzt, in gewisse
Salzsolutionen auf kurze Zeit eingelegt, diese theilweise zu reduciren oder auf
eine niedere Oxydationsstufe zurückzuführen, insbesondere Ferridcyankalium
in Ferrocyankalium, Eisenchlorid in Eisenchlorür und schwefelsaures Eisenoxyd in
schwefelsaures Eisenoxydul zu verwandeln. Um diese von mir ermittelte Thatsache
fernerweit zu constatiren, braucht man sich nur eine verdünnte Lösung von 5 Decigrm.
Ferridcyankalium in 100 Kubikcentimeter destillirten Wassers zu bereiten und darin
ein reines Palladiumblech, bei mittlerer Temperatur und bei Abschluß von Licht 10
Minuten lang verweilen zu lassen. Fügt man dann nach Ablauf dieser kurzen Zeit
einige Tropfen einer reinen Eisenoxydsalzlösung hinzu, so gibt sich auf der Stelle
die Bildung von Berlinerblau zu erkennen, zum Beweis daß schon in dieser kurzen Zeit
das Palladiumblech vermochte, das Ferridcyankalium in Ferrocyankalium überzuführen.
Ganz gleich dem Palladium verhält sich in dieser reducirenden Eigenschaft das Thallium, Magnesium und Arsen, während die folgenden von
uns geprüften Metalle sich gegen die genannte Salzsolution in einem gleichen
Zeitraum völlig indifferent verhalten: Platin, Zink, Cadmium, Aluminium, Kupfer,
Indium, Blei, Kobalt, Silber, Quecksilber, Zinn, Wismuth, Antimon, Gold, Tellur,
Mangan und Eisen. Beim Einlegen eines reinen Eisenbleches in Ferridcyankaliumlösung
sieht man zwar sehr bald sich Eisencyanür-Cyanid (Berlinerblau) abscheiden,
indeß gibt die davon abfiltrirte Flüssigkeit bei Zusatz eines Eisenoxydsalzes keine
Spur von Ferrocyankalium zu erkennen. (Böttger's
polytechnisches Notizblatt. 1872, Nr. 18.)
Analyse des käuflichen rothen Phosphors, von Dr. R. Fresenius und Dr. E. Luck.
Der käufliche amorphe Phosphor ist in der Regel nicht vollkommen rein. Er enthält
sehr häufig eine kleinere oder größere Menge von gewöhnlichem Phosphor, und indem
dieser sich an der Luft allmählich oxydirt, bilden sich wechselnde Quantitäten von
Phosphorsäure und phosphoriger Säure, durch welche die Handelswaare eine saure
Reaction und feuchte Beschaffenheit erhält.
Die Bestimmung dieser Oxydationsproducte bietet nun zwar keine besondere
Schwierigkeit dar; anders aber ist es mit der Trennung und Bestimmung des
gewöhnlichen Phosphors, und es bedurfte daher einer Reihe von Versuchen, um eine
gute Methode zur Bestimmung aller Bestandtheile des käuflichen amorphen Phosphors zu
ermitteln. Die Genannten haben solche Versuche angestellt und auf Grund derselben in
unserer Quelle ein Verfahren zur Analyse des amorphen Phosphors veröffentlicht. Nach
demselben werden der rothe und der gewöhnliche (gelbe) Phosphor zusammen durch
rauchende Salpetersäure oxydirt und als pyrophosphorsaure Magnesia bestimmt;
andererseits wird der rothe Phosphor durch Schwefelkohlenstoff von dem gewöhnlichen
Phosphor befreit, und sein Gewicht dann für sich bestimmt; die Differenz ergibt dann
die Menge des gewöhnlichen Phosphors, welche aber zur Controlle auch noch direct
bestimmt wird, indem man durch Behandlung der Schwefelkohlenstofflösung mit Jod etc.
den Phosphor in Phosphorsäure und diese in pyrophosphorsaure Magnesia überführt.
Die Verf. theilen zugleich die folgende, von ihnen ausgeführte Analyse von amorphem
Phosphor mit.
Es wurden gefunden:
Gesammt-Phosphor
„
„
a)b)
93,3793,24
Proc.„
Mittel
93,30
Proc.
Gelber
Phosphor
„
„
a)b)
0,5320,580
„„
„
0,56
„
Rother
Phosphor
„
„
a)b)
92,6392,63
„„
„
92,63
„
Phosphorige
Säure
„
„
a)b)
1,3371,279
„„
„
1,308
„
Phosphorsäure
0,880
„
Wasser und Verunreinigungen
4,622
„
–––––––––––
100,000
Proc.
(Zeitschrift für analytische Chemie, Jahrg. 1872, S. 63.)
Sehr dauerhafte Schmelztiegel.
Schmelztiegel für Stahl und edle Metalle werden
erzeugt aus einem Gemenge von
zerstoßenen und geschlämmten Porzellanscherben (oder
Chamotte)
10
Thln.
Graphit
10
„
ziemlich 3 Millimet. lang zerkleinertem Asbest
15
„
nicht allzu fein gepulvertem Quarz
3
„
feuerfestem Thon
22
„
Der Asbest als faseriger Körper verhindert das Zerfallen oder Undichtwerden bei dem
allenfalls erfolgenden Zerspringen des Tiegels, und es wird so jeder Verlust
vermieden. (Ackermann's Gewerbezeitung.)
Versuch mit Concretbau.
Im Verein zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen theilte Fabrikbesitzer A. Lehmann in Berlin mit, daß er in Folge der in Berlin
herrschenden Wohnungstheuerung einen Versuch mit Concretbau angestellt habe,
welcher, übereinstimmend mit in England gemachten Erfahrungen, sehr günstige
Resultate ergeben habe. Die Art des Baues ist folgende: Man stellt für die Wände des
Hauses Formen auf, welche aus Stützstangen und Eisenplatten zusammengestellt sind.
Diese Formen füllt man mit einem Gemenge von Steinkohlenasche, Sand, Cement und
Schlacken, das vorher mit Wasser tüchtig durchgerührt ist, stampft diese Masse mit
dem Spaten etwas feste und läßt sie 24 Stunden erhärten, nimmt dann die Platten ab,
und bringt sie an die Stützstangen um so viel höher, als die Wand vorher gegossen
war, und fährt so fort, bis die Höhe der Wand erreicht ist. Diese Art des Bauens ist
dem hier auf dem Lande üblichen Pisébau ähnlich, nur mit dem Unterschiede,
daß hier die eisernen Formen und Platten den großen Vorzug der Genauigkeit
ermöglichen, und daß die Stützstangen zu gleicher Zeit als Rüststangen dienen, indem in diesen Stangen
Winkeleisen eingepaßt sind, welche zum Bretertragen eingeschraubt werden können. Der
Hauptvortheil besteht aber darin, daß das Gemenge welches die Wand bildet, in kurzer
Zeit, ungefähr 14 Tagen, felsenfest wird. Kräftige Schläge mit einem schweren Hammer
an eine 0,15 Meter starke Wand vermochten nicht einen Eindruck oder ein Vibriren
hervorzubringen. Auch ist ein Versuchsgewölbe von 2,2 Met. Spannweite, 0,18 Met.
Pfeil und 0,12 Met. Stärke mit 4000 Pfund pro
Quadratmeter durch Mauersteine belastet worden, und haben sich unten auf der
glattgeputzten und geschlämmten Busenfläche weder Haarrisse noch sonstige
Beschädigungen gezeigt.
Die Billigkeit läßt sich nur annähernd feststellen, doch ist eine Ersparniß von 30
Procent gegen den Rohbau voraussichtlich In wie weit die dünnen Wandungen für unser
Klima passen, muß die Erfahrung lehren, doch gibt es noch Aushülfe und Ersparniß
durch Anbringung von Isolirschichten. Die rasche Erhärtung der Masse gestattet auch
ein rascheres Fertigstellen des Baues, so daß es möglich wurde, ein Haus welches am
15. October mit dem Grundausnehmen begonnen wurde, am 1. Januar fertig zu beziehen.
(Verhandlungen des Vereines zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, 1872 S.
37.)
Pavy's Filzfabricate.
Unter den vielen Artikeln der dießjährigen Londoner Ausstellung tragen wenige so sehr
den Stempel der Originalität und Neuheit, wie die Vorhänge, mit denen verschiedene
Thorwege, Corridors und Nischen im Ausstellungs-Gebäude geschmückt sind.
Einem gewöhnlichen Beobachter mögen diese Vorhänge als sehr elegante Cretonnes von
Mülhausen oder Zitze von Manchester erscheinen, aber bei genauerer Prüfung überzeugt
man sich, daß sie aus einem ganz anderen Material bestehen. Für das Auge sind sie
Baumwollgewebe, für das Gefühl Papier, während sie in Wirklichkeit weder das eine
noch das andere, sondern eine Verbindung von beiden sind. Sie sind in der That aus
Filz oder tissus feutre japonnais, wie sie der Erfinder
Eugen Pavy bezeichnet, hergestellt. Diese Erfindung wurde
vor etwa drei Jahren bekannt; der Krieg von Frankreich störte jedoch für einige Zeit
die Pläne des Erfinders, aber nunmehr hat er. in Verbindung mit seinem Compagnon,
Hrn. Pretto, sich die Aufgabe gestellt, dieses Product in
England einzuführen.
Eine zum Stillstand gekommene Papierfabrik zu Chilworth bei Guilford wurde angekauft,
mit der Einrichtung für die neue Fabrication versehen und der Betrieb seit Schluß
vorigen Jahres eifrig begonnen. Das Fabricat ist kein eigentliches Gewebe, sondern
eher eine Art japanesisches Papier von sehr starkem Gefüge. Es ist fest und dicht,
dabei zugleich biegsam und zur Anwendung für viele decorative und industrielle
Zwecke, wofür Papier und Baumwollgewebe oder Leder gegenwärtig benutzt werden,
geeignet. Eine sehr empfehlende Eigenschaft dieses Productes ist, daß mit ihm die
meisten eleganten Stoffe annähernd und in brauchbarer Weise nachgeahmt werden
können, während der Verkaufspreis noch nicht ein Zehntel des Preises der Artikel
beträgt, welche es ersetzt.
Die Substanzen, woraus dieses Material hergestellt wird, sind zahlreich und umfassen
viele Varietäten von thierischer und pflanzlicher Faser. Die Rohmaterialien werden
durch Maceration in Lumpenvorbereitungs- und Schlagmaschinen von besonderer
Construction vorbereitet, worauf sie Waschprocessen in alkalischen und
antiseptischen Bädern unterworfen werden. Sie werden dann zwischen rotirenden Walzen
zerkleinert, gebleicht und mit verschiedenen Chemikalien in Bottichen zu Brei
verwandelt, worauf das Material durch eine Reihe von Gefäßen mit Rührapparaten nach
einer Papiermaschine geht. Diese Papiermaschine unterscheidet sich durch
verschiedene, dem vorliegenden Zweck entsprechende Vorrichtungen von der
gewöhnlichen, und liefert das Material in der Form eines dichten Filzes ab. Wenn es
erforderlich ist, die Sprengel herzustellen, welche manche Sorten des japanesischen
Papieres zeigen, so wird gepulvertes Mineral oder Metall, je nach dem verlangten
Effect, in den Brei eingeführt. Das so hergestellte Fabricat wird verschiedenen
Stampf-, Preß- und Druckoperationen etc. unterworfen, so daß es
schließlich das Aussehen von Zitz, Leder oder anderen Stoffen erhält.
Wir betrachten die Herstellung dieses Fabricates als eine interessante Erfindung,
welche einer sehr ausgedehnten Verwendung fähig ist. Es können darauf Muster von der
einfachsten, wie von der reichsten Art mit gleicher Leichtigkeit und Treue
hergestellt werden, und die darauf befestigten Farben trotzen der Wirkung des
Sonnenlichtes und der Feuchtigkeit.
Die in der Fabrik zu Chilworth benutzte Maschinerie ist sehr complicirt und wird
durch drei Wasserräder von zusammen 70 Pferdekräften nebst Dampfmaschinen von
zusammen 120 Pferdekräften, die ihren Dampf von drei Cornwallkesseln erhalten,
betrieben. Die Materialien werden in den verschiedenen Stadien der Fabrication
hinauf in obere Räume und hinab in untere Localitäten nach den verschiedenen
Stockwerken mittelst Dampfaufzügen befördert, während durch das ganze Etablissement
in der Höhe ein Eisenbahnsystem angebracht ist. Durch diese Anordnung ist der
Transport der Materialien von einem Punkte zum anderen sehr erleichtert. Die größte
Aufmerksamkeit ist der Materialersparniß gewidmet, wodurch ein Minimalpreis des
Productes erreicht wird. Die fertige Waare wird nach dem Magazin der Firma Pavy u. Pretto in London (Hamsel-street,
Falconsquare) gesendet. (Aus dem praktischen Maschinenconstructeur.)
Anthracenblau; von Ferd. Springmühl.
Als ich mich im vergangenen Sommer mit der Darstellung des künstlichen Alizarins
beschäftigte und sowohl die älteren als auch die neueren Methoden der
Alizarinbereitung versuchte, erhielt ich bei einer dieser Operationen einen Körper,
der durch eine weitere einfache Behandlung in einen tiefblauen Farbstoff überging.
Ich hatte fast reines Anthracen zu meinen Versuchen angewandt, erhielt von dem
blauen Farbstoffe jedoch nur eine so geringe Menge, daß dieselbe, zumal ich offenbar
noch keinen reinen Körper vor mir hatte, nicht zur Elementaranalyse ausgereicht
hätte. Bei einem zweiten Versuche erhielt ich eine etwas größere Menge des
Anthracenblaus, immerhin aber nur wenig mehr als 0,5 Gramm. Ich habe sofort mit
diesen Färbeversuche angestellt und erhielt ausgezeichnete Resultate sowohl auf
Seide, wie auf Wolle und Baumwolle. Näheres kann ich für heute noch nicht angeben,
da mir das Material, welches nur gering war, alsbald ausging. Ich bin jedoch im
Begriff, augenblicklich größere Mengen des Anthracenblaus darzustellen und werde
über die Eigenschaften des neuen, gewiß im höchsten Grade interessanten Körpers
sobald als möglich eingehender berichten.
Billige Druckfarbe für Anilinfarben auf Baumwolle.
Man bereitet sich eine schwache Abkochung von Leim, indem man auf jeden Liter Wasser
50 Gramme Leim anwendet. In diese Flüssigkeit tröpfelt
man so viel einer Auflösung von doppelt-chromsaurem Kali, daß dieselbe dadurch strohgelb wird.
Dieser Masse fügt man so viel von der Auflösung irgend eines Anilinfarbstoffes
hinzu, als zur Herstellung der Farbmasse ausreicht und verdickt nun nach Bedürfniß
mit Stärke und gebrannter
Stärke oder Dextrin.
Mit dieser Druckmasse kann direct gedruckt werden. Nach dem Drucke wird die Waare
einige Stunden am Lichte gehängt. Das Tageslicht hat die Eigenschaft, den mit
chromsaurem Kali versetzten Leim unlöslich zu machen, und es werden daher die
bedruckten Stellen durch die Belichtung fixirt. Jedenfalls ist der Leim die
billigste bisher bekannte Fixirungssubstanz. Nach dem Belichten und Drucken ist die
Operation vollendet und die bedruckte Waare kann direct abgeliefert werden.
An Stelle des Leimes kann auch eine Auflösung von Casein in wenig Ammoniak benutzt werden. (Reimann's Färberzeitung, 1872, Nr. 38)
Ueber die Extraction des Rapssamens mit
Schwefelkohlenstoff.
Das bei der Extraction des Rapssamens mit Schwefelkohlenstoff erhaltene Rapsmehl
enthält durchschnittlich 2 1/2 Proc. Oel. Der Grad der Entfettung hängt von verschiedenen Umständen
ab, welche beim Extractionsverfahren wohl berücksichtigt werden müssen, da man sonst
nicht befriedigende Resultate erzielen würde. Einer der wesentlichsten Punkte einer
vollständigen Extraction ist die Art der Quetschung des Samens. Ist der Same nicht
richtig gequetscht, das heißt, sind nicht alle Oelzellen zerrissen, so kann der
Schwefelkohlenstoff in diese nicht eindringen und ihnen das Oel entziehen; dagegen
veranlaßt der zu Pulver gequetschte Same Störungen, indem er sich in den
Verbindungsröhren und Hähnen der Extractionsapparate ansammelt und diese verstopft.
Alter Same muß stärker gequetscht werden als frischer, da bei jenem die
eingetrockneten Zellenwände dem Drucke der Quetschwalzen mehr Widerstand leisten;
überhaupt ist es von Vortheil, schwere Walzen zum Quetschen des Samens zu verwenden.
Ist der Same trocken und frisch, so ist die Extraction am vollständigsten,
unvollständig ist sie dagegen bei einem feuchten, unreifen oder sehr alten Samen.
Ebenso ist die Dauer der Extraction von Belang; je nachdem die Dauer der Extraction
eine oder zehn Stunden beträgt, erhält man bedeutende Unterschiede im Oelgehalt des
Rapsmehles, welcher von 1 bis 3 Proc. variiren kann. Ferner ist die Temperatur
während der Extraction ebenfalls in's Auge zu fassen, da bei einer Temperatur von
6° C. und darunter das Lösungsvermögen des Schwefelkohlenstoffes ein geringes
ist; bei einer Temperatur von 20° C. und darüber verdunstet dagegen ein
großer Theil des Schwefelkohlenstoffes, wodurch Spannungen in den Apparaten
entstehen, welche für den Gang der Operation sehr hinderlich sind. Endlich ist der
Grad der Trockenheit des Schwefelkohlenstoffes bei der Extraction von Bedeutung,
indem nasser oder feuchter Schwefelkohlenstoff sein Wasser an den Samen abgibt,
wodurch das fernere Eindringen des Schwefelkohlenstoffes erschwert wird. F. Fischer in Riesa. (Deutsche Industriezeitung, 1872, Nr.
37.)
Ein vortrefflicher Firniß aus
Hartgummi-Abfällen.
Hartgummi, ein Fabricat welches aus Kautschuk und Schwefel dargestellt und heut zu
Tage vielfach verwendet wird, ist eben noch nicht übermäßig billig und es ist zu
bedauern daß so viele Abschnitzel, Reste und Späne weggeworfen werden. Die
Mechaniker haben kistenweise solche Abfälle, welche endlich beseitigt oder verbrannt
werden, weil man sie bis jetzt nicht zu verwenden weiß.
Ich mache aus diesen Abfällen einen vortrefflichen Firniß, welcher schnell trocknet,
vom schönsten Goldgelb bis zum undurchsichtigen schönen Braun aufgetragen werden
kann, und namentlich auf Metall fest hält und für elektrische Apparate gut zu
verwenden ist.
Derselbe wird auf folgende Weise bereitet: Abfälle von Hartgummi werden in einen
alten eisernen Topf gethan, mit einem Deckel gut zugedeckt und der Topf auf glühende
Kohlen gestellt. Nach circa 5 Minuten nimmt man den Topf
vom Feuer weg und sieht nach, ob diese Abfälle schon geschmolzen sind. Beim Feuer
darf man den Deckel nicht vom Topfe wegnehmen, weil der Rauch der geschmolzenen
Masse sich leicht entzündet. Sind die Abfälle so weit geschmolzen, daß sie sich
leicht ausgießen lassen und keine ungeschmolzenen Stücke
mehr vorhanden sind, was man leicht mit einem Stück dicken Drahtes fühlen und finden
kann, so gießt man den geschmolzenen Inhalt des Topfes auf ein Stück Weißblech,
welches jedoch vorher eingefettet wird, damit die Masse nach ihrer Erstarrung leicht
abspringt.
Das erkaltete Pech wird zerbröckelt, in eine Flasche gethan und mit Benzol, auch mit
rectificirtem Terpenthinöl übergossen, – öfter aufgeschüttelt. Nach
vollständiger Lösung gießt man die Flüssigkeit von den Unreinigkeiten, welche sich
stets im Hartgummi vorfinden und am Boden des Gefäßes liegen bleiben, vorsichtig ab.
Dieser Firniß ist vortrefflich. v. B. (Ackermann's
Gewerbezeitung, 1872 S. 173.)
Firniß für Korb- und Rohrgeflechte; von Ferd. Rhien.
Auf Ersuchen eines Korbflechters, welcher namentlich auch die Herstellung feinerer
Korbwaaren betreibt, sind Versuche zur Bereitung eines Lackes zum Ueberziehen von
geschältem und gefärbtem Rohr angestellt worden, und hat sich folgende Vorschrift
als zweckdienlich erwiesen.
Man erhitzt 25 Grm. gutes Leinöl in einem Sandbade so lange, bis ein Tropfen
desselben auf kaltes Metall oder einen kalten Stein gebracht, beim Neigen des
letzteren nicht mehr fließt und beim Betupfen mit dem Finger stark fadenziehend
erscheint. Alsdann setzt man, anfangs in kleineren Portionen, 500 Grm. fetten
Copalfirniß zu, oder auch statt dessen einen anderen fetten Firniß. Das Erhitzen des
Leinöles darf nicht zu weit getrieben werden, weil es sich dann nicht mehr
vollständig in dem Copallack auflöst und das Gefäß, worin das Erhitzen des
Copalfirnisses geschieht, muß geräumig seyn, da beim Zusatz des Copalfirnisses
heftiges Aufschäumen stattfindet. Nach dem Erkalten gibt man dem Firniß durch
Vermischen mit Terpenthinöl die gewünschte Consistenz. Er trocknet bald, behält
hinlängliche Elasticität und läßt sich mit oder ohne Zusatz von Farben anwenden.
(Bayerisches Industrie- und Gewerbeblatt, 1872 S. 209.)
Das Riemen- und Lederzeug vor der zerstörenden Wirkung
der Ammoniakdämpfe in Ställen zu bewahren; von Prof. Artus.
Es ist eine langjährige Beobachtung, daß das Lederzeug in Ställen durch die daselbst
stattfindenden Ammoniakausdünstungen verhältnißmäßig schneller brüchig wird; wenn
auch dem einigermaßen durch Anwendung und Behandlung von Fetten vorgebeugt wird, so
haben sich alle diese angewendeten Lederfette und sogen. Lederschmiere für
unzureichend erwiesen, dem jedoch abgeholfen werden kann, wenn den Lederfetten eine
kleine Quantität Glycerin zugesetzt wird, wodurch das Lederwerk stets in gutem
geschmeidigem Zustande erhalten wird. (Maschinenbauer.)
Neue Gespinnstpflanze (Laportea
pustulata).
Vor einigen Jahren hatte der preußische Minister für Landwirthschaft eine Anzahl
Wurzelstöcke einer von Rözl im Alleghany-Gebirge
entdeckten Gespinnstpflanze angekauft, um damit Culturversuche anstellen zu lassen.
Die Pflanze erwies sich als Laportea pustulata. Dieselbe
hat den bisher bekannten und cultivirten Gespinnstpflanzen gegenüber den Vorzug, daß
sie eine alljährlich wieder austreibende Staude bildet, welche sich leicht und in
großer Zahl durch Wurzeltheilung im Frühjahre vermehren läßt, daß sie also nicht
alljährlich gesäet zu werden braucht, und daß ihre Behandlung viel weniger mühsam
und kostspielig ist, als z.B. die der Flachspflanze. Ihre Cultur, welche
gleichzeitig im botanischen Garten zu Berlin und an den drei landwirthschaftlichen
Akademien in Preußen, sowie in dem pomologischen Institut zu Proskau versucht wurde,
hat nur im botanischen Garten zu Berlin einen zufriedenstellenden Erfolg gehabt, wo
die Pflanze eine Höhe von über einem Meter erreicht hat, während sie an den übrigen
Versuchsstätten viel niedriger geblieben ist. Hiernach scheint es, daß sie nur in
leichtem, sandigem und humosem Boden mit Nutzen cultivirt werden kann. Die Winter
haben trotz ihrer starken Fröste der Pflanze keinen Schaden gebracht. Der Minister
hat deßhalb die Direction des landwirthschaftlichen Central-Vereines für den
Regierungsbezirk Potsdam beauftragt, Landwirthe zu ermitteln, welche geneigt sind,
Anbauversuche in einem größeren Maaßstabe in dem leichten, humosen Boden der Mark
anzustellen. Die nöthigen Pflanzen sollen kostenfrei geliefert werden. Mit den
Pflanzenstengeln, welche im botanischen Garten gewonnen wurden, hat man umfassende
Versuche angestellt, um die Leichtigkeit der Gewinnung des Faserstoffes und dessen
Güte und Brauchbarkeit festzustellen. Die gewonnenen Resultate muntern zur
Fortsetzung der Versuche auf, die sich zunächst auf eine ausgedehntere Cultur der
Pflanze erstrecken müssen. (Norddeutsche Allgemeine Zeitung.)