Titel: | Ueber die Vertheilung der Diastase im Malz; von Anton Urban. |
Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. CXXXV., S. 489 |
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CXXXV.
Ueber die Vertheilung der Diastase im Malz; von
Anton
Urban.
Urban, über die Vertheilung der Diastase im Malz.
Man ist gewohnt, bei Maischversuchen das Malzschrot gleichsam als eine homogene Masse
zu betrachten. Das Malzkorn, von welchem das Schrot herstammt, ist indeß ein
Organismus von ziemlich complicirtem anatomischen Baue, und voraussichtlich werden
die einzelnen anatomischen Elemente desselben zu dem schließlichen Resultate beim
Maischen in sehr verschiedener Weise beisteuern. Bis jetzt ist hierüber nur sehr
wenig bekannt. Man weiß, daß die Würzelchen (Wurzelkeime) des Malzes Diastase
enthalten, d.h. die Fähigkeit besitzen, Stärke in Dextrin und Zucker überzuführen,
daß hingegen dem Blattkeime diese Fähigkeit abgeht. Mit Blattkeim, Würzelchen und
Korn im engeren Sinne ist indeß die Anatomie des Malzkornes noch lange nicht
abgethan. Ohne auf Feinheiten einzugehen, unterscheidet man an dem Malzkorne leicht
noch außerdem als Formelemente: die Hülsen (Spelzen, Fruchtschale, Samenschale), am
eigentlichen Korne die charakteristische, durchschnittlich dreifache Lage
eigenthümlicher viereckiger Zellen, welche vorwiegend Protein und Fett führen, und
innerhalb derselben den eigentlichen Mehlkörper, die wesentliche Vorrathskammer für
das Stärkemehl im Korn, welche von den Botanikern Sameneiweiß genannt wird.
Welche Rolle die einzelnen anatomischen Elemente des Malzkornes bei dem sich in der
Maische vollziehenden Acte übernehmen, davon hat man bisher so gut wie völlig
abstrahirt, obgleich für bestimmte Aufgaben der Praxis der Erfolg wesentlich von
einem Einzelgliede der oben aufgezählten Reihe abhängig ist, und eine Einsicht in
die specielle Function dieses Einzelgliedes uns am ersten befähigt, ein besonders
angestrebtes Ziel zu erreichen.
In der äußeren Schicht des Kornes finden wir wesentlich die Nahrung für die Hefe.
Versucht man bei der Erzeugung von Kunsthefe zur Erzielung einer ansehnlicheren
Waare absichtlich die Kleie fern zu halten, so wird die Hefenzucht matt und artet
endlich völlig aus; für manche kranke Hefe ist Kleie ein probates Hausmittel
etc.
Wo aber ist der eigentliche Sitz der Diastase, dieses Matadors im Maischprocesse? Da
dieselbe wahrscheinlich stickstoffhaltig ist, so sollte man sie dort am dichtesten
vertreten glauben, wo man am meisten Stickstoff im Malzkorn aufgehäuft findet. Dieß
ist der Fall bei der vorerwähnten dreifachen Zellenlage unmittelbar unter der
Fruchtschale; nach dem Inneren des Kornes zu folgen dann Zellen mit immer weniger
Proteinsubstanz und wesentlich mit Stärkemehl gefüllt. Fraas fand in der äußersten Schale des enthülsten Kornes 2,35 Proc. des
Kornes an Stickstoff oder 15,02 Proc. an Proteinsubstanzen, wornach man schließen
könnte, daß das Innere des Kornes nahezu stickstofffrei sey, indem jener Gehalt an
Proteinsubstanzen in der Schale mit dem Gesammtgehalte des Kornes an solchen fast
genau übereinkommt. Mouriès
Polytechn. Journal, 1857, Bd. CXLIV S. 209. wies nach, daß auf der inneren Oberhaut des Getreidekornes die mit warmem
Wasser ausziehbaren Proteinkörper sich finden, welche gleich
der Diastase das Stärkemehl in Gummi und Zucker umzuwandeln im Stande sind.
Hierdurch erklärt man bekanntlich den großen Vortheil des Kleienzusatzes zum Brode,
indem die Verdauung durch jene Körper einen wesentlichen Vorschub erhält. Gleichwohl
ist es noch immer nicht genau bekannt, wie es sich mit
der relativen Vertretung der stickstoffhaltigen Substanzen im Inneren des Kornes
verhält; noch weniger liegen Aufschlüsse darüber vor, wie es sich mit der damit in
Zusammenhang gebrachten diastatischen Wirkung verhält.
Der Verf. hat nun auf seinem Standpunkte als Zymotechniker es unternommen, eine
bekannte Gewichtsmenge Malzschrot durch Absieben in immer feiner maschigen Sieben in
mehrere, und zwar in sechs Nummern zu sondern, und mit jedem der auf diese Weise in
den einzelnen Sieben erhaltenen Rückstände einen Maischversuch durchzuführen, um zu
erfahren, welchen
Beitrag das jedesmalige Material zur Verzuckerung und Extractbildung überhaupt
liefert, und sodann, in welchem Verhältnisse diese Einzelwirkungen zusammen addirt zum Ergebnis des normalen Maischversuches
mit demselben Malze stehen. Die erlangten Resultate sind in der folgenden Tabelle
zusammengestellt.
Textabbildung Bd. 206, S. 491
Sieb, Anzahl der Maschen auf den
Centimeter; Rückstand im Siebe, Gramme; Ausbeute an Extract; in Grammen; in
Procenten des Rückstandes im Siebe; Ausbeute an Zucker; Auf 1 Gew. Theil Zucker
kommen Gesammt-Extract; Durch das Sieb; Summa; Normal gemaischt.
* Der geringe Ueberschuß von 0,8 dieser Summe auf 100 Gewichtstheile versiebten
Schrotes erklärt sich aus der Anziehung von Feuchtigkeit aus der Luft während der
Operation des Siebens.
Es stand zu erwarten, daß die Extractausbeute aus den von dem gröbsten Siebe noch
zurückgehaltenen Hülsen verhältnißmäßig gering seyn werde; dieß bestätigt die
Tabelle, nach welcher die Extractausbeute aus diesem Material nur 24,19 Proc.
desselben betrug. Dagegen ist auch in dem gegenwärtigen Versuche das Verhältniß
zwischen Zucker und Gesammtextract bemerkenswerther Weise dasselbe, wie beim
normalen Maischen desselben Malzes ohne Sonderung durch das Sieb. Für die feineren
Schrotnummern, wie sie bei der successiven Passage durch die engeren Siebe erhalten
wurden, nahm auch die procentische Extractausbeute gleichmäßig zu, so daß sie schon
bei dem Rückstande der auf dem dritten Siebe verblieb, die Ausbeute bei normalem
Maischen (60,68 Proc.) um etwas überstieg. Die noch feineren Nummern übertrafen die
normale Ausbeute sehr beträchtlich, und zwar der Art, daß aus dem feinen Mehle,
welches noch durch das engstgestellte Sieb (34 Maschen auf den laufenden Centimeter)
hindurch ging, eine Extractausbeute von 78,2 Proc. des eingemaischten Materiales
gewonnen wurde.
Die Rubrik 7 führt uns noch das interessante Factum vor Augen, daß aus den Schrotnummern die
auf dem zweit und dritt größten Siebe verblieben und als Gemengtheil wesentlich die
Schicht des Kornes mit den viereckigen, Protein- und fettführenden Zellen
enthielt, eine im Verhältniß zur Ausbeute an Zucker wesentlich größere Extractmenge
– auf einen Gewichtstheil Zucker resp. 2,7 und 2,45 Gewichtstheile Extract
– gewonnen wurde.
Addirt man die aus den einzelnen Schrotnummern erhaltenen Extract- und
Zuckermengen, ausgedrückt in Procenten des ganzen, nicht abgesiebten Malzschrotes
(Rubrik 3 und 5 der Tabelle), so gelangt man zu einer kleineren Ausbeute an Extract
und Zucker, als im normalen Maischversuche, nämlich statt 60,68 nur 52,494
Gesammtextract, mit nur 23,829 statt der normalen 28,66 Proc. Zucker. Extract und
Zucker sind also nahezu in demselben Verhältniß hinter dem Ergebnisse des normalen
Maischversuches zurückgeblieben, in welchem sie sich eben in der normalen Würze
fanden.
Diese Verminderung an Extract und Zucker in Folge der beschriebenen partiellen
Vermaischung des Malzschrotes als einzelne Nummern, wie sie das Absieben lieferte,
beweist noch, daß die im Korne verschieden vertheilte Diastase sich in einer Schicht in einem gewissen Ueberschusse vorfindet,
der beim Maischen des nicht durch ein Sieb geschiedenen Schrotes den diastaseärmeren
Partien bei der Extractbildung und Saccharification zu gute kommt, während er beim
Vermaischen der einzelnen gesonderten Schrotnummern unausgenutzt bleibt. Es gehen in
solcher Weise für unser Beispiel (100 . (60,68 – 52,494))/60,68 = 13,5 Proc.
der verzuckernden Gesammtarbeit des normalen Malzschrotes in der Summe sämmtlicher
Partialwürzen verloren. (Der bayerische Bierbrauer, 1871, Nr. 11.)