Titel: | Beschreibung eines Frictions-Kalanders mit einer Heizwelle und zwei Papierwellen; von Ingenieur H. Bock. |
Autor: | H. Bock |
Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. LXXII., S. 257 |
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LXXII.
Beschreibung eines Frictions-Kalanders mit
einer Heizwelle und zwei Papierwellen; von Ingenieur H. Bock.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Bock, Beschreibung eines Frictions-Kalanders mit einer
Heizwelle und zwei Papierwellen.
Die Kalander spielen in der Appretur der baumwollenen und halbwollenen Gewebe eine
sehr beachtenswerthe Rolle, denn sie haben zum Zweck, vielen dieser Gewebe neben
großer Dichte eine gewisse Glätte und Glanz zu ertheilen.
Alle Kalander haben nun zum Princip, daß die Waare zwischen zwei oder mehreren
Gußeisen- und Papierwellen hindurchgeführt wird, die sehr genau abgedreht
sind und eine große Glätte besitzen, und von welchen die ersteren in der Regel auf
irgend eine Weise erhitzt werden, während sie mehr oder weniger stark gegen die
letzteren gepreßt sind.
Bei vielen Stoffen kommt es nun darauf an, daß der zu ertheilende Glanz ein sehr
hoher wird, und dieß erreicht man durch die sogenannten Frictions-Kalander.
Dieselben sind so eingerichtet, daß durch complicirtere Rädertriebe die
Umfangsgeschwindigkeiten der aufeinander rollenden Walzen verschiedene werden,
wodurch ein Schleifen ihrer Oberfläche auf dem zwischen ihnen laufenden Gewebe
entsteht, was mit dem Namen Friction bezeichnet wird und
wodurch eben jener hohe Glanz erzeugt wird. Bei diesen Maschinen ist jedoch zu
beachten, daß je größer die Differenz der Umfangsgeschwindigkeiten der Walzen ist,
der Druck auf dieselben entsprechend verringert werden muß, weil die Waare durch
diese Appretur sonst zu viel leiden, in vielen Fällen sogar zerreißen würde.
Einen solchen Frictions-Kalander neuerer Construction, welcher in Bezug auf
Zweckmäßigkeit in der Ausführung und Eleganz als musterhaft bezeichnet werden kann,
stellt Figur 1
in der Vorderansicht und Fig. 2 in der
Seitenansicht dar. Auf den beiden Quadern A und A¹ sind die beiden gußeisernen Gestelle B und B¹ aufgestellt
und auf denselben durch entsprechende Steinschrauben befestigt. Zusammengehalten
werden diese Gestelle durch vier schmiedeeiserne, 46 Millimet. starke
Verbindungsstangen C. Auf den im unteren Theile der
Gestelle angebrachten, in starten Augen geführten Schrauben D, D¹ ruhen die Lager E und E¹ der untersten Papierwelle F. Auf letzterer liegt die aus Hartguß hergestellte
Heizwelle G, und auf dieser die obere Papierwelle H. Auf den obersten Theilen der Gestelle B und B¹ sind zwei
starke gußeiserne Hebel J und J¹ angebracht, deren Drehachsen bei K
liegen, und deren vordere Enden durch die beiden schmiedeeisernen Zugstangen L mit zwei anderen gußeisernen Hebeln M und M¹ in
Verbindung stehen, welche letztere am unteren Theile der Gestelle sich befinden und
bei N ihre Drehachsen haben. Die äußeren Enden der Hebel
M und M¹ sind mit
veränderlichen Gewichten Q und Q¹ belastet, welche auf den verschiebbaren Bolzen R und R¹ stecken und
deren Druck, durch den Hebel M und die Zugstange L in bedeutend verstärkten Maaße übersetzt, auf die
oberen Hebel J, und durch diese mittelst der Schrauben
P und P¹ und der
gußeisernen Traversen O auf die Zapfen der oberen
Papierwelle H übertragen wird, wodurch man in den Stand
gesetzt ist, die drei Wellen beliebig gegen einander zu pressen, indem man die
Gewichte Q entsprechend verändert. Die Schrauben P und P¹, zu denen
die mittleren Köpfe der Hebel J und J¹ die Muttern bilden, sowie diejenigen D und D¹ im unteren
Gestelle, dienen dazu die Wollen beziehentlich ihrer Lage zu den Hebeln J und M genau einzustellen,
was namentlich bei späterem Abdrehen der Papierwellen erforderlich wird.
Auf der Antriebseite ist die Heizwelle G durch eine
Klauenkuppelung S mit der Welle T von 108 Millimet. Stärke verbunden, auf welcher andererseits das Rad U dicht hinter dem Lager V
festgekeilt ist. Das Lager V, sowie dasjenige W der unteren Vorgelegewelle X sind auf dem gußeisernen Lagerbock Y
befestigt, der seinerseits durch den Quader Y¹
fundirt ist. Das Rad U erhält seine Bewegung durch das
Getriebe U¹ und die feste Riemenscheibe Z von der Transmission. Die Losscheibe Z¹ dient zum Ausrücken des Kalanders.
Die Papierwellen und von diesen vorzüglich die untere F¹ sind einem enormen Druck ausgesetzt und daher mit starken
durchgehenden Schmiedeeisenwellen von 160 Millimeter Durchmesser versehen. Die
Papierwellen werden am besten von gutem, dichten, wenig geleimten aber gut
satinirten Papier mittelst einer hydraulischen Presse, unter einem Druck von 300 bis
400 Atmosphären, zusammengepreßt. Die Grundflächen der Walzen sind durch zwei starke
schmiedeeiserne Scheiben begrenzt, welche auf den durchgehenden Wellen entsprechend
festgekeilt sind und das Papier der Walzen fest zusammenhalten. Die eingedrehten
Zapfen der Wellen haben eine Stärke von 120 Millimeter.
Die Heizwelle G besteht aus Hartguß, hat 220 Millimet.
äußeren Durchmesser und eine Wandstärke von 40 Millimet. Die äußere. Oberfläche muß
so hart seyn, daß sie durch Feilen wenig angegriffen wird, außerdem muß sie
spiegelblank abgedreht seyn. g, g¹ sind die
Rahmen der Gestelle, zwischen denen die Welle gelagert ist. An diese sind
Messingbacken angeschraubt, in denen die eingedrehte Heizwelle genau eingepaßt ist
und zwar so, daß sie in verticaler Richtung zwischen denselben beweglich ist.
Die Welle H wird mit Dampf von 2 bis 3 Atmosphären
Spannung geheizt, welcher durch das Rohr a von 30
Millimet. Weite zugeleitet wird. Zum Einlassen des Dampfes und zum Herausschaffen
des condensirten Wassers ist eine besondere Vorrichtung angebracht, deren
Einrichtung aus Folgendem klar wird: Das Zuleitungsrohr a ist auf dem Absperrventil c, durch welches
der Dampfzufluß regulirt wird, mittelst Flantschen befestigt. Das Ventil c sitzt auf einem messingenen Kniestutzen d, welcher zwei über einander liegende Canäle von
elliptischem Querschnitt enthält, wovon der oberste die Zuleitung des Dampfes
zwischen Absperrventil und Heizwelle, der unterste den Austritt des condensirten
Wassers aus letzterer vermittelt. Das Stück d ist
mittelst der Stopfbüchse e in die Welle G eingedichtet, welche sich sammt der ersteren um
dasselbe dreht. Das Condensationswasser wird am besten durch das Rohr f nach einem geschlossenen
Condensationswasser-Ableitungsapparat (Condensationstopf) geleitet, um
möglichst Dampf zu sparen. Damit das Stück d sich in der
Welle nicht verschieben kann, wird dasselbe durch einen Stellring g immer
in seiner bestimmten Lage erhalten. Der Stellring ist mittelst der Schrauben h und i an dem
schmiedeeisernen Ringe k befestigt, welcher letztere
sich lose in einer in den Deckel der Heizwelle eingedrehten Nuth dreht. Um die
Drehung von d zu verhindern, welche die festgezogene
Stopfbüchse e immer zu bewirken strebt, wird das
Zuleitungsrohr a oberhalb des Absperrventiles von einem
Bügel umfaßt, der beiderseits an das Gestell B
festgeschraubt wird – Die Heizwelle macht gewöhnlich 20 bis 22 Umdrehungen
per Minute. Innerhalb der Lager ist dieselbe mit je
einer 5 Millimet. tiefen Rinne versehen, um das Schmiermaterial zu verhindern sich
über die Welle auszubreiten, wodurch Flecke auf der bearbeiteten Waare entstehen
würden.
Die unteren Lager E der Papierwelle F sind durch die Schrauben D
in senkrechter Richtung verschiebbar, und haben neben solidester Ausführung eine
genaue seitliche Führung. Der Hauptkörper des Lagers, in welches die Schale l eingepaßt ist, umfaßt die inneren Rahmenseiten des
Gestelles. Dasselbe ist von außen eingeschoben und darauf sind schmiedeeiserne
Führungsschienen daran angeschraubt.
Die Lager m der oberen Papierwelle H, sowie diejenigen der Heizwelle G, bestehen
aus flachen Messingbacken, zwischen denen sich die Zapfen auf und nieder bewegen
können. Unmittelbar über den oberen Lagern sind bewegliche gußeiserne
Führungstraversen O angebracht, welche mittelst
schwalbenschwanzförmiger Messingstücke n auf den Zapfen
der oberen Papierwelle H aufruhen. Die Schrauben P sind mit diesen Traversen O durch Stellringe und Stifte o so verbunden,
daß sie beim Drehen der Schrauben gehoben oder gesenkt werden, und so der Druck von
den Hebeln durch die Traverse und das Messingstück m auf
die obere Welle übertragen wird. Mittelst schmiedeeiserner Ringe p, welche an den Traversen O
befestigt sind, können die beiden oberen Wellen durch die Schrauben P von der unteren gehoben werden, um das Durchnehmen der
Waare zwischen den unteren Wellen zu erleichtern. Dabei müssen jedoch Bolzen bei q durch die Hebel J gesteckt
werden, damit die Schrauben feste Unterstützung bekommen. Die beiden
Schmiedeeisenringe sind durch einen Schraubenmuff r mit
linkem und rechtem Gewinde so verbunden, daß ihre Distanz durch Drehung derselben
regulirt werden kann. Die Oeffnung der Ringe ist größer als der Durchmesser der
Zapfen, und es sollen dieselben so gestellt seyn, daß die Wellen sich nach einander
zu heben beginnen.
Die auf die äußeren Enden der unteren Hebel M gesetzten
Gewichte Q wiegen jedes ca.
150 Pfd. Durch die Hebel M wird der Druck 10,5mal, und durch die Hebel J 3mal übersetzt; der Druck auf die obere Welle beträgt
daher ca. 4650 Pfd. jederseits, was mit Berücksichtigung
der Hebelgewichte einen ungefähren Gesammtdruck von 10000 Pfd. ergibt. Dieser enorme
Druck entspricht, auf die sehr schmale Berührungsfläche der Walzen concentrirt,
einer Pressung von 80 bis 100 Atmosphären.
Je größer das Schleifen der Wellen, d.h. die Differenz ihrer Umfangsgeschwindigkeiten
genommen wird, um so schöner und höher wird der Glanz der bearbeiteten Waare, um so
größer aber auch die Kraft, welche zum Betriebe des Kalanders erforderlich wird, und
um so mehr haben die Wellen und die Waare selbst durch die Manipulation zu leiden.
Bei vorstehendem Kalander beträgt die Umfangsgeschwindigkeit der unteren Welle ein
Viertel von derjenigen der Heizwelle. Die Frictionsräder haben folgende
Dimensionen:
Das auf der Heizwelle festgekeilte Rad hat 35 Zähne von 27 Millimet. Theilung und 320
Millimet. Theilkreisdurchmesser. Das dareingreifende Wechselrad t hat 51 Zähne und 430 Millimet. Durchmesser. Dasselbe
ist um einen Zapfen drehbar, welcher fest auf der gußeisernen Platte t¹ sitzt. Diese letztere kann mittelst der
Schrauben α, β, γ und δ in jeder beliebigen Richtung verschoben werden,
so daß die Räder, welche für veränderliche Friction zum Auswechseln sind, leicht in
Eingriff mit den festen gebracht werden können. Mit dem Rade t ist das Rad u von 30 Zahnen und 260
Millimet. Durchmesser verbunden, welches mit v in
Eingriff steht. Letzteres hat 66 Zähne und 605 Millimet. Durchmesser, und steht
durch die Separatwelle mit dem Rade w in Verbindung.
Dieses Rad w von 31 Zähnen und 340 Millimet. Durchmesser
greift in das auf der Achse der unteren Papierwelle aufgekeilte Rad x. Das Uebersetzungsverhältniß der Heizwelle zur
Papierwelle beträgt folglich 4 : 1.
Das Einlassen der Waare geschieht wie bei anderen gewöhnlichen Kalandern. Die Waare
geht zuerst über die Spannstäbe α¹, sodann über die Streckwelle z¹, eine mit gewindeartigen Einschnitten
versehene Schmiedeeisenwelle, zwischen der unteren Papierwelle und Heizwelle durch,
um letztere herum und zwischen der oberen Papierwelle und Heizwelle hindurch, von wo
sie auf die Aufwindwelle z gelangt. Die Aufwindwelle z hat einen Durchmesser von 100 Millimet. und ist aus
Holz mit durchgehender Schmiedeeisenwelle gefertigt. Die Streckwelle z¹ hat auf der linken Seite rechtes und auf der
rechten Seite linkes Gewinde, und macht 23 Umdrehungen per Minute. Sie ist auf gußeiserne Träger gelagert, und hat zum Zweck,
etwaige Falten im Gewebe beim Einlassen auszugleichen und das letztere möglichst glatt zwischen
die Kalanderwellen gelangen zu lassen.
Der Antrieb der Maschine erfolgt durch die Welle X
mittelst der Voll- und Leerscheiben Z und Z¹. Letztere haben einen Durchmesser von 810
Millimet. und eine Breite von 112 Millimet., während ihre Welle eine Stärke von 60
Millimet. besitzt und 110 bis 125 Umdrehungen per Minute
macht. Durch das Getriebe U¹ von 24 Zähnen und
276 Millimet. Durchmesser, und das auf der Welle T
festgekeilte Rad U von 114 Zähnen und 1490 Millimet.
Durchmesser wird die Welle T in Bewegung gesetzt, welche
durch die Kuppelung S mit der Heizwelle so in Verbindung
steht, daß die letztere an einem kleinen Heben und Senken nicht verhindert wird.
Schließlich sey noch bemerkt, daß die Maschinenfabrik von A. Kiesler u. Comp. in Zittau (Sachsen), welche
sich seit Jahren ausschließlich mit dem Bau von Maschinen für Appretur, Bleicherei
und Färberei beschäftigt, Kalander gewöhnlicher Art, sowie Frictions-Kalander
in anerkannt bewährter Construction und solidester Ausführung liefert.