Titel: | Mittheilungen aus dem chemisch-technischen Laboratorium des Carolinum zu Braunschweig. |
Fundstelle: | Band 205, Jahrgang 1872, Nr. LXX., S. 249 |
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LXX.
Mittheilungen aus dem chemisch-technischen
Laboratorium des Carolinum zu Braunschweig.
Studien zur wissenschaftlichen Begründung der
Gerberei; von A. Reimer.
(Fortsetzung von S. 169 des vorhergehenden
Heftes.)
Reimer, Studien zur wissenschaftlichen Begründung der
Gerberei.
Haut und Wasser.
Die gereinigte Haut verändert sich bei Behandlung mit reinem Wasser anscheinend
nicht, und gibt nichts von ihren Bestandtheilen an dasselbe ab. Man kann die Haut
längere Zeit unverändert unter Wasser, wenn dasselbe stets eine niedere Temperatur
zeigt, aufbewahren. In der wärmeren Jahreszeit jedoch, wo durch die Temperatur schon
eine zersetzende Einwirkung begünstigt wird, zeigt sich dieß auch bald bei
Behandlung von Haut mit Wasser. Die beiden Hauptbestandtheile der thierischen Haut,
Hautfibroin und Coriin, beide stickstoffhaltige Körper, verändern sich leicht. Die
Bedingungen der Zersetzung sind schon geboten, indem die Entfernung der Haare durch
Kalkwasser geschah, eine Spur davon bleibt gewöhnlich im Inneren der Haut zurück.
Alkalien und auch alkalische Erden verändern im Allgemeinen stickstoffhaltige
organische Körper, deren Stickstoff in Form von organischen Ammoniakverbindungen
vorhanden ist, und bedingen eine schnellere Zersetzung. Bei einer Temperatur von
15–20° C., die gewöhnlich im Sommer vorhanden ist, macht sich schon
nach einigen Tagen ein fauliger Geruch geltend; hindert man die Weiterentwickelung
der Zersetzung nicht, so tritt bald eine schwach saure Reaction der Flüssigkeit ein,
es bilden sich die durch die Gährungserscheinungen hervorgehenden Fettsäuren, welche
eine schnelle Veränderung und Zerstörung herbeiführen. Nach 6–8 Tagen ließen
sich Stücke dünner Haut schon mit Leichtigkeit durchstoßen; die weitere Zersetzung
geschieht gleichzeitig
auf Kosten der Säure und Temperatur, und es treten Leim und dessen
Zersetzungsproducte auf.
In der kalten Jahreszeit, bei einer Temperatur unter 8° C., erhielt sich
dieselbe Haut lange Zeit gut, ohne fauligen Geruch; bei längerer Einwirkung wurde,
ohne daß saure Reaction eintrat, der feste Zusammenhang und die Structur der Haut
zerstört, und als Endproduct dieser Zersetzung erhielt ich eine flockige gallertige
Masse, welche keine Structur mehr aufwies, sondern eine gewisse Aehnlichkeit mit
gelöstem und wieder ausgeschiedenem Bindegewebe hatte. Anhaltende Temperatur des
Wassers von 30° verwandelt die leimgebende Masse der Haut schon nach
6–8 Tagen vollständig in Leim und es bleiben nur die nicht leimgebenden
Elemente übrig.
Haut und Kalk, überhaupt alkalische
Flüssigkeiten.
Die Anwendung des Kalkes zum Enthaaren ist eine schon längst bekannte. Das Enthaaren
gründet sich darauf, daß durch das Eindringen der alkalischen Flüssigkeit die
Hautschichten, namentlich die Schleimschichte, etwas aufgelockert werden und die
Entfernung der Oberhautgebilde durch mechanische Hülfsmittel leicht gestatten;Der Umstand, daß die Haare sich nicht unmittelbar aus der Haut ohne vormenge
Erweichung des Haarsitzes entfernen lassen, spricht auch dafür, daß das
Coriin ursprünglich in festerem Zustande vorhanden ist. alkalische Flüssigkeiten (Kalkwasser) haben dabei den Vorzug, denn sie
wirken weniger zerstörend auf das Bindegewebe, entfernen einen Theil des Schleimes
und des Fettes, welches später bei der Gerbung hinderlich seyn würde, indem es dem
innigen Anhaften des Gerbstoffes auf die Faser hindernd entgegentreten würde.
Die Wirkung des Kalkes ist somit eine mehrfache; er wirkt durch Auflockerung,
theilweise Lösung des Coriins und gestattet so die leichte Entfernung der
Haarwurzeln; er wirkt ferner, wie schon im Eingange erwähnt und von Rollet durch genaue Beobachtungen festgestellt ist, indem
er die compacteren Bindegewebsfaserbündel theilweise auffasertauflöst und die Dichtigkeit sowohl, wie Oberfläche der Haut vermehrt. Diese
Wirkung erstreckt sich nur auf Fasern mittlerer Stärke; bei starken Häuten wendet
man, da die Entfernung des Kalkes auch schwieriger ist, das sogenannte
Schwitzverfahren an, wobei sich Ammoniak bildet. Das Ammoniak wirkt zunächst auf die
Oberfläche und energischer als Kalk, die Auflockerung geschieht durch dieselbe
Einwirkung, weitere Zerstörung verhindert man durch rechtzeitige Entfernung und
Auswaschen der Häute. Gleichzeitig bleiben den Häuten die schleimigen Theile
erhalten.
Verdünnte Kali- oder Natronlauge, welche man auch anzuwenden vorgeschlagen
hat, äußern zum Zwecke der Enthaarung dieselbe Wirkung wie Kalkwasser; sie haben
aber noch den Nachtheil, daß sie die Bindegewebsfaser selbst schädigen, indem sie
die feineren Theile derselben schon bei sehr starker Verdünnung auflösen.
Haut und Säuren.
Die Behandlung der Haut in sauren Flüssigkeiten hat zunächst den Zweck, den Häuten,
welche durch Kalk enthaart worden sind, noch die durch Auswaschen nicht entfernten
Kalktheile durch Auflösen zu entziehen. Die sauren Flüssigkeiten stellt man dar,
indem man Weizenkleie oder auch alte gebrauchte Lohe der Gährung überläßt. Im
ersteren Falle werden die Kleberbestandtheile des Mehles und die Stärke, im zweiten
die in der Lohe vorhandenen Proteinkörper und die Umsetzungsproducte der Gerbsäure
selbst zersetzt. Die dabei auftretenden Säuren sind: Ameisensäure, Essigsäure,
Milchsäure, Buttersäure. Man hat auch Mineralsäuren in großer Verdünnung empfohlen,
dieselbe wirken aber auf Kosten der Haltbarkeit des späteren Fabricates.
Außerdem haben die Säuren, die organischen in verdünntem Zustande noch eine ähnliche
und zwar etwas weitergehende Wirkung auf die Bindegewebsfaser als Kalkwasser. Sie
fasern die einzelnen Bündel auf und bewirken auch eine Lösung der einzelnen feinen
Fasertheile. Diese Wirkung kommt hauptsächlich in Betracht bei den dickeren Häuten,
welche durch Schwitzen enthaart worden sind und später zu Sohlleder dienen sollen.
Diese dickeren Rindshäute enthalten die Bindegewebsfaserbündel in dickerem Zustande
und die Einwirkung der Säure ist eine weit geringere als bei dünneren Häuten. Es
tritt nur eine allmähliche Schwellung, hervorgerufen durch Aufquellen des beim
Enthaaren nicht entfernten Coriins ein, und die Häute nehmen an Dicke zu. Am
gelindesten in ihrer Wirkung ist die Milchsäure; diese löst, auch bis 2procentiger
Stärke angewandt, selbst bei Kalbhäuten nur äußerst geringe Mengen von Hautfaser
auf. Energischer und weit stärker lösend wirken Essigsäure und Buttersäure;
1/2procentige Essig- und noch mehr Buttersäure wirken schon stark lösend.
Etwas mildern und auch ganz aufheben kann man die Wirkung der Säuren durch
unvollständiges oder vollständiges Neutralisiren.
Die Wirkung der Kleienbeize erstreckt sich nach meinen Beobachtungen sowohl auf das
Bindegewebe, als auch auf das Coriin; beide werden, Bindegewebe nur in geringer
Menge, gelöst.
Beim Nachweis übersättigte ich mit Kalkwasser, wobei Coriin in Lösung bleibt, filtrirte das
ausgeschiedene Bindegewebe ab, und löste nochmals in Säure, fällte mit Kochsalz aus,
und führte die Ausscheidung nach dem Auswaschen durch Kochen mit Wasser in Leim
über.
Säuregemische, welche reicher an Buttersäure waren (50 Proc. Buttersäure, je 25 Proc.
Milch- und Essigsäure) und 1/2 Proc. Gehalt an Gesammtsäure hatten, lösten
etwas mehr Bindegewebe und nur Spuren von Schleim.
Wie die Praxis schon längst festgestellt hat, kann man die Wirkung der Säure auch
durch Zusatz geringer Mengen Gerbstoff abschwächen. Man benutzt dieses Verhalten bei
der Fabrication der Sohlleder.
Als Neutralisationsmittel in diesem Sinne, wirken außer Gerbsäure auch Kochsalz und
Alkohol.
Es ist dieß erklärlich, da die Wirkung der Säure und jener Stoffe auf Haut eine
entgegengesetzte ist. Säuren wirken schwellend, die anderen Stoffe adstringirend.
Geringer Zusatz von Gerbsäure, Kochsalz und Alkohol mäßigt zunächst nur die Wirkung
der Säure. Bei parallelen Versuchen die ich anstellte, fand durch 1/2procentige
Lösungen des oben erwähnten Säuregemisches stärkere Schwellung statt und es wurde
Bindegewebe gelöst. Geringer Zusatz von Gerbsäure und Kochsalz auch Alkohol
schwächte die Wirkung insoweit, daß die Schwellung schwächer war und kein gelöstes
Bindegewebe nachgewiesen werden konnte. Noch mehr davon zugesetzt, unterblieb jede
Schwellung. Man kann also die Wirkung der Säure durch Zusatz einer geeigneten
Quantität ganz paralysiren; bei noch größerem Zusatz treten die Wirkungen der
Gerbstoffe in den Vordergrund und die Lösung verhält sich als ob sie gar keine Säure
enthielte. Ich habe concentrirte Kochsalzlösung sowohl wie starken Alkohol und
Gerbsäurelösung mit Säuregemisch bis zu 10 Proc. versetzt und längere Zeit mit Haut
in Berührung gelassen, ohne die geringste Einwirkung der Säure zu spüren; bei
Gerbsäure muß man wenn nöthig für Ersatz des absorbirten Theiles sorgen. Bei
Gerbsäure erschien die Haut dann rothgar und in den beiden anderen Fällen weißgar
gegerbt. Diese Aufhebung der Wirkung erstreckt sich auch auf die stärkeren
anorganischen Säuren.
Setzt man zu einem geschwellten Hautstück sehr allmählich und in kleinen Mengen
Gerbsäurelösung und läßt bei den einzelnen Zusätzen der Lösung Zeit, sich mit der
Flüssigkeit im Inneren der Haut in's Gleichgewicht zu setzen, so wird die Schwellung
nach und nach verringert; fährt man mit dem Zusatz fort bis zu dem Punkte wo sich
Säure und Gerbstoff bezüglich ihrer Wirkung die Waage halten, und unterstützt die
Mischung durch Schütteln, so erreicht man dasselbe, als wenn man die Säure in Wirklichkeit mit einer
Basis abstumpfte; man kann bei beiden Neutralpunkten, sowohl bei Abstumpfung wie bei
Aufhebung der Säurewirkung, beobachten daß dann die einzelnen Bindegewebsfasern,
welche ursprünglich vor der Einwirkung der Säure solide Bündel bildeten, mehr
bloßgelegt sind, der feste Zusammenhang der Bündel gelockert ist. Es leuchtet ein,
daß auf diese Weise dem später zu absorbirenden Gerbstoffe mehr Oberfläche geboten
wird, die einzelnen Zwischenräume des Hautinneren gleichmäßiger werden und die
Dichte des Ganzen zunimmt. Setzt man aber zu stark geschwellten Häuten, welche mit
stärkerer Säure länger in Berührung waren, von welchen durch die Säure ein Theil
Bindegewebe gelöst worden ist, sofort eine größere Menge Gerbsäure, so tritt eine
plötzliche Aufnahme von Gerbstoff ein, die Bindegewebsfasern, welche noch unter der
Einwirkung der Säure waren, haben nicht Zeit sich in ihre frühere Lage allmählich
zurückzuziehen, da sich auch das gelöste Bindegewebe sofort mit Gerbstoff verbindet
und mit der Coriinverbindung zwischenlagert. Der frühere Zustand der Haut bleibt
also, und die Sprödigkeit ist der größeren Menge amorpher Verbindung zwischen den
einzelnen Fasern und auch dem gequellten Zustande derselben, welcher bei der
plötzlichen Gerbstoffaufnahme geblieben ist, zuzuschreiben.
Die Wirkung der Säure sowohl, wie auch die Wirkung des Kalkes auf das Bindegewebe ist
im Grunde dieselbe, nur läßt sich in den Fällen wo es sich darum handelt, der Haut
möglichst wenig Stoffe zu entziehen, der Kalk nicht anwenden, ebenso hat die
Entfernung des Kalkes bei dickeren Häuten Schwierigkeiten und endlich wirkt der Kalk
bei denselben Häuten nicht stark genug. Beide Stoffe bewirken eine Isolirung der
Elemente des Bindegewebes und lockern die dazwischenliegende Substanz auf. Bei dem
Oberleder, wo es sich darum handelt, später möglichste Geschmeidigkeit und
Biegsamkeit zu erzielen, entfernt man das Coriin, dessen Verbindung mit Tannin immer
eine gewisse Sprödigkeit besitzt, zum Theil, und vermeidet jede Einwirkung der Säure
die weiter geht, als zur Entfernung des Kalkes nöthig ist. Sohlleder, bei dem es
mehr auf starre Festigkeit ankommt, wird der Wirkung der Säure länger ausgesetzt,
die Wirkung aber immer durch Zusatz von geeigneten Mengen Gerbstoff geregelt, zu
starke Einwirkung abgeschwächt. Ich bemerke noch, daß auch bei Einwirkung der Säure
auf Haut ein schwaches Ausziehen von Coriin durch Milchsäure stattfindet, aber in
viel geringerem Grade als bei Einwirkung von Kalk. Die Wirkung der Milchsäure dürfte
sich also mehr auf Coriin, die Wirkung der übrigen Säuren auf Bindegewebe erstrecken
und in dem Maaße wie letzteres verändert wird, eine geringe Menge des ersteren
entführt werden. Müntz gibt in seiner Untersuchung als einzige
Veränderung der Haut in der sauren Brühe den Verlust der Mineralsubstanzen neben
Aufnahme von Gerbstoff an. Dieß ist allerdings eine nebenhergehende, aber der Praxis
mehr unerwünschte als bezweckte Folge der Einwirkung der verdünnten Säure, indem
dadurch auch die Festigkeit der Haut abgeschwächt wird. Glücklicherweise ist die
Haut in den Stand gesetzt, diesen Verlust in den späteren Stadien der Gerbung durch
Wiederaufnahme aus der Lohe zu ergänzen.
Die mit der Einwirkung der Säure Hand in Hand gehende Veränderung der Haut, die
sogenannte Schwellung, bewirkt ein Aufgehen und größere Ausdehnung, namentlich
beträchtliche Zunahme der Dicke. Die Erklärung dieser Erscheinung ergibt sich
daraus, daß Flüssigkeiten von alkalischer, namentlich aber saurer Reaction, sowohl
das Bindegewebe wie Coriin befähigen, größere Wassermengen in sich aufzunehmen. Die
Bestandtheile der Haut theilen diese Eigenschaft mit anderen thierischen Membranen,
ebenso mit Albumin, Fibrin und gummiartigen Substanzen. Nach Graham beruht diese Wasseraufnahme in der Bildung höherer gallertartiger
Hydrate. In der That wird der Höhepunkt der Wasseraufnahme erreicht, wenn unter dem
Einfluß der Säure die Structur des Bindegewebes anscheinend geschwunden ist und sich
dasselbe in eine durchsichtige gallertige Masse verwandelt hat. Entfernung der Säure
durch Neutralisation vernichtet die Schwellung schneller als Auswaschen mit Wasser,
indem durch das gebildete Neutralsalz gerade die entgegengesetzte Wirkung,
Wasserentziehung und Zusammenschrumpfen, hervorgebracht wird. Dieselbe Wirkung wird
erzielt durch Zusatz entsprechender Quantitäten von Kochsalz, Alkohol und Gerbsäure.
Die große osmotische Empfindlichkeit der Haut im geschwellten Zustande, das durch
Zusatz geeigneter Mengen der eben erwähnten Körper bedingte Zusammenschrumpfen,
bewirken vor der vollständigen Mischung beider Lösungen eine fortwährende Aufnahme
und Abgabe von Wasser, je nachdem die einzelnen Hauttheilchen mehr unter dem Einfluß
der Säure oder der anderen Körper stehen. Diese Erscheinung ist jedenfalls für
Aufnahme der Gerbmaterialien, namentlich der Gerbsäure, von Wichtigkeit; die
einzelnen Hauttheilchen befinden sich dadurch im Zustande beständiger Bewegung,
wodurch die Zergliederung der Hautfaser in ihre Formelemente begünstigt, die
Diffusion der Flüssigkeit beschleunigt, somit das leichtere Eindringen der Gerbsäure
ermöglicht wird.
Haut und Gerbsubstanzen.
Zunächst berücksichtigte ich, da voraussichtlich die Beobachtung erfolgreicher war
und das Resultat bei den bestimmt ausgeprägten und bekannten Eigenschaften der Materialien
auf sicheren Grundlagen ruhte, das Wesen der Weißgerberei. Ich vermuthete, daß die allgemeinen Schlüsse, welche sich daraus
ergeben, auch einer Generalisirung fähig seyn würden.
Zur Verwendung kam in allen Fällen Kalbhaut von mittlerer Stärke, welche durch Kalk
enthaart worden war. Dieselbe wurde zunächst gereinigt wie bei Darstellung des
Coriins angegeben, und das noch darin enthaltene Wasser anfangs durch verdünnten,
später concentrirteren Alkohol soweit verdrängt, bis die Haut das Aussehen weißgaren
Leders hatte und nach dem Herausnehmen aus dem Alkohol in kurzer Zeit vollständig
trocken erschien.
Das Verfahren war dasselbe wie bei Verdrängen der letzten Verunreinigungen durch
Wasser: die Haut wurde in möglichst hohem Cylinder im oberen Theile des Alkohols
aufgehangen; es findet sofort ein lebhafter Austausch der wässerigen und
alkoholischen Flüssigkeit statt, das Wasser wird aus der Haut verdrängt, zieht sich
vermöge seiner Schwere nach unten und die Haut füllt sich mit dem Alkohol und
schrumpft dabei etwas zusammen. Zweimalige Erneuerung des Alkohols genügt um die
beabsichtigte Wirkung hervorzubringen. Man könnte dabei einwenden, die Haut werde
durch Alkohol verändert und dadurch der spätere Versuch werthlos. Bei dem
Bindegewebe findet, wie sich mikroskopisch genau nachweisen läßt, eine Veränderung
nicht statt; das Coriin wird allerdings durch Alkohol ausgeschieden, jedoch wie ich
bei demselben speciell erwähnt habe, nimmt es durch spätere Behandlung mit Wasser
seine frühere Beschaffenheit vollständig wieder an, die Quellungsfähigkeit wird
nicht beeinträchtigt und es verhält sich dem nicht mit Alkohol behandelten ganz
analog. Beim Erhitzen des mit Alkohol entwässerten Coriins findet jedoch eine
Schwächung der Quellung statt und wurde dieß deßhalb hier stets vermieden, indem die
Bestimmung der Trockensubstanz in den einzelnen Versuchsreihen nicht an den
Versuchsobjecten selbst, sondern an anderen später nicht weiter zur Verwendung
kommenden Hautstücken vorgenommen wurde.
Die Untersuchung der Flüssigkeiten geschah in der Weise, daß der Gehalt der einzelnen
Lösungen vor Berührung mit der Haut und nach Digestion mit derselben bestimmt und
aus der Differenz die Aufnahme berechnet wurde. Die Haut wurde zunächst, um sie
wieder in den feuchten Zustand überzuführen, mit Wasser aufgeweicht und davon circa das Doppelte der angewandten Hautmenge aus einer
in 1/10 Kub. Centim. getheilten Bürette zugelassen. Unter Berücksichtigung der in
der Haut befindlichen und vorher bestimmten Feuchtigkeit wurde der Zusatz von Wasser
so regulirt, daß in der Regel keine Bruchtheile von K. C. zur Berechnung kamen. Das in der
Haut befindliche und zugesetzte Wasser wurde bei Untersuchung der Lösung nach der
Einwirkung mit hinzugerechnet. Die Lösungen wurden der Gleichmäßigkeit und
Einfachheit halber stets abgemessen und die Gehaltsbestimmung in einem bestimmten
Volumen vorgenommen. Die Bestimmung der Trockensubstanz der Haut geschah in der
Weise, daß die durch Alkohol fast entwässerte Haut in mittelst der Bunsen'schen Saugpumpe erzeugtem constantem Luftstrome
unter Erwärmung im Paraffinbade bis + 120° C. getrocknet wurde. Auf diese
Weise und bei allmählich gesteigerter Temperatur wird die anhängende geringe Menge
Feuchtigkeit gleichmäßig, ohne jede verändernde Einwirkung auf die Haut selbst,
entfernt. Für jede Versuchsreihe wurde eine Bestimmung der Trockensubstanz
ausgeführt; alle Haut war fortwährend unter gutem Verschluß in einem großen Gefäße.
Das Abwägen der einzelnen zur Verwendung kommenden Mengen geschah in einem dünnen,
mit aufgeschliffener Glasplatte während des Wägens verschlossenen Bechergläschen,
um, da die trockene Haut als sehr hygroskopisch bekannt ist, zu verhindern daß
während des Wägens Feuchtigkeit angezogen wurde.
Es wurde zunächst studirt der einfachste Fall, Haut und Alaun ohne Kochsalzzusatz.
Der Alaun war durch mehrmaliges Umkrystallisiren gereinigt, und wurde Kalialaun
verwendet.
Alle Versuche wurden in mit eingeriebenen Glasstöpseln verschlossenen Cylindern
vorgenommen.
Versuch Nr. 1 geschah etwas abweichend; es wurden zwei gleiche Mengen Lösung
abgemessen, der erste Theil kam zur Verwendung für die Haut, der letztere, nachdem
dieselbe Menge Wasser, die in Haut gefunden und zugesetzt war, zugemessen, zur
Bestimmung des Gehaltes an SO³ und Al²O³.
Versuch Nr. 1. 37 Kub. Centim. Lösung.
Gehalt der Lösung:
10 Kub. Centim. gaben 1,3175 Grm. BaSO⁴ = 0,4523 Grm.
SO³; in 37 K. C. = 1,673 Grm. SO³.
10 K. C. gaben 0,1455 Grm. Al²O³; in 37 K. C.
0,538 Grm. Al²O³.
100 Al²O³ = 311 SO³; der Theorie nach
auf 100 Al²O³ = 310,7 SO³.
Gehalt der Lösung nach zweitägiger Einwirkung:
10 K. C. = 1,1745 Grm. BaSO⁴ = 0,4033 Grm.
SO³; in 37 K. C. = 1,492 Grm. SO³.
10 K. C. = 0,1205 Grm. Al²O³; in 37 K. C. =
0,4458 Grm. Al²O³.
100 Al²O³ = 335 SO³.
Versuch Nr. 2 und Nr. 3.
Lösung zu beiden Versuchen dieselbe.
10 K. C. gaben 1,221 BaSO⁴ = 0,4192 Grm.
SO³.
10 K. C. gaben 0,1330 Grm. Al²O³.
100 Al²O³ = 315 SO³.
Gehalt der Lösungen nach zweitägiger Einwirkung.
Nr. 2.
10 K. C. = 0,737 Grm. BaSO⁴ = 0,253 Grm.
SO³.
10 K. C. = 0,0710 Grm. Al²O³.
100 Al²O³ = 356 SO³.
Nr. 3.
10 K. C. = 0,7675 Grm. BaSO⁴ = 0,2635 Grm.
SO³.
10 K. C. = 0,0755 Grm. Al²O³.
100 Al²O³ = 349 SO³.
Das Ergebniß aller drei Versuche war folgendes:
Textabbildung Bd. 205, S. 256
Versuchsnummer; Hautmenge in
Grammen; Aufgesogenes Wasser und Wasser in Haut in K. C.; Menge der zugesetzten
Alaunlösung in K. C.; Gehalt der Lösungen; vor Einwirkung an SO³, an
Al²O³; nach Einwirkung an SO³, an Al²O³;
Absorbirte in Grammen; Menge SO³ in Procent. der Haut; Menge Thonerde in
Procent. der Haut; Verhältniß der absorbirten Al²O³ zur
SO³
Aus allen drei Versuchen ergibt sich, daß der Alaun nicht als solcher aufgenommen
worden ist, sondern daß eine Zerlegung des Salzes stattgefunden hat. Die Menge der
absorbirten Thonerde und Schwefelsäure ist sehr übereinstimmend. Das aufgenommene
Salz ist basischer Natur; in der neutralen schwefelsauren Thonerde kommen auf 100
Al²O³ 233 SO³. Bei der Prüfung der übrig bleibenden Lösung
wurde in allen drei Fällen geringe Reaction auf Kalk constatirt. Die Haut enthielt
also noch etwas Kalk vom Kalkäscher her, und hatte sich derselbe jedenfalls mit
Alaun in der Weise umgesetzt, daß ein der Kalkmenge äquivalenter Theil
Thonerdehydrat auf die Haut niedergeschlagen worden war, während sich schwefelsaurer
Kalk gebildet hatte. Der letztere hatte sich, soweit seine Lösungsfähigkeit ging,
gelöst und wurde die Schwefelsäure desselben als nicht fixirt in Betracht gezogen. Es ist
nach diesen Resultaten anzunehmen, daß eine Aufnahme des schwefelsauren Alkalis
nicht mit stattfindet. Ist diese Annahme begründet, so muß, wenn man Alaunlösung mit
Hautmengen digerirt, und die Haut öfters erneuert, eine Abnahme und zuletzt
vollständiges Verschwinden der Thonerdereaction eintreten, während immer noch
Schwefelsäure und Alkalien nachzuweisen wären.
Es wurde zu diesem Zwecke eine größere Menge Alaunlösung von angegebener
Concentration mit Hautstücken digerirt, dieselben öfter entfernt und durch frische
ersetzt. Dem Alaun sollte auf diese Weise sämmtliches Thonerdesalz entzogen werden.
Nach 4–5maligem Erneuern der Haut fand sich auch diese Erwartung bestätigt,
die Reaction auf Thonerde hatte circa ganz aufgehört,
Schwefelsäure war noch reichlich vorhanden, ebenso wurde neben Alkali, Kalk
constatirt. Zur Bestätigung, ob sich die Mengen Kalk und Kali mit der Schwefelsäure
ausgleichen, wurde diese Lösung quantitativ auf SO³, CaO und K²O
untersucht. Eine geringe Menge Thonerde, welche noch vorhanden war, wurde mit in
Betracht gezogen.
25 K. C. gaben:
0,0040 Grm. Al²O³.
„
„
0,0195 Grm. CaO.
„
„
0,1470 K²SO⁴ = 0,0794 Grm. K²O.
„
„
0,277 Grm. BaSO⁴ = 0,0951 SO³.
Die gefundene Menge
Al²O³
braucht SO³
0,0093
„
„ „
CaO
„ „
0,0236
„
„ „
K²O
„ „
0,0675
–––––––––––––––––––
Summa
0,1004
Grm.
Die Schwefelsäuremenge stimmte also mit der Menge der Basen, und es war keine in
freiem Zustande vorhanden.
Dieß bestätigt die Vermuthung noch mehr, daß in reiner, vollständig kalkfreier Haut
Alaun in der Weise zersetzt wird, daß die Haut schwefelsaure Thonerde fixirt, das
schwefelsaure Alkali aber keinen Theil an der Gerbung hat.
In weiterer Verfolgung wurde deßhalb alle Haut, um den Kalk vorher zu entfernen, mit
verdünnter Säure digerirt. Bei den vorhergehenden Versuchen, welche Säure und in
welcher Stärke man sie ohne die Haut selbst zu schädigen, anwenden könne, ergab
sich, daß sich Salzsäure von 1/8 Proc. Gehalt an rauchender reiner Säure am besten
dazu eigne. Essigsäure, welche ebenfalls versucht wurde, ergab bei 1/2 Proc. Gehalt
an Hydrat stärkere Schwellung, schien überhaupt die Haut mehr anzugreifen, während Säure von
geringerem Gehalt wieder in Bezug auf Lösungsfähigkeit sehr zu wünschen übrig ließ
und zu lange Berührung mit Haut erforderte. Es wurde deßhalb im weiteren Verlaufe
der Untersuchung die Haut erst mit Salzsäure von angegebener Concentration eine
Nacht hindurch behandelt. Diese Zeit war anscheinend genügend und es schien aller
Kalk aufgenommen zu seyn. Die freie Säure wurde durch längere Behandlung mit
destillirtem Wasser wieder entfernt, und die Haut darauf wie früher mit Alkohol
möglichst entwässert. Die durch die Säure entstandene geringe Schwellung verlor sich
bei eintägiger Behandlung mit destillirtem Wasser wieder, wenn nöthig wurden einer
größeren Menge Wasser einige Tropfen Ammoniak zugesetzt.
Drei Gerbeversuche, welche mit dieser Haut, unter Anwendung von Alaunlösung ähnlicher
Concentration wie früher, vorgenommen wurden, gaben nachstehende Resultate.
Gehalt der anzuwendenden Alaunlösung:
15 K. C. = 1,3893 Grm. BaSO⁴ = 0,4766 Grm.
SO³.
15 K. C. = 0,1535 Grm. Al²O³.
1 Aequiv. Al²O³ entspricht genau 4 Aequiv.
SO³.
Zu jedem Versuche wurden zugesetzt 40 K. C. Lösung.
Dauer der Versuche 2 Tage, Temperatur circa 15° C.
Gehalt der Lösung nach Einwirkung (Wasser in Haut
zugezählt):
Nr. 1.
15 K. C. = 0,8750 Grm. BaSO⁴ = 0,3003 Grm.
SO³.
15 K. C. = 0,088 Al²O³.
100 Al²O³ entsprechen 341 SO³.
Nr. 2.
15 K. C. = 0,8865 Grm. BaSO⁴ = 0,3044 Grm.
SO³.
15 K. C. = 0,089 Grm. Al²O³.
100 Al²O³ entsprechen 342 SO³.
Nr. 3.
15 K. C. = 0,866 Grm. BaSO⁴ = 0,2982 Grm.
SO³.
15 K. C. = 0,0875 Grm. Al²O³.
100 Al²O³ entsprechen 341 SO³.
Folgende Tabelle ergibt die Uebersicht der Resultate:
Textabbildung Bd. 205, S. 259
Versuchsnummer; Hautmengen in Grm.;
Aufgesogenes und Wasser in Haut in K. C.; Gehalt der Lösungen in Grammen; vor
Einwirkung an SO³, an Al²O³; nach Einwirkung an SO³,
an Al²O³; Absorbirte Menge in Grammen; Schwefelsäure in Procenten;
Absorbirte Thonerde in Grammen; in Procenten; Verhältniß der absorbirten
Al²O³ zur SO³
Ein Vergleich dieser Tabelle mit der vorhergehenden ergibt, daß die aufgenommenen
Mengen SO³ und Al²O³ circa
dieselben sind, daß ferner das Verhältniß zwischen der absorbirten Thonerde und
Schwefelsäure, trotz der Entfernung des Kalkes durch Säure, dasselbe geblieben ist.
Daraus ist zu schließen, daß dieses Verhältniß nicht allein von der Gegenwart des
Kalkes bedingt wird, daß vielmehr möglicherweise im Inneren der Haut und in der
äußeren Flüssigkeit Verschiedenheiten in der Mischung obwalten. Die erste Tabelle
zeigt, daß eine gewisse Menge Alaun durch Kalk zersetzt wurde, daß sich die dadurch
ausgeschiedene Menge Thonerdehydrat mit einer anderen Menge schwefelsaurer Thonerde
auf die Hautfaser niederschlägt und also bei Gegenwart von Kalk die fixirte Substanz
eine basische Verbindung ist. Es ist nicht anzunehmen, daß man die Haut durch
Behandlung mit der verdünnten Säure vollständig von Kalk befreien könne, eine
geringe Menge wird immer zurückbleiben, der dadurch ausgeübte Einfluß ist aber
jedenfalls weniger schädlich, als zu lange Behandlung mit Säure. Es wird deßhalb bei
Behandlung der Haut wie angegeben auch immer eine Substanz auf die Haut
niedergeschlagen werden, die nicht vollkommen so viel Schwefelsäure auf Thonerde
enthält, als die schwefelsaure Thonerde verlangt.
Um den wahren Werth der fixirten Thonerde und Schwefelsäure näher bestimmen zu können
und um zu beweisen, ob sich die Vermuthung, das Mischungsverhältniß der Lösungen
innerhalb und außerhalb der Haut sey nicht vollständig gleich, bestätigt, wurden
drei Versuche mit erheblich größeren Hautmengen angestellt und das Verfahren noch
dahin modificirt, daß die äußere Lösung welche von der Haut nach Einwirkung
abgegossen wurde, getrennt von der in Haut befindlichen untersucht wurde.
Das Volumen der äußeren abgegossenen Lösung wurde gemessen, die übrige als Lösung in
Haut angenommen und von einem ausgepreßten Volumen, worin SO³ und
Al²O³ bestimmt wurde, auf das ganze fehlende Volumen berechnet.
Auf circa 6 Gramme Haut wurden
50 K. C. Lösung gerechnet.
Versuch Nr. 1.
Hautmenge: 15,365 Grm.
Aufgesogenes Wasser = 40 K. C. Zugesetzte Lösung = 120 K. C.
Dauer der Einwirkung 2 Tage; Temperatur 15–16°
C.
Gehalt der Alaunlösung derselbe wie bei voriger Versuchsreihe.
Lösung nach Einwirkung:
a) Aeußere abgegossene Lösung = 95 K. C.
25 K. C. = 1,467 Grm. BaSO⁴ = 0,5037 Grm. SO³; also
95 K. C. = 1,914 Grm. SO³.
25 K. C. = 0,1575 Grm. Al²O³; also 95 K. C. = 0,5985
Grm. Al²O³.
100 Al²O³ entsprechen 320 SO³.
b) Lösung in Haut = 65 K. C.
10 K. C. gaben 0,564 Grm. BaSO⁴ = 0,1936 Grm. SO³;
also 65 K. C. = 1,2584 Grm. SO³.
10 K. C. gaben 0,061 Grm. Al²O³; also 65 K. C. =
0,3965 Grm. Al²O³.
100 Al²O³ entsprechen 317 SO³.
Vereinigte Lösungen:
SO³ in a =
1,9140 Grm.
Al²O³ in a = 0,5985 Grm.
SO³ in b =
1,2584 Grm.
Al²O³ in b = 0,3965 Grm.
––––––––––
––––––––––
Gesammte SO³ = 3,1724 Grm.
Gesammte Al²O³ = 0,9950
Grm.
Versuch Nr. 2.
Hautmenge: 14,320 Grm.
Aufgesogenes Wasser = 36,5 K. C. Zugesetzte Lösung = 115 K. C.
Dauer und Temperatur wie in Nr. 1.
Gehalt der Alaunlösung:
15 K. C. = 1,374 Grm. BaSO⁴ = 0,4717 Grm. SO³; also
in 115 K. C. 3,6163 Grm. SO³.
15 K. C. = 0,1515 Grm. Al²O³; also in 115 K. C.
1,1615 Grm. Al²O³.
100 Al²O³ entsprechen demnach: 311 SO³. Alaun
enthält nach der Theorie auf 100 Al²O³ = 310 SO³.
Lösung nach Einwirkung:
a) Aeußere abgegossene Flüssigkeit = 96,5 K. C.
25 K. C. = 1,5355 Grm. BaSO⁴ = 0,5186 Grm. SO³; also
in 96,5 K. C. 2,0018 Grm. SO³.
15 K. C. gaben 0,0925 Grm. Al²O³; also 96,5 K. C. =
0,5951 Grm. Al²O³.
100 Al²O³ entsprechen 337 SO³.
b) Lösung in Haut = 55 K. C.
8 K. C. gaben 0,4815 Grm. BaSO⁴ = 0,1653 SO³; also
in 55 K. C. = 1,1365 Grm. SO³.
9 K. C. gaben 0,0545 Grm. Al²O³; also 55 K. C. =
0,3330 Grm. Al²O³.
100 Al²O³ entsprechen 341 SO³.
Vereinigte Lösungen:
SO³ in a =
2,0018 Grm.
Al²O³ in a = 0,5951 Grm.
SO³ in b =
1,1365 Grm.
Al²O³ in b = 0,3330 Grm.
––––––––––
––––––––––
Gesammt-Schwefels. = 3,1383 Grm.
Gesammt-Thonerde = 0,9281 Grm.
Versuch Nr. 3.
Hautmenge: 17,910 Grm.
Aufgesogenes Wasser = 48 K. C.
Zugesetzte Lösung = 150 K. C.
Dauer und Temperatur wie bei Nr. 1 und 2.
Gehalt der Lösung derselbe wie in Nr. 2.
Lösung nach Einwirkung:
a) Aeußere abgegossene Lösung = 135 K. C.
25 K. C. gaben 1,534 Grm. BaSO⁴ = 0,5267 Grm. SO³;
also in 135 K. C. 2,8442 Grm.
25 K. C. gaben 0,159 Grm. Al²O³; also in 135 K. C.
0,8586 Grm. Al²O³.
100 Al²O³ entsprechen 331 SO³.
b) Lösung in Haut = 63 K. C.
10 K. C. = 0,6160 Grm. BaSO⁴ = 0,2115 Grm. SO³; also
in 63 K. C. 1,3324 Grm. SO³.
10 K. C. = 0,0645 Grm. Al²O³; also 63 K. C. = 0,4063
Grm. Al²O³.
100 Al²O³ entsprechen 328 SO³.
Vereinigte Lösungen:
SO³ in a =
2,8442 Grm.
Al²O³ in a = 0,8586 Grm.
SO³ in b =
1,3324 Grm.
Al²O³ in b = 0,4063 Grm.
––––––––––
––––––––––
Gesammte SO³ = 4,1766 Grm.
Gesammte Al²O³ = 1,2649
Grm.
Die Resultate der drei Versuche vereinigt, werden übersichtlicher durch folgende
Zusammenstellung:
Textabbildung Bd. 205, S. 261
Nr.; Hautmenge; Gehalt der Lösungen
vor Einwirkung an SO³, Al²O³; nach Einwirkung an
SO³, Al²O³; Absorb. Menge SO³ in Grm., Proc. der
Haut; Absorb. Menge Al²O³ in Grm., Proc. der Haut; Verhältniß der
absorb. Al²O³ zur SO³
Die absorbirten Mengen Substanz haben sich also bezüglich der Zusammensetzung
derjenigen der schwefelsauren Thonerde sehr genähert, in einem Falle hat die Analyse
sogar einen Mehrgehalt an SO³ ergeben. Die Zusammensetzung der äußeren und
inneren Flüssigkeit ist auch nicht vollständig dieselbe. Die Ungleichheit würde sich
auch noch mehr herausstellen, wenn man im Stande wäre beide Lösungen scharf von
einander zu trennen. Man wird aber nach dem Abgießen der äußeren Flüssigkeit beim
Auspressen immer einen Theil derselben mit zur inneren rechnen, da die Haut auch
nach dem starken Auspressen immer noch circa das
doppelte Gewicht Flüssigkeit behält. Die Zusammensetzung der Flüssigkeit im
innersten Hauttheile wird also immer noch eine etwas andere und nicht unmittelbar
durch die Analyse zu constatiren seyn. Man kann annehmen, daß nach der Zerlegung des
Theiles der Lösung, welcher seine schwefelsaure Thonerde an die Haut abgibt, das
freigewordene schwefelsaure Alkali, da es im Inneren der Haut keine weitere
Verwendung findet, das Bestreben hat, wieder in die äußere Flüssigkeit zu
diffundiren und wird dann also etwas weniger SO³ als auf die Haut
niedergeschlagen finden, als in Wirklichkeit niedergeschlagen ist. Der Umstand daß
bei Untersuchung der äußeren und inneren Lösung unter sonst gleichen Verhältnissen
eine schwefelsäurereichere, der Zusammensetzung der schwefelsauren Thonerde sehr
nahe stehende Verbindung auf die Haut fixirt gefunden wird, während bei der Analyse
der nur äußeren Flüssigkeit, die fixirte Substanz ärmer an SO³ ist, spricht
sehr zu Gunsten dieser Annahme. Weitere Bestätigung erhält dieselbe durch
Vergleichung mit den von Graham ermittelten Thatsachen
bei der Diffusion von Salzlösungen.Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. LXXVII S. 80. Derselbe fand, daß sich Alaun bei der Diffusion zum Theil in schwefelsaure
Thonerde und schwefelsaures Kali zerlegt; er fand ferner, daß die schwefelsaure
Thonerde vom zerlegten Alaunantheile sehr wenig oder gar kein weiteres
Diffusionsbestreben hat, während das schwefelsaure Kali mit unzersetztem Alaun
diffundirt. Daraus und aus den vorstehenden Versuchen ergibt sich ungezwungen
folgende Erklärung bei der Gerbung mit Alaun: beim Eindringen
der Alaunlösung in das Innere der Haut wird ein Theil der Alaunlösung in
schwefelsaure Thonerde und schwefelsaures Kali zersetzt; die schwefelsaure
Thonerde bleibt im Inneren der Haut und wird von der Faser fixirt, das
schwefelsaure Kali diffundirt allmählich und nach längerer Zeit wieder in die
äußere Flüssigkeitsschicht.
Nachträglich ist zur Vervollständigung noch hinzuzufügen, daß das erhaltene Product
bei der Gerbung mit reinem Alaun in allen Fällen sich als Leder von sehr geringer
Qualität herausstellt. Es zeigte sich nach dem Trocknen wenig verschieden von roher
getrockneter Haut, war wenig aufgegangen und hornartig steif. Ich brauche nur auf
das Verhalten des Coriins zurückzuweisen und ergibt sich dann die nachstehende
Erklärung dieser Thatsache von selbst: bei Behandlung von Haut
mit Alaunlösung findet keine Fällung des Coriins statt; beim Trocknen trocknet
dieser Körper, welcher im gelösten Zustande verbleibt, in derselben Weise ein,
wie beim Trocknen der Haut ohne Behandlung mit Alaun und bildet eine steife
hornartige Substanz, die in der ganzen Haut vertheilt ist und welcher das Leder
das harte, spröde und brüchige Verhalten verdankt. Alaun wirkt im Sinne einer
verdünnten Säure; daß eine Schwellung der Haut nicht stattfindet, ist der
vorwiegenden adstringirenden Wirkung desselben zuzuschreiben.
Haut und Chlornatrium.
Ehe ich die Wirkung und den Einfluß des Kochsalzes bei der Alaungerberei aufzuklären
versuchte, nahm ich zunächst den einfachsten Fall und behandelte Haut mit Kochsalz
für sich.
Ich stellte zunächst mehrere qualitative Versuche an, und verwandte drei verschiedene
Concentrationsgrade der Kochsalzlösung:
1) gesättigte Lösung;
2) 10procentige und
3) 5procentige.
Diese Lösungen verwandte ich in drei verschiedenen Zuständen: a) mit etwas Alkali versetzt, b) unverändert,
c) mit organischer Säure bis zur stark sauren
Reaction versetzt (1/2 Proc. Gehalt an Essigsäurehydrat in gesammter Lösung).
Nicht zu geringe Quantitäten dieser Lösungen wurden mit Haut digerirt mit folgendem
Resultate nach achttägiger Behandlung.
a) Alkalische Kochsalzlösung:
Die 5- und 10procentige Lösung enthielt Coriin gelöst, dieses konnte durch
Ansäuern ausgefällt werden; die gesättigte Lösung nicht. Die Haut war in allen
Fällen durchscheinend, nicht weiß, in gesättigter Lösung nur in sehr geringem
Grade.
b) Neutrale Kochsalzlösung:
Die beiden verdünnteren Lösungen gaben beim Ansäuern eine reichliche Menge von Coriin, die gesättigte
Lösung enthielt Nichts aufgelöst. In der gesättigten Lösung zeigte die Haut
ziemliche Gare, in der mittleren und in der verdünnteren entsprechend weniger. Ganz
verdünnte Lösung (1–2 Proc. NaCl) enthielt ebenfalls kein Coriin gelöst. Die
Haut war milchig-weiß, gar nicht durchscheinend.
c) Saure Kochsalzlösung:
Gesättigte und 10procentige Kochsalzlösung enthielten keine Spur, die verdünntere
Lösung eine sehr geringe Menge Coriin gelöst. Die Haut zeigte in allen Fällen starke
Gare und unterschied sich nicht von weißgarem Leder; jede schwellende Einwirkung der
Säure war unterblieben, nur die mit der verdünntesten Lösung behandelte Haut konnte
solche in geringem Grade aufweisen.
Dieses Verhalten ist vollständig in Einklang zu bringen mit dem beim Coriin
Gesagten.
Daselbst findet sich angegeben, daß in alkalischen Lösungen Coriin durch NaCl nicht
gefällt wird; ist dasselbe in Kochsalz gelöst, so wird es ausgeschieden durch
Sättigung der Lösung mit NaCl und auch durch große Verdünnung mit Wasser, ebenso
durch Zusatz von Säuren in concentrirterer Kochsalzlösung.
Beim Verdünnen einer kochsalzhaltigen Lösung von Coriin, in welcher durch mäßigen
Säurezusatz das Coriin gefällt wurde, geht dasselbe wenn die Verdünnung nicht stark
ist, wieder in Lösung; Zusatz von Kochsalz scheidet es natürlich wieder aus; die
Ausscheidung erfolgt um so schneller, je saurer die Reaction ist.
Mit dem Unlöslichwerden des Coriins geht die Gare der Haut Hand in Hand; eine
vollständig gare Haut enthält alles Coriin im gefällten Zustande. In diesem Zustande
verliert es seine hornartige Beschaffenheit nach dem Trocknen, es wird
faserig-flockig ausgeschieden ganz ähnlich wie gequollenes Bindegewebe, und
die geringe Sprödigkeit welche es noch behält, kann durch Ziehen und Dehnen fast
vollständig gehoben werden. Außerdem ist es in der Haut im Verhältniß zur Menge des
Bindegewebes nur in untergeordnetem Grade vorhanden; die Eigenschaften des
Bindegewebes treten in den Vordergrund, namentlich da sich dieselben durch
Verschwinden des störenden Einflusses welchen gelöstes, gleichmäßig alle Theile der
Haut durchziehendes Coriin ausübt, in unbeschränktem Grade zeigen können.
In alkalischen Flüssigkeiten findet durch Kochsalz keine Fällung des Coriins statt;
Haut mit alkalischer Kochsalzlösung zeigt also auch keine Gare.
Neutrale Kochsalzlösungen zeigen nur Fällung des Coriins und Gare bei starker, dem
Sättigungspunkte naher Concentration.
Saure Kochsalzlösungen bewirken schon bei mittlerer Concentration vollständige
Ausscheidung des Coriins und Gare der Haut.
Es liegt auf der Hand, weßhalb die Praxis nur den letzteren Fall berücksichtigt und
zur Anwendung bringt.
Ein Ueberschuß von Kochsalz wirkt nämlich auch schädlich in der Weise, daß sich schon
beim Liegen der Haut in feuchtem Zustande im Inneren derselben Kochsalzkrystalle
ausscheiden, welche einen zerstörenden und nachtheiligen Einfluß auf dieselbe
ausüben und deren spätere Verwendbarkeit sehr beeinträchtigen, überhaupt deren Werth
verringern würden.
Die Gerbung mit reinem Kochsalz findet eine ausgedehnte und fast ausnahmslose
Anwendung in einigen Zweigen der Pelzwaarengerberei. Alle Schafwaare wird auf diese
Weise gegerbt. Man bestreut die Felle nach vorhergegangener sehr gründlicher
Reinigung, bei welcher sogar neben dem Unterhautgewebe ein Theil der Lederhaut
entfernt wird, auf der Innenseite dicht mit Gerstenschrot (zuweilen auch
Maisschrot), legt sie darauf einige Tage in eine Kochsalzlösung von 10°
Baumé und überläßt sie nach dem Herausnehmen unter öfterem Umlegen der
Gährung. Nach ungefähr 20 Tagen ist dieselbe zu Ende; die Häute werden getrocknet,
leicht angefeuchtet und „gepäckelt“ (eine Arbeit welche mit dem
Stollen in der Weißgerberei zu vergleichen ist).
Jetzt kommt die Operation des Färbens und werden die Häute vorher nochmals in
Salzbeize gelegt, auch die Narbenseite durch Alkali vorsichtig entfettet und mit
Kleister bestrichen. Die Farbe besteht aus Gerbsäure und Eisensalz; die Häute
bleiben 3–4 Tage darin, werden darauf nach gutem Auswaschen, um der ein wenig
abgefallenen Gare zu begegnen, nochmals in Salzbeize gelegt und weiter
verarbeitet.
Nach meinen vorhergehenden Versuchen findet dieses Verfahren in Folgendem seine
Erklärung: Beim Einweichen in Kochsalzlösung wird der innere Zusammenhang der
Hautbestandtheile gelockert, das Coriin aufgeschwemmt und zum Theil auch gelöst,
jedoch in geringerem Grade bei der Kochsalzlösung. Das Liegen an der Luft und die
entstehende mittlere Temperatur leitet die Gährung ein, es bilden sich organische
Säuren, welche ganz allmählich in das Innere der Haut eindringen, diesem eine stark
saure Reaction mittheilen und bei gleichzeitiger Gegenwart von Kochsalz das Coriin
fällen und das etwas gequollene Bindegewebe in seine natürliche Lage versetzen. Vor
dem Einbringen in die Farbe wird für mäßigen Ueberschuß an Kochsalz gesorgt, beim
Fixiren der Farbe selbst
wird Säure frei und das geringe Abfallen in der Gare ist der Gegenwart derselben
zuzuschreiben, indem das Coriin bei Gegenwart von Kochsalz um so weniger sich löst,
je saurer die Reaction ist.
Das Strecken ist eine rein mechanische Arbeit und bezweckt größere Weichheit des
Fabricates.
Es ist somit klar, daß bei diesem Zweige der Gerberei lediglich Kochsalz die gerbende
Substanz und gleichzeitig saure Reaction Bedingung ist. Daher entstand die Frage,
wird bei diesem Vorgange Kochsalz von der Haut gebunden und in welcher Menge?
Um dieß aufzuklären, wurde nach Analogie der früheren, folgender Versuch angestellt:
Die Haut wurde vor dem Einbringen in die Kochsalzlösung durch, aus Gährung mit
Weizenkleie entstandene organische Säure geschwellt und zwei Tage in dieser sauren
Flüssigkeit gelassen; sie war vorher gewogen und die Trockensubstanz bestimmt, ganz
wie in der früheren Weise.
Hautmenge: 9,390 Grm.
Zugesetztes Sauerwasser und Wasser in Haut: 40,6 Kub Cent.
Zugesetzte Chlornatriumlösung: 100 K. C.
Dauer der Einwirkung: 4 Tage.
Gehalt der Lösung:
5 K. C. = 1,837 Grm. AgCl = 0,748 Grm. NaCl, in 100 K. C. = 14,960
Grm.
Lösung nach Einwirkung:
20 K. C. = 5,100 Grm. AgCl = 2,079 Grm. NaCl, in der ganzen
Flüssigkeit = 14,615 Grm. NaCl.
Es waren also absorbirt 0,355 Grm. oder 3,78 Proc. NaCl.
In der Flüssigkeit war kein Coriin nachzuweisen; die Haut zeigte ziemliche Gare und
ließ sich durch Stollen in ein von weißgarem Leder nicht verschiedenes Product
überführen.
Daraus ergibt sich, daß die Gare durch Kochsalz von einer gleichzeitigen Aufnahme
desselben begleitet und daß es mit Recht als Gerbemittel anzusehen ist.
Da eine neutrale Lösung von NaCl in Berührung mit Haut, wenn die Lösung nicht fast
gesättigt ist, keine oder nur sehr geringe Gare bewirkt, also kein Coriin gefällt,
dasselbe vielmehr der Haut entzogen und in die umgebende Flüssigkeit übergeführt
wird, so war es wichtig zu untersuchen, ob in diesem Falle auch NaCl von der Haut
aufgenommen wird.
Zu diesem Zwecke wurde nachstehender Versuch angestellt, wo zum Unterschiede von dem
früheren die Haut anstatt in angesäuertem, in reinem Wasser eingeweicht und neutrale
Kochsalzlösung zugesetzt wurde.
Hautmenge: 15,330 Grm.
Wasser in Haut: 48,8 K. C.
Kochsalzlösung: 100 K. C.
Dauer der Einwirkung: 4 Tage.
Dieselbe Lösung wie im vorigen Versuche.
Lösung nach Einwirkung:
20 K. C. wurden unmittelbar in einer Platinschale im Wasserbade
verdampft, und der Rückstand zur Zerstörung des gelösten Coriins gelinde
geglüht.
Rückstand nach dem Glühen: 2,016 Grm, also in 148,848,8 K. C. 14,999 Grm.
Nach Befeuchten mit HCl und nochmaligem gelindem Glühen blieb das
Gewicht dasselbe und es hatte somit eine Aufnahme von NaCl nicht stattgefunden.
Beim Ansäuern der abfiltrirten Flüssigkeit wurden reichliche Mengen von Coriin
ausgeschieden; die Haut zeigte keine Gare und hatte die frühere Beschaffenheit
beibehalten.
Das Ausgerben der Häute bloß in saurer Lösung wird durch dieses Resultat genügend
erklärt; nur in diesem Falle findet bei Anwendung der gebräuchlichen Concentration
der Kochsalzlösung Fällung des Coriins und somit Gare der Haut statt.
(Die Fortsetzung folgt im nächsten Hefte.)