Titel: | Ueber die in Steinkohlen eingeschlossenen Gase; von Ernst v. Meyer. |
Fundstelle: | Band 204, Jahrgang 1872, Nr. CXXX., S. 462 |
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CXXX.
Ueber die in Steinkohlen eingeschlossenen Gase;
von Ernst v.
Meyer.
v. Meyer, über die in Steinkohlen eingeschlossenen
Gase.
Der Verf. hat auf Veranlassung des Hrn. Prof. Kolbe in
Leipzig die in den Steinkohlen mechanisch eingeschlossenen Gase untersucht und seine
Resultate in einer ausführlichen Abhandlung im Journal für praktische Chemie, 1872,
Bd. V S. 144–184 veröffentlicht.
Bei der unzweifelhaften Analogie der fortwährend stattfindenden Gasansammlungen im
Inneren der Kohlen mit den gewaltsam hervorbrechenden Grubengasen dürfte es
angemessen seyn, vor der Mittheilung der Ergebnisse dieser Untersuchung einen Blick
auf das zu werfen, was man über die Zusammensetzung der Grubengase weiß. Die
ältesten Analysen derselben, von Henry, Davy und Thomson nach höchst unvollkommenen Methoden ausgeführt,
sind nicht brauchbar. G. Bischof
Edinburgh new philosophical Journal, vol. XXIX
p. 309 und vol.
XXX p. 127. hatte im Jahre 1840 drei Grubengase der Analyse unterworfen und in ihnen
ölbildendes Gas gefunden. Betrachtet man aber den damaligen Stand der Gasanalyse und
speciell Bischof's Methoden näher, so kann man nicht
umhin, dessen Angaben mit Vorsicht aufzunehmen. Sonst enthielten die von ihm
untersuchten Gase geringe Mengen von Kohlensäure und Stickstoff, und hauptsächlich
Grubengas.
Das Vorkommen von ölbildendem GasIn einer vorläufigen Notiz (polytechn. Journal, 1871, Bd. CCI S. 461) hat der
Verf. zwei Analysen von Gasen, die in Kohlen eingeschlossen waren,
mitgetheilt; nach ihnen waren in dem einen Gas 7,7 Proc., in dem anderen 3,2
Proc. schwere Kohlenwasserstoffe enthalten. Da aber vor der Absorption mit
Schwefelsäure keine eudiometrische Bestimmung gemacht wurde, so kann aus
diesen Analysen die Zusammensetzung der Kohlenwasserstoffe nicht abgeleitet
werden. wies später Bunsen in einem dem
Naphta-Berge auf der Halbinsel Taman entströmenden Gase nach; er fand in demselben 4,26
Proc. Auch C. Schmidt hat ölbildendes Gas in zwei
Gas-Emanationen der Halbinsel Apscheeron aufgefunden. In beiden Fällen
entstammten die untersuchten Gase einem mit Erdöl reich getränkten Boden, welcher
ununterbrochen der Schauplatz vulcanischer Thätigkeit ist.
Graham, Playfair und Bunsen,
welchen wir die übrigen Analysen von Grubengasen verdanken, haben stets die
Abwesenheit von ölbildendem Gas constatirt. Die untersuchten Gase bestanden
vorwiegend aus Grubengas und enthielten außerdem geringe Mengen von Kohlensäure,
Sauerstoff und Stickstoff; in keinem derselben ist mit Bestimmtheit Kohlenoxyd und
Wasserstoff nachgewiesen worden, deren Bildung auch durch die Natur des
Verwesungsprocesses ausgeschlossen wäre.
Bei den Versuchen des Verf. wurden die Gase auf folgende Weise aus den Kohlen
gewonnen. Diese wurden in etwa nußgroßen Stücken mit siedendem, ausgekochtem Wasser
benetzt und dann sofort in einen mit heißem, ebenfalls luftfreiem Wasser gefüllten
Kolben eingetragen. In diesen wurde ein Gummistopfen eingesetzt, welcher das untere
Ende einer offenen Glasröhre umschloß, deren oberes Ende mittelst eines zweiten
Gummistopfens in den verengten unteren Theil einer oben offenen, mit ausgekochtem
Wasser gefüllten Schale mündete. (Diese Schale war wie ein umgekehrtes kurzhalsiges
Kochglas nach Absprengung des Bodens gestaltet.) Die aus den Kohlen, indem man das
Wasser im Kolben in gelindem Sieden erhielt, entweichenden Gase wurden in einer in
der Schale umgestürzten Röhre gesammelt und nach der Füllung derselben sofort über
Quecksilber aufbewahrt oder eingeschmolzen. Bei dieser Art des Operirens mußte man
allerdings darauf verzichten, die gesammte in den Kohlen enthaltene Gasmenge zu
gewinnen; aber man konnte die adhärirende Luft vollständig beseitigen und trotz des
Verlustes eines Theiles der eingeschlossenen Gase deren Zusammensetzung kennen
lernen.
Handelte es sich um vergleichende Bestimmungen der eingeschlossenen Gasmengen, so
wurden gewogene, annähernd gleiche Mengen der verschiedenen Kohlen trocken in
ausgekochtes und schnell abgekühltes Wasser eingetragen, und die Gase durch Erwärmen
bis zur Erschöpfung der Kohlen ausgetrieben, gesammelt und gemessen. Diese Versuche
geben natürlich nur annähernd richtige, aber vergleichbare Werthe.
Versuche mit Zwickauer Kohlen. – Durch Hrn.
Director Menzel (vom Zwickauer Brückenberg
Steinkohlen-Bau-Verein) war der Verf. in den Stand gesetzt, Kohlen aus
bestimmten Flötzen und bekannter Tiefe auf ihre Gase zu prüfen. Die ihm zur
Verfügung gestellten Kohlen waren theils frisch gebrochen, theils Jahre lang dem
Wetterstrom ausgesetzt gewesen; sie stammten aus drei Flötzen: dem Schichtenkohlen-, dem
Zachkohlen- und dem Lehkohl-Flötze.
I. Schichtenkohle aus 700 Met. Tiefe. Frischer Anbruch.
Sehr dichte, ausgezeichnet schieferige Kohle.
II. Schichtenkohle aus 690 Met. Tiefe, 5 Jahre lang dem
Wetterstrom ausgesetzt gewesen. Das Aussehen dieser Kohle dem von I höchst
ähnlich.
III. Zachkohle aus 680 Met. Tiefe. Frischer Anbruch.
Schieferige, aus glänzenden und matten Schichten bestehende Pechkohle.
IV. Zachkohle aus 656 Met. Tiefe. Dem Wetterstrom 1 1/2
Jahre ausgesetzt gewesen. Diese Kohle trägt Spuren der Verwitterung an sich; im
Inneren glänzender Bruch.
V. Lehekohle aus 560 Met. Tiefe. Frischer Anbruch. Harte,
unregelmäßig schieferige Kohle mit glänzendem Bruch.
VI. Lehekohle aus 690 Met. Tiefe, dem Wetterstrom 5 Jahre
lang ausgesetzt gewesen. Dieselbe hatte ein verwittertes Aussehen, war bröcklich.
Schieferung undeutlich.
Die Analysen der aus diesen Kohlen ausgetriebenen Gase – hinsichtlich deren
Details wir auf unsere Quelle verweisen – ergaben folgende procentische
Zusammensetzung derselben:
CO²
O
N
CH⁴
I.
2,42
2,51
23,17
71,90
III.
4,02
0,62
50,36
45,00
IV.
2,25
0,70
23,89
73,16
V.
0,60
Spur
48,00
51,40
Die Gase aus den Kohlen II und VI zeigten eine eigenthümliche Zusammensetzung,
weßhalb die Analysen derselben nachstehend gesondert aufgeführt sind.
CO²
O
N
CO
CH⁴
C² H⁶ Die Voraussetzung, das verbrannte Gas sey ein Gemenge von Grubengas
und Aethylwasserstoff (C²H⁶), ist hier allerdings eine
willkürliche, da die eudiometrische Analyse eines aus mehreren
unbekannten Kohlenwasserstoffen bestehenden Gases nicht über die
Natur der einzelnen Bestandtheile Auskunft gibt; sie ermöglicht nur
die Aufstellung der Formel des Gases, indem aus der durch die
Verpuffung entstandenen Kohlensäure die Menge des Kohlenstoffes, aus
der Contraction der Wasserstoffgehalt bestimmt werden kann. Die
Annahme, daß diese Gase nur aus Grubengas und Methylwasserstoff
bestehen, ist übrigens die einfachste und wohl auch die
wahrscheinlichste. Von der Gegenwart freien Wasserstoffes konnte
abgesehen werden, da dessen vorkommen in analogen Gasen niemals mit
Bestimmtheit beobachtet ist.
DurchSchwefelsäureabsorbirbar
II.
a) Sogleich ausgetriebenes
Gas
16,70
4,90
55,15
–
3,17
18,61
1,47
b) Gas, eine Woche
später aufgefangen
11,40
3,80
60,98
–
3,44
18,88
1,50
c) Gas, zwei Wochen nach b gesammelt
12,10
1,10
65,16
–
3,19
16,85
1,60
VI.
a) Sogleich ausgetriebenes
Gas
7,62
2,44
50,75
–
15,88
22,35
0,96
b) Gas, eine Woche nach a aufgefangen
10,10
2,6
50,53
1,82
10,18
23,32
1,45
c) Gas, zwei Monate nach b aufgefangen
11,18
2,82
67,99
–
–
16,36
1,65
Versuche mit Kohlen aus der Plauen'schen Formation.
– Durch Hrn. Professor Krutsch in Tharand
standen dem Verf. Kohlen aus drei Flötzen zu Gebote; sie stammten, frisch gebrochen,
aus dem Schacht von Burgk und wurden sofort auf die in
ihnen eingeschlossenen Gase verarbeitet. Alle drei Sorten waren reich mit
Schwefelkies durchwachsen; ihnen fehlte der Glanz und die Schwärze der ächten
Steinkohlen; sie zeigten eine grauschwarze Farbe. Die Zusammensetzung der Gase war,
wie die folgenden Analysen zeigen, sehr einfach.
I. Harter Schiefer. Die Gasentwickelung war sehr
reichlich.Menge der Gase wurde hier nicht bestimmt; für die übrigen Kohlen ist sie auf
Seite 467 angegeben.
II. Weicher Schiefer. Gasentwicklung ebenfalls sehr
lebhaft.
III. Maschinen-Schiefer. Bei dieser Kohle war die
Gasentwickelung am reichlichsten.
CO²
O
N
I.
48,7
1,8
49,5
II.
38,2
1,2
60,6
III.
54,9
1,2
43,9
Grubengas fehlte in den drei Gasen oder war nur spurenweise in III enthalten.
Untersuchung westphälischer Kohlen. – In der
Erwartung, daß die Fettkohlen Westphalens in Betreff der von ihnen eingeschlossenen
Gase sich eigenthümlich verhalten würden, unterwarf der Verf. zwei Kohlen aus der
Essener Gegend einer Prüfung in dieser Richtung. Die eine Kohle stammte aus der
Zeche „Zollverein“, die andere aus der Zeche
„Consolidation“. Beide waren ächte Fettkohlen, bei der
Leuchtgasfabrication sehr beliebt. Die Gasmengen welche beide enthielten, waren
gering.
Die Gase hatten die nachstehend angegebene Zusammensetzung. I. Zollverein, II. Consolidation.
CO²
O
N
CH⁴
I.
7,50
2,59
89,91
–
II.
2,56
4,11
58,48
24,85
Versuche mit Bochumer Kohlen. – Durch Hrn.
Director Dach (der Zeche Constantin der Große bei Bochum)
erhielt der Verfasser Kohlen aus einer Reihe von Flötzen der Fettkohlenpartie. Von
jeder Sorte – es waren deren sechs – standen ihm frisch gebrochene und
Jahre lang dem Wetterstrom ausgesetzt gewesene Kohlen zur Verfügung. Die
nachstehende Aufzählung der Kohlen beginnt mit denen des ältesten Flötzes und steigt
dann zu den jüngeren Kohlen auf.
I. Sonnenschein (Name des Flötzes). Deutliche Schichtung;
hin und wieder Schwefelkies vorhanden. Die alte Kohle war der frisch gebrochenen
Kohle sehr ähnlich, nur leichter zerfallend. Diese vollkommene Aehnlichkeit mit den
frischen Kohlen aus demselben Flötze erstreckt sich auf alle übrigen Bochumer
Kohlen.
II. Dickebank. Der Kohle I sehr ähnlich.
III. Präsident. Undeutlich schieferige, leicht zerfallende
Kohle; nähert sich der Rußkohle.
IV. Wilhelm. Kohle mit undeutlicher Schieferung, hin und
wieder faserig; zeigt Graphitglanz.
V. Franzisca. Deutlich schieferige, an Schwefelkies reiche
Kohle.
VI. Leonhard. Diese Kohle zeigt deutliche Schieferung und
ist ebenfalls schwefelkieshaltig.
Die Analysen der aus diesen Kohlen ausgetriebenen Gase ergaben folgende
Zusammensetzung derselben.
CO²
O
N
CH⁴
I, frisch
4,87
2,66
75,82
16,65
I, alt
11,12
2,88
78,60
7,40
II, frisch
2,18
2,12
70,5
25,19
II, alt
15,84
3,06
74,53
6,57
III, frisch
5,82
1,99
60,62
31,57
III, alt
7,68
2,24
86,77
3,31
IV, frisch
1,30
1,60
66,85
30,25
IV, alt
4,35
3,35
81,18
11,12
V, frisch
2,02
0,90
86,43
10,65
V, alt
2,15
3,14
91,28
3,43
VI, frisch
3,72
0,39
90,19
5,70
VI, alt
8,49
3,57
87,94
Spur
Schließlich möge die Zusammenstellung der Gasmengen folgen, welche 100 Gramme der
resp. Kohlen lieferten.
Zwickauer Kohlen
Westphälische
(Bochumer) Kohlen
Sorten
100 Grm. gabenKubikcentimeter
Sorten
100 Grm. gabenKubikcentimeter
I, frisch
38,0
II, alt
18,2
I, frisch
50,6
III, frisch
25,5
I, alt
43,2
IV, alt
18,6
II, frisch
43,3
V, frisch
54,8
II, alt
41,2
VI, alt
13,6
III, frisch
59,2
III, alt
43,6
Westphälische (Essener)
IV, frisch
54,4
Kohlen
IV, alt
39,2
Sorten
100 Grm. gaben
V, frisch
54,5
Kubikcentimeter
V, alt
39,6
I
22,5
VI, frisch
42,0
II
17,4
VI, alt
36,4
Aus den mitgetheilten Analysen ergibt sich, daß mit Ausnahme der Zwickauer Kohlen II
und IV alle übrigen untersuchten Kohlen durch die in ihnen eingeschlossenen Gase
keine auffallenden Eigenthümlichkeiten verrathen.
Die Gase der meisten Kohlen zeigen sich analog zusammengesetzt den sorgfältig
untersuchten Grubengasen. Während bei diesen der Stickstoffgehalt mehr zurücktritt,
erreicht er in vielen der von dem Verf. untersuchten Gase eine beträchtliche Höhe,
ohne daß der Sauerstoffgehalt zunähme.
Die Frage nach dem Ursprung des Stickstoffes in den Grubengasen ist vielfach erörtert worden. G.
Bischof
Bischof, Lehrbuch der chemischen und
physikalischen Geologie, Bd. I S. 732. glaubt annehmen zu müssen, daß derselbe in solchen Emanationen, welche mit
Ueberwindung des Atmosphärendruckes hervorbrechen, nicht aus der Luft herrühren
könne, sondern Product der Verwesung seyn müsse. Da jedoch der freie Stickstoff
niemals mit Sicherheit in den beim Verwesungsproceß auftretenden Gasen nachgewiesen
ist, so liegt die Annahme viel näher, dieser Stickstoff sey schon bei der Bildung
der Steinkohlen eingeschlossen worden.
Was den in den eingeschlossenen Gasen enthaltenen Stickstoff betrifft, so ist nach
der Ansicht des Verf. ebenfalls die Annahme gerechtfertigt, daß ein Theil desselben
noch aus der Bildungsperiode der Kohlen herrühre. Der übrige Stickstoff stammt
unzweifelhaft aus der Luft, die später zugetreten ist. Der hohe Stickstoffgehalt in
den meisten der von dem Verf. untersuchten Gase ist deßhalb interessant, weil sich
in ihm auf's Deutlichste die bekannte Eigenschaft der Steinkohlen zu erkennen gibt,
Sauerstoff an sich zu fesseln und zur Oxydation zu verwenden. Diese Function des
Sauerstoffes, welche so bedeutungsvoll bei der Verwitterung ist, hat neuerdings Richters
Richters, Beiträge zur Kenntniß des Verhaltens
der Kohle zum Sauerstoff, im polytechn. Journal, 1869, Bd. CXCIII S. 51 und
264; Untersuchungen über die Veränderungen welche die Steinkohlen beim
Lagern an der Luft erleiden, im polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCV S. 315 u.
449, Bd. CXCVI S. 317. gründlich studirt; derselbe hat nachgewiesen, daß der Sauerstoff vorwiegend
zur Oxydation des von ihm so genannten disponiblen Wasserstoffes verwendet wird,
während nur wenig Kohlensäure entsteht. Daß der Proceß in der That so verläuft,
zeigt die Zusammensetzung der meisten Gase, welche der Verf. analysirt hat; in
denselben ist die Kohlensäuremenge bedeutend geringer, als sie seyn würde, wenn
aller Sauerstoff, welcher dem Stickstoffgehalte entspricht, zur Bildung von
Kohlensäure verbraucht wäre.
Einer scheinbaren Ausnahme begegnen wir bei Betrachtung der Zusammensetzung der aus
den Burgker Kohlen gewonnenen Gase; in denselben steigt der Gehalt an Kohlensäure
bis auf 54,9 Proc. Richters hat ebenfalls constatirt, daß
schwefelkiesreiche Kohlen im höchsten Grade das Vermögen besitzen Sauerstoff zu
absorbiren. Da diese Kohlen besonders reich an Schwefelkies sind, so liegt die
Vermuthung nahe, daß bei der größeren Energie der Oxydation auch der Kohlenstoff zu
Kohlensäure oxydirt wurde.
Diese Betrachtungen zeigen, wie wichtig es ist, zur weiteren Aufklärung des
Verwitterungsprocesses der Steinkohlen die Veränderung der in ihnen eingeschlossenen
Gase zu verfolgen.
Wenn dem Verf. auch bei seinen Versuchen verwitterte Kohlen im eigentlichen Sinne nicht zu
Gebote standen, da der Proceß der Verwitterung mit Hülfe der atmosphärischen
Niederschläge viel energischer verläuft, als wenn die Kohlen dem Wetterstrom
ausgesetzt sind, so zeigen sich doch zwischen den von dem Verf. untersuchten
frischen und alten Kohlen durchgängig Unterschiede. In allen Fällen enthielten die
frischen Kohlen mehr Gas, als die alten; bei den Zwickauer Kohlen ist diese
Differenz am auffallendsten. Bei den westphälischen zeigte sich außerdem constant
eine Abnahme des Gehaltes an Grubengas, während eben so gleichmäßig die Kohlensäure
zugenommen hat, wenn auch nicht entsprechend dem verschwundenen Grubengase. Die
Analyse der Zwickauer Kohle IV (alt) zeigt eine Vermehrung des Gehaltes an
Grubengas; dieselbe ist jedoch nur relativ, da die eingeschlossene Gasmenge geringer
ist, als die der Kohle III, welche demselben Flötze angehört.
Regelmäßige Verschiedenheiten, welche durch die geognostische Lagerung der Kohlen
bedingt sind, konnten in den eingeschlossenen Gasen nicht gefunden werden. Der
Gedanke liegt nahe, die Kohlen der jüngsten Flötze müßten die reichlichsten
Gasmengen enthalten. Wie die obige Zusammenstellung zeigt, wird diese Vermuthung
nicht bestätigt.
Daß dagegen bedeutende Verschiedenheiten in der Zusammensetzung der Gase auftreten,
auch wenn diese von Kohlen eines und desselben Flötzes eingeschlossen waren,
beweisen die Untersuchungen der aus den Zwickauer Kohlen II und VI gewonnenen Gase,
welche durch die Anwesenheit des Aethylwasserstoffes ausgezeichnet sind. Es ist
sicherlich nicht zufällig, daß in den Gasen beider Kohlen als constanter Begleiter
des Aethylwasserstoffes ein durch Schwefelsäure absorbirbarer höherer
Kohlenwasserstoff auftritt. Sollte dieser, wie aus einigen Analysen hervorzugehen
scheint, Butylen seyn, so wird man kaum umhin können, dasselbe als Product der
trockenen Destillation der Steinkohlen anzusehen. Dasselbe ist auch in dem Petroleum
aufgefunden worden, welches vorwiegend Kohlenwasserstoffe der Reihe CnH2n + 2, zu
welcher auch der Aethylwasserstoff gehört, enthält. Wenn man für die Entstehung des
Erdöles die Einwirkung einer höheren Temperatur voraussetzt, so muß man ähnliche
Bedingungen annehmen, um das Auftreten von Aethylwasserstoff und Butylen zu
erklären.
Ist diese Annahme richtig, so ist ferner die Vermuthung nicht zu gewagt, daß das von
den Kohlen II und VI eingeschlossene Gas einst vorwiegend aus Aethylwasserstoff, der
vielleicht mit Stickstoff gemengt war, bestanden habe. Bei Nachlassen der höheren
Temperatur konnte wieder ein normaler Umsetzungsproceß stattfinden, durch welchen
Grubengas gebildet wurde. Die Kohlen waren sodann Jahre lang dem Wetterstrom ausgesetzt in einer
Tiefe, in welcher eine weitere Veränderungen begünstigende Temperatur herrschte.
Nehmen wir an, daß diese Umwandlungen nicht bis in die innersten Hohlräume, welche
Aethylwasserstoff enthielten, vordringen konnten, so wäre eine Erklärung der
Analysen möglich, welche der Verf. von den aus der alten Lehekohle gewonnenen Gasen
mitgetheilt hat (S. 464). Bei diesen wurde constatirt, daß mit der Zeit eine
fortwährende Abnahme des Grubengasgehaltes stattfand, während Aethylwasserstoff in
geringem Maaße sich verminderte. Nach zwei Monaten war das Grubengas vollständig
verschwunden. Die Kohle bot während dieser Zeit der Verwitterung eine große
Oberfläche dar; so wurde allmählich das im Anfang noch vorhandene Grubengas
entfernt, während das weniger zugängliche Aethylwasserstoffgas zum Theil erhalten
blieb.
Sind diese Betrachtungen richtig, so könnte man, geleitet von der Zusammensetzung der
eingeschlossenen Gase, einen Einblick in die geologische Vergangenheit mancher
Kohlen gewinnen, und so würde man sich die Kenntniß von Verhältnissen verschaffen,
welche uns bei der chemischen Gewichtsanalyse der Kohlen vollständig entgehen.
(Polytechnisches Centralblatt, 1872 S. 526.)