Titel: | Ueber ein neues Manometer zur Messung hohen Gasdruckes; von U. Regnault. |
Fundstelle: | Band 204, Jahrgang 1872, Nr. LXXXVI., S. 345 |
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LXXXVI.
Ueber ein neues Manometer zur Messung hohen
Gasdruckes; von U.
Regnault.
Aus den Annales de Chimie et de Physique, 4. série, t. XXIV p. 258; December
1871.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Regnault, über ein neues Manometer zur Messung hohen
Gasdruckes.
Das beste Manometer zur Messung hoher Gasspannungen ist unbestritten das
Quecksilbermanometer mit freier Luft. Dasselbe läßt sich jedoch nur in einem Gebäude
aufstellen, welches eine sehr hohe verticale und freie Wand darbietet. Außerdem
erfordert es specielle Constructionen, welche die Beobachtungen des
Quecksilberniveau's an allen Punkten der langen, aus hermetisch an einander gefügten
Röhren zusammengesetzten Glassäule gestatten. Es ist daher dasselbe ein sehr
kostspieliger Apparat, und man trifft selten in einem Laboratorium die Bedingungen
unter denen seine Aufstellung ausführbar ist.
Die Manometer mit comprimirter Luft, sie mögen aus Glasröhren bestehen, oder ganz aus
Metall construirt seyn und sich auf die Formveränderungen gründen welche hohle
metallene Spiralen durch die Aenderungen der Elasticität der in ihnen
eingeschlossenen Luft erleiden, sind nicht empfindlich genug. Ihre Anwendung ist
gefährlich, weil ihre Functionen häufigen Störungen unterworfen sind, welche man,
wenn keine Mittel zur Controlle zur Verfügung stehen, selten bemerkt.
Ich habe in Bd. XXXI der Mémoires de l'Académie
des sciences (p. 580) ein neues Gasmanometer
kurz beschrieben, welches die höchsten Spannungen mit einer großen Genauigkeit und
einer constanten Empfindlichkeit zu notiren gestattet. Dieses Manometer umfaßt die
nöthigen Mittel um seine Genauigkeit beliebig oft zu verificiren; es ist nicht
kostspielig und überall leicht aufzustellen. Da das Instrument meines Erachtens den
Physikern und Chemikern große Dienste leisten dürfte, so scheint mir eine
vollständigere Beschreibung desselben nicht ohne Nutzen zu seyn.
Fig. 17
stellt den Apparat im Verticaldurchschnitte dar. Er besteht aus einem Messingrohre
A, B von 5 Millimeter innerem Durchmesser, mit
starker Wand, damit es ohne merkbare Vergrößerung seines Rauminhaltes sehr hohen
Pressungen Widerstand leisten kann. Oberhalb dieses Rohres befindet sich ein
Dreiweghahn R mit einem Ansatz C, um das Rohr mit dem Behälter welcher die comprimirte Luft enthält,
deren Spannkraft ermittelt werden soll, in Verbindung setzen zu können. Der Hahn R communicirt durch ein Seitenrohr mit einem zweiten
Hahn R', welcher oberhalb der weiten Röhre D, E eines Manometers D, E, G,
F angebracht ist. Der innere Durchmesser der Röhre D, E beträgt 20, derjenige der Röhre G, F 13
bis 15 Millimeter. Beide Röhren sind möglichst gerade und cylindrisch, und jede mit
einer Millimetertheilung versehen. Sie stehen durch einen Dreiweghahn R'' mit einander in Communication und sind in den
Tubulirungen des letzteren mittelst eines Harzkittes befestigt. Das Stück welches
den Hahn R'' enthält und das Manometer trägt, ist an
eine mit drei Schraubenfüßen versehene kreisrunde gußeiserne Platte H, I festgeschraubt und die Fuge mit Mennige gedichtet.
Auf gleiche Weise kann eine ringförmige Metallscheibe K,
L an die Platte H, I geschraubt werden. Diese
Scheibe ist mit einer kreisrunden, 2 Centimeter tiefen und 2 bis 3 Centimeter
breiten Rinne versehen, welche die Bestimmung hat einen Glascylinder M, N, N', M' unter hermetischem Schlusse aufzunehmen. Zu
diesem Zweck füllt man die Rinne mit geschmolzenem Harzkitt, und taucht alsdann den
Glascylinder hinein. Die Scheibe K, L, mit ihrem
Cylinder darf nicht eher an den Dreifuß befestigt werden, als bis der manometrische
Apparat vollständig justirt ist. Die Glasröhren des Manometers müssen vollkommen
vertical seyn. Man erreicht dieses leicht während des Einsetzens der Röhren, so
lange der Kitt der Tubulirungen noch weich ist. Schließlich berichtigt man die
Verticalität mit Hülfe der Stativschrauben.
In der Abbildung Fig. 17 ist das Metallrohr A, B des
leichteren Verständnisses wegen in der Ebene der beiden Manometerröhren dargestellt;
in Wirklichkeit aber befindet es sich hinter dem Manometer. Ebenso ist die wirkliche
Richtung der Metallfassungen der Hähne senkrecht zu der in der Figur dargestellten.
Die Manipulationen mit dem Apparate sind nun folgende.
Der Glascylinder wird mit Wasser von der umgebenden Temperatur gefüllt. Ein
Thermometer zeigt die constante Temperatur t desselben
an. Die Hähne R und R'
befinden sich in der in Fig. 17 dargestellten
Lage. Man gießt Quecksilber in die Rühre F, G, bis die
Röhre D, E vollständig gefüllt ist, d.h. bis das
Quecksilber zum Tubulus O herausfließt. Bei der Stellung des Hahnes R, wie sie Fig. 17 zeigt, enthält
das Rohr A, B trockene Luft von der Temperatur t und unter dem nämlichen Drucke, wie in ihrem Behälter.
Man bringt nun den Hahn in die in Fig. 18 dargestellte
Lage, wodurch die Luft im Rohr A, B abgesperrt ist. Wenn
man jetzt den Hahn R' langsam in die Lage dreht, wie sie
Fig. 18
zeigt, so stürzt sich die Luft des Rohres A, B in die
weite Röhre D, E. Man öffnet gleichzeitig den Hahn R'', d.h. man bringt ihn in die in Fig. 19 dargestellte
Lage, um das Quecksilber ausfließen zu lassen und einen allzustarken Druck in der
Röhre D, E zu verhüten.
Man bringt die Quecksilbersäulen in beiden Schenkeln des Manometers auf gleiches
Niveau und bemerkt sich die Theilstriche dieser Röhren, an welchen die Kuppen der
Quecksilbersäulen stehen bleiben. Diese einfache Beobachtung genügt, wenn man vorher
die Röhre D, E genau visirt hat. Es sey:
H der auf Null reducirte Barometerstand;
h die gleichfalls auf Null reducirte Niveauhöhe der
beiden Quecksilbersäulen des Manometers;
t die constante Temperatur des Wassers im Cylinder;
V das als constant angenommene Volumen der Röhre A, B;
W das Volumen welches die Luft am Ende des Versuches in
der Röhre D, E einnimmt;
d das Gewicht eines Liters trockener Luft bei 0°
und unter einem atmosphärischen Druck von 760 Millimeters;
x die unbekannte Spannkraft der Luft in dem großen
Behälter.
Beim Beginn des Versuches ist das Metallrohr A, B mit
trockener Luft von der Temperatur t und der gesuchten
Spannung x gefüllt; ihr Gewicht ist ausgedrückt
durch
Textabbildung Bd. 204, S. 347
Am Ende des Versuches hat diese Luft unter Beibehaltung der Temperatur t das Volumen V + W angenommen, aber ihre Expansivkraft ist alsdann H + h. Ihr Gewicht ist somit
durch den Ausdruck
Textabbildung Bd. 204, S. 347
repräsentirt. Da diese beiden Gewichte einander gleich seyn
müssen, so hat man
Textabbildung Bd. 204, S. 348
oder einfacher
Vx = (V + W) (H + h),
woraus
Textabbildung Bd. 204, S. 348
Man muß aber die Volumina V und W genau kennen. Um zunächst die den verschiedenen Abtheilungen der Röhre
D, E entsprechenden Volumina W zu bestimmen, nehme ich, nachdem die Manometerröhre bis zum Ueberfließen
aus dem Tubulus O mit Quecksilber gefüllt worden ist,
diesen Tubulus ab, um das in demselben enthaltene Quecksilber, welches nicht in
Rechnung kommen darf, auszugießen, und drehe den Hahn R'' in die in Fig. 19 dargestellte
Lage. Das aus der Röhre D, E fließende Quecksilber fange
ich in einem Fläschchen auf, bis das Niveau an einer Theilung n der Röhre angekommen ist, und stelle das Fläschchen auf die Seite. Dann
sammle ich in einem zweiten Fläschchen das Quecksilber, welches ich so lange
ausfließen lasse, bis das Niveau an einer von 2n
sehr wenig verschiedenen Theilung n' angelangt ist, und
so fort, bis dasselbe eine der unteren Abtheilungen der Röhre erreicht hat. Ich
wiege hierauf das in den Fläschchen enthaltene Quecksilber und kenne somit die
Gewichte P, P', P'' .... des Quecksilbers, welches den
oberen Theil der Röhre D, E füllt, wenn sein Niveau an
den Abtheilungen n, n', n'' ... anhält. Nun construire
ich eine Curve, in welcher die Zahlen n, n', n'' ... in
Millimetern als Abscissen und die Quecksilbergewichte P, P',
P''' ... als Ordinaten aufgetragen sind. Mit Hülfe dieser Curve bin ich im
Stande, das Quecksilbergewicht zu bestimmen, welches einer beliebigen
Abtheilungszahl N der Millimeterscale der Röhre D, E entspricht und somit das Volumen W, in Quecksilbergewichten ausgedrückt, anzeigt. Es ist
einleuchtend, daß man statt der Curve sich einer nach dieser Curve eingerichteten
Zahlentabelle bedienen kann. Man muß jetzt auch den Rauminhalt V des Metallrohres A, B
bestimmen, indem man ihn gleichfalls durch das Gewicht des Quecksilbers ausdrückt,
welches er faßt.
Das Manometer wird vollständig mit Quecksilber gefüllt. Das Metallrohr A, B ist mit Luft von der Temperatur t und unter dem auf Null reducirten barometrischen Druck
H gefüllt. Die Hähne R
und R' befinden sich in der Stellung wie sie Fig. 17 zeigt.
Ich gebe ihnen die Stellung Fig. 18 und lasse
Quecksilber durch den Hahn R'' ausfließen, bis sein Niveau am Fuß der Röhre
F, G anhält. Ich notire während dieses Vorganges die
Abtheilungen wo die Quecksilberkuppen in den Schenkeln des Manometers anhalten und
schließe hieraus auf das Volumen W und die
Quecksilberdepression h. Es ergibt sich alsdann:
Textabbildung Bd. 204, S. 349
woraus
Textabbildung Bd. 204, S. 349
Man kann diesen Versuch wiederholen, so oft man will, und aus allen auf diese Weise
gefundenen Werthen für V das Mittel nehmen.
In einer zweiten Versuchsreihe fülle man nicht nur das Metallrohr A, B, sondern auch ein bekanntes Volumen v der Röhre D, E mit
trockener Luft unter atmosphärischem Drucke. Man hat alsdann ein Gewicht Luft,
welches durch den Ausdruck
Textabbildung Bd. 204, S. 349
dargestellt ist. Indem man hierauf Quecksilber in die Röhre
F, G gießt, preßt man einen Theil dieser Luft in das
Metallrohr A, B, bis sie nur noch ein kleines Volumen
v' in der Röhre D, E
einnimmt, welches demungeachtet den Drucküberschuß h' zu
messen gestattet. Das Gewicht der Luft ist alsdann ausgedrückt durch
Textabbildung Bd. 204, S. 349
Aus der Gleichsetzung beider Ausdrücke ergibt sich
Textabbildung Bd. 204, S. 349
Die Drucküberschüsse welche man erlangen kann, sind durch die Höhe der Röhre F, G eingeschränkt. Diese zweite Versuchsreihe gibt neue
Werthe von V, welche man mit denen der ersten
Versuchsreihe vergleichen und auf diese Weise den Grad der Genauigkeit des
Instrumentes constatiren kann.
Die metrischen Scalen der beiden eingetheilten Manometerröhren sind von einander
unabhängig; man muß daher die Höhendifferenz der Nullpunkte beider Scalen suchen.
Dieses geschieht leicht, indem man das Manometer, während beide Röhren unter dem
Druck der Atmosphäre stehen, auf verschiedene Höhen mit Quecksilber füllt und die correspondirenden
Eintheilungsstriche, an denen die Quecksilberkuppen stehen bleiben, notirt. Auf
gleiche Weise läßt sich die relative Genauigkeit beider Scalen, ihr vollkommener
Parallelismus controlliren, und im Nothfalle hat man dadurch das Mittel an der Hand,
den aus einem unvollkommenen Parallelismus resultirenden Fehler zu corrigiren.
Ich habe hier die Abweichung welche die atmosphärische Luft bezüglich des Mariotte'schen Gesetzes darbietet, außer Acht gelassen,
allein mit Hülfe meiner in den Mémoires de
l'Académie des sciences t. XXVI p. 420
niedergelegten Tabellen läßt sich die betreffende Correction leicht einführen.
Ferner habe ich angenommen, daß die Aenderungen des inneren Druckes keine
wahrnehmbare Aenderung des Rauminhaltes des Metallrohres A,
B zur Folge haben. In der That darf dieselbe in den meisten Fällen
vernachlässigt werden. Will man sie jedoch in Rechnung bringen, so muß man vorher
den Compressibilitäts-Coefficienten rücksichtlich des Rohres A, B selbst oder eines Stückes desselben nach der
Methode bestimmen, welche ich in den Mémoires de
l'Académie t. XXVI p. 435 beschrieben
habe.
Ich habe den inneren Durchmesser des Metallrohres A, B zu
5 Millimeter und denjenigen der Manometerröhre C, E zu
20 Millimeter angenommen. Das Verhältniß der Querschnitte beider Röhren ist demnach
25/400 oder 1/16. Gibt man daher der Röhre A, B die
nämliche Länge wie der Röhre D, E, so wird die erstere
Luft von 16 Atmosphären enthalten können, welche sich in der Manometerröhre
expandiren und mit dem äußeren atmosphärischen Druck in's Gleichgewicht setzen wird.
Unter diesen Bedingungen wird also das Manometer Spannungen bis zu 16 Atmosphären,
wenn man aber die Expansion der Luft im Manometer auf 2 Atmosphären beschränkt,
Spannungen bis zu 32 Atmosphären anzeigen können. Letzteres ist immer leicht
auszuführen, wenn man der Röhre F, G ihre gewöhnliche
Länge von 1 Meter läßt.
Vermindert man endlich die Länge des Metallrohres A, B
oder seinen Querschnitt, so kann man sich des Manometers zur Messung der höchsten
Spannungen bedienen. In diesem Falle ist bei der Bestimmung des Rauminhaltes die
größte Sorgfalt zu empfehlen. Man wird in letzterer Beziehung eine größere
Genauigkeit erzielen, wenn man die Röhre A, B mit
trockener Luft von 4 bis 5 Atmosphären Spannung füllt, unter der Bedingung daß man
diese Spannung sehr genau mittelst eines Manometers mit freier Luft messen kann,
dessen Aufstellung in einem Laboratorium bei so schwachen Spannungen mit keinen
Schwierigkeiten verbunden ist. Diese Luft läßt man in dem Meßapparate bis zum atmosphärischen Druck sich
expandiren.
Das Manometer welches den Gegenstand vorstehender Beschreibung bildet, läßt sich in
Laboratorien für andere Untersuchungen nützlich verwenden, insbesondere zur
Bestimmung des Gesetzes der Elasticität derjenigen Gase welche bei verschiedenen
Temperaturen leicht flüssig werden, sowie für Spannkräfte vom geringsten Grade an
bis zu 2 bis 3 Atmosphären. Es wäre zu wünschen, daß die Chemiker für die neuen sehr
flüchtigen Substanzen, welche bei ihren Untersuchungen auftreten, diese Bestimmungen
machen.