Titel: | Ueber das Vernickeln der Metalle auf galvanischem Wege; von Prof. Böttger. |
Fundstelle: | Band 204, Jahrgang 1872, Nr. XXXVIII., S. 152 |
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XXXVIII.
Ueber das Vernickeln der Metalle auf galvanischem
Wege; von Prof. Böttger.
Aus Böttger's polytechnischem Notizblatt, 1872, Nr.
7.
Böttger, über das Vernickeln der Metalle auf galvanischem
Wege.
Das Vernickeln der Metalle auf galvanischem Wege, insbesondere des Kupfers, Messings
und Neusilbers, findet in Folge der Eigenschaft des Nickels, an der atmosphärischen
Luft sich nicht zu oxydiren, noch auch seine schöne weiße, dem Platin ziemlich nahe
stehende Farbe im Mindesten einzubüßen, gegenwärtig in Künsten und Gewerben eine
sehr ausgebreitete Anwendung. Dieses Ergebniß hat man unstreitig der Entdeckung,
resp. Empfehlung eines Nickel-Doppelsalzes, nämlich des schwefelsauren Nickeloxydul-Ammoniaks zu verdanken, welches, wie
die Erfahrung gelehrt, unter sämmtlichen Nickelsalzen sich zu besagtem Zwecke am
brauchbarsten erwiesen hat. Sehr auffallend ist es aber, wie diese Erfahrung so
lange ungekannt und unbenutzt hat bleiben können, da bereits vor 30 Jahren schon die Aufmerksamkeit des wissenschaftlichen
wie technischen Publicums auf diesen Gegenstand von mir
gelenkt worden ist. Ebenso auffallend ist es, wie man in der allerneuesten Zeit in
Amerika und England (unter Anderen dem Dr. Isaac Adams u.s.w.) sogar Patente auf ein
Vernickelungsverfahren der Metalle hat ertheilen können, welches von mir bereits vor 30 Jahren entdeckt und der Publicität
übergeben worden! Es geht hier mit dem Vernickelungsverfahren gerade so, wie mit dem
gleichfalls von mir entdeckten Verfahren der sogenannten
Verstählung der Metalle auf galvanischem Wege, auf welches Verfahren ein
französischer Industrieller ein Patent sich hat ertheilen lassen, ohne denjenigen
auch nur mit einer Sylbe zu erwähnen, der die Ausscheidung des mit so merkwürdigen
Eigenschaften begabten Eisens auf elektrolytischem Wege zuerst gelehrt.Man vergl. „Beiträge zur Physik und
Chemie.“ Von Professor Dr. Rud. Böttger. Heft 3 S. 17.
Frankfurt a. M. 1846; im Verlag von J. D. Sauerländer. (Aus Poggendorff's Annalen
der Physik, 1846 Nr. 1, mitgetheilt im polytechn. Journal Bd. XCIX S. 296.
Da die Redactoren der technisch-chemischen Zeitschriften, welche
Vernickelungsverfahren neuerdings zur Sprache gebracht, diese Thatsache völlig
übersehen und der Ansicht sind, als gehe der Vorschlag, sich des schwefelsauren
Nickeloxydul-Ammoniaks als des geeignetsten Salzes zum galvanischen
Vernickeln der Metalle zu bedienen, von Edm. Becquerel
aus, und habe dieser auch schon vor 8 Jahren (man vergl. Comptes rendus t. LV p. 18Polytechn. Journal, 1862, Bd. CLXV S. 374.) die Aufmerksamkeit der Chemiker und Physiker darauf gelenkt, und auch Hr.
Klein in den Comptes rendus
t. LXX p. 1386Polytechn Journal, 1870, Bd. CXCVII S. 434. gelegentlich der Besprechung des in der kaiserl. Staatspapierdruckerei in
Petersburg angewandten Vernickelungsverfahrens, sich auf die Becquerel'sche Methode beruft, so bleibt mir, um mir die Priorität dieses
Verfahrens zu wahren, nichts weiter übrig, als den von mir seiner Zeit in Erdmann's Journal für praktische Chemie Bd. XXX S. 267
(d.h. Jahrg. 1843, Bd. III) veröffentlichten Aufsatz hier noch einmal vollständig
und wörtlich folgen zu lassen:Um Herrn Prof. Böttger gerecht zu werden,
reproduciren wir diesen Aufsatz, welcher aus den Annalen der Chemie und
Pharmacie, Septbr. 1843, S. 342 im polytechn. Journal Bd. XC S. 365 aufgenommen wurde. A.
d. Red.
Einige Bemerkungen über das Vernickeln und Platiniren der
Metalle auf galvanischem Wege.
„Seitdem man angefangen, die Naturwissenschaften mehr für das praktische
Leben auszubeuten und in Künsten sowohl wie in Gewerben eine rationellere Praxis
einzuführen, darf es uns nicht mehr wundern, daß selbst Männer, die sonst nur
rein speculativen Untersuchungen zugänglich waren, gegenwärtig nicht selten mit
großem Eifer und großer Ausdauer auch die praktischen Seiten der
Naturwissenschaft zu cultiviren angefangen. Aller Orten beschäftigt man sich,
wie bekannt, gegenwärtig mit der Vervollkommnung der Galvanoplastik, der
Galvanographie und der Kunst, auf galvanischem Wege Ueberzüge edler Metalle auf
unedlen zu erzeugen. Die letztere Kunst namentlich hat, seitdem uns Elkington und Ruolz auf
eine neue Classe von Salzen aufmerksam gemacht, die bei ihrer galvanischen
Zerlegung behufs der Vergoldung, Versilberung und Verkupferung der Metalle zuvor
kaum geahnte Resultate hervorgehen ließen, einen solchen Höhepunkt schon jetzt,
seit der so kurzen Zeit ihres Auftretens, erreicht, daß man meinen sollte, es
bliebe der Forschung in diesem praktischen Gebiete des Galvanismus kaum noch
etwas zu entdecken übrig. Daß dem aber nicht ganz so sey, ergibt sich unter
Anderem daraus, daß bis jetzt noch kein vollkommen geeignetes Nickel- und
Platinsalz aufgefunden wurde, welches zum Vernickeln und Verplatiniren unedler
Metalle vorzugsweise zu verwenden gewesen wäre. Die Erfahrung hat nämlich
gelehrt, daß eine Verbindung des Cyannickels mit Cyankalium nach der Angabe von
Ruolz in dieser Hinsicht keineswegs zum Ziele
führt und zwar eben so wenig, wie das von ihm empfohlene Platinsalz. Aus einer
großen Reihe deßhalb besonders angestellter Versuche glaube ich indeß gefunden
zu haben und versichern zu können, daß unter allen bekannten Nickelsalzen keines
so sehr sich zum Vernickeln, namentlich des Kupfers und Messings, eignet, als
das schwefelsaure Nickeloxydul-Ammoniak,
wenigstens muß das von Ruolz empfohlene Cyannickel-Kalium in dieser Hinsicht ganz in
den Hintergrund gegen dieses Salz treten. Selbst bei einer sehr lange andauernden constanten Stromwirkung sieht man ein
Kupferblech unter einer Auflösung von schwefelsaurem
Nickeloxydul-Ammoniak stets mit spiegelglänzender, fast silberweißer
Farbe hervorgehen. Auf diese Weise habe ich schon nach 1/2 stündiger Einwirkung
eines nicht gar starken galvanischen Stromes eine bedeutende Ablagerung von
Nickel auf Kupfer zu Wege gebracht, so zwar, daß dadurch eine gewöhnliche, an
einem Coconfaden aufgehängte Magnetnadel mit Heftigkeit aus dem magnetischen
Meridian abgelenkt werden konnte. Ein Tropfen gewöhnlicher Salpetersäure, auf
den Nickelüberzug gebracht, zeigte innerhalb einer gewissen Zeit keine sichtbare
Einwirkung auf das darunter befindliche Metall, während ein unter einer
Goldsolution eben so lange der Stromwirkung ausgesetzt gewesenes Kupferblech von
der Salpetersäure fast augenblicklich noch angegriffen wurde, woraus man
schließen darf, daß das galvanisch ausgeschiedene Nickel schneller, inniger und
gleichförmiger das Kupfer bekleidet, als das auf demselben Wege ausgeschiedene
Gold. Da nun bekanntlich das reine Nickel beinahe eben so streng-flüssig
ist wie das Iridium und Mangan, überhaupt außer vor dem Knallgasgebläse durch kein
Feuer, selbst nicht im Porzellanofenfeuer, in Fluß gebracht werden kann, auch an
der Luft sich nicht oxydirt, so dürfte vielleicht die Gewinnung dieses in reinem
Zustande so seltenen Metalles auf galvanischem Wege, auch in Blechform, z.B. behufs der Anfertigung von
Magnetnadeln u. dergl., von den Technikern nicht ganz unberücksichtigt gelassen
werden. Zur Erreichung dieses Zweckes wird man jedenfalls wohl nur einen mäßig
starken, dabei aber ziemlich constant wirkenden Strom in Anwendung bringen
dürfen.
Zur Gewinnung des hier in Rede stehenden Nickelsalzes genügt vollkommen das im
Handel vorkommende unreine Nickelmetall. Man löse es zu dem Ende in
Salpetersäure auf, lasse einige Zeit hindurch einen Strom Schwefelwasserstoffgas
durch die Lösung streichen, um alles Kupfer und Arsenik auszuscheiden, und fälle
dann die filtrirte Lösung durch kohlensaures Natron, löse hierauf das wohl
ausgesüßte kohlensaure Nickel in verdünnter Schwefelsäure auf und stelle das
Ganze über Schwefelsäure unter einer Glasglocke zum Krystallisiren hin. Die
festen Krystalle pulvere man und überschütte sie in einer Flasche nach und nach
mit so viel Ammoniakflüssigkeit, als zu deren Auflösung nöthig ist. Man erhält
so eine prachtvoll dunkelblau aussehende Flüssigkeit, die zu vorerwähntem Zwecke
unmittelbar angewandt werden kann.
Was das Verplatiniren des Kupfers und Messings betrifft, so hat Ruolz hierzu bekanntlich eine Auflösung von
Chlorplatin-Kalium in Aetzkalilauge empfohlen, indeß bemerkt schon Petzholdt in seiner unlängst über diesen Gegenstand
erschienenen Brochüre, daß er Nichts unversucht gelassen, um eine weiße und den Säuren widerstehende Verplatinirung auf
die von Ruolz angegebene Weise herzustellen, alle
seine Versuche seyen aber in dieser Hinsicht verunglückt. Diese Aeußerung Petzholdt's sowie meine eigenen, lange Zeit hindurch
fortgesetzten, sich aber ebenfalls keines besonders günstigen Erfolges
erfreuenden Versuche veranlaßten mich, diesem Gegenstande schon seit längerer
Zeit eine noch größere Aufmerksamkeit als bisher zuzuwenden.
Man wird sich erinnern, daß ich schon vor mehreren Jahren öffentlich zur Sprache
gebracht, man könne Kupfer und Messing auf sogenanntem nassen Wege, und zwar ohne Mitanwendung eines galvanischen Stromes, mit
einer dünnen, vollkommen weißen Schicht Platins bekleiden, wenn man jene blank
gescheuerten Metalle in Wasser koche, worin man 1 Theil Platinsalmiak und 8
Theile gewöhnlichen Salmiak aufgelöst hatte. Die auf solche Weise behandelten
metallenen Gegenstände sieht man schon innerhalb weniger Secunden sich mit einem
fest haftenden spiegelblanken Platinüberzuge bekleiden, indeß ist diese Platinschicht niemals
so dick, daß sie Säuren vollkommen widersteht. Versucht man nun, dieselbe
Salzlösung behufs einer dickeren Platinablagerung mittelst eines galvanischen
Stromes zu zerlegen, so gelingt der Versuch weit unvollkommener. Die kupfernen
oder messingenen Gegenstände, die mit dem negativen Pole der Säule im Contacte
stehen, umkleiden sich nämlich in ganz kurzer Zeit mit einem mißfarbenen
schwärzlichen Ueberzuge, mit sogenanntem Platin schwarz. Ein ähnliches, obwohl
etwas besseres Resultat erhielt ich, wenn ich mich einer
Chlorplatin-Natriumlösung bediente, indeß wollte es mir auch hiermit
niemals gelingen, den Platinüberzug in vollkommen metallisch glänzendem Zustande
auf Kupfer- und Messingflächen hervorzubringen. Andere Salzlösungen
verhielten sich ähnlich, mit Ausnahme einer in der Siedhitze bereiteten Lösung
von gewöhnlichem Platinsalmiak in Wasser, der noch einige Tropfen
Ammoniakflüssigkeit in mäßig erhitztem Zustande hinzugefügt wurden. Bekanntlich
ist das Ammoniumplatinchlorid in Wasser von mittlerer Temperatur nur wenig
löslich, in siedend heißem Wasser dagegen weit mehr. Setzt man nun zu einer
solchen Solution, nachdem sie etwas erkaltet, einige Tropfen Ammoniakflüssigkeit
und unterwirft dieselbe in noch etwas erwärmtem Zustande der Wirkung einer
constanten Batterie, so sieht man das Platin sich in einem festen Zusammenhange
und dabei vollkommen metallisch glänzend auf die mit der negativen Elektrode
verbundenen Kupferflächen niederschlagen, eine Beobachtung die ich zwar schon
vor 1 1/2 Jahren gemacht, indeß erst in einer der Sectionssitzungen für Chemie
auf der vorjährigen Versammlung der Naturforscher und Aerzte in Mainz speciell
zur Sprache gebracht, und die auch, wenigstens theilweise, von Professor Fehling bestätigt wurde; ich sage absichtlich
theilweise, weil von demselben, seiner Versicherung zufolge, noch niemals eine
so starke Ablagerung jenes edlen Metalles auf Kupfer habe erzielt werden können,
daß sie kochender Salpetersäure vollkommen widerstanden hätte. Ich kann jedoch
versichern, daß ich ein kupfernes, vorher völlig spiegelblank abgedrehtes, nicht
die mindesten Risse oder Unebenheiten zeigendes und nachher polirtes Schälchen
mittelst dieser Lösung mit einer ziemlich starken Schicht spiegelglänzenden
Platins bekleidet, und nachdem ich hierauf den Platinüberzug nochmals mit dem
Polirstahle sorgfältig überstrichen und das Schälchen von Neuem der Stromwirkung
einige Zeit hindurch ausgesetzt, ich ein platinplattirtes Schälchen erhielt, in
welchem die stärkste Salpetersäure anhaltend gekocht werden konnte, ohne daß im
Mindesten ein Angriff der Säure auf das darunter liegende Kupfer bemerklich
gewesen wäre. Das einzige Unangenehme bei Anwendung jener Platinsalzlösung ist das, daß man, da
dieselbe im Ganzen genommen doch immer nur wenig platinhaltig ist, sich
genöthigt sieht, die von Metall schnell erschöpft werdende Flüssigkeit oftmals
durch frisch bereitete zu ersetzen.“