Titel: | Ueber die Verwendung des gebrannten Kalkes als Zuschlag beim Hohofenbetriebe; von L. Gruner, Professor der Metallurgie an der Pariser Bergschule. |
Fundstelle: | Band 204, Jahrgang 1872, Nr. XIV., S. 39 |
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XIV.
Ueber die Verwendung des gebrannten Kalkes als
Zuschlag beim Hohofenbetriebe; von L.
Gruner, Professor der Metallurgie an der Pariser Bergschule.
Aus den Annales des Mines, 1871, t. XX x.
325.
Gruner, über Anwendung gebrannten Zuschlagskalkes beim
Hohofenbetrieb.
Die Anwendung von gebranntem Kalke anstatt rohen Kalksteines als Zuschlag beim
Hohofenbetriebe ist nicht neu. In den Jahren 1850 bis 1855 benutzte man gebrannten
Zuschlagskalk auf Königshütte in Oberschlesien,„Ueber die Anwendung des gebrannten Kalkes statt des rohen
Kalksteines beim Betriebe der Kohkshohöfen auf der Königshütte in
Oberschlesien, von dem k. Hütteninspector Eck,“ im polytechn. Journal, 1853, Bd. CXXX S. 349. Ougrée in Belgien,„Ueber die Anwendung von gebranntem Kalk anstatt Kalksteines in
den Hohöfen, von G. Montefiore-Levi
und E. Schmidt;“ im polytechn.
Journal. 1851, Bd. CXIX S. 353. und auf mehreren englischen Eisenhüttenwerken; noch jetzt macht man von
gebranntem Zuschlagskalk auf einigen Hohöfen in Nordengland, zu Wear und auf den
Clarencewerken Gebrauch.
Die Verwendung von gebranntem Kalke in den Eisenhütten hat jedoch nur wenig Eingang
gefunden. Die durch dieselbe erzielte Ersparniß ist erfahrungsmäßig gering, wenn man
dem zum Brennen des Kalksteines benutzten Brennstoff (Kleinkohlen) einen gewissen
Werth zuzuschreiben hat. Nun rührt aber dieses Resultat, wie sich leicht nachweisen
läßt, zum Theil von den ungünstigen Umständen her, unter denen die betreffenden
Versuche abgeführt wurden. Man hat die Bedigungen welche zu erfüllen sind, um die
Anwendung des gebrannten Kalkes wahrhaft nutzbringend zu machen, nicht gehörig
berücksichtigt, und doch sind dieselben sehr einfacher Natur, nämlich: billige
Darstellung des gebrannten Kalkes, und Verhütung der Wiederaufnahme von Kohlensäure
und Wasser im Hohofen von Seite dieses gebrannten Kalkes.
Der ersten dieser Bedingungen läßt sich jetzt mittelst des Hoffmann'schen
Ringofens entsprechen. Dieser sinnreiche Apparat sollte
in den Eisenhütten nicht nur zum Brennen des Zuschlagskalkes, sondern auch zum
Zubrennen und Rösten der Wasser- und kohlensäurehaltigen Erze und zum Brennen
der feuerfesten Mauersteine benutzt werden.
Die zweite der angegebenen Bedingungen betreffend, so kann man, wenn es auch nicht
möglich ist die momentane Wiederaufnahme von Kohlensäure und Wasserdampf gänzlich zu
vermeiden, dieselbe wenigstens auf geringere Verhältnisse reduciren und dadurch das
vorhergehende Brennen des Kalksteines wirksamer machen.
Nach Favre und Silbermann ist
die durch die Zersetzung des kohlensauren Kalkes in Aetzkalk und Kohlensäure
absorbirte Wärme 373,5 Wärmeeinheiten per
Gewichtseinheit des kohlensauren Kalkes.
Nun wird in den gewöhnlichen Kalköfen, hauptsächlich aber im Ringofen, das
Brennmaterial, welches ich als reinen Kohlenstoff annehme, gänzlich in Kohlensäure
umgewandelt; dasselbe wird folglich 8080 W. E. entwickeln; um 100 Kilogrm.
kohlensauren Kalt zu zersetzen, genügt es daher zu verbrennen:
37350/8080 = 4,6 Kilogrm. reinen Kohlenstoff.
In den Hohöfen hingegen wird der Kohlenstoff in Kohlenoxyd umgewandelt und entwickelt
dabei per Kilogrm. nur 2473 W. E.; folglich muß man, um
dieselbe Wirkung hervorzubringen, verbrennen:
37350/2473 = 15,1 Kilogrm. reinen Kohlenstoff.
In beiden Fällen muß man noch die freie Wärme welche die Kohlensäure aus dem Ofen mit
sich führt, hinzuaddiren. Wir wollen bei beiderlei Oefen die Temperatur der
abziehenden Gase zu 300° C. annehmen, während sie in Wirklichkeit beim
Ringofen niedriger ist, als beim Hohofen.
Wir haben für 100 Kilogrm. kohlensauren Kalk 44 Kilogrm. Kohlensäure, welche
entführen werden:
300 × 44 × 0,22 = 2904 W. E.0,22 ist die specifische Wärme der Kohlensäure.
und für den Kalkofen erfordern:
2904/8080 = 0,36 Kilogrm. Kohlenstoff,
wogegen im Hohofen zum Hervorbringen desselben Effectes
consumirt werden:
2904/2473 = 1,17 Kilogrm. Kohlenstoff.
Wir erhalten demnach für beide Wirkungen zusammen, nämlich für die Zersetzung des
kohlensauren Kalkes und die Erhitzung der Kohlensäure:
4,96 Kilogrm. Kohlenstoff im Kalkofen;
16,27 Kilogrm. Kohlenstoff im Hohofen.
Bei dieser Vergleichung können wir die vom Aetzkalke aufgenommene Wärme
vernachlässigen, weil dieselbe in den Kalköfen nahezu Null ist; denn der gebrannte
Stein gibt, bevor er aus dem Ofen kommt, den größten Theil seiner freien Wärme an
die angesaugte Luft ab, welche zur Verbrennung in den höheren Zonen dient.
Nehmen wir nun an, was bei den mit Kohks betriebenen Hohöfen gewöhnlich der Fall ist,
daß der Verbrauch an Zuschlagskalk per Tonne Roheisen
600 Kil. betrage. Wir erhalten alsdann, wenn der Kalkstein besonders gebrannt wird,
einen Aufwand an reinem Kohlenstoff von:
6 × 4,96 Kilogrm. = 29,76 Kilogrm.,
dagegen von
6 × 16,27 Kilogrm. = 97,62 Kilogrm.
wenn der Kalk im Hohofen selbst gebrannt wird.
Die Anwendung von rohem Kalkstein kann diesen Verbrauch aber in indirecter Weise noch
erhöhen. Bekanntlich wird die Kohlensäure, sie mag von der Reduction des Erzes oder
von der Zersetzung des Kalksteines herrühren, durch die vom glühenden Kohlenstoffe
auf sie ausgeübte reducirende Wirkung theilweise von Neuem in Kohlenoxyd
umgewandelt.
Nun ergibt sich aus der durchschnittlichen Zusammensetzung der Hohofengase, daß bei
einem normalen Ofengange nahezu ein Drittel der gesammten
Kohlensäure auf diese Weise zu Kohlenoxyd reducirt wird. In Folge eines zu scharfen
Ganges oder einer bloßen Störung kann selbst der Fall eintreten, daß das Verhältniß
der wieder in Kohlenoxyd umgewandelten Kohlensäure bis zur Hälfte der ursprünglichen
Menge steigt. Wir wollen dieselbe jedoch, um die Vortheile eines vorläufigen
Brennens des Zuschlagskalkes nicht zu hoch zu schätzen, nur zu einem Drittel
annehmen. Diese Zersetzung der Kohlensäure findet hauptsächlich in den unteren (sehr
heißen) Zonen des Hohofens statt, wo die Reduction des Eisenoxydes vollendet wird,
während nach Ebelmen's Untersuchungen die Zersetzung des
kohlensauren Kalkes mehr in den oberen oder mittleren Ofenzonen erfolgt. Es ist
demnach vielmehr die von der Reduction der Erze herrührende, als die aus dem
Kalkstein abstammende Kohlensäure, welche sich in Berührung mit den glühenden Kohks
in Kohlenoxyd umwandelt.
Dessenungeachtet scheint es mir wahrscheinlich, daß mindestens der vierte Theil des gesammten Kohlensäuregehaltes des Zuschlagskalkes auf
diese Weise zu Kohlenoxyd reducirt wird.Ich kann unmöglich mit Hrn. L. Bell (Chemical Phenomena of iron smelting, 1871, p. 111) annehmen, daß die gesammte Menge der im Zuschlagskalk enthaltenen Kohlensäure in
Form von Kohlenoxyd aus dem Hohofen entweicht.
Gruner. Wir wollen dieses Verhältnis welches man als Minimum betrachten kann,
annehmen, und sehen was sich in thermischer Beziehung daraus ergibt.
Die von den 100 Kil. kohlensaurem Kalk herrührenden 44 Kil. Kohlensäure erfordern zu
ihrer Umwandlung in Kohlenoxyd
3/11 × 44 Kilogrm. = 12 Kilogrm. reinen Kohlenstoff,
was, wenn Wir annehmen daß nur der vierte Theil der
Kohlensäure diese Reduction erleidet, 3 Kil. ausmacht.
Dadurch erhalten wir für die Tonne Roheisen oder 600 Kil. Kalkstein einen neuen
Verbrauch von:
6 × 3 = 18 Kilogrm. reinem Kohlenstoff.
Der Erfolg der Reduction der Kohlensäure zu Kohlenoxyd beschränkt sich aber nicht
hierauf. Nußer dem Kohlenstoffverbrauche findet auch noch
eine Wärmeabsorption statt, ein Verlust welchen man dem
Hohofen zurückerstatten muß, wenn er denselben Gang beibehalten soll. Dieser
Wärmeverlust ist leicht zu schätzen:
1 Kil. Kohlenstoff verbunden mit 8/3 Kil. Sauerstoff liefert
11/3
Kil.
Kohlensäure und entwickelt
8080 W. E.
2 Kil. Kohlenstoff, verbunden mit demselben Gewicht
Sauerstoff,
erzeugen
14/3 Kil. Kohlenoxyd und entwickeln dabei nur 2 × 2473 =
4946 W. E.
–––––––––
Das Hinzukommen von 1 Kil. Kohlenstoff zu 11/3 Kil.
Kohlensäure
entspricht also einem Wärmeverlust von
3134 W. E.
woraus folgt daß die durch die Reduction von jedem Kilogrm.
Kohlensäure zu Kohlenoxyd absorbirte Wärme seyn wird
3/11 × 3134 = 855 W. E.
oder für jedes Kilogrm. kohlensauren Kalkes
0,44 × 855 = 376 W. E.
und wenn wir annehmen daß nur ein
Viertel der Kohlensäure in Kohlenoxyd umgewandelt wird, so erhalten wir für
jedes Kilogrm. Zuschlagskalkstein einen Wärmeverlust von
376/4 = 94 W. E.;
für jede Tonne Roheisen also von
600 × 94 = 56400 W. E.
deren Aequivalent an Kohlenstoff, im Niveau der Gebläseformen
zu Kohlenoxyd verbrannt, seyn wird:
56400/2473 = 22 Kil.
Addiren wir diese 22 Kil. Kohlenstoff zu den vorher gefundenen 18 Kil., so finden wir
eine Verbrauchserhöhung von 40 Kil. Kohlenstoff für jede Tonne Roheisen, in der
Voraussetzung daß nur der vierte Theil der Kohlensäure
des Zuschlagskalkes zu Kohlenoxyd reducirt wird.
Es ergibt sich also per Tonne Roheisen, bei einem
Verbrauche von 600 Kil. Zuschlagskalkstein, ein Mehrverbrand von
97,62 Kil. + 40 Kil. = 137,62 Kil. Kohlenstoff,
wenn anstatt gebrannten Kalkes roher Kalkstein aufgegeben
wird; oder vielmehr von
137,62 – 29,76 = 107,86 Kil.,
weil wir davon den im Kalkofen verbrannten Kohlenstoff
abziehen müssen; wir wollen aber sofort bemerken, daß diese Zahl in der Wirklichkeit
ein Minimum ist, weil in der Regel mehr als ein Viertel
der gesammten Kohlensäure des Kalksteines zu Kohlenoxyd reducirt wird.
Die Anwendung von gebranntem Kalk müßte demnach eine Verminderung des verbrauchten
Brennstoffgewichtes um beiläufig 10 Proc. herbeiführen. In Wirklichkeit haben sich
aber die erzielten Vortheile bisher als viel geringer herausgestellt. L. Bell
Auf S. 168 seiner citirten Schrift: Chemical Phenomena
of iron smelting. schätzt die Brennmaterialersparniß auf 3/4 Ctr. engl. per Tonne Roheisen, also 38 Kilogrm. Kohks auf einen Gesammtverbrauch von
1100 Kilogrm. = 3,4 Proc., also nur zu einem Drittel der theoretischen Ersparnis
Diese Differenz wird durch zwei Ursachen veranlaßt: durch das unvollständige Brennen
des Kalksteines, besonders aber durch die Gegenwart von Kohlensäure und Wasserdampf
in den oberen Zonen der Hohöfen. Dort nimmt der Kalk wieder Kohlensäure und Wasser
auf, welche in den untern Ofenzonen neuerdings ausgetrieben werden müssen. Dem
Anscheine nach sollte hierbei eine Art von Ausgleichung stattfinden. Wenn die
Austreibung des Wassers und der Kohlensäure Wärme erfordert, so wird durch deren
Absorption ebenso viel Wärme geliefert. Diese in den oberen Ofentheilen entwickelte
Wärme kann aber nur die Temperatur der Gase erhöhen, während die durch das
Austreiben der Kohlensäure und des Wassers veranlaßte Abkühlung die Reduction des
Eisenerzes benachtheiligt, wenn man nicht durch stärkere Brennmaterialgichten
abhilft. Will man also die Vortheile welche die Anwendung von
gebranntem Zuschlagskalk
anstatt rohen Kalksteines gewährt, möglichst ausnutzen, so muß
man nicht nur den Kalk vollständig brennen, sondern darf auch nur vollkommen
trockenes Brennmaterial und zugebrannte oder geröstete Erze, welche von Wasser
und Kohlensäure vollständig befreit sind, aufgeben.
Wir haben im Vorstehenden die Wirkungen der Kohlensäure erörtert, und gehen nun auf
diejenigen des Wassers über. Wenn sich im oberen Theile des Hohofens Kalthydrat
gebildet hat, so kann die Zersetzung dieses Hydrates wie diejenige des Carbonates in
zweierlei Weise erfolgen: das Wasser kann sich nämlich als solches, in Dampfform,
verflüchtigen, oder es kann in Berührung mit dem Kohlenstoffe zersetzt, also in
Wasserstoff und Kohlenoxyd umgewandelt werden.
Da nun zur Zersetzung des Kalkhydrates eine höhere Temperatur erforderlich zu seyn
scheint, als zu derjenigen des kohlensauren Kalkes, so läßt sich daraus schließen,
daß der Wasserdampf durch den Kohlenstoff auch vollständiger reducirt werden wird,
als die Kohlensäure.
Nach Favre und Silbermann
werden bei der Umwandlung von 1 Kilogrm. gebranntem Kalk in Hydrat 143,9
Wärmeeinheiten entwickelt; dieß gibt für die durch die Zersetzung von 1 Kil.
Kalkmonohydrat absorbirte Wärme 109 W. E.
Wir legen unserer Berechnung die auf Wasserstoff als Einheit bezogenen
Aequivalentgewichte zu Grunde. Das Aequivalent des Calciums ist = 20; das des
Kalkhydrates
CaO, HO = 28 + 9 = 37
folglich wird das Hydrat zu seiner Zersetzung absorbiren:
37 × 109 = 4033 W. E.
Nehmen wir ferner an, daß das Wasser vollständig reducirt wird, so ist zu seiner
Zersetzung diejenige Wärmemenge erforderlich welche der Verbrennung eines
Aequivalentes Wasserstoff entspricht, minus derjenigen welche das auf Kosten des
Sauerstoffes des Wassers in Kohlenoxyd umgewandelte Aequivalent Kohlenstoff liefert;
somit:
1 Aequiv. Wasserstoff gibt
34467 W. E.
1 Aequiv. Kohlenstoff 6 × 2473 =
14838 W. E.
––––––––––
bleiben für die Umwandlung des Wassers in Wasserstoff und
Kohlenoxyd
19629 W. E.
folglich für die Zersetzung des Kalkhydrates in Kalk,
Wasserstoff und Kohlenoxyd:
19629 + 4033 = 23662 W. E.
Vergleichen wir mit dieser letzteren Zahl die für die Zersetzung des kohlensauren
Kalkes geltende Ziffer.
Wir haben nachstehende Aequivalentzahlen:
CaO
=
28
CO²
=
22
––––––––––––
CaO, CO²
=
50
Die bloße Zersetzung von 1 Aequivalent kohlensaurem Kalk
erfordert 50
× 373,5 =
18675 W. E.
Nehmen wir aber außerdem die vollständige Reduction der
CO² zu
2CO an, so erhalten wir per Aequiv. Kohlenstoff 6 × 3134 =
18804 W. E.
––––––––––
Dieß gibt für die vollständige Umwandlung des kohlensauren
Kalkes in
CaO + 2CO
37479 W. E.
Es folgt daraus, daß die Zersetzung des Hydrates eine geringere Wärmemenge erfordert,
als die des Carbonates, sobald man auf beiden Seiten eine gleiche Absorption von
festem Kohlenstoff annimmt; da aber der Kohlenstoff kräftiger auf den Wasserdampf
als auf die Kohlensäure zu wirken scheint, in Folge der höheren Temperatur, bei
welcher das Hydrat sein Wasser abgibt, so ist möglicherweise zur Zersetzung des
Hydrates nicht weniger Kohlenstoff erforderlich, als zu der des Carbonates.
Jedenfalls würde es widersinnig seyn, anstatt des rohen Zuschlagskalksteines
gebrannten Kalk anzuwenden, wenn man nicht gleichzeitig alle zur Beseitigung des
Wasserdampfes aus dem Gasstrome der Hohöfen erforderlichen Maßregeln treffen wollte.
In Wahrheit wäre es ebenso wichtig, den gebrannten Kalk vor der Einwirkung von
Kohlensäure zu schützen; dieß ist aber eine materielle Unmöglichkeit. Die
Hohofengase werden stets Kohlensäure enthalten; überdieß ist der Betrieb eines
Hohofens, selbst wenn man von der Benutzung gebrannten Kalkes absieht, unter sonst
gleichen Umständen bekanntlich um so ökonomischer, je mehr die Kohlensäure über das
Kohlenoxyd vorwaltet. Man kann jedoch, wenn es unmöglich ist, den gebrannten Kalk
vor dieser continuirlichen Einwirkung der Kohlensäure zu schützen, dieselbe
wenigstens bis zu einem gewissen Grade abschwächen, indem man den Kalk in Form
großer Stücke anwendet, hauptsächlich aber indem man ihn sehr stark brennt, so daß
er etwas frittet. Von diesem Gesichtspunkte aus würden etwas mergelige und
magnesiahaltige Kalksteine den ganz reinen vorzuziehen seyn, und der Ringofen wäre
hier von großem Nutzen, weil er ein kräftiges und gleichmäßiges, dabei ökonomisches
Brennen gestattet.
Wir haben im Vorstehenden gesehen, daß in den Hohöfen, in Folge der constanten und
unabwendbaren Gegenwart von Kohlensäure, die Brennmaterialersparniß von mindestens
10 Procent, welche die Theorie bei Anwendung von gebranntem Kalk anstatt des rohen
Zuschlagskalksteines zu versprechen scheint, niemals zu erreichen seyn wird, daß man
aber dieser Ersparniß um so näher zu kommen vermag, je mehr man sich befleißigt, den
gebrannten Kalk gegen die Einwirkung der Kohlensäure und der Wasserdämpfe im Hohofen
zu schützen; man muß daher den Kalkstein sehr stark brennen, ihn nicht zu kleinen
Stückchen zerschlagen, auch die Erze welche Wasser und Kohlensäure enthalten,
zubrennen, endlich die Kohks niemals in feuchtem Zustande aufgeben.
Daß das Zubrennen der Wasser- und kohlensäurehaltigen Erze stets größere
Vortheile gewährt hat, als das Brennen des Zuschlagskalkes, beruht einzig und allein
auf dem Umstande daß das Eisenoxyd nicht, wie der gebrannte Kalk, das Bestreben hat,
im Hohofen wieder Wasser und Kohlensäure aufzunehmen.
Ich schließe mit einigen Bemerkungen über die Anwendbarkeit des
Hoffmann'schen Ringofens auf den
Eisenhütten.
Nach den auf den Ziegeleien (besonders in Deutschland) gemachten Erfahrungen ist es
überflüssig, die Vortheile hervorzuheben welche dieser Ofen beim Brennen von
feuerfesten Steinen gewährt; ich muß aber darauf aufmerksam machen, wie nutzbringend
seine Anwendung zum Brennen des Zuschlagskalkes und zum Zubrennen der Erze seyn
würde.
Der Gang der gewöhnlichen Röstöfen ist ein sehr unregelmäßiger. Oft fällt die Röstung
an einer Stelle zu stark, an anderen Stellen hingegen ungenügend aus; man kann sie
nicht nach Belieben reguliren.
Bei den Ringöfen ist dieß ganz anders. Man kann nicht nur den Zug und den Gang des
Apparates im Allgemeinen mit Hülfe der Klappen der Rauchcanäle nach Belieben regeln,
sondern auch das Feuer reguliren und es auf allen Punkten gleichförmig machen, indem
man durch die verschiedenen Einschüröffnungen mehr oder weniger Steinkohle
aufgibt.
Auf diese Weise ist man leicht im Stande, den eingesetzten Kalkstein vollständig und
kräftig durchzubrennen, und verbraucht dazu nur 6 bis 7 Procent gewöhnlicher
Kleinkohle. (Für große Hoffmann'sche Oefen ist die ovale
Form der Kreisform vorzuziehen, weil bei jener die Construction weniger kostspielig
ist.)
Wählen wir als Beispiel einen Hohofen welcher täglich 40 Tonnen Roheisen producirt,
so verbraucht derselbe 25 Tonnen Zuschlagskalk; ein Ringofen welcher täglich die zum
Betriebe dieses Hohofens erforderliche Kalkmenge liefert, kommt höchstens auf 25,000
Francs zu stehen. Nun erzielt man bei den englischen Hohofen durch Anwendung von
gebranntem Kalk als Zuschlag eine Ersparniß von 38 Kilogrm. Kohks per Tonne Roheisen, und Bell, welcher diese Ziffer nach
seiner eigenen Erfahrung
anführt, bemerkt, daß der benutzte Kalk gewöhnlich unvollkommen gebrannt ist. Brennt
man denselben daher vollständig, und beobachtet man die oben angegebenen
Vorsichtsmaßregeln (Anwendung von trockenem Brennstoff, von geröstetem Erze etc.),
so wird man eine Ersparniß von mindestens 50 Kilogrm. Kohks per Tonne, also von 2000 Kilogrm. per Tag bei
dem in Rede stehenden Hohofen erzielen. Dieß würde, die Tonne Kohks zu 20 Francs
gerechnet, täglich einer Minimalersparniß von 40 Francs, also voll 1 Franc per Tonne Roheisen entsprechen.
Beim Zubrennen der wasser- und kohlensäurehaltigen Erze wird, wenn man dazu
einen Ringofen benutzt, ebenfalls eine gewisse Ersparung erzielt werden, und dieses
Zubrennen ist, ich wiederhole es, durchaus nothwendig, wenn man aus dem vorläufigen
Brennen des Zuschlagskalkes den größtmöglichen Vortheil ziehen will.
In dieser Hinsicht muß ich aber noch eine Bemerkung machen. Indem man den
Zuschlagskalk und die Erze für sich brennt, beläßt man eben hierdurch den
Hohofengasen eine höhere Temperatur. Man muß daher, um nicht durch die freie Wärme
der Gase zu verlieren, was man durch das vorläufige Brennen gewinnt, die Hohöfen
erhöhen oder erweitern, wenigstens wenn die bloße Vermehrung des Gewichtes der
Beschickung nicht hinreichen sollte um die Temperatur der Gichtgase auf die
Maximalgrenze von 250 bis 300° C. herabzudrücken. Diese bloße Erhöhung der
Hohöfen hat dadurch daß sie die Reduction der Erze in den oberen Zonen begünstigt,
für sich allein eine beträchtliche Ersparniß in den nordenglischen Eisenhütten
veranlaßt.