Titel: | Ueber das Gattiren hydraulischer Kalke; von Prof. D. Wartha in Ofen. |
Autor: | D. Wartha |
Fundstelle: | Band 202, Jahrgang 1871, Nr. CXX., S. 528 |
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CXX.
Ueber das Gattiren hydraulischer Kalke; von Prof.
D. Wartha in
Ofen.
Wartha, über das Gattiren hydraulischer Kalke.
Bekanntlich verwendet man schon seit langer Zeit zu Bauten in und über der Erde sowie
im Wasser, gewöhnlichen Kalkmörtel mit Zusatz von mehr oder weniger Cement. Hr. W.
A. Becker hat in seinem Werke: „Praktische
Anleitung zur Anwendung der Cemente u.s.w.,“ 3. Ausgabe, Berlin 1869,
auf S. 58 eine derartige Mörtelbereitung besprochen und mit praktischen Daten
belegt. Hr. Prof. Manger hat sich gleichfalls mit dem
Studium des Einflusses beschäftigt, welchen Aetzkalk in verschiedener Form auf
Portlandcement ausübt und gelangt unter Anderem zu dem Schlusse, daß das Beimischen
von Kalk zu Portlandcement dessen Erhärtung nicht störe, sondern nur verzögere, daß
auch ein Anschwellen des Mörtels nicht erfolgt, wenn man den gebrannten Kalk nicht trocken in Pulverform, sondern gelöscht als
Weißkalk dem Cement beimengt, d. i. wenn man den gebrannten Kalk zu Kalkwasser oder
Kalkmilch anrührt und dasselbe zum Anmachen des Cementes benutzt.
Da ich nun im Besitz eines gerade zu den besprochenen Versuchen tauglichen Materiales
war, so nahm ich mit vor, die Einwirkung verschiedener Quantitäten von trockenem
Aetzkalk auf hydraulischen Kalk und eventuell auch auf Portlandcement zu
versuchen.
Bevor ich zur Besprechung meiner Versuche übergehe, will ich die Zusammensetzung des
hydraulischen Kalkes anführen, der mit als Grundlage diente. Der graue klingende
Mergel, aus welchem dieser Kalk erbrannt war, kommt bei Lábatlan im Komorner
Komitat in Ungarn vor. Das Material wurde einer größeren, gut gemengten Quantität
entnommen, scharf gebrannt und analysirt. Die Farbe des Productes war
bräunlich-gelb; beim Vermengen mit Wasser ließ sich auch bei vollständig
ausgetrocknetem Material kaum eine merkliche Temperaturerhöhung wahrnehmen; das
Binden trat innerhalb einer halben bis einer Stunde ein, die Erhärtung erfolgte ganz
allmählich im Verlauf einiger Tage (besser in feuchter Luft als wenn der Cement sogleich nach dem
Abbinden unter Wasser gesetzt wurde).
Das Product enthielt in 100 Theilen:
In Salzsäure unlöslich:
Kieselsäure (größtentheils als
Sand)
8,99
Kalk, Thonerde
1,31
–––––
zusammen
10,30
10,30
In Salzsäure und bei nachheriger Behandlung
des Rückstandes mit einer Lösung von kohlensaurem Natron löslich:
Kieselsäure
30,76
Thonerde
7,59
Eisenoxyd
5,50
Manganoxyd
2,39
Kalk
39,06
Magnesia
2,40
Kali
1,22
Natron
0,66
–––––
zusammen
89,58
89,58
Bis zum Schmelzen erhitzt, Glühverlust
0,64
0,64
–––––
zusammen
100,52
Der Gehalt an kohlensaurem Eisenoxydul wurde im rohen Gestein durch Titrirung
gefunden.
Gewichtsverlust durch anhaltendes Glühen: 26,29 Proc.; mit verdünnter Salzsäure
behandelt hinterließ der Mergel 41,05 Proc. Rückstand.
Ungebrannt enthält demnach der Lábatlaner hydraulische Kalk in 100
Theilen:
51,04
kohlensauren Kalk,
3,61
kohlensaure Magnesia,
1,94
kohlensaures Eisenoxydul,
0,52
kohlensaures Manganoxydul,
1,52
chemisch gebundenes Wasser,
–––––
zusammen
58,69
in verdünnter Salzsäure lösliche Substanz und
41,31
unlösliche.
–––––
100,00
Das im Ringofen erbrannte Material zeigte immer noch 4–5 Proc. Kohlensäure,
band aber dessenungeachtet viel besser ab, als wenn die Kohlensäure durch
anhaltendes Glühen ganz entfernt wurde; außerdem fanden sich noch geringe
Quantitäten von schwefelsaurem Kalk, aus den Pyriten der verwendeten Braunkohle
stammend, so wie denn das frische Material mit Salzsäure übergossen merkliche Mengen
von Schwefelwasserstoff lieferte.
Auf Grund der analytischen Resultate muß man diesen Mergel als Zwischenglied zwischen
Traß und sehr kalkarmen hydraulischen Kalken betrachten, denn es war vorauszusehen,
daß bei so hohem Kieselsäuregehalt ein relativ großer Kalkzusatz möglich seyn wird.
Man sollte überhaupt solchem Gestein welches mit weniger als 30 Proc. Kalk (im
gebrannten Zustande) nicht mehr als hydraulischer Kalk verwendet werden kann, mehr
Aufmerksamkeit widmen, indem, wie aus meinen Versuchen hervorgeht-, durch die
gehörige Gattirung ganz vorzügliche Producte hergestellt werden können.
Zu den Gattirungs-Versuchen benutzte ich zwei, in unmittelbarer Nähe der
Lábatlaner Brüche vorkommende Kalksteinsorten, einen röthlichen und einen
gelblich-weißen mit folgender Zusammensetzung (im gebrannten Zustande):
röthlicher
Kalkstein.
gelblich-weißer
Kieselsäure
2,44
Kalk
98,67
Thonerde
1,15
in Salzsäure unlöslich
1,33
Eisenoxyd
1,45
––––––
Kalk
94,66
100,00
Magnesia
0,30
Alkalien
Spuren
––––––
100,00
Ich glaubte nun ganz entschieden in dem röthlichen Kalkstein ein ganz vorzügliches
Material gefunden zu haben und nahm denselben zuerst vor. Eine Mischung von 100
Thln. Lábatlaner Kalk mit 5 Thln. röthlichem Kalk erwärmte sich mit Wasser
gemengt erst nach 20–25 Minuten; nach dem Abbinden und vollständigen Abkühlen
in's Wasser gebracht, und erst nach 3–4 stündigem Erhärten in feuchter Luft,
hielten dieselben die Einwirkung von Wasser aus. Aber schon bei 7 Proc. Kalkzusatz
zerfiel das Stück im Wasser, selbst nach dem vollständigem Erhärten an der Luft. Bei
12–15 Proc. Kalkzusatz trat schon während des Bindens starkes Treiben und
Reißen ein, wobei das Stück zu trockenem magerem Pulver zerfiel.
Ich war nun durch dieses Verhalten sehr enttäuscht, weil ich dachte daß das so
kieselsäurereiche Grundmaterial gerade von dieser Kalksorte, welche schon an und für
sich lösliche Kieselsäure enthielt, größere Quantitäten wird aufnehmen können, und
schritt daher mit wenig Hoffnung zu den Versuchen mit der reinen hitzigen Kalksorte.
Zu meinem Erstaunen aber fand ich, daß schon mit 5 Thln. CaO-Zusatz ein
äußerst günstiges Resultat erzielt wurde, ja daß bei Zusatz von 15 bis 20 Thln.
Aetzkalk, obwohl eine so enorme Erwärmung eintrat daß man die Stücke gar nicht berühren konnte,
trotzdem kein Stück auch nur den kleinsten Riß zeigte,
sondern, nach dem vollständigen Abkühlen in's Wasser gebracht, sich ganz
ausgezeichnet verhielt und nun in wenigen Tagen Steinhärte annahm; ja erst bei 30
Thln. Kalkzusatz zeigten sich jene Erscheinungen, die durch Zusatz von nur 10 Thln.
röthlichem Kalk hervorgerufen wurden. Mischte man Kalkhydrat bei, so wurde die
Erhärtung und Abbindung bedeutend verzögert, aber nicht im Geringsten gestört, wie
dieß Prof. Manger schon beim Portlandcement gefunden
hat.
Man kann durch successives Mengen dieses kieselsäurereichen Materiales mit Aetzkalk
ein Product erzeugen dessen Eigenschaften, wie Raschheit der Bindung, Erhärtung etc.
genau regulirt werden können, ohne die Herstellungskosten zu beeinflussen. Die
Steine werden im Ringofen gleichzeitig gebrannt, passiren schon im gewünschten
Verhältniß die Brechmaschine, werden dann in der Mühle und Siebtrommel gehörig
gemengt, und gelangen ohne weitere Manipulationen zur Verpackung.
Ich habe gefunden daß die am meisten gesuchten Eigenschaften, nämlich nicht zu
rasches Abbinden, aber trotzdem Widerstand gegen fließendes Wasser, einem Zusatz von
15 Thln. Ca O zu dem oben besprochenen Grundmaterial
entsprechen. Dieses Gemenge enthält in Procenten:
Kieselsäure
26,65
Thonerde
6,57
Eisenoxyd
4,77
Manganoxyd
2,07
Kalk
46,66
Magnesia
2,08
Kali
1,06
Natron
0,57
unlösliche Kieselsäure
7,73
in Salzsäure unlösliches
Kalkaluminat
1,29
Glühverlust
0,54
–––––
100,00
und entspricht ungefähr dem Harwich-Cement. (Dr. Michaëlis:
„Die hydraulischen Mörtel,“ Berlin 1869, S. 67.)
Die auffallende Erscheinung, daß schon geringe Quantitäten der ersterwähnten
röthlichen Kalksorte das kieselsäurereiche Material unbrauchbar machten, kann ich
mit durch zwei Umstände erklären, welche gleichzeitig wirken. Der eisenhaltige
Kalkstein war todtgebrannt, wobei sich eine Eisenoxydkalk-Verbindung bildete,
wie sie Michaëlis
A:. a. O., S. 40. beschrieb und welche selbst mit Wasser in Berührung zersetzt wird, so zum Treiben und Reißen des
Gemenges Veranlassung gab; andererseits aber löscht sich todtgebrannter Kalk viel
langsamer und träger als hitziger reiner Netzkalk, daher die vollständige
Wasseraufnahme erst stattfand als der beigemengte Cement schon abgebunden hatte, und
nun fiel in Folge der bedeutenden Volumveränderung das Stück auseinander, während
der hitzige Kalk sich früher hydratisirend als der Cement abgebunden hat, zu keinen
derartigen mißlichen Erscheinungen Veranlassung geben kann. Diese Erklärung findet
ihre Stütze in dem Versuch, den kieselsäure- und eisenhaltigen Thon bei
möglichst niederer Temperatur zu brennen und dann mit hydraulischem Kalk zu mengen.
Es gelang unter diesen Umständen bis 20 Theile Kalk auf 100 Thle. Cement zuzusetzen,
ohne daß das frühere Reißen eintrat.
Aus den mitgetheilten Versuchen ersteht man, wie wichtig die Natur und Art des
Brennens solcher Kalksteine ist, welche zur Herstellung von Traß-Mörtel oder
zum Probiren natürlicher oder künstlicher Puzzolanen verwendet werden sollen.
Mit englischem Portlandcement habe ich nur wenige Versuche angestellt, da mit das
nöthige Material fehlte; ich fand aber daß langsam bindender englischer Cement bis
10 Proc. Ca O vertrug, ohne die Probegläschen zu
sprengen; durch diesen Zusatz wurde er bedeutend rascher bindend und widerstand
früher fließendem Wasser als vorher.
Schließlich theile ich noch einige Versuche mit, welche ich anstellte um zu ermitteln
welchen Einfluß geringe Quantitäten festen Natron-Wasserglases auf
Kalk-Cementgemenge ausüben. Ich fand nun daß man mit dem Zusatz von
Wasserglas sehr vorsichtig seyn muß, und stellte als Maximal-Grenze 2 Thle.
Natron-Wasserglas auf 100 Thle. hydraulischen Kalk und 15 Thle. Aetzkalk
fest. In diesem Verhältniß gemengt, erhielt man ein vorzügliches Product, welches in
kurzer Zeit Kieselsteinhärte erreichte; ging man aber um 1 Proc. höher, so
verzögerte sich das Abbinden bedeutend, und ebenso die Erhärtung und der Widerstand
gegen fließendes Wasser.
Die procentische Zusammensetzung obiger Mischung ist folgende:
Kieselsäure
7,45
Thonerde
6,47
Eisenoxyd
4,68
Manganoxyd
2,04
Kalk
45,84
Magnesia
2,05
Kali
1,05
Natron
0,96
unlösliche Kieselsäure
7,60
in Salzsäure unlösliches
Kalkaluminat
1,27
Glühverlust
0,54
Wasser (im Wasserglas)
0,05
––––––
100,00