Titel: | Mittheilungen aus dem chemisch-technischen Laboratorium des Carolinum zu Braunschweig. |
Fundstelle: | Band 202, Jahrgang 1871, Nr. CIV., S. 434 |
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CIV.
Mittheilungen aus dem chemisch-technischen
Laboratorium des Carolinum zu Braunschweig.
Studien über den Portlandcement;Das Material dieser Untersuchung ist ächt englisches Fabricat, für welches ich
Herrn Baumeister Fuldner von der hiesigen
Eisenbahnverwaltung zu Dank verpflichtet bin. von Friedrich
Schott.
Schott, Studien über den Portlandcement.
Der Portlandcement, wie er in dem Handel vorkommt und im Bauwesen verwendet wird, ist
durch Schlämmen in einen unfühlbar feinen und in einen grobsandigen Theil scheidbar.
Jener, der staubfeine Theil, nimmt beim Schlämmen im Wasser eine Chocolatefarbe und
zugleich eine welche flockige Beschaffenheit an, wie ein frischgefällter
Niederschlag. Der sandgrobe Theil ändert seine Farbe und sein Ansehen im Wasser
nicht. Während der staubfeine Theil noch zusammenbackt, wenn er sich aus dem
Schlämmwasser zu Boden setzt und einige Tage ruhig stehen bleibt, so schien dieß bei
dem groben Theil nicht der Fall zu seyn. Der feine Theil löst sich ohne Rückstand in
überschüssiger Chlorwasserstoffsäure; der grobe Theil entfärbt sich und hinterläßt
einen beträchtlichen Rückstand in Form von weißen Körnern. Die nahe liegende
Vermuthung, daß das Grobe und das Mehlige des Portlandcementes nicht gleichartig,
daß das Grobe etwa die sandigen beim Brennen unverändert gebliebenen Theile der
Rohmaterialien seyen, welche beim Mahlen länger widerstehen, – diese
Vermuthung hat sich bei genauerer Untersuchung ganz und gar zerstreut. Zunächst
bemerkte man, daß der grobe Theil allerdings ebenfalls im Wasser zusammenbackt, aber
nur lose und dieß erst nach einigen Monaten ruhigen Stehens. Ferner fand sich, daß
der Rückstand nach der Behandlung mit Salzsäure im Wesentlichen keineswegs aus Sand,
sondern aus weichen, in Kalilauge löslichen Klümpchen von Kieselgallerte bestand.
Endlich gab die vergleichende AnalyseDie Aufschließung der bei 100°C. getrockneten Substanz geschah mit
concentrirter Salzsäure. Nach dem Abdampfen zur Trockne und Behandeln des
Rückstandes längere Zeit bei 110° im Luftbad, nahm man mit verdünnter
Salzsäure auf und filtrirte. In dem gewaschenen Rückstand bestimmte man die
lösliche Kieselerde durch Ausziehen mit Kalilauge. Das Filtrat mit dem
Waschwasser, genau auf 1 Liter verdünnt, diente nach bestimmten
Maaßbruchtheilen zur Bestimmung von Eisenoxyd, Thonerde, Kalk, Bittererde,
Schwefelsäure und den Alkalien. Eisenoxyd und Thonerde sind mit
unterschwefligsaurem Natron getrennt, die Schwefelsäure ist als Barytsalz,
der Kalk als oxalsaures Salz, die Bittererde mit phosphorsaurem Natron und
Ammoniak gefällt, die Alkalien als Chlorüre gewogen und mittelst
Platinchlorid getrennt. Ein besonderer Versuch mit Liebig's Kugelapparat gab die Kohlensäure, der Glühverlust die
Summe von Kohlensäure und Wasser. Folgende sind die unmittelbaren Ergebnisse
der Analysen.A. Das
feine Schlämmproduct:a) 1,129Grm.– 2,169 Grm.– 3,043 Grm.Substanzgaben 0,049„– 0,090 „– 0,132 „Eisenoxyd und
0,097 „– 0,139 „Thonerdeb) 0,4515 0,4515Grm.„Substanz
gaben„
„ 0,272 Grm.
0,270 „Kalkc) 0,903„„
„ 0,0345 „phosphorsaure Magnesiad) 2,25810,226„„„
„„
„
0,0645 „
0,2345 „alkalischeChlorüre10,226„„
„
0,574 „Kaliumplatinchlorid10,226„„
„
0,072 „schwefelsaure Magnesiae) 0,5644„„
„
0,013 „Barytf) 0,882 1,1315„„„
„„
„
0,025 „
0,032 „Kohlensäureg) 0,600 0,904„„„
„„
„
0,024 „
0,034 „Glühverlusth) 5,644Grm.– 3,043 Grm.Substanz gaben: 1,292„
0,688 „Kieselerde und 0,0685„
0,045 „in Salzsäure und Kalilauge Unlösliches.B) Das
grobe Schlämmproduct:a) 0,827Grm. Substanz gaben0,037 Grm. und0,035Grm.Eisenoxyd: ferner0,055
„
„0,053 „Thonerdeb) 0,827 0,827Grm.
Substanz„ „gaben„0,59350,4950Grm. „Kalkc) 0,827 0,827„ „„ „„„0,0330,031 „ „phosphorsaureMagnesiad) 9,169 5,209„ „„ „„„0,2580,1515 „ „alkalischeChlorüre14,378„ „„1,0795 „Kaliumplatinchlorid14,378„ „„0,097 „schwefelsaures Natrone) 0,310 0,4136„ „„ „„„0,00650,0100 „ „Schwefelsäuref) 1,720 2,4955„ „„ „„„0,01350,0170 „ „Glühverlustg) 9,169„ „„2,0835 „Kieselerdeh) 9,169 4,136hinterließen
„0,188 Grm.0,091 „in Chlorwasserstoffsäureund Kalilauge
Unlöslichesi) 4,136 „1,033 „in Salzsäure unlöslichen Rückstand,
wovonsich 0,942 Grm. in Kalilauge lösten. der beiden Schlämmproducte genauen Anhalt. Um die unter dem Einfluß des Wassers
unvermeidliche chemische Aenderung des Portlandcementes auszuschließen, bediente man
sich zum Material der Analyse der Schlämmung mit Petroleumsprit. Man erhielt:
im
feinen Theil
im
groben Theil
Eisenoxyd
4,276
4,352
Thonerde
4,519
6,527
Kalk
60,075
59,749
Bittererde
1,376
1,394
Kali
1,082
1,447
Natron
0,307
0,294
Schwefelsäure
0,797
0,774
Kieselerde
22,750
22,749
KohlensäureWasser
2,831 0,867
0,731
Unlösliches
1,347
2,125
–––––––
–––––––
100,227
100,142
Es ist demnach ein wesentlicher Unterschied in dem chemischen Bestande beider Theile
nicht vorhanden; der grobe Theil enthält mehr Thonerde und etwas weniges mehr
Unaufschließbares; der feinere Theil, durchdringlicher und den Atmosphärilien mehr
Oberfläche bietend, ist reicher an Kohlensäure und Wasser.
Nach den Zahlen der Analyse scheint der Portlandcement aus 2 Gewichtstheilen
trockenem Kalkhydrat und 1 Gew. Th. trockenem Thon bereitet und die Aufschließung
des letzteren durch den Kalk beim Glühen so gut wie vollkommen. Die hervorragend
hydraulischen Eigenschaften des Productes sind übrigens keineswegs von der
Integrität seines chemischen Bestandes bedingt; es können im Gegentheil bedeutende
Aenderungen und Verrückungen dieses Bestandes vorgenommen werden, ohne daß diese
Eigenschaft verloren geht, – ja sie kann dadurch noch um ein Bedeutendes
gesteigert werden. Die nachstehenden Beobachtungen liefern die Beweise dieser
Thatsache.
50 Grm. Portlandcement mit 20 Kub. Centim. verdünnter Salzsäure (aus gleichen
Raumtheilen rauchender Salzsäure und Wasser) angerührt, zogen in kurzer Zeit an. Die
Probe, 9 Tage lang in Wasser gehängt, erschien nach dieser Zeit glatt, derb und
steinhart. Mit stärkerer Salzsäure erstarrt der Portlandcement im Umrühren, so daß
er sich nicht mehr ausgießen läßt.
Aehnlich verhält sich der Cement mit Weinsäurelösung, die Erstarrung erfolgt
augenblicklich. Macht man den Cement jedoch zuerst mit Wasser zu einem formbaren
Teig an und benetzt diesen sofort mit Weinsäurelösung, so erhärtet er unter dem
Netzen zu einer steinfesten Masse. Eine solche Probe war mit dem Messer kaum mehr zu
ritzen, nachdem sie 6 Wochen im Wasser gelegen.
Mit einer in der Kälte gesättigten Lösung von phosphorsaurem Natron zu einem
gießbaren Brei angemacht, erhärtete der Portlandcement wie gewöhnlich.
Noch auffallender ist die Wirkung von kohlensaurem Natron. Portlandcement mit
kaltgesättigter Lösung von krystallisirter Soda zu Brei angerührt, erhärtet so
rasch, daß man die Masse eben noch ausgießen kann. Proben mit verdünnter Lösung,
nämlich:
37 Grm. Cement mit 5 K. C. kaltgesättigter Sodalösung und 10 K. C. Wasser; ferner
80 Grm. Cement mit 5 K. C. derselben Lösung und 10 K. C. Wasser erhärteten langsamer
aber vollständig, als sie nach dem Anziehen längere Zeit in Wasser gelegt wurden.
Auf der Probe mit verdünnter kaltgesättigter Lösung fließt die Tinte beim Schreiben
nicht aus, während Proben mit verdünnter Lösung sich in dieser Beziehung wie
Löschpapier verhalten. Diese letzteren Proben, oder solche mit bloßem Wasser
angemacht, nach dem Anziehen längere Zeit in Sodalösung gelegt, verhalten sich gegen
Tinte wie die zuerst beschriebene Probe und nehmen den äußersten Grad von Härte an.
Wenn kein Ueberschuß angewendet wird, so braust die Sodalösung nach einiger Zeit
nicht mehr auf und wird völlig ätzend.
Wie kohlensaures Natron, wirkt auch kohlensaures Kali. Die ölige Lösung, wie sie beim
Uebergießen dieses Salzes mit einer unzureichenden Menge Wasser entsteht, zu einem
mäßig dicken Brei angerieben, bindet in kurzer Zeit und gut ab, und erhärtet, nach
dem Abbinden in Wasser gehängt, ohne Zerfallen und Abblättern sehr rasch und sehr
bedeutend. Nach 14 Tagen war die Probe so, daß sie nach dem Trocknen sich schwer mit
dem Messer ritzen ließ, und beim Anschlagen einen hellen Klang gab, während sie
Schrift und Tinte in aller Schärfe und ohne auszufließen annahm. Eine andere Probe,
wobei man die ölige Lösung des Kalisalzes mit gleichen Theilen Wasser verdünnte,
verhielt sich genau wie die vorige.
Eine Lösung von Wasserglas hat eine außerordentlich härtende und dichtende Wirkung
auf den Cement. Concentrirte Lösung ist schwerer anwendbar; mit Wasser angemachter
Cement nach dem Abbinden hineingelegt, überzieht sich mit einer undurchdringlichen
aber äußerst dünnen Kruste. War die Probe vorher getrocknet, so bleibt sie im
Inneren sogar gänzlich trocken. Ein Cementguß nach dem Abbinden in sehr verdünnte
Lösung von Wasserglas gelegt, härtet sich durch und durch, nur muß man von Zeit zu
Zeit der Lösung etwas Wasserglas zugeben, bis die Flüssigkeit auch nach längerem
Zusammenstehen mit dem Cemente nicht mehr aufhört von Chlorammonium gefällt zu werden.
Auch durch unmittelbares Anmachen des Portlandcementes mit verdünnter
Wasserglaslösung entstehen sehr harte Proben; sie ziehen rascher an, als mit bloßem
Wasser angemachte. Syrupdicke Wasserglaslösung mit gleichen Theilen Wasser verdünnt
und mit dem doppelten Gewicht Cement angerührt, gab sehr gute Güsse. Portlandcement
in concentrirte syrupdicke Wasserglaslösung eingerührt, erstarrt sogleich.
Bedeutende Härte wurde erzielt, als man Cementproben die mit Wasser abgebunden
hatten, etwas abtrocknen ließ, so daß sie noch mäßig feucht waren, und dann mit
dickem Wasserglas betropfte so lange sie es einsaugten.
Mit kalt gesättigter Salmiaklösung angemachter Portlandcement zog gut an, und
erhärtete an der Luft in einigen Tagen beträchtlich; eine Woche lang in Wasser
gelegt, war die Probe beim Ritzen mit der Klinge schreihart.
Mit einer Lösung von oxalsaurem Ammoniak angerührter Cement band ab wie gewöhnlich;
nach dem Abbinden in ebensolche Lösung eingelegt, nahm er nach einiger Zeit die
äußerste Härte an, während die Lösung vollkommen klar blieb.
Eine sehr kräftige und fördernde Einwirkung auf die Erhärtung des Cementes hat
kohlensaures Ammoniak. Lösungen dieses Salzes beschleunigen das Abbinden des damit
angemachten Cementes und machen die Proben um so härter, je concentrirter sie sind.
Bei concentrirten Lösungen erwärmt sich die Probe im Verhältniß ihrer Stärke.
Namentlich durch längeres Einlegen der abgebundenen Proben in die Lösung von
kohlensaurem Ammoniak erfolgt bedeutende Härte, so daß die Proben beim Ritzen
schreien. Sie sehen dabei schön schlicht und glatt aus, überziehen sich nicht mit
schleimigen Ausscheidungen, wie die in bloßem Wasser erhärtenden Proben zu thun
pflegen; ebenso bleibt die Lösung während des Erhärtens klar und frei von
Ausscheidungen, nimmt aber starken Geruch nach Aetzammoniak an.In Bezug auf den Einfluß von Salzlösungen, namentlich von Lösungen
kohlensaurer Alkalien, sind Andere zu sehr widersprechenden Ergebnissen
gelangt. Es erscheint dieß sehr natürlich, wenn man bedenkt daß das Erhärten
oder Nichterhärten ganz und gar von der Art abhängt, wie man das
hydraulische Material mit den Salzlösungen behandelt. Auch mit bloßem Wasser
kann man z.B. Portlandcement, je nachdem man verfährt, zum Erhärten bringen
oder daran verhindern. Bei den mitgetheilten Beobachtungen ist der
Portlandcement einfach mit den Salzlösungen angemacht, bez. in solche
Lösungen nach dem Abbinden eingelegt; der Cement erhärtete. Bei den
Versuchen der Vorgänger sind Momente in's Spiel gekommen, welche die
Erhärtung nothwendig stören und verhindern müssen. So bei Versuchen mit
kohlensaurem Ammoniak, wo man das hydraulische Material nachher ausgewaschen hat, um das überschüssige
Ammoniaksalz zu entfernen; so bei Versuchen mit Lösung von kohlensaurem Kali
und Portlandcement, wo man das breiige Gemisch unter öfterem Umrühren stehen ließ. – Daß Portlandcement
verschiedener Bezugsquellen sich so verschieden verhalte, daß der eine mit
den genannten Salzen erhärtet, der andere nicht, ist nicht wohl
anzunehmen.
Nach den Beobachtungen über den Einfluß verschiedener Salze auf die
Erhärtungsfähigkeit des Cementes war es von Interesse, einen oder den anderen Fall
einer näheren Untersuchung zu unterwerfen. Um meisten praktisches Interesse bieten
offenbar die kohlensauren Salze; unter diesen wählte man das kohlensaure Ammoniak
als das geeignetste. Zu dem Ende rührte man je 100 Grm. Portlandcement
(ungeschlämmt) mit 34 K. C. folgender Lösungen an:
I. kalt gesättigte Lösung von kohlensaurem Ammoniak;
II. 1 Gew. Thl. derselben Lösung mit 1 Gew. Thl. Wasser;
III. 1 Gew. Thl. derselben Lösung mit 3 Gew. Thln. Wasser.
Die Proben wurden, nachdem sie in Papierkapseln ausgegossen waren und abgebunden
hatten, entzwei gebrochen und je eine Hälfte mit Lösung von kohlensaurem Ammoniak
und die andere Hälfte mit Wasser übergossen, und so zwei Monate stehen gelassen.
Die Probe I hatte sich stark erwärmt beim Anmachen und schon nach 5 Minuten
abgebunden; die Probe III erwärmte sich gar nicht, bedurfte aber 2 volle Stunden zum
Abbinden; die Probe II zeigte ein mittleres Verhalten. Die mit kohlensaurem Ammoniak
übergossenen Hälften sämmtlicher Proben waren härter als die mit Wasser
übergossenen. Die Flüssigkeit in welcher die Erhärtung stattgefunden, enthielt
Spuren von Kieselerde, Thonerde und Eisenoxyd, dabei aber erhebliche Mengen von
kohlensaurem Kali und Natron. – Zum Zweck der Analyse diente eine eigens
angefertigte Probe aus dem durch sorgfältiges Abschlämmen des käuflichen
Portlandcementes mit Petroleumsprit erhaltenen feinen Theile, also mit Ausschluß des
sandigen gröberen Theiles. Von dem feinen, nach dem Absitzen getrockneten
Schlämmproduct wurden 50 Grm. mit 25 K. C. kaltgesättigter Lösung von kohlensaurem
Ammoniak angerührt, ausgegossen und die Probe nach dem Abbinden 3 Wochen lang in der
gleichnamigen Lösung eingestellt. Sie hatte eine bedeutendere Härte erlangt, als bei
der gewöhnlichen Behandlung des Cementes mit Wasser. Die sorgfältig mit destillirtem
Wasser abgespülte Probe ergab, nach dem Zerreiben und Trocknen im Vacuum über
Schwefelsäure, im Mittel von zwei nahe übereinstimmenden Versuchen 4,468 Proc.
Wasser durch Glühen und Auffangen im Chlorcalciumrohr; ferner durch Austreiben der
Kohlensäure mittelst Chlorwasserstoff und Auffangen im Liebig'schen Kugelapparat im Mittel ebenso 26,460 Proc. Kohlensäure.
Beides, Wasser und
Kohlensäure zusammen betragen sonach 26,460 + 4,468 = 30,928 Proc.; der direct
gefundene Gewichtsverlust durch Glühen war 30,71 Proc.Feines Schlämmproduct mit
kohlensaurem Ammoniak behandelt:a)0,5115 Grm.Substanzgaben0,0235 Grm. Wasser0,5527 „„„0,0240 „ „b)0,4315 „„„0,1140 „Kohlensäure0,3415 „„„0,0905 „„0,736 „„verloren im Glühen 0,226 Grm. Nimmt man an, die Alkalien seyen gänzlich als kohlensaure Salze an die
Flüssigkeit übergegangen, was sich von der Wahrheit nicht viel entfernen kann, so
werden
von frischem Cement fein abgeschlämmt =
100,000 G. Th.Man vergleiche die Analyse S. 436.
abgehen an Alkalien
1,389 „
–––––––––––––
und daher bleiben =
98,611 G. Th.
welche aufnehmen an Kohlensäure
33,530 „
und an Wasser
5,272 „
–––––––––––––
137,413 G. Th.
Je 100 Gew. Thle. frischer mehlfeiner Cement geben daher 137,4 Gew. Thle. in
kohlensaurem Ammoniak erhärteten Cement, welcher seinerseits besteht aus:
kohlensaurem Kalk
79,2
57,56
kohlensaurer Bittererde
2,9
2,10
schwefelsaurem Kalk
1,3
0,98
gewässertemSilicat
KalkEisenoxydThonerdeKieselerdeWasser
15,14,34,522,76,1
52,7
38,38
Unlöslichem in Säure
1,3
0,98
–––––
––––––
137,4
100,00
Das gewässerte Silicat besteht aus 6,1 Wasser und 46,6 Kieselerdeverbindungen,
entsprechend:
Kieselerdeverbindung
88,38
Wasser
11,62
––––––
100,00
In 100 Gew. Thln. frischem mehlfeinem Schlämmproduct sind ferner enthalten 60,07 Gew.
Thl. Kalk im Ganzen, nach Abzug von 0,56 Gew. Thl. an Schwefelsäure gebundenen 59,51
Gew. Thl. Davon gehen 44,37 Gew. Th. an die Kohlensäure des Ammoniaks und verbleiben
in dem Silicat 15,14
Gew. Thle. wie oben verrechnet. Es sind mithin der Probe von ihrem Gehalt an
disponiblem Kalk volle 3/4 durch die Einwirkung des Ammoniaksalzes entzogen
worden.
Bekanntlich nimmt der Portlandcement bei seiner Anwendung im Bauwesen während der
Erhärtung ebenfalls beträchtliche Mengen Kohlensäure auf, welche wesentlich zu
seiner Festigung und zu seiner Erhaltung und Dauer beitragen. Die Substanz des
Cementes ist in Wasser nachweisbar löslich; ohne jene Kohlensäuerung, die namentlich
auf der Oberfläche am stärksten ist, würde der Cement auf die Dauer vom Wasser
angefressen. Seine Eigenschaft, Kohlensäure durch einen Theil des Kalkes zu binden,
ist daher mit Recht als eine ebenso wesentliche Eigenschaft, wie die Bildung von
gewässertem Silicat angesehen.
Daß die Kohlensäure des Ammoniaksalzes tief in den chemischen Bestand des
Portlandcementes eingreift, ist leicht nachweisbar durch Vergleichung des Gehaltes
an löslicher Kieselerde in dem mit und ohne kohlensaures Ammoniak erhärteten
Portlandcement. Es gab an siedende Kalilauge ab der feine Theil des
Portlandcementes:
a)
unmittelbar, d.h. unverändert, im Mittel
0,214 Proc.;
b)
mit Wasser erhärtet, 6 Monate bei Luftabschlußunter Wasser gelegt, im
Mittel
0,721 „
c)
mit kohlensaurem Ammoniak behandelt
6,68 „
Berechnet man den Cement der Versuche b) welcher 20,42
Proc. Wasser enthielt, und c) auf den Zustand des
Cementes der Probe a), wodurch sie erst vergleichbar
werden, so folgt:
a)
wie oben
b)
c)
0,214
0,883
9,18 Proc. lösliche Kieselerde
also bei c) über Zehnmal mehr als
beim Erhärten mit Wasser.a) Feines Schlämmproduct mit kohlensaurem Ammoniak behandelt:1,9035 Grm.1,4780 „Substanz„gaben„ab an Kalilauge „
„ „0,12500,1005Kieselerdeb) Feines Schlämmproduct, frisch:3,044 Grm.6,659 „Substanz„gaben„an Kalilauge
ab„
„
„0,0080,011Kieselerdec) Feines Schlämmproduct in Wasser erhärtet:1,1150 Grm.1,9025 „Substanz„gaben„an Kalilauge
ab„
„
„0,00850,0130Kieselerde
Merkwürdiger Weise geht der Eingriff der Kohlensäure des Ammoniaksalzes viel tiefer
als bei der Schwefelsäure. Beim Ueberleiten von Schwefelsäureanhydrid über
Portlandcement erfolgt eine Glüherscheinung. Die Absorption betrug bei dem feinen
Schlämmproduct:
15, 19 – 17,67 – 16,44 Proc., im Mittel 16,43 Proc. und nach
Berücksichtigung der ausgetriebenen 3,7 Proc. Kohlensäure und Wasser: 20,7 Proc.
Dieß entspricht etwas über 14 Proc. Kalk oder etwa 1/4 des vorhandenen Betrages.
Es ist klar, daß bei der Erhärtung des Portlandcementes in Wasser mit und ohne
kohlensaures Ammoniak, Silicate von sehr verschiedener Zusammensetzung zu Grunde
liegen. Diese Silicate sind bald mehr bald weniger reich an Basen bez. Kalk, und
haben nur die wesentliche Eigenschaft gemein, Wasser chemisch zu binden. Die
chemische Natur dieser Silicate ist bedeutender Verschiebungen und Veränderungen
fähig, ohne daß die Eigenschaft zu erhärten dadurch aufgehoben wird; im Gegentheil,
sie wird meistentheils noch gesteigert. In dem mit kohlensaurem Ammoniak behandelten
Cement muß die Erhärtung immerhin wesentlich von dem Silicat ausgehen, nicht von dem
Carbonate; denn nicht bloß der nach dem Abbinden mit dem Ammoniaksalz behandelte
Cement, sondern auch der von vornherein damit angemachte, erhärten. Der Kalk des
letzteren muß aber alsdann schon vor dem Eintritt der Erhärtung, wenn nicht ganz, so
doch zum Mehrbetrag kohlensauer seyn.
Kein frischer Portlandcement erhärtet übrigens ohne Weiteres durch bloße
Wasserbindung; wie allgemein bekannt, finden während der Bindung von Wasser zugleich
Ausscheidungen statt. Man sieht die Proben sich mit einer grauweißen schleimigen
Masse überziehen, die sich mehr oder weniger im Gefäß absetzt, die Flüssigkeit wird
schlüpfrig, stark alkalisch u.s.w. So stellt sich die Erscheinung in offenen Gefäßen
dar, also unter dem Einfluß des Luftzutrittes. In luftdicht verschlossenen Gefäßen
läßt sich der Vorgang in seiner unmittelbaren Form beobachten. Proben aus 10 Grm.
Cement mit 5 K. C. Wasser angerührt und nach dem Abbinden in ein Glas mit
eingeriebenem, mit Paraffin gedichtetem Stöpsel mit 50 K. C. Wasser eingelegt und 6
Monate so belassen, zeigten keine schleimige Ausscheidung, die Flüssigkeit blieb
völlig klar. Dagegen bildeten sich an verschiedenen Punkten, der Probe sowohl als
der Glaswand, allmählich liniengroße, wohlausgebildete farblose und durchsichtige
Krystalle, so viel sich erkennen ließ dem hexagonalen System angehörig. Auch im
Inneren der erhärteten Probe zeigten sich einzelne sehr kleine Krystallkörner
gleicher Art. Eine Probe von 10,944 Grm. Cement in der beschriebenen Weise
behandelt, lieferte nach sorgfältigem Sammeln 0,457 Grm. oder 3,166 Proc.
getrocknete Krystalle. Die Krystalle bestanden aus Kalk und Wasser; sie verloren im
Glühen 0,110 Grm. Gewicht, während die Rechnung für trockenes Kalkhydrat 0,111 Grm.
Wasserabgabe verlangt. Die Flüssigkeit worin der Cement erhärtete, sammt dem Abspülwasser mit
Chlorwasserstoffsäure versetzt, hinterließ nach dem Wiederaufnehmen mit angesäuertem
Wasser Spuren von Kieselerde. Das Filtrat gab neben Spuren von Eisenoxyd und
Thonerde noch 0,021 Grm. Kalk, entsprechend 0,192 Proc., ferner 0,168 Grm.
alkalische Chlorüre, entsprechend 1,535 Proc. – Der ausgetretene Kalk 3,166 +
+ 0,192 = 3,358 Proc. ist nicht der volle Betrag, denn in der erhärteten Probe lag
noch eine Anzahl von Körnern krystallisirten Kalkhydrates eingebettet. Nimmt man an,
diese Körner betrügen eben so viel als die gesammelten Krystalle und der in der
Flüssigkeit bestimmte Kalk, – was weit über die Wirklichkeit geht – so
wären 6–7 Proc. Kalk ausgetreten, also etwa 1/10 der vorhandenen Menge (60
Proc.), während durch das kohlensaure Ammoniak 3/4 in Beschlag genommen wurden. Von
den Alkalien ist nahezu die Hälfte an die Flüssigkeit übergegangen (von 2,861 Proc.
Chlorüren 1,535 Proc.). –
Schon zu Eingang dieser Mittheilungen ist der Thatsache gedacht, daß der sandige
grobe Theil die Eigenschaft zu erhärten nur in sehr geringem Grade besitzt. Eine
Probe dieses Schlämmsandes von 10 Grm. Gewicht mit 5 K. C. Wasser angerührt und in
eine Papierkapsel ausgegossen, band auch nach längerer Zeit nicht ab, sondern blieb
lose in der Form. Unter eine Glocke gesetzt und feucht erhalten, dauerte es 14 Tage
bis sie so viel Zusammenhang gewonnen hatte, daß sie sich aus der Form nehmen ließ
und auch dann noch bröckelte ein guter Theil in Körnern ab. Die Probe, so weit sie
ganz geblieben, 6 Monate in Wasser versenkt, bildete nur einige wenige und nur
kleine körnige Krystalle von Kalkhydrat, und zeigte auch nach dieser Zeit nur einen
ziemlich losen Zusammenhang. Die abgespülte und sorgfältig im Vacuum getrocknete
Probe verlor beim Glühen im Tiegel 8,9 Proc. ihres Gewichtes.
Gänzlich verschieden verhielt sich derselbe Schlämmsand, nachdem er vorher zu einem
ganz zarten Mehl zerrieben war, bei gleicher Behandlung mit Wasser. Die Probe hatte
nach 30 Minuten abgebunden. Nachdem sie 6 Monate unter Wasser gelegen, war sie eben
so hart und fest wie die Probe eines vergleichenden Versuches mit dem feinen
Schlämmproduct, hatte sich ebenso mit großen Krystallen bedeckt und gab den gleichen
Gewichtsverlust beim Glühen,Feines Schlämmproduct:1,309 Grm.Substanzgaben0,9675 Grm.Glühverlust1,352 „„„0,2760 „„Grobes Schlämmproduct:a) feingerieben1,320 Grm.Substanzgaben0,273 Grm.Glühverlustb) unzerrieben, als Sand1,740 Grm.Substanzgaben0,155 Grm.Glühverlust nämlich:
das grobe zerriebene Schlämmproduct
20,68 Proc.
das feine Schlämmproduct
20,42 „
Von keinem Momente ist die Fähigkeit zu Stein zu erhärten in dem Grade abhängig, als
von der Zerkleinerung, von dem Korn des gemahlenen Cementes. Während seine chemische
Constitution einen weiten Spielraum läßt, sind seiner mechanischen sehr enge Grenzen
vorgeschrieben. Ein und dasselbe chemisch gleich beschaffene Material verhält sich
als trefflicher oder unbrauchbarer Mörtel, je nachdem es staubfein oder als
mittelfeiner Sand angewendet wird. Ebenso wie die Härte, geht aber auch der Betrag
des von dem Cement gebundenen Wassers mit dem Korn Hand in Hand.
Zu den auszeichnendsten Eigenschaften des Portlandcementes gehört ferner die, daß er
das Wasser nur äußerst langsam bindet. Dieß ist nicht bloß der Fall bei einem
Cementguß, wo man denken kann, die Wasseraufnahme sey durch das geschlossene Gefüge
erschwert; es liegt diese Langsamkeit vielmehr in der eigentlichsten Natur des
Cementes.
Schwemmt man jenen mit Petroleumsprit abgeschlämmten feinen Theil des
Portlandcementes mit einem großen Ueberschuß von Wasser in einem luftdicht
verschließbaren Cylinder auf, so verwandelt er sich alsbald in jene Eingangs
beschriebene flockige Masse. Indem man täglich mehrmals kräftig umschüttelt, bleibt
diese lose, im Wasser zertheilt, ohne beim Absitzen zusammenzubacken. Jede Flocke
schwebt dann frei im Wasser und kann es völlig ungehindert binden. Auf diese Art
acht Tage lang behandelten Cement ließ man sich in der Ruhe absetzen, zog das
überstehende klare Wasser ab, goß den flockigen Schlamm auf eine Lage Filtrirpapier,
preßte rasch ab und trocknete die gepreßte Masse im Vacuum über Schwefelsäure. Die
trockene Substanz verlor durch Glühen in zwei Versuchen 14,65 und 15,02 Proc., im
Mittel also 14,83 Proc.1,2945 Grm.Substanzgaben0,1940 Grm.Glühverlust1,4365 „„„0,2105 „Glühverlust Derselbe feine Theil des Cementes hatte, als zusammenhängender Guß erhärtet,
wie oben angeführt, 20,42 Proc. Glühverlust gegeben. Berechnet man diese Ergebnisse,
um sie vergleichbar zu machen, auf gleich viel, z.B. 100 G. Thle. Glührückstand,
zieht man ferner den im frischen Cement enthaltenen Betrag von Kohlensäure und
Wasser ab, nimmt man endlich an daß die Alkalien unter dem Einfluß des Wassers
vollständig ausgetreten seyen (eine Annahme welche der Wahrheit wenigstens sehr nahe
kommt), – so ergibt sich für das aufgenommene Wasser des mehlfeinen Antheiles
aus dem Cement:
im Kuchen erhärtet2
Monate lang
in Wasser
aufgeschlämmt,8 Tage lang
21,8 G. Th.
13,5 G. Th.
Mithin hat der Cement in Wasser aufgeschlämmt, also unter den allergünstigsten
Umständen, in 8 Tagen nur 5/8 derjenigen Menge Wasser gebunden, die er als
zusammenhängender Guß in 2 Monaten aufgenommen.
Hierher gehört auch die Thatsache, daß in der gewöhnlichen Weise mit Wasser
erhärteter Cement, getrocknet, feingerieben und nochmals mit Wasser angemacht,
abermals erhärtet, obwohl nicht auf gleichen Grad. Portlandcement in Form von Kuchen
nach dem Abbinden ohne Wasser in luftdicht verschlossenen Gefäßen erhärtet,
Portlandcement nach dem Abbinden unter Wasser erhärtet und trocken in verschlossenen
Gefäßen aufbewahrt, endlich Portlandcement nach dem Abbinden in verschlossenen
Gefäßen drei bis vier Monate unter Wasser aufbewahrt, zeigte gleichmäßig diese
Eigenschaft. Die zerriebenen und mit Wasser zu Brei angemachten Proben zogen kaum
weniger rasch wie gewöhnlicher Cement an. Nach dem Abbinden in Wasser gehängt,
behielten sie ihren Zusammenhang nicht; sie gewannen in den ersten Tagen noch an
Härte, welche jedoch nach vier Tagen nicht mehr zunahm. Nach dem Trocknen zeigten
sie die Festigkeit von einige Tage altem Luftmörtel; kleinere Bruchstücke ließen
sich aber noch zwischen den Fingern zerdrücken. Offenbar sind nach der ersten
Erhärtung, bez. während der Aufbewahrung, noch Theile des Cementes vorhanden, welche
durch ihre Lage verhindert das Wasser nur unvollständig oder gar nicht gebunden
hatten. Vermöge der Umlegung der Theile durch Zerreiben waren sie in den Stand
gesetzt jene Aufnahme von Wasser nachzuholen; daher das zweite Abbinden mit einiger
Erhärtung. – Durch Zusatz von gelöschtem Kalk als Brei zu dem einmal
erhärteten und wieder feingeriebenen Cement, zeigte sich die bindende Kraft nicht
gesteigert, nur geschwächt, gleichviel ob man mehr oder weniger Kalk zusetzte (auf
10 Grm. erhärteten Cement 0,4 bis 0,6 Grm. trockenes Kalkhydrat).
Die Beantwortung der Frage, ob einmal erhärteter Cement durch Brennen wiederbelebt
werden könne, so daß er aufs Neue erhärtet, ist seit den Zeiten von I. N. v. Fuchs öfter, aber mit den widersprechendsten Ergebnissen
versucht worden, bis Michaelis endlich feststellte, daß
der Erfolg gänzlich von der Temperatur abhänge, bei welcher der erhärtete
Portlandcement zum zweitenmal gebrannt wird. Folgende Erfahrung ist für diese Frage
sehr belehrend.
Ein aus Portlandcement gegossener und nach dem Abbinden unter Wasser vollständig erhärteter
Kuchen von etwa 3 Zoll Breite und der doppelten Länge, wurde in sechs gleiche Stücke
gebrochen, worauf man die Stücke in eine Muffel einsetzte und langsam zu feuern
begann. Nachdem die Muffel in's sichtbare Glühen gekommen, zog man die erste, mit
steigender Hitze in regelmäßigen Zeitabschnitten die folgenden Proben, und die
letzte bei der vollen hohen Rothgluth der Muffel. Die ersten Proben zerrieben und
mit Wasser angemacht, zogen gar nicht an; die mittleren, der mäßigen Rothgluth
entsprechenden, eben so rasch und eben so gut wie frischer Cement; die letzten
Proben erhärteten viel langsamer als die mittleren, erreichten aber schließlich
dieselbe Festigkeit.