Titel: | Das Färben des Papieres und Leders mit Anilinlacken; von Ferd. Springmühl. |
Fundstelle: | Band 202, Jahrgang 1871, Nr. XC., S. 382 |
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XC.
Das Färben des Papieres und Leders mit
Anilinlacken; von Ferd.
Springmühl.
Springmühl, über Färben des Papieres und Leders mit
Anilinlacken.
Vor Kurzem machte ich zufällig die Beobachtung, daß man vermittelst der von mir in
Nr. 15 der Musterzeitung (polytechn. Journal Bd.
CC S. 224, erstes Maiheft 1871) beschriebenen alkoholischen Auflösungen
aller Anilinfarben in Harzlösungen jede Art Papier, wie
auch Leder, Leinwand etc. auf höchst einfache Weise zu
färben im Stande sey. Bisher wurde der Papierstoff entweder mit substantiven Farben
vor der Fabrikation oder mit adjectiven Farben nach derselben gefärbt; in dem einen
Falle erhielt man ein durch und durch gefärbtes, im anderen ein einseitig gefärbtes
Product. Mit Anilinlacken kann das Papier auf beiden Seiten auf einmal und in den
prachtvollsten, unendlich oft zu nüancirenden Farben gefärbt werden. Man wendet dieselben Harze an,
welche ich zum Färben von Glas und Glimmer empfohlen habe, doch muß man
leichtflüssige, also in gleichen Mengen Alkohol viel weniger Harz enthaltende Lacke
nehmen. Die Harzlösung durchdringt das Papier ganz und gar und verleiht ihm einen
vollständig gleichmäßigen Farbenton, und je nach der Art des angewendeten Harzes
auch einen gewissen Glanz. Farbstoff- und Harzlösung kann man getrennt
aufbewahren, doch ist auch beim Aufbewahren der fertigen Farblacke in der Regel ein
Verderben derselben nicht zu befürchten.
Carton- , Schreib- , Brief- , wie jedes ungeleimte Papier kann
in gleich ausgezeichneter Weise gefärbt werden. Die Operation besteht einfach darin,
daß man das zu färbende Product durch den in einem flachen Gefäße befindlichen
Farblack zieht und zum Trocknen aufhängt. Auch durch Begießen der einen Seite des
Papieres kann man bei nicht zu dickem Material ein vollkommen gleichmäßig gefärbtes
Product erhalten. Ist das Papier vom Anilinlack durchdrungen, so ist es nach dem
Trocknen so dicht, daß man, besonders bei Cartonpapier, durch Uebergießen der einen
Seite mit einem anderen Farbstoffe ein auf beiden Seiten verschieden gefärbtes Papier erhalten kann.
Der Farbenton wird sowohl durch die Menge des angewendeten Farbstoffes, als auch
durch die Art der Harze modificirt. Sandarach erzeugt eine matte, Schellack und die
meisten anderen Harze eine glänzende Farbe. Durch Versetzen der Lacke mit geringen
Mengen ätherischer Oele läßt sich das Papier zugleich mit dem Färben leicht parfümiren.
Durch Mischen verschiedenfarbiger Lacke lassen sich alle nur denkbaren Farben
erzeugen und ebenso auf Leder, Leinwand, Seide und
glatter Wolle befestigen. Auf den letztgenannten Stoffen wird wohl nur dann die
Methode angewendet werden, wenn dieselben, wie bei Briefmappen und dergl.,
aufgezogen werden. Einbände von Büchern etc. können auch fertig mit den Anilinlacken
beliebig und leicht gefärbt werden. (Musterzeitung, Zeitschrift für Färberei etc.,
1871, Nr. 41.)