Titel: | Ueber secundäre Eisenbahnen; von Klose. |
Fundstelle: | Band 202, Jahrgang 1871, Nr. XLIX., S. 208 |
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XLIX.
Ueber secundäre Eisenbahnen; von Klose.
Klose, über secundäre Eisenbahnen.
Durch eine kürzlich erschienene Brochüre: „Chemins
de fer d'interêt local: Rapport de la comission de l'Association de
ingénieurs sortis de l'école de Liège fait par M. M. Ch. Beer et M. Syroczynski ingénieurs 1871“ soll eine
Darstellung über den gegenwärtigen Stand der Fragen bezüglich der Bahnen von localem
Interesse gegeben werden. Sie kommt zu dem Ergebniß, daß aus Rücksichten auf billige
Ausführung dieser Bahnen eine schmalere Spurweite als die für die Hauptbahnen
übliche einzuführen sey.
. Mögen die Bahnen localen Interesses als ökonomische Vicinal- oder
Departementsbahnen in jedem einzelnen Falle bezeichnet werden, immerhin ist es
Zweck, sie mit den geringsten Mitteln zu bauen und zu betreiben. Die Wahl des
Constructionssystemes der Bahn, die Art und Weise und die Einrichtung des Betriebes
ist dabei von dem Umfange des wahrscheinlichen Verkehres abhängig zu machen; in
dieser Hinsicht wird als Grundsatz aufgestellt: die Bedingungen für den Bau und
Betrieb einer Bahn sind auf Grund des erwarteten Verkehrsumfanges so zu bemessen,
daß das Anlagecapital eine ausreichende Rente (6 Procent) abwirft.
Bei Anlage irgend einer Bahn sind die Betriebsverhältnisse als für die Construction
maßgebend zu betrachten; der schwerste Bahnzug bestimmt die stärkste Steigung; der
längste Zug den kleinsten Curvenhalbmesser; die größte zugelassene Geschwindigkeit
die Ueberhöhung des äußeren Schienenstranges der Curven; das Schienengewicht wird
durch die Schwere der Locomotiven bedingt; die Geschwindigkeit der Züge auf
Localbahnen ist geringer als auf Hauptbahnen; die ersteren haben geringere Lasten zu
befördern als letztere. Alle diese Umstände machen die Anwendung des Systemes der
gewöhnlichen Bahnen auf Localbahnen nicht anräthlich.
Die Annahme der breiten Spur auch für Localbahnen findet ihre Begründung in dem
Wunsche auf gleichförmige Einrichtung der Bahnen und ihres Materiales, in der
Vereinfachung des Betriebsdienstes, Vermeidung von Umladungen und in der
Möglichkeit, Bau und Betrieb der Bahn in die Hände verschiedener Gesellschaften zu
legen, somit den Bahnbetrieb den Verwaltungen bereits bestehender Anschlußbahnen
übertragen zu können. Aus diesen Gründen ist in Frankreich allen auf Grund des
Gesetzes von 1865 geschaffenen Localbahnen die breite Spur gegeben worden.
Aus den Ergebnissen der unter sehr günstigen Verhältnissen gebauten Localbahnen im
Elsaß ist jedoch der Schluß zu ziehen, daß diese Art von Nebenbahnen im Allgemeinen
eine hinreichende Rente für das aufgewendete Capital nicht abwirft; eine solche läßt
sich nur erwarten, wenn die Kosten der Herstellung sich auf 1/3 bis höchstens 2/5
der Kosten von Hauptbahnen belaufen. Ueberhaupt muß zur Erzielung günstiger
Ergebnisse entweder der
Bau sehr billig hergestellt oder die Betriebskosten müssen wesentlich ermäßigt oder
die Tarife wesentlich erhöht werden.
Unter Festhaltung der für Hauptbahnen geltenden gesetzlichen Normen wird man jedoch
eine wesentliche Ermäßigung der Baukosten nicht erzielen; man wird
Constructionsänderungen und namentlich die Anwendung einer Mittelschiene einführen
müssen, welche Steigungen von 0,07 und Curven von 50 Meter Halbmesser gestattet, man
wird die Linie auf dem directesten Wege traciren und die Bewegung von Erdmassen
thunlichst beschränken müssen. Eine Einschränkung der Betriebskosten läßt sich
anstreben durch Fortschritte in der Art des Bahnbetriebes, welche geeignet sind, die
Kosten der Zugkraft zu erniedrigen. In dieser Beziehung sind namentlich die Systeme
von Fairlie und von Deville zu
erwähnen, welche den Zweck haben, das Gewicht des Zuges selbst für die Zugkraft
nutzbar zu machen.
Die Erhöhung der Einnahmen durch höhere Tarife ist nur bis zu einem gewissen Grade
möglich und findet ihre Grenze in den Kosten des Pferdetransportes.
Aus dem Allem darf gefolgert werden, daß die Anwendung der breiten Spur auf
Localbahnen im Allgemeinen zu theuer und deßhalb unvortheilhaft ist.
Um billiger zu bauen und zu betreiben, kann man zwei Wege einschlagen; man kann
entweder eine schmalspurige Bahn oder Motoren mit veränderlicher Adhäsion
einführen.
Die schmalspurige Bahn ist als die eigentliche Industriebahn anzusehen; es gibt deren
in Norwegen, Dänemark, Frankreich, England und Deutschland. Die neuerlich von
deutschen Verwaltungen beschickte Commission hat Spurweiten von 0,75 und 1 Meter
vorgeschlagen; nur wenn eine Localbahn zwei Stationen eines großen Netzes verbinden,
soll sie in der gewöhnlichen breiten Spur gebaut werden. Für jene Linien sollen
Steigungen von 0,025 und Curven von 60 Meter Halbmesser zugelassen, Schienengewicht
und Höhe der Unterbettung herabgemindert werden; die Maschinen sollen nicht mehr als
10 bis 20 Tonnen wiegen, nicht mehr als 15 bis 30 Kilometer in der Stunde
durchlaufen, und die Wagen sollen auf ihren Achsen drehbare Räder erhalten.
Die schmalspurige Broelthalbahn gibt eine Verzinsung des Anlagecapitales von 5,75
Procent bei einem täglichen Verkehr von 64 Tonnen für den Kilometer und wenig
höheren Tarifen, als für breitspurige Bahnen üblich.
Die Festiniogbahn, unter großen Terrainschwierigkeiten und Kosten gebaut, gibt 12 1/2 Procent
Reinertrag, während die breitspurigen englischen Bahnen nur 3 bis 4 Procent
abwerfen.
Außer den beiden vorstehenden kann die Bahn von Tavaux nach Pontséricourt in
Frankreich als Beispiel angeführt werden.
Kosten und Verhältnisse dieser drei Bahnen sind in der nachfolgenden Tabelle
zusammengestellt.
(Siehe
Tabelle S. 211.)
Nachdem die Broelthalbahn dem öffentlichen Verkehre zugänglich gemacht war, warf sie
eine Rente von 5,75 Procent ab.
Nach den bisherigen Erfahrungen kann man festsetzen, daß die Anlagekosten
schmalspuriger Bahnen auf 1/4 bis 1/3 der Kosten von Hauptbahnen sich beschränken
lassen, daß die Kosten des Betriebsmateriales ermäßigt werden können, während mit
Ausnahme von großem Vieh alle Transporte auf schmalspurigen Bahnen ebenso gut wie
auf Hauptbahnen sich befördern lassen; die Betriebskosten schmalspuriger Bahnen
stellen sich bisher nicht sehr günstig dar, doch beweist das Beispiel der
Broelthalbahn die Möglichkeit einer Herabminderung auf die Hälfte oder 2/3 der
gewöhnlichen. Man wird jedoch eine größere Oekonomie im Allgemeinen erzielen können,
sobald man die staatlichen Vorschriften dem Wesen der Localbahnen entsprechend
modificirt.
Aber auch unter den gegebenen Verhältnissen entspricht die schmalspurige Bahn den
localen Bedürfnissen, welchen sie dienen soll. Der Zeitverlust in Folge geringerer
Fahrgeschwindigkeit hat keine Bedeutung bei Linien von 20 bis 30 Kilometern Länge.
Die Eisenbahnzüge haben geringe Belastung; aber wenn dieselbe hinreicht, die Rente
der Bahn zu sichern, so bedarf man keiner stärkeren. Die Unbequemlichkeit, und die
Kosten des Verladens der Güter beim Uebergange auf breitspurige Bahnen werden häufig
überschätzt; bei geeigneten Ueberladevorrichtungen lassen Arbeit und Kosten sich
sehr vermindern und unter Umständen für manche Producte erfahrungsgemäß auf 4
Centimes (0,32 Sgr.) für die Tonne beschränken, während das Maximum auf 20 Centimes
(1,6 Sgr.) geschätzt wird. Für alle schwer wiegenden Rohstoffe, Kohle, Erze und
Steine, hat man bereits vervollkommnete Beladungsmethoden; für andere Producte wird
man einfache Mittel für das Umladen finden; und überhaupt wird es in jedem einzelnen
Falle nur darauf ankommen, eine zweckmäßige Verbindung beider Bahnen zu bewirken,
indem man ihre Niveauunterschiede benutzt, eine dritte Schiene zwischen die Schienen
der breiten Spur einlegt, um sie für die Wagen der schmalspurigen Bahn nutzbar zu
machen und dergl. Ein wesentlicher Vortheil der schmalspurigen
Textabbildung Bd. 202, S. 211
Bezeichnung der Zahn; Ganze Länge;
Breite der; Spür; Bahn; Stärkste Steigung; Kleinster Curven-Halbmesser;
Gewicht der Schienen für den laufenden Meter; Maschine; Kilometrische Kosten der
Bahn; Kilometrische Kosten einschließlich des Betriebsmateriales; Jährlicher
Versehr; Einnahme; Ausgabe; Reinertrag; Von Tavaux nach Pontféricourt;
bis; vierräderig; in 4 Monaten; Von Festiniog nach Port-Madoc; engl.
Meilen; im Mittel; verschieden Gewicht; Procent; Broelthalbahn; dreiräderig
gekuppelte Tendermaschine
Bahnen ist dadurch noch zu erreichen, daß man die Wagen zum
Transport der Waaren direct vor's Haus verwendet, was durch Wechselung der auf den
Achsen drehbaren Räder ohne Schwierigkeit sich ermöglichen läßt. Diese Einrichtung,
in Verbindung mit der von englischen Compagnien aufgestellten Forderung, daß die
Industriellen eigene Wagen beschaffen, würde nicht allein die Kosten des Be-
und Entladens, sondern auch die Ausgaben für Betriebsmaterial der Bahn wesentlich
vermindern und die Kosten des Betriebes ermäßigen.
Die Brochüre hält die von der deutschen Commission vorausgesetzte Anwendung der
breiten Spur auf die Verbindung von zwei Hauptbahnen für nicht hinlänglich
gerechtfertigt und meint, daß auch für die Beurtheilung dieses Falles lediglich der
wahrscheinliche Verkehr der Bahn maaßgebend seyn müsse.
Bei Innehaltung des anderen zum Zweck der Erzielung billiger Transporte möglichen
Weges, nämlich Einführung eines besonderen Betriebssystemes, bieten sich zwei
Systemgruppen: die erste mit dem Typus des Systemes von Larmanjat, und die zweite mit dem Typus des Fell'schen Constructions-Systemes mit einer Mittelschiene.
Die Bahn nach dem Systeme von LarmanjatLarmanjat's Straßenbahn mit nur einer Schiene ist
eingehend beschrieben in dem Bericht von Ingenieur Bömches über dieselbe, mitgetheilt im polytechn. Journal, 1869,
Bd. CXCII S. 350. hat eine einzige Mittelschiene. Motor und Waggons haben kreuzweise
angeordnete Räder, der Art, daß die beiden in der Achse des Zuges angebrachten auf
der Schiene laufen und als Leiträder dienen, während die beiden anderen seitlichen
Räder tragen, jedoch bei der Maschine als Treibräder dienen, bei den Wagen lediglich
das Umfallen verhüten. Die Leiträder der Locomotive laufen mit Kehlen auf der
Schiene, die beiden Seitenräder haben flache Felgen und bewegen sich auf
Langschwellen. Wenn die Maschine auf nahezu horizontalem Terrain sich bewegt, ruht
ein größerer Theil ihres Gewichtes auf den Leiträdern; geht die Maschine bergauf
oder bergab, so ist der Führer im Stande, die Adhäsion der Seitenräder zu reguliren,
indem er das vordere, vertical verstellbare Leitrad hebt oder senkt, und damit
zugleich die Wasseroberfläche im Kessel horizontal stellt; beim Ersteigen von Rampen
wird das Vorderrad gehoben, die Maschine neigt sich vorüber und erlangt die größte
Adhäsion. Die Treibräder sind fest auf der Achse welche die Kolbenstange durch
Vermittlung einer Spiralfeder trägt; diese Spiralfeder soll die Stöße beim Anziehen
und Anhalten des Zuges aufnehmen. Die Räder sind im Stande, Curven von 8 und von 5
Meter Halbmesser zu durchlaufen. Eine Larmanjat'sche Maschine von 10 Tonnen
kann außer ihrem Gewichte ziehen: auf horizontaler Bahn mit einer Geschwindigkeit
von 8 bis 10 Kilometern = 90 T., auf einer Steigung von 1 bis 3 Centimetern mit 6
bis 8 Kilometern Geschwindigkeit = 30 T., auf einer Steigung von 3 bis 5 Centimetern
mit 6 bis 8 Kilometern Geschwindigkeit = 20 T., auf einer Steigung von 8 bis 9
Centimetern mit 5 bis 7 Kilometern Geschwindigkeit = 10 T. und auf einer Steigung
von 7 bis 9 Centimetern mit 6 bis 8 Kilometern Geschwindigkeit = 8 T.
Diese Leistungen sind größer als die auf gewöhnlichen Bahnen ohne Mittelschiene, aber
die Geschwindigkeit der Fahrt beim Larmanjat'schen System
ist nur 1/4 derjenigen auf breitspuriger Bahn und die Hälfte der für schmalspurige
Bahnen festgesetzten Geschwindigkeit.
Der mit dem Larmanjat'schen System auf der Linie von
Riancy nach Montfermeil gemachte Versuch hat seine Ausführbarkeit bewiesen, über die
Unterhaltungs- und Betriebskosten jedoch keine Auskunft gegeben, und es ist
zu fürchten, daß diese sehr ungünstig ausfallen werden.
Bei dem ursprünglichen Typus des Systemes, ohne Langschwellen, werden sehr bald durch
die Treibräder Gleise ausgefahren werden, welche entweder ein Hinderniß für die
Fortbewegung bilden oder große Unterhaltungskosten verursachen, in jedem Falle aber
eine rasche Abnutzung der Fahrmittel bedingen werden. Auch bei Anwendung von
Langhölzern greifen dieselben Betrachtungen Platz; Erde und Straßenschmutz, die auf
den Schwellen sich ablagern, machen eine rasche Abnutzung des Holzes unvermeidlich.
In Folge des Schwankens der Fahrzeuge werden ferner sowohl diese als auch die
Mittelschiene bedeutende Unterhaltungskosten beanspruchen.
Nach den Aufstellungen von Larmanjat sollen die
Constructions- und Unterhaltungskosten seines Systemes sich folgendermaßen
stellen:
Baukosten, für den Kilometer
19500 Fr.
Maschinen und Wagen, 90000 Fr. für 20 Kil.
4500 „
––––––––
zusammen
24000 Fr.
Bei einer
Verzinsung von 6 Procent sind somit
aufzubringen
1440 Fr.
dazu für
die Unterhaltung der Fahrmittel
450 „
„
„ Erneuerung
derselben
433 „
„
„ Unterhaltung der
Bahn
200 „
„
„ eigentlichen
Betriebskosten
1000 „
–––––––
3523 Fr.
Die letztgenannten beiden Posten sind jedoch sicher zu verdoppeln; somit ist die
Gesammtausgabe auf 4723 Fr. zu schätzen; es müssen somit täglich auf den Kilometer
13 Fr. 12 Centimes aufgenommen werden, wovon 3 Fr. 28 Centimes aus 33 Reisende und
der Rest auf 69 Tonnen Güter sich vertheilen mögen.
Entgegengesetzt dem Larmanjat'schen System will Jouffroy eine beträchtliche Adhäsion durch ein großes, in
der Bahnachse laufendes eisernes Rad erzielen, welches mit einem hölzernen Radkranze
versehen seyn und auf einer besonderen, gereiften Schiene laufen soll, während
Maschine und Wagen auf zwei Schienenreihen sich fortbewegen. Das Treibrad befindet
sich in der Mitte des vorderen, den Bewegungsmechanismus tragenden Fahrzeuges;
diesem folgt der zweite, den Kessel tragende und dann der dritte, den Tender
bildende Wagen; die beiden letzteren haben nur je zwei Räder. Jouffroy will gußeiserne Schienen anwenden. Die Abnutzung des hölzernen
Radkranzes wird eine außerordentlich rasche und deßhalb das System schwer anwendbar
seyn.
Der italienische Ingenieur Cottrau hat eine leichte
billige Bahn vorgeschlagen, welche nur das Gewicht der Wagen tragen soll; die
Maschine soll sich wie eine Straßenlocomotive auf dem Erdboden fortbewegen. Um sie
in der Achse der Bahn zu erhalten und Schwankungen oder Umsturz der Maschine zu
vermeiden, sind unter 45° geneigte Frictionsräder angebracht, welche sich
gegen die Schiene legen. Der Erfinder will den Straßenkörper mit Asphalt
belegen.
Die Systeme von Deville und Mention, welche die Macadamisirung durch eine hölzerne Langschwelle
ersetzen, sind dem letzteren jedenfalls vorzuziehen. Die Bahn hat bei beiden
Systemen zwei Schienenreihen mit breiter Spurweite; auf horizontalen Strecken ist
sie der gewöhnlichen Bahn gleich; auf Steigungen jedoch legen sich besondere,
seitlich angebrachte Radkränze der Treibräder auf hölzerne Langschwellen, während
die Schienen von den Treibrädern nur berührt werden. Die Adhäsion der Maschine wird
dadurch wesentlich vermehrt, ohne daß die Fahrzeuge im Uebrigen einen größeren
Widerstand erleiden. Die beiden Systeme weichen unter sich nur in der Anordnung der
Hölzer ab; Mention verwendet an einander stoßende
Holzklötze, welche in den Boden eingelassen werden, Deville dagegen auf den Querschwellen befestigte Langschwellen; diese
Anordnung verspricht jedenfalls eine größere Stabilität der Bahn. Bei beiden
Systemen sind die Schienen weit leichter, als die gewöhnlichen, weil sie sehr viel
leichtere Maschinen tragen sollen; die von Mention
vorgeschlagene Schiene hat außerdem nur halben Kopf und Fuß; auf den nicht mit
Langschwellen versehenen Bahnstrecken wird der Schienenfuß durch ein angesetztes
Winkeleisen ergänzt. Die Adhäsion auf Holz ist vier- oder fünfmal größer als
die auf Eisen; indem man von diesem Ueberschuß zur Ueberwindung von Steigungen
Gebrauch macht, kann man sowohl das Gewicht der Maschine als auch die
Widerstandsfähigkeit der Oberbau – Construction vermindern. Beide Systeme leiden jedoch an
demselben Uebelstande wie das Larmanjat'sche, nämlich an
der Abnutzung und der Nothwendigkeit der Unterhaltung des Holzwerkes, wiewohl
letzteres bei der Deville'schen und Mention'schen Construction nur auf starken Steigungen von 0,025 Meter und
mehr in Anwendung kommt; im Uebrigen hat dieses Constructionssystem den Vorzug
größter Einfachheit für sich, läßt sich auf die schmale Spur anwenden und kann in
bergigen Gegenden zur Vervollständigung schmalspuriger Bahnen dienen. Die Baukosten
der Mention'schen Construction belaufen sich auf 24000
Francs für den Kilometer; die Betriebskosten sind im Voraus nicht zu schätzen,
werden aber den Betriebskosten der gewöhnlichen breitspurigen Bahnen nahe
kommen.
Unter den Systemen der zweiten Gruppe, welche drei Schienen anwenden, ist zunächst
das dem Fell'schen nahe kommende von Gondat St. Pierre zu erwähnen; ungeachtet der Vortheile
welche es für starke Steigungen bietet, und obwohl es sich auf die breite wie auf
die schmale Spur anwenden läßt, kann dieses System nicht als ökonomisch und für
Anwendung auf Localbahnen geeignet betrachtet werden. Dasselbe gilt von dem System
Latowski, welches von dem Larmanjat'schen System die Mittelschiene und die hölzernen Langschwellen
verwendet und vom Fell'schen Systeme diejenigen Theile,
welche es mit dem Systeme Geoffroy gemein hat.
Das System Geoffroy ist in Frankreich auf der
Departementsstraße Nr. 4 ausgeführt in der Nähe von Pouilly-sous-Charlion; die Bahn hat eine breite Spur und
eine Mittelschiene auf Steigungen über 0,025 Meter; diese Mittelschiene hat eine
Höhe von 0,20 Meter über dem Boden, und die Maschine ersteigt dieselbe
selbstwirkend. Die Adhäsion an der Mittelschiene wird durch vier Federn
hervorgebracht, deren jede eine Spannung von 3 Tonnen hat, so daß also die
gewöhnliche Adhäsion auf den Steigungen um 12 Tonnen vermehrt wird. Diese Kraft kann
nach Belieben des Maschinisten in geringerem oder höherem Maaße ausgenutzt werden.
Die Versuchsmaschine wog 14 Tonnen, hatte einen Dampfdruck auf die Kolbenflächen von
2591 Kilogrm. und konnte auf gewöhnlicher Bahn eine Adhäsion von 1820 Kilogrm.
ausüben, unter Benutzung der Centralschiene aber 3380 Kilogrm. Die Resultate der
Versuche sind in der später folgenden Tabelle enthalten.
Das System Lo Presti ist für Anwendung in ungarischen
Wäldern vorgeschlagen. Die Bahn besteht aus leichten Schienen, welche auf
Langschwellen genagelt sind, die ihrerseits wieder auf sehr nahe liegenden
Querschwellen befestigt werden. Die ganze Construction wird ohne Unterbettung auf
den Erdboden gelegt; die Bahn soll durch Pferde betrieben werden. Sie läßt sich verlängern
oder weiter transportiren in dem Maaße, wie der Wald abgetrieben wird. In Ländern wo
das Holz sehr billig ist, mag die Construction anwendbar seyn; Schienen von 12 bis
15 Kilogrm. auf nahe liegende Querschwellen gelegt, würden auch das Gewicht einer
Maschine tragen, die mehrere schwer beladene Wagen zu ziehen im Stande ist.
Nachstehend folgt eine vergleichende Zusammenstellung der Anlagekosten,
Betriebskosten und der Leistungsfähigkeit verschiedener Transportmethoden nach
erfahrungsmäßigen Daten und bei einer vorausgesetzten Länge der Bahn von 20
Kilometern.
(Siehe
Tabelle S. 217.)
Aus dem Erörterten zieht die Brochüre folgende Schlüsse: Die gewöhnliche breitspurige
Bahn erfordert Anlagecapitalien, die bei beschränktem Verkehr nicht rentiren. Die
breite Spur muß nothwendigerweise für Localbahnen eingeschränkt werden. Unter den
verschiedenen Constructionssystemen, welche der Bewältigung eines geringen Verkehres
dienen sollen, scheint gegenwärtig das System Larmanjat
und das der schmalen Spurweite als praktisch sich zu erweisen; sie können mit
Vortheil noch angewendet werden bei einem Verkehr, welcher nur 1/3 des zur
Verzinsung breitspuriger Bahnen nöthigen beträgt. Die Umladungen von Gütern haben
nicht die ihnen gewöhnlich beigelegte Bedeutung. Ein Vergleich zwischen den eben
genannten beiden Systemen ergibt, daß die kilometrischen Kosten einer Larmanjat'schen Bahn etwas geringer als die einer
schmalspurigen Bahn, die Unterhaltungskosten der ersteren jedoch bedeutend höher
ausfallen werden. Die Maschine Larmanjat's kann ihre
bewegende Kraft besser ausnutzen und zur Ersteigung stärkerer Rampen verwenden;
Maschine und Wagen werden jedoch stärker angegriffen und beschädigt; die
Betriebskosten müssen somit höher ausfallen als die einer schmalspurigen Bahn. Beim
Ueberwinden starker Steigungen kann die letztere die Geoffroy'sche Mittelschiene, oder die Deville'sche Langschwelle zu Hülfe nehmen. Die Schnelligkeit des Transportes
ist auf schmalspuriger Bahn größer als auf der Larmanjat'schen. Für das Passiren von Curven bietet Larmanjat's System große Vorzüge vor der breitspurigen Bahn, dagegen
unwesentliche der schmalen Spur gegenüber. Beide Systeme lassen auf Bahnen sich
anwenden, welche dem Boden thunlichst sich anschmiegen sollen.
Der Anwendung der schmalen Spur scheint noch eine große Zukunft vorbehalten zu seyn;
sie ist fähig, verkehrsarmen Gegenden einen bedeutenden Aufschwung zu geben; die
größtmögliche Oekonomie der Anlage ist dabei nothwendig.
Textabbildung Bd. 202, S. 217
Bezeichnung der Ausgaben etc.;
Gewöhnliche Bahn; Schmalspurige Bahn; Larmanjat's Bahn; System Geoffroy nach den
Daten der Commission; Straßenlocomotive nach Lotz; Pferde; Baukosten der Bahn
für den Kilometer; Nichts; Deßgleichen, einschließlich der Einrichtung des
Betriebes; bis; Betriebskosten, gewöhnliche; Deßgleichen, bei sehr ökonomischem
Betriebe; Gesammtausgaben für das Jahr und den Kilometer; Deßgleichen, für den
Tag und Kilometer; Tarif für die Person für den Kilometer; Tarif für die Tonne
Gut deßgleichen; Tägliche Verkehrsgröße, Personen für den Kilometer; Tägliches
Tonnengut deßgleichen
Bemerkung. Für
Straßen-Locomotiven und Pferde sind nur 300 Arbeitstage angenommen.
Mit den aufgestellten Principien und den erhaltenen Resultaten kann man im
Allgemeinen sich vollständig einverstanden erklären; die Durchführung der von
deutschen Technikern anfänglich aufgestellten Forderung, daß auch die sogenannten
Secundärbahnen durchweg die breite Spur der Hauptbahnen annehmen sollen, erscheint
im Allgemeinen weder möglich noch empfehlenswerth; in den Beschlüssen der Dresdener
Versammlung finden die neuerdings erweiterten Anschauungen Ausdruck. Angesichts des
noch äußerst mangelhaft entwickelten Systemes von Straßen-, Canal- und
Eisenbahnverbindungen in Deutschland erscheint die Anlage billiger Bahnen für locale
Zwecke als eine entschiedene Nothwendigkeit; dringend geboten ist es daher, die
ganze Angelegenheit aus dem vorbereitenden Stadium, in welchem sie seit Jahren bei
uns schwebt, heraus und durch festes Angreifen einer praktischen Lösung entgegen zu
führen. (Zeitschrift des Architekten- und Ingenieur-Vereines für
Hannover, 1871 S. 284.)