Titel: | Ueber die Bestimmung des Schwefels in Steinkohlen und Kohks; von Prof. Fr. Craie Calvert. |
Fundstelle: | Band 202, Jahrgang 1871, Nr. XXXI., S. 130 |
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XXXI.
Ueber die Bestimmung des Schwefels in Steinkohlen
und Kohks; von Prof. Fr. Craie
Calvert.
Vorgetragen in der Versammlung der British Association zu Edinburgh. –
Aus Chemical News,
vol. XXIV p. 76; August 1871.
Calvert, über Bestimmung des Schwefels in Steinkohlen und
Kohks.
Meinen langjährigen Beobachtungen zufolge rühren die Differenzen in den Angaben
verschiedener Analytiker bezüglich des Schwefelgehaltes einer und derselben
Steinkohle weniger von starken Differenzen der verschiedenen Proben dieser Kohle,
als von der Verschiedenheit der zur Gewichtsbestimmung des Schwefels angewendeten
Methoden her. Ohne hier auf den größeren oder geringeren Werth dieser verschiedenen
Methoden einzugehen, will ich nur auf gewisse Fehlerquellen aufmerksam machen, die
dem am häufigsten angewendeten Verfahren anhaften, nach welchem eine bestimmte
Gewichtsmenge sehr fein gepulverter Steinkohle oder Kohks bei mäßiger Temperatur mit
Königswasser digerirt wird, bis man annehmen darf daß der gesammte vorhandene
Schwefel in Schwefelsäure umgewandelt ist, worauf man den großen Säureüberschuß
verjagt, mit Wasser kocht, filtrirt, den kohligen Rückstand auf dem Filter auswäscht
und im Filtrate die Menge der Schwefelsäure bestimmt.
Bei Anwendung dieses Verfahrens ist man der Gefahr sehr ernstlicher Fehlerquellen
ausgesetzt. Die erste besteht darin, daß der in vielen Steinkohlensorten in
beträchtlichem Verhältniß enthaltene schwefelsaure Kalk den Analytiker irre führen
kann, indem die Löslichkeit dieses Salzes durch die Gegenwart freier Säure eine viel
größere wird. Die für den Schwefelgehalt der Kohlen gewöhnlich erhaltenen Zahlen
schließen sowohl den mit dem Calcium als Gyps vorhandenen, wie den als Eisenkies in
der Steinkohle oder als Schwefeleisen in den Kohks vorkommenden Schwefel in sich.
Vom metallurgischen Gesichtspunkte aus ist es aber von größter Wichtigkeit, die in
jeder dieser Verbindungen enthaltenen Schwefelmengen von einander getrennt
aufzuführen, denn der mit Calcium zu schwefelsaurem Kalk verbundene Schwefel wird
weder im Hohofen, noch bei irgend einem der späteren hüttenmännischen Processe sich
von seiner starken Basis trennen und die Qualität des Eisens verschlechtern können,
wogegen der Eisenkies nur einen Theil seines Schwefels in Form von Schwefligsäure
verliert und den Rest als Einfach-Schwefeleisen hinterläßt, welches sich dem
ausgebrachten Eisen beimischt und dessen Werth bedeutend verringert.
Es erschien mit demnach wichtig, ein Verfahren aufzufinden, mittelst dessen die Menge
des mit dem Calcium und des mit dem Eisen verbundenen Schwefels, jede für sich,
bestimmt werden kann. Die folgende Methode erfüllt diesen Zweck in genügender Weise.
Die feingepulverte Probe wird ungefähr zwanzig Stunden lang mit Wasser gekocht, in
welchem eine der Probe gleiche Gewichtsmenge kohlensaures Natron aufgelöst ist.
Dadurch wird der Gyps, beziehungsweise das Schwefelcalcium (in den Kohks) zersetzt,
während das Schwefeleisen nicht angegriffen wird. Dann wird der Rückstand abfiltrirt
und rasch mit kochendem Wasser ausgewaschen. Hat man mit Kohks zu thun, so muß man
das Filtrat mit Salpetersäure in geringem Ueberschusse versetzen, um das in
demselben enthaltene Schwefelnatrium in schwefelsaures Natron zu verwandeln. Dann
wird die Schwefelsäure in der üblichen Weise bestimmt und auf Schwefel berechnet.
Der nachher im Rückstande durch Behandlung mit Salpetersalzsäure gefundene Schwefel
repräsentirt dann die in der Steinkohle als Eisenkies, resp. in den Kohks als
Schwefeleisen vorhandene Schwefelmenge.
Wird diese Differenz nicht in Betracht gezogen, so kann der Werth einer zur
Eisenfabrication bestimmten Steinkohlen- oder Kohkssorte sehr leicht falsch
berechnet werden, wie aus der nachstehenden Tabelle hervorgeht, worin der
Schwefelgehalt von sechs mit zur Analyse übersandten Proben aufgeführt ist. Man
ersieht aus derselben, daß bei Anwendung des gewöhnlichen analytischen Verfahrens
diese Steinkohlen ohne Weiteres als zur Eisenfabrication unverwendbar verworfen
worden seyn würden, während sie in Wirklichkeit für diesen Zweck sehr geeignet
sind.
Textabbildung Bd. 202, S. 131
Nummer der Probe; Aelteres
Verfahren; Neues Verfahren; Im Filtrat; Differenz zwischen beidem Methoden;
Schwefelgehalt in Procenten; Mittel
Die zweite Fehlerquelle des oben erwähnten analytischen Verfahrens besteht darin,
daß, wenn die Verdampfung der überschüssigen Salpetersalzsäure zu weit getrieben
wird, zuweilen basisch-schwefelsaures Eisenoxyd entsteht, welches durch
Auskochen mit Wasser von der Kohlenmasse durchaus nicht getrennt werden kann, daher
man in derartigen Fällen eine zu niedrige Ziffer für den Schwefelgehalt der
untersuchten Steinkohlen oder Kohks erhält.
Die dritte Fehlerquelle wird durch den Umstand bedingt, daß in einer sauren
Flüssigkeit, namentlich bei Gegenwart von Salpetersäure, die gefundene Schwefelmenge
hinter dem wirklichen Schwefelgehalt stets weit zurückbleibt, was daher rührt, daß
die Bildung von schwefelsaurem Baryt durch die Gegenwart der Säure in gewissem Grade
verhindert wird, und zwar um so mehr je concentrirter die Säure ist. So habe ich vor
längerer Zeit nachgewiesen,„Ueber die Löslichkeit des schwefelsauren Baryts in sauren
Lösungen,“Memoirs of the Manchester Literary and Philosophical
Society, vol. XIV, 1856, (Journal für praktische Chemie, Bd. LXVIII
S. 305). daß die Nichtbildung von schwefelsaurem Baryt das hohe Verhältniß von 14
Gran schwefelsaurem Baryt in 1000 Gr. Salpetersäure von 1,21 spec. Gew. erreichen
kann, was einer weit größeren Menge dieses Barytsalzes entspricht, als der in 100
Gr. Steinkohle oder Kohks gewöhnlich enthaltene Schwefel zu bilden vermag.
Da wir die Menge der in der Flüssigkeit zurückgebliebenen Salpetersäure nicht kennen,
so wissen wir auch nicht in welchem Umfange die Bildung von schwefelsaurem Baryt
verhindert wurde, und somit können wir uns auf die erhaltenen Zahlenresultate nicht
verlassen.
Ich muß den angehenden Analytiker dringend darauf aufmerksam machen, wie wichtig die
Berücksichtigung der Thatsache ist, daß die Bildung von schwefelsaurem Baryt durch
einen in der zu fällenden Lösung vorhandenen Ueberschuß von Salpetersäure (im
Verhältniß dieses Ueberschusses) verhindert wird, und daß die gewöhnliche Annahme,
nach welcher man die Flüssigkeit vierundzwanzig Stunden lang ruhig stehen lassen
muß, um den in Rede stehenden Fehler zu vermeiden, nur annähernd wahr ist, da nur
ein Theil der Schwefelsäure niedergeschlagen wird, während ein Theil in Lösung
zurückbleibt.
Zur Vermeidung der beiden letzteren Fehlerquellen versetze ich die vorher
concentrirte saure Flüssigkeit mit kohlensaurem Natron im Ueberschusse, verdampfe
zur Trockne und erhitze bis fast zum Schmelzpunkte. Dadurch werden Eisenoxyd,
Kieselsäure und Thonerde unlöslich gemacht; die Masse wird dann mit Wasser behandelt, der Rückstand
gut ausgewaschen und das Filtrat mit Essigsäure schwach angesäuert. Der
schwefelsaure Baryt schlägt sich aus dieser Flüssigkeit sofort und vollständig
nieder.
Bei Anwendung des Oxydationsverfahrens auf trockenem Wege, wobei der mineralische
Brennstoff in fein gepulvertem Zustande einem schmelzflüssigen Gemenge von
kohlensaurem und salpetersaurem oder chlorsaurem Kali zugesetzt wird, werden zwei
der oben angegebenen Fehlerquellen beseitigt, nämlich die Nichtbildung von
schwefelsaurem Baryt in einer sauren Lösung und die Erzeugung von basisch
schwefelsaurem Eisenoxyd; es bleibt aber immer noch der Uebelstand, daß die
Schwefelsäure des schwefelsauren Kalkes zusammen mit der aus dem Schwefel des
vorhandenen Eisenkieses gebildeten bestimmt wird: überdieß habe ich bei Anwendung
dieser Methode niemals eine hinlänglich genaue Bestimmung des Schwefels in einem
organischen Producte oder in Steinkohle erzielt, es fand stets ein Verlust an
Schwefel statt.