Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 201, Jahrgang 1871, Nr. , S. 176 |
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Miscellen.
Miscellen.
Zu dem Versuchsbericht über die Allen-Dampfmaschine.
In dem betreffenden Versuchsbericht in diesem Bande des
polytechn. Journals S. 1 (erstes Juliheft 1871) soll es auf Seite 1 heißen: mittlere
Kolbengeschwindigkeit pro Minute 625 Fuß; ferner ist auf Seite 2 bei Berechnung der
Brutto-Pferdestärke statt 605 zu lesen 625.
Reflexion der Lichtstrahlen durch versilberte
Glasspiegel.
Die im American Journal of science and Arts mitgetheilten
photometrischen Untersuchungen von Prof. Ogden Rood
enthalten unter Anderem mehrere Beobachtungsreihen, aus welchen sich das Resultat
ergibt, daß Glasspiegel, nach Liebig's Methode
versilbert, bei einem Einfallswinkel von 45 Graden 91,3, bei einem Einfallswinkel
von nur 5 Graden 92,1 Procent des auffallenden Lichtes reflectiren. (Carl's Repertorium für Experimental-Physik etc.,
1871, Bd. VII S. 63.)
Notizen über das Ultramarin; von Carl Fürstenau.
In meinem Werkchen über Ultramarinfabrication (1864) habe ich das Technische dieser
Industrie, soweit es damals ausgebildet war, so ausführlich als möglich dargestellt.
Mikroskopische Untersuchungen zeigten mir später, daß das Ultramarin keine homogene
Farbe ist. Dasselbe enthält:
1) eine blaugefärbte, glasartig gesinterte Masse;
2) lebhaft dunkelblau gefärbte Körner, von denen die gröberen einen weißen Kern
haben;
3) unangegriffenen Kaolin und ungefärbte emailartige Substanz.
Die nicht gefärbten Bestandtheile unter Nr. 3 habe ich nicht bloß bei meinen Farben,
sondern auch in den besten Nummern der berühmtesten Fabriken gefunden. Unter solchen
Umständen konnte eine chemische Analyse wenig nutzen. Ich stellte mir daher die
Aufgabe, erst die einzelnen fabrikmäßigen Manipulationen so zu vervollkommnen daß
ich sicher war, aus einem bestimmten Gemenge auch das Beste zu erhalten was daraus
zu machen ist, und die unter Nr. 3 erwähnten Gemengtheile so vollständig als möglich
beseitigt wurden; dann suchte ich Ultramarin darzustellen, welches entweder fast
ganz aus den dunklen blauen Körnern bestand, oder nur äußerst wenig davon enthielt.
Nachdem ich beide Ziele erreicht hatte, ging ich an das Analysiren und erhielt nun
constante Resultate.
Die so erhaltenen Ultramarine bildeten zwei Reihen, welche sowohl in Farbe als
chemischen Eigenschaften verschieden waren. Die einen waren rein blau und nicht
alaunhaltend, die anderen violettblau, bei gleicher Feinheit viel dunkler und sehr
gut alaunhaltend; letztere bestanden beinahe ganz aus oben erwähnten dunkelblauen
Körnchen.
Beides sind ganz bestimmte Silicate, und ist mir bis jetzt nur eine Sorte englischen
Kaolins vorgekommen, welche gerade für die eine Art von Ultramarin paßte; andere
Kaoline müssen entweder unter einander oder mit Sand, Infusorienerde etc. nach den
gefundenen Formeln gemengt werden. Nur mit diesen Silicaten erhält man reines
Ultramarin ohne Abfall, alle anderen Gemenge geben Veranlassung zu nicht blau
gefärbten Substanzen die sich neben dem Ultramarin bilden.
Herzogenbusch, 13. Juli 1871.
Ueber den Einfluß von feuchtem Ultramarin auf Silber; von I.
N. Braunschweiger.
Dem Verfasser dieser Zeilen kam wiederholt der Fall vor, daß Silber durch Papier
welches mit Ultramarin gefärbt war, gebräunt, beziehungsweise geschwärzt wurde. Der
erste Fall betraf eine ansehnliche Zahl in Pappe gebundener, zu Schulpreisen
bestimmter Bücher, die mit blauem Glanzpapier überzogen und bei denen sowohl der
Schnitt wie die auf dem Deckel angebrachten Verzierungen mittelst Blattsilbers
hergestellt waren.
Bekanntlich wird bei derartiger Versilberung der Schnitt des Buches mit Eiweiß
überstrichen, hierauf mit Blattsilber belegt und dann geglättet. In ähnlicher Weise
überstreicht man die auf dem Deckel zu verzierenden Stellen mit Eiweiß oder sehr
feinem Leim, belegt dann dieselben mit Blattsilber und drückt auf letzteres den
erwärmten Stempel.
Im fraglichen Falle waren die fertigen Preisebücher partienweise aufeinandergelegt
und in einem unbewohnten, reinlichen und trockenen Zimmer aufbewahrt worden. Aber
schon nach vierundzwanzig Stunden bemerkte man, daß die Verzierungen des Deckels,
sowie jene Streifen des Schnittes, welche unmittelbar an das blaue Papier grenzten,
bräunlich bis schwarzbraun, stellenweise schillernd waren.
Der Buchbinder glaubte, daß das fragliche Blattsilber, welches er zur Verzierung
benutzte, mit Kupfer verfälscht sey. Wie ich mich überzeugte, trat aber beim Lösen
mehrerer Blättchen des fraglichen Silbers in Salpetersäure und Uebersättigen mit
überschüssiger Ammoniakflüssigkeit keine Spur einer Reaction auf Kupfer ein.
Die weitere Vermuthung, daß durch die erwärmten Stempel das schwefelhaltige Eiweiß
oder der etwas Schwefel enthaltende Leim eine gewisse Veränderung erlitt und dadurch
das Blattsilber in ähnlicher Weise gebräunt wurde wie etwa der silberne Löffel durch
die Eiersuppe u dgl. gebräunt wird, konnte wohl nicht angenommen werden, da
Silberverzierungen auf Papier, das mit anderen blauen Farbstoffen gefärbt ist, keine
derartige Veränderung erleiden.
Es blieb daher nur die Vermuthung übrig, daß das Papier mit Ultramarin gefärbt sey
und dieses die Ursache dieser Reaction seyn könne, was denn auch durch nachfolgende
Versuche seine Bestätigung fand.
Auf sechs Glasplättchen wurde je ein Silberplättchen des fraglichen Blattsilbers
ausgebreitet und dann: auf Nr. 1 Bergblau, auf Nr. 2 Indigo, auf Nr. 3 Lackmus, auf
Nr. 4 Smalte, auf Nr. 5 Berlinerblau und auf Nr. 6 Ultramarin gebracht.
Von diesen möglichst reinen Farbstoffen wurde je eine Messerspitze voll in feinem
gepulverten Zustande verwendet, und jede der sechs Proben mit einigen Tropfen
destillirten Wassers befeuchtet, vierundzwanzig Stunden liegen gelassen. Nach dieser
Zeit zeigte nur das mit Ultramarin bedeckt gewesene Silberblättchen einen braunen
theilweise schillernden Fleck. Diese Reaction tritt offenbar durch den
Schwefelgehalt des Ultramarins, durch Bildung von Schwefelsilber ein, mag man sich
nun im Ultramarin den Schwefel in Form von einer Schwefelnatriumverbindung oder nach
Stein's neuer AnnahmePolytechn. Journal Bd. CC S. 299 (zweites Maiheft 1871). in Form von Schwefelaluminium denken.
Als zum Einband der Bücher statt des Ultramarinpapieres mit Berlinerblau gefärbtes
Glanzpapier verwendet wurde, behielten Schnitt und Verzierungen ihren schönen weißen
Silberglanz.
Der zweite Fall, wo Silber durch Ultramarinfarben alterirt wurde, begegnete vor nicht
langer Zeit einem Gürtler. Derselbe schickte nämlich mehrere versilberte Gegenstände
in verschiedenes Papier verpackt, worunter sich auch mit Ultramarin gefärbte Blätter
befanden, zu einer Ausstellung.
Bei dem Auspacken waren die in Ultramarinpapier verpackten Gegenstände beinahe
vollständig gebräunt, während die in anderes Papier verpackten Gegenstände ihren
weißen Metallglanz besaßen.
Um übrigens solches mit Ultramarin gefärbtes Papier zu erkennen, braucht man nur
irgend eine Stelle des letzteren mit einem Tropfen Salzsäure zu befeuchten.
Ultramarinfarbstoff wird bekanntlich unter Entwickelung von Schwefelwasserstoff
zerstört und es
entsteht ein gelblich-weißer Fleck, während Smalte, Berlinerblau, Indigo
unverändert bleiben. Bergblau wird durch Salzsäure unter Aufbrausen sogleich in Gelb
verwandelt, und Lackmusblau nimmt eine rothe Farbe an. (Bayerisches
Industrie- und Gewerbeblatt, 1871 S. 159.)
Vorschriften zu Roth, Grün- und Blaufeuer; von I. N.
Braunschweiger.
Die farbigen Feuer, welche bei Gelegenheit der jüngsten Sieges- und
Friedensfeste vielfach Anwendung fanden, haben häufig den Mißstand, daß sie entweder
zu faul oder zu rasch abbrennnen. Ersteres ist bekanntlich der Fall, wenn der Satz
zu feucht oder im unrichtigen Verhältniß gemengt ist; letzteres findet statt, wenn
man von den oxydirenden Salzen (z. B. vom chlorsauren Kali) etwas zu viel zusetzt.
Um in dieser Beziehung entsprechende Gemenge zu erhalten, wurden mehrere Versuche
gemacht, nach welchen sich folgende empfehlenswerthe Vorschriften ergaben:
Rothfeuer:
9
Theile salpetersaurer Strontian,
3
Theile Schellack,
1½
Theile chlorsaures Kali.
Grünfeuer:
9
Theile salpetersaurer Baryt,
3
Theile Schellack,
1½
Theile chlorsaures Kali.
Blaufeuer:
8
Theile schwefelsaures Kupferoxyd-Ammoniak,
6
Theile chlorfaures Kali,
1
Theile Schellack.
Der Schellack braucht nur gröblich (etwa wie das sogenannte Pferdepulver in der
Apotheke) gepulvert zu seyn. Zugleich gewähren diese drei Gemenge den Vortheil, daß
man nicht durch schädliche Dämpfe belästigt wird, und dieselben auch in Wohnzimmern
abbrennen kann. (Bayerisches Industrie- und Gewerbeblatt, 1871 S. 159.)
Ueber vulcanisirten Kautschuk und die Zerreißungsfestigkeit
verschiedener Kautschuksorten.
In einem Vortrag über vulcanisirten Kautschuk, welchen James Syme
sen. im schottischen Ingenieurverein heilt, theilte
derselbe unter Anderem folgende Zusammen stelluug der von ihm ermittelten spec.
Gewichte verschiedener Kautschukarten mit:
Paragummi, in dem Zustande wie er importirt wird
0,922
Paragummi gereinigt
0,882
Paragummi gereinigt und comprimirt
0,935
Paragummi geschmefelt, aber nicht vulcanisirtParagummi
vulcanisirt
0,9900,986
Abnahme 0,004
Invakautschuk, in dem Zustande wie er importirt wird
0,905
Invakautschuk, gereinigt
0,881
Afrikanischer Kugelkautschuk, wie er importirt wird
0,920
Afrikanischer gereinigt
0,872
Kautschuk für mechanisch-technische
Verwendung:
Nr. 1 rein, geschwefelt aber nicht vulcanisirtNr. 1 rein,
vulcanisirt
1,0241,013
Abnahme 0,011
Nr. 2 grau, gemischt, nicht vulcanisirtNr. 2 grau vulcanisirt
1,1601,180
Zunahme 0,020
Nr. 2 dunkel, gemischt, nicht vulcanisirtNr. 2 dunkel,
vulcanisirt
1,1451,163
Zunahme 0,018
Nr. 3 grau, gemischt, nicht vulcanisirtNr. 3 grau, vulcanisirt
1,4891,520
Zunahme 0,031
Nr. 3 dunkel, gemischt, nicht vulcanisirtNr. 3 dunkel
vulcanisirt
1,4511,460
Zunahme 0,009
Es nimmt also für den Paragummi, — der übrigens nicht häusig für
Maschinentheile, wie Ventile etc., sondern vorzugsweise zur Herstellung
wasserdichter Stoffe, sowie von Luftkissen, Schwimmgürteln etc. verwendet wird, da
sein Preis etwa doppelt so hoch ist wie der als „Nr. 1 rein“
bezeichneten Sorte —, sowie für Nr. 1 das specifische Gewicht beim
Vulcanisiren ab, das Volumen also zu; bei den anderen Sorten nimmt dagegen das
specifische Gewicht zu, also das Volumen ab; es muß mithin, wenn
Kautschukgegenstände genau nach Maaß geformt werden müssen, ähnlich wie beim
Eisenguß auf das Schwinden Rücksicht genommen werden.
Bei Versuchen über den Zusammenhang zwischen Zerreißungsfestigkeit verschiedener
Kautschuksorten und deren Preise und specif. Gewichte fand Syme so unerwartete und wegen des Alters der angewendeten Proben
vielleicht unzuverlässige Resultate, daß er die Versuche aufgab. Im Allgemeinen
zeigten einige der theureren, leichten Sorten eine geringere Zerreißungsfestigkeit
als die billigeren, schwereren Sorten. Das höchste Gewicht, welches eine
Querschnittsfläche von ¼ Zoll im Quadrat trug, war 85 Pfd.; die Probe, welche
102 ¼ Pfd. pro Kubikfuß engl. wog, riß dabei
nicht in der Mitte, die auf etwa 1/12 Zoll im Quadrat reducirt war, sondern in den
Befestigungsstellen.
Bei Besprechung der technischen Verwendung des Kautschuks bemerkte Symeu. A, daß man seit einigen Jahren für die Ventile von
Schiffsmaschinen, sowohl der älteren Condensationsmaschinen mit Einem Cylinder wie
der neueren zweicylindrigen Maschinen, Kautschuk, dessen specif. Gewicht gleich oder
nahe gleich dem des Wassers ist, für den vorzüglichsten halte, daß aber andere
Ursachen weit mehr als die Qualität des Kautschuks selbst auf dessen Haltbarkeit von
Einfluß seyen. Die nachtheilig wirkenden Ursachen seyen namentlich fehlerhafte
Construction der durchbrochenen Sitzflächen und Deckel, die Anwendung von
Kautschukklappen bei zu hohem Dampfdruck und wohl auch der Umstand, daß das Wasser
zu viel Schmiermittel aufnehme, welches lösend auf den Kautschuk einwirke.
Tellerförmige Kautschukventile, wie z. B. die der Dampfmaschinen-Luftpumpe,
müßten stets sich drehen können, so daß sie nach jedem Hub auf ihrem Gittersitz eine
andere Lage einnehmen. Reiner Kautschuk nütze sich in öligem Wasser mehr ab als
solcher, der mit einem metallischen Pigment gemischt sey (Nach dem Engineer, Mai 1871, S. 301; aus der deutschen
Industriezeitung, 1871, Nr. 25.)
Vorschrift zum Amaranthfärben der Wollentuche mittelst
Fuchsin.
Für Färbereien, in denen türkische Fabricate in namhafter Menge aus Cochenille
gefärbt werden, empfiehlt C. L. Pfundheller im
„Wollengewerbe“ folgende Methode, welche, richtig
angewendet, ganz den schönen Lüster hervorbringe, der durch Cochenille nicht so
leicht beigebracht werden kann. Auf ein Stück Tuch von 20 Pfund Gewicht werden
3½ Loth Diamantfuchsin mit 1 Pfund Glycerin durch Kochen aufgelöst und
filtrirt, inzwischen reines Wasser im Kupferkessel erwärmt. Das aufgelöste Fuchsin
wird der Flotte beigegeben, der noch 16 Loth Pikrinsäure und 8 Loth krystallisirte
Soda hinzugefügt werden. Nach 15 Minuten langem Aufkochen, während welchem sich die
fetten schwärzlichen Theile des Fuchsins oben ausscheiden und sorgsam abgeschäumt
werden müssen, kann das genäßte Tuch in die Farbslotte kommen und nach 30 Minuten
langem Hantiren bis zum Kochen gebracht, als fertig herausgenommen werden. Die Farbe
bleibt lebhafter, wenn sie nicht in Wasser gespült, sondern gleich zum Trockuen
gebracht wird. Mit derselben Farbslotte kann fort und fort gefärbt werden.
S. Westphal's Verfahren, Seide
schwarz zu färben und zu beschweren.
Dieses Verfahren beruht auf der Anwendung des reinen salpetersauren Eisens als Beizmittel und des basischen und neutralen essigsauren Bleioxydes. Das Bad von
basisch-essigsaurem Blei bereitet man durch Auflösen von 20 Pfd. Bleiglätte
in 4 bis 5 Pfd. Holzessigsäure und so viel Wasser, daß das Bad nachdem es von dem Bodensatz klar
abgezogen ist, bei 32° N. an Baumé's Aräometer 44 bis 45° zeigt. Um
neutrales essigsaures Blei zu erhalten, hat man etwas mehr Holzessigsäure
anzuwenden. Zur Darstellung des salpetersauren Eisens taucht man in Salpetersäure
neue Eisenstäbchen von egaler Dicke und Stärke.
Die zum Färben bestimmte Seide wird, nachdem sie gut ausgekocht und gewaschen ist, in
das Bad von salpetersaurem Eisen gebracht, eine Viertelstunde umgearbeitet und dann
mit der Luft in Berührung gebracht, damit das Eisen höher oxydirt werde. Hirrauf
breitet man sie auf einem Tisch in Bunden von 1 Pfund aus. Man spült sodann gut im
Flusse, wobei das anfangs olivengrüne Eisensalz rostgelb wird.
Man behandelt die Seide darauf ein zweites Mal in dem Bade von salpetersaurem Eisen,
um sicher zu seyn, daß jede Faser gut durchgebeizt werde, und spült nochmals
gut.
Darauf bereitet man ein Färbebad von Blauholz-Extract, fügt demselben etwas ausgekochtes Quercitron oder Gelbholzflotte
bei, rührt gut um und gibt bei der Temperatur von 24° R. etwas aufgelösten
Kupfervitriol zu.
Man geht mit der gebeizten Seide in diese Flotte und arbeitet selbige 20 bis 30
Minuten egal um, läßt dann noch einige Zeit sitzen und nimmt heraus. Die Seide hat
jetzt an Gewicht verloren. Man wäscht sie neuerdings im Fluß und füllt dann einen
Kübel mit reinem Wasser, in welches man 1 Pfd. Baumöl gießt, das vorher mit etwas
Soda aufgelöst und verseift worden ist. In diesem Bade wird die Seide wieder einige
Minuten umgearbeitet, wodurch sie einen schönen, weichen Griff bekommt; sie wird
dann tüchtig ausgerungen. Die letzte Arbeit besteht darin, daß man die Seide in
einen Kessel taucht, welcher das basisch-essigsaure
Blei enthält. Dieses Bad, welches der Seide die Gewichtsvermehrung
ertheilen soll, muß eine Temperatur von 45 bis 50° R. haben. Die Seide wird
einige Male gut umgezogen und demnächst etwas stecken gelassen. Nach dieser
Operation zeigt sich der schwarze Ton etwas geschwächt. Um demselben die vorherige
Reinheit und Intensität wieder zu geben, unterwirft man die Seide endlich
nachstehender Behandlung:
Die Seide wird aus dem essigsauren Bade recht trocken ausgerungen oder gepreßt, so
daß fast gar keine Feuchtigkeit zurückbleibt, dann in einen verschlossenen Raum
gebracht, in welchem man bei schwacher Wärme einen starken Strom von Schwefelwasserstoffgas erzeugt, und in diesem Raume
lamgsam getrocknet. Man erzielt so das schönste und weichste Schwarz, welches eben
so ächt ist, wie das aus Galläpfeln hergestellte. (Musterzeitung, Zeitschrift für
Färberei etc., 1871, Nr. 17,)
Ueber das Färben von Kautschuk, Gutta-percha etc., mit
Anilinpigmenten.
A. Ford in London hat hierauf am 20. October 1870 ein
Patent genommen. Kautschuk, Gutta-percha, Harze vereinigen sich hiernach
recht gut mit Anilinfarben, und dieser Umstand wird von dem Patentinhaber benutzt,
um Gegenständen aus obigen Materialien die schönen Farben der Anilinpigmente zu
ertheilen. Es geschieht dieß durch Eintauchen der zu färbenden Artikel in eine auf
150° C. erwärmte wässerige Lösung von Anilinpigmenten. Handelt es sich um das
Färben von Gutta-percha und Kautschuk, so ist es vortheilhaft die daraus
gefertigten Gegenstände mehrere Stunden in Wasser zu halten, bevor man dieselben in
das Anilinfarbbad bringt. Oft ist es aber auch nöthig, die zu färbenden Stoffe mit
Aether, Benzol oder Methylalkohol (Holzgeist) oder sonst einem entsprechenden
Lösungsmittel einzureiben, damit die Farben wohl aufgenommen werden. Die mit
Anilinpigmenten gefärbten Artikel sind transparent und besitzen einen schönen
seidenartigen Schimmer. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin,
1871, Nr. 9.)
Ueber die Anwendung der Anilinfarben in der
Papierfabrication.
Was die Verwendung der Anilinfarben in der
Papierfabrication anbetrifft, so muß man sich vor Allem klar machen, welchen Charakter diese dem Hadern und Holzstoff gegenüber haben.
Die Anilinfarben sind keine eigentlich substantiven.
d. h. körperhaften,
sondern adjective, d. h. die Faser nach innen
durchziehende Farben. Es ist aber für die Färbung des Papierstoffes nur dienlich,
substantive Farben anzuwenden, also entweder Niederschläge von organischen Verbindungen, wie
Eisencyanür-Cyanid, chromsaures Bleioxyd u. A., oder pulverige Farben, wie die Ocker, cölnische Erde, grüne Erde, Bremer Grün
und alle die sogenannten Deckfarben. Es wird daher auch
für die Färbung des Papierstoffes mit den prächtigen Anilinfarben zweckmäßig seyn,
die den Saftfarben ähnlichen Präparate, welche keine
Deckkraft besitzen und darum die Stoffe (Hadern, Holzstoff, Stroh etc.) nicht verdecken können, vor ihrer
Verwendung substantiv zu machen, indem man gewisse Mengen
davon mit bestimmten Mengen China-Clay
anrührt.
Unsere Untersuchungen und Verwendungen beziehen sich auf die Anilinfarben des Hrn. Rich. Meixner in
Frankfurt a. M. Unter dem Sortimente haben wir verwendet: Fuchsin, roth, dasselbe, gelb, Blau, dunkel und prima hell, Havanna, hell und dunkel, Corallin,
Jod-Violett, bläulich und röthlich, Rothbraun und Schwefelgelb, welche alle in
Wasser löslich waren.
Zuerst empfehlen wir überhaupt nur die in Wasser löslichen
Anilinfarben, da die Lösung in absolutem Spiritus nicht nur kostspielig
ist, sondern auch nicht unter allen Umständen gelingt. Dann kann man ohne weitere
Bedenken auf jedes Loth Anilinfarbe 1 Loth reine
Schwefelsäure (eisenfrei) zum Ansäuern zusetzen, damit die Beständigkeit
der Farbe und ihre Zertheilung erhöht wird. Zu jedem Loth Anilinfarbe nimmt man 1
Pfund heißes Wasser, kocht weitere 10 Minuten und seiht die Farbe durch wollene
Beutel. Selbstverständlich setzt man mindestens 1 Pfund Anilinfarbe mit 30 Pfund
Wasser auf einmal an, um Arbeit zu sparen, und gießt 1 Pfund Salzsäure hinzu.
Angenommen, man wolle ein rosa Umschlagpapier darstellen,
welches auf 100 Pfund Stoff mit 2½ Loth Fuchsin gefärbt werden und 20 Pfund
Zusatz von China-Clay erhalten soll, so wird zuerst der China-Clay mit
der Stärke gemischt und darauf das Fuchsin hinzu gerührt, so daß das Ganze eine gleichmäßig gefärbte Masse bildet. Selbstverständlich muß
die Stärke vorher nach Erforderniß vorbereitet seyn.
Unter den Anilinfarben haben wir zur Hebung der Weiße,
namentlich bei Papieren die mit vielem Holzstoffzusatz gearbeitet sind, das Jod-Violett ganz besonders geeignet gefunden. Es
ist zwar die theuerste unter den Anilinfarben, aber außerordentlich ausgiebig und
bringt gerade jene Nüance des weißen, klaren Tones hervor. Dann sind die Fuchsine, die Anilinblau,
Havanna und Rothbraun für die Papierfabrication
höchst brauchbar, wogegen wir die gelben Farben und das
Corallin nicht vortheilhaft gefunden haben. Mit dem
Jod-Grün und Schwarz haben wir noch keine Versuche gemacht. R. (Centralblatt für die
Papierfabrication.)
Verfahren zur Gewinnung der in der Oelsäure der
Stearinfabriken aufgelösten Stearinsäure, von Albert Weiß
und Comp. in Lyon.
In den Stearinfabriken wird bekanntlich das Gemenge der festen Fettsäuren — im
Folgenden „Stearinsäure“ genannt — durch Pressen von der
Oelsäure getrennt. Wenn diese Operation im Winter ausgeführt wird, enthält die aus
den Pressen abfließende Oelsäure nur wenig Stearinsäure in Lösung; zur Sommerszeit
aber enthält sie eine erhebliche Menge Stearinsäure aufgelöst, welche mit der Zeit
oder in Folge einer hinreichenden Abkühlung sich in undeutlichen warzenförmigen
Krystallmassen daraus abscheidet. Die Fabrikanten suchen diese Stearinsäure auch
noch möglichst zu gewinnen; Weiß und Comp. empfehlen nun hierzu folgendes Verfahren als
praktisch und lohnend.
Man unterwirft die Oelsäure nach dem Austritt aus der Presse während einer mehr oder
weniger langen Zeit einer gut augeordneten und gut vertheilten Abkühlung, so daß
ihre Temperatur beständig auf nahezu 5° C. erhalten wird. Bei dieser
Temperatur, welche sich in der Praxis als die günstigste herausgestellt hat, scheidet sich fast die
ganze Menge der Stearinsäure aus der Oelsäure ab. Nach Verlauf der nöthigen Zeit
bringt man die durch die Ausscheidung der Stearinsäure dicklich gewordene Masse so
rasch als möglich, damit ihre Temperatur sich nicht erhöht, in eine
Centrifugalmaschine, deren Trommel mit einem wollenen Futter versehen ist, und setzt
dieselbe dann sofort iu Bewegung, so daß die Trommel in der Minute 1200 bis 1300
Umdrehungen macht. Dabei wird die Oelsäure in einigen Minuten von den
Stearinsäure-Krystallen abgeschieden, bevor diese Zeit haben sich wieder
aufzulösen. Die in der Trommel zurück gebliebene Stearinsäure wird nachher in
gewöhnlicher Weise gepreßt.
Die Centrifugalmaschinen von der Einrichtung wie man sie in den Zuckerfabriken
anwendet, sind für diesen Zweck vollkommen geeignet. Die Abkühlung der Oelsäure kann
man zweckmäßig auf die Weise bewirken, daß man eine verhältnißmäßig ziemlich
beträchtliche Menge Wasser entweder durch Eis oder mittelst einer Eismaschine auf 4
bis 5° C. abkuhlt und dieses Wasser dann mittelst einer Pumpe durch eine
Reihe von Röhren treibt, welche das die Oelsäure enthaltende Reservoir umgeben oder
durch dasselbe hindurch gehen. Dieses Mittel wendet man, beiläufig bemerkt, anch in
der Chocoladefabrik von Ménier in Noisiel an, um die Keller in denen man die
Chocolade-Tafeln fest werden läßt, abzukühlen; die Tafeln müssen nämlich
rasch und hinreichend stark abgekühlt werden, wenn man eine Chocolade von feinem,
dichtem Korn erlangen will. Ménier bewirkt die Abkühlung des Wassers (auf 8 bis
10° C. durch Zusatz von Eis, da die Anwendung einer Eismaschine sich als
nicht vortheilhaft herausstellte. — Patentirt in Frankreich am 26. Februar
1870. (Moniteur scientifique, September 1870, S. 837;
polytechnisches Centralblatt, 1871 S. 792.)
Ein vegetabilischer Leim (Kitt) von großer Bindekraft.
Wenn es auch an Kitten und Leimen verschiedener Art nicht fehlt, so ist doch in dem
Verhalten derselben im Vergleich zu einander ein gewaltiger Unterschied. So steht es
auch mit dem vorliegenden Kitt, welcher eine enorme Klebkraft hat und nicht
alkalisch, kaum sauer ist. Er hat eine halb- oder dickflüssige Consistenz,
ist dabei farblos und durchsichtig, und kann als Kitt oder Leim für Holz, Pappe,
Porzellan, Glas, Marmor, Alabaster, Stein in allen den Fällen benutzt werden, wenn
die Kittstelle weder anhaltend dem Wasser, noch einer starken Hitze ausgesetzt wird.
A. Selle sen. hat eine Menge von Versuchen angestellt,
welche sämmtlich günstige Resultate ergaben.
Der Leim ist ein Gemisch von salpetersaurem Kalk, Wasser und gepulvertem arabischen
Gummi, ungefähr in einem Verhältniß von 2, 25 und 20, bewerkstelligt durch
Zusammenreiben in einem Mörser. Das Kalkerdenitrat bereitet man in der Weise, daß
man kleine Stückchen weißen Marmors in 25 procentige Salpetersäure einträgt, einen
kleinen Ueberschuß von Marmor vorwalten läßt, dann erwärmt und filtrirt. Die Lösung
enthält 33,3 Procent Kalknitrat.
Bei Anwendung des Leimes werden die Bruchflächen einfach damit bestrichen und durch
Umwickeln von Bindfaden oder Umkleben und Bekleben mit Papierstreifen aneinander
gedrückt. Je nach der Temperatur ist die Austrocknung in 1 bis 4 Tagen erfolgt. (Hager's pharmaceutische Centralhalle, 1871 S. 206.)
Klebmittel für Papierschilder auf Standgefäße in
Apotheken.
Das Aufkleben der Schilder auf die Standgefäße geschieht nach Brauns am besten mit einer Mischung von Gelatine und Dextrin. Erstere wird
in kaltem Wasser aufgeweicht, dann das Dextrin hinzugesetzt, mit mehr Wasser
gemischt und aufgekocht. Jedes Schild muß nach dem Ankleben, nachdem man ein Stück
Papier darauf gelegt hat, mit dem Handballen fest aufgestrichen werden, damit keine
Blasen darunter bleiben; es haftet dann auf Porzellan und Glas außerordentlich fest.
Zum Lackiren bedient man sich des Dammarlackes, nachdem man das Schild zuvor mit
einer sehr dünnen Gummi- oder Gelatinelösung überstrichen hat. Zu schnell
trocknender Spirituslack taugt nicht.
Haltbares Copir-Papier für Drucksachen aller Art, um ohne Verletzung des
Originals schnell Abdrücke von Schriften, Zeichnungen von Maschinen, Mustern,
Bildern etc. herzustellen; von C. Puscher in
Nürnberg.
Im Jahrgang 1870 dieses Journals, Bd. CXCVII S. 435 habe ich ein Verfahren zur
Bereitung eines Copir-Präparates angegeben, mittelst dessen man
Copir-Papier für Drucksachen herstellen kann. Leider behielt aber dieses
Papier die Eigenschaft Copien anzunehmen nur kaum einen Tag, weßhalb man genöthigt
war, dasselbe bei seiner Verwendung immer wieder frisch anzufertigen. Diese
Unannehmlichkeit habe ich nun beseitigt und den seither mit der Anfertigung des
Copir-Präparates betraut gewesenen Apotheker Hrn. Weigle hier aufgefordert, statt dieses Copir-Präparates haltbares
Copir-Papier nach meiner neu ermittelten Methode anzufertigen. Derselbe ist
meiner Aufforderung nachgekommen und jetzt im Stande, jede Quantität dieses
nützlichen Papieres zu dem Preise von 6 kr. den Bogen, das Buch zu 1 fl. 36 kr. in
kürzester Zeit zu liefern.
Bei seiner Verwendung befeuchtet man eine der beiden Seiten des Papieres mittelst
eines mit Terpenthinöl getränkten Schwämmchens durch gelindes Reiben so lange, bis
dasselbe ganz durchsichtig geworden ist. Wenn dann nach einigen Augenblicken die
glänzenden Stellen auf dem Papier verschwunden sind, so legt man die bestrichene
Seite auf das zu copirende Original, hält dasselbe mit Daumen und Mittelfinger der
linken Hand fest, und reibt nun kräftig, nachdem man zuvor dem Original eine
Glasplatte untergeschoben hat, die Oberfläche des Copir-Papieres so lange mit
einem dazu besonders gefertigten Falzbein, bis alle Stellen des Originales deutlich
abgedruckt sichtbar geworden sind. Um das Ausdehnen des Papieres möglichst zu
vermeiden, wodurch verwischte Bilder entstehen, muß das Reiben mit dem Falzbein
nicht der Länge nach geschehen, sondern immer, in der Beschreibung kleiner Kreise
stattfinden. Dieses zur Ausführung eines kräftigen Druckes dienende Falzbein ist
deßhalb auf der unteren Fläche stark oval geformt, und wird bei Bestellungen dem
Copir-Papier beigefügt und mit 9 kr. berechnet. Das Papier ist auf beiden
Seiten gleichmäßig präparirt. welches das Reiben, weil sich die Oberfläche dadurch
glättet, sehr erleichtert. Die erhaltene Copie kann mit Terpenthinöl wieder
weggewischt und das Papier wiederholt benutzt werden.
Nach dem angegebenen Verfahren erzielt man ziemlich vollendete Copien, welche in den
meisten Fällen genügen; ganz tadellose Abdrücke und in jeder Größe lassen sich nur
mittelst des gleichmäßigen Druckes einer Satinirwalze erzielen.
Zuweilen kommt es vor, daß alte, oder lange der Luft exponirte Drucksachen, oder nach
dem Drucken erst geleimte Originale, nach diesem Verfahren behandelt, keine oder
nicht genügende Abdrücke geben. Es ist dann nur nöthig, daß der Leim aus den
geleimten Drucksachen durch Digeriren in heißem Wasser entfernt wird. Genügen dann
nach dem Trocknen der Originale die davon gemachten Abdrücke noch nicht, so legt man
dieselben zum Aufweichen der Druckerschwärze zwischen zwei mit Terpenthinöl
befeuchtete Bögen Löschpapier und schließt dieselben zur Verhütung der Verdunstung
des Terpenthinöles zwischen zwei Glasplatten ein. Eine halbe bis ganze Stunde genügt
dann gewöhnlich, um von so vorbereiteten Originalen nach obigen Angaben gute Copien
zu erhalten.
Conservation des Fleisches.
Nach einem H. Haighton in London am 26. September 1870
ertheilten Patente soll man das zu conservirende Fleisch wiederholt in verdünnte Salzsäure tauchen und dann an der Luft
trocknen. Beim nachherigen Gebrauch so behandelten Fleisches braucht man dasselbe
nur in eine Lösung von Soda zu bringen, um die Salzsäure zu neutralisiren.
Desinfections-Versuche von Watercloset-Gruben,
Hof- und Straßengossen Berlins.
Dr. Ziurek hat gleichzeitige
Versuche mit nicht desinficirten und desinficirten Stoffen der oben angegebenen
Oertlichkeiten angestellt, die Vorgänge dabei beobachtet und die Ergebnisse mit
einander verglichen. Es wurde der Inhalt von Sammelgruben und Straßengossen chemisch
und mikroskopisch untersucht, in nicht desinficirtem Zustande den natürlichen
Zersetzungsprocessen überlassen, und deren Ergebnisse in entsprechenden Zeiträumen
analytisch-chemisch und mikroskopisch controllirt; ferner wurde derselbe
Inhalt desinficirt, in gleicher Weise beobachtet, die Resultate mit einander
verglichen, und die für die Sanitätspolizei erreichbaren Zwecke und Ziele der
Desinfection daraus gefolgert, und endlich einige größere Desinfectionsversuche mit
Sammelgrubeninhalt ausgeführt. Dieser letztere, neben Küchenabfällen zumeist aus
festen menschlichen Excrementen und Harn bestehend, unterliegt in verhältnißmäßig
kurzer Zeit bei mittlerer Sommertemperatur Gährungs- und Fäulnißprocessen,
welche mit Bildung von niedrig organisirten pflanzlichen und thierischen Organismen
und gesundheitsschädlichen Gasen einhergehen. Aufgabe der Desinfection ist es daher,
diese Erzeugung schädlicher Organismen und Stoffe zu verhindern oder wenigstens
aufzuhalten. Bezüglich genauer Anhaltspunkte für die Menge der zu desinficirenden
Substanzen, speciell in Berlin, ergab sich folgendes Resultat: Die 700,000 Einwohner
geben, pro Einwohner täglich 100 Gramme Excremente und 1
Liter Harn angenommen, ein jährliches Quantum von circa
500,000 Centner Excremente und 250 Millionen Liter = 5 Millionen Centner Harn. Ein
Haushalt von 5 Personen entleert täglich durchschnittlich 40 Liter Spülwasser und
Küchenabgang in die Hofgossen, das aus diesen auf die Straße fließt; ist eine
Wasserleitung im Hause, so wird die Menge der entleerten Spülwässer noch größer
seyn; indeß jenes Quantum als Minimum auf sämmtliche Haushaltungen Berlins
übertragen, ergibt eine jährliche Menge von circa 1533
Millionen Liter = 30 bis 31 Millionen Centner Spülwasser und Küchenabgänge. —
Die Desinfectionsversuche wurden mit Chlorkalk, Uebermangansäure, Carbolsäure,
Eisenvitriol, Kalk, Gyps und Kohle ausgeführt. Die desinficirten Stoffe waren neben
den menschlichen Auswurfstoffen, Hofgossen-, Waterclosetgruben- und
Straßengossen-Inhalt, und wurde bei den Versuchen ein besonderer Werth darauf
gelegt, klare, filtrirbare Lösungen resp. leicht trennbare, feste Stoffe als
Rückstand zu erhalten, und nicht bloß die momentanen Erfolge der
Desinfectionsmittel, sondern hauptsächlich deren Nachhaltigkeit zu constatiren, im
Vergleiche zu den Preisverhältnissen. Die bisher gewonnenen Resultate ergaben, daß
keines der angewendeten Desinfectionsmittel die absolute Verhinderung von
Fäulnißprocessen und von gesundheitsnachtheiligen Producten derselben bewirkt,
namentlich bei der gewöhnlichen Construction der Sammelgruben. In
sanitätspolizeilicher Hinsicht zufriedenstellende Zustände des Inhaltes von
Sammelgruben u. s. w. sind nur zu erreichen, wenn nächst der Anordnung der
Desinfection des Inhaltes auch die Construction der Sammelgruben geändert wird und
zwar in der Weise, daß die Trennung der festen Stoffe von den flüssigen, deren
leichte Desinficirung und Entfernung bekannt ist, streng stattfindet, und vor dem
Austritte des Inhaltes in die Straßengossen und Canäle (aus den sogenannten zweiten
Sammelgruben) die Filtration desselben mittelst einfacher Apparate bewirkt wird.
Weitere Beobachtungen in dieser Richtung sollen von Dr.
Ziurek angestellt werden. (Vierteljahresschrift für
gerichtliche und öffentliche Medicin, 1871 Heft 1.)