Titel: | Henderson's Proceß zur Reinigung des Roheisens behufs des Puddelns. |
Fundstelle: | Band 201, Jahrgang 1871, Nr. LXIII., S. 240 |
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LXIII.
Henderson's Proceß zur Reinigung des Roheisens behufs des
Puddelns.
Nach Nature; aus derberg- und hüttenmännischen
Zeitung, 1871, Nr. 30.
Henderson's Proceß zur Reinigung des Roheisens für das
Puddeln.
Dieser Proceß — auf welchen bereits von P. Tunner
aufmerksam gemacht wurde (im polytechn. Journal Bd. CC S. 210, erstes Maiheft 1871) —
unterstützt das Reinigen oder Feinen des Roheisens in einer wirksameren und
wohlfeileren Art, als der englische Feineisenherd-Proceß oder der deutsche
Flammofen-Proceß.
Er ist sehr einfach, erfordert kein Brennmaterial, keine Arbeit und keinen theuern
Apparat; auch findet dabei kein Verlust an Eisen statt, da die Unreinigkeiten
verflüchtigt werden. Die Kosten des Feinens betragen nur den 20. Theil von denen,
die der englische und der deutsche Proceß veranlaßt, und die Wirkung desselben ist
vollständiger als bei diesen Systemen. Die angewandten Reagentien sind Fluor und
Sauerstoff in Vereinigung. Flußspath und reines reiches Eisenerz sind die
passendsten und wohlfeilsten Substanzen zur Beschaffung dieser Reagentien, sie
werden fein gepulvert, gut gemischt und wirken von unten auf das geschmolzene
Roheisen.
Die wohlfeilste Art der Ausführung dieses Processes besteht darin, daß die Gußformen,
in welche das Roheisen der Hohöfen beim Abstich läuft, mit einer dünnen Lage der
obigen Mischung versehen werden. Wenn das aus dem Hohofen abgestochene Roheisen in
diese so vorbereiteten Formen fließt, veranlaßt die Hitze des flüssigen Eisens, daß
sich Fluor und Sauerstoff verstüchtigen und durch die Verwandtschaft dieser
Substanzen zum Silicium und zum Phosphor werden diese Unreinigkeiten ebenfalls in Dampfform entfernt. Die
Wirkung in den Gußformen ist ähnlich derjenigen des Aufkochens beim Puddelproceß und
dauert etwa 5 Minuten. Das Metall ist während dieser Periode mit Flammenstrahlen und
Rauch bedeckt. Das erfolgte Metall ist in Bezug auf Silicium und Phosphor so rein
wie geschmeidiges Eisen.
Es ist vorzuziehen, Eisenerze zur Roheisenerzeugung zu benutzen, die den möglichst
größten Sauerstoffgehalt und den mindesten Silicium- und Phosphorgehalt
haben. Diese Bedingungen sind sowohl in dem gewaschenen Eisensand, als auch in dem rothen Hämatit von
Cumberland und Lancashire verwirklicht. Beim Gebrauch der Hämatiterze sind die Sorten vorzuziehen,
welche am leichtesten zu zerreiben; hierzu dienen am besten Kollermühlen.
Der Flußspath und das zerkleinte Erz müssen durch ein Sieb geworfen werden, bei dem
nicht weniger als 400 Maschen auf den Quadratzoll gehen und dann sind dieselben im
Verhältniß von 1 Theil Flußfpath zu 2 Theilen Eisenerz dem Gewichte nach so
vollkommen zu mischen, daß die Mischung durch und durch wie eine Substanz erscheint,
welche nun in ¼ bis 3/8 Zoll Dicke auf die Gußschalen ausgebreitet wird;
hiernach läßt man das Roheisen in dieselben laufen, so daß sich 1 Zoll dicke Platten
bilden.
Bei Vergleichung der Analysen des auf die neue Art gereinigten Metalles mit dem aus
dem Feinirflammofen hat sich ergeben, daß sie analog sind, ausgenommen daß das
letztere weder Silicate noch Graphit enthält. Das gefeinte Metall des
Gußschalen-Processes spart das Brennmaterial und die Zeit welche bei der
Feinarbeit im Flammofen erforderlich ist, und kürzt die zur Herstellung von Stahl
und geschmeidigem Eisen nothwendige Zeit durch diesen Proceß um volle 40 Minuten ab.
Wenn das gefeinte Metall dieses Processes zur Verwendung kommt, können zwei Arbeiter
fünf gewöhnliche Puddelöfen bedienen, um Stahl zu machen und sechs Oefen, um
geschmeidiges Eisen darzustellen, da die einzige Arbeit darin besteht, balls zu machen und sie aus den Oefen zu entfernen. Wenn
hochgekohlter Stahl producirt wird, ist das Ballen nicht erforderlich, da das Metall
flüssig genug bleibt, um aus den Oefen in die Eingußformen zu fließen. Die Oekonomie
dieses Processes besteht in der Ersparung der Arbeit von 8 Werkleuten, wenn Stahl,
und noch zwei mehr, wenn geschmeidiges Eisen gemacht wird, und in der überwiegend
ausgezeichneten Qualität des Productes im Vergleich zu dem, welches beim Puddeln des
gewöhnlichen Feinmetalles erfolgt.
Die Zeit welche zur Umwandlung des Feinmetalles in Stahl oder in geschmeidiges Eisen
bei diesem Proceß erforderlich wird, abgesehen vom Puddeln, ist fast nur dieselbe,
die das gewöhnliche Puddel-Roheisen in Anspruch nimmt.
Gewöhnlich wird das zu diesem Processe verwendete Kohksroheisen nahe bei Pittsburg
aus Hämatiterz mit Kohts-Abfall geschmolzen. Das Feinmetall wird nachher
gepuddelt und zu rohen Barren ausgestreckt, dann noch einmal erhitzt und zu
käuflichem Stangeneisen ausgewalzt. Roheisen, Feineisen und Stangeneisen (Stabeisen)
wurden analysirt. Die Analysen werden hierunter angeführt, wie auch Analysen vom
Feineisen des englischen Feineisenfeuer-Processes und des deutschen
Flammofen-Processes; zugleich werden aber auch, behufs Vergleichung, aus Percy's Metallurgie des Eisens und Ure's Wörterbuch die Analysen der vorzüglichsten Muster-Qualitäten des
englischen, französischen, schwedischen und russischen Stabeisens mitgetheilt.
Textabbildung Bd. 201, S. 242
Pittsburg Kohksroheisen.;
Patent-Feineisen.; Barren- und Stangeneisen aus diesem Feineisen.;
Chemisch gebundener Kohlenstoff; Kohlenstoff als Graphit; Silicium; Schlacken
(Silicate); Phosphor; Schwefel;
Analysen von fremdem Eifen.
Textabbildung Bd. 201, S. 242
Feineisen vom englischen
Feinproceß.; Roheisen für den deutschen Reverberirofen-Proceß.; Feineisen
vom deutschen Reverberirofen-Proceß.; Kohlenstoff; niche bestimmt; nicht
bestimmt; Silicium; Phosphor; Schwefel; Kiesel- Thon-
Silicate
Textabbildung Bd. 201, S. 242
Englisches Stangeneisen Loom
Moor-Stmepel.; Französisches Stangeneisen Petin
Gaudet u. Comp. Schwedisches Stangeneisen
Hoop L.; Russisches Stangeneisen C. C. N. D.; Kohlenstoff; Silicium; nicht bestimmt;
Schwefel; Phosphor; nicht bestimmt
Bei Vergleichung der Analyse des Patent-Feineisens mit der des Feineisens aus
dem englischen Feinproceß und aus dem deutschen Flammofen-Proceß
hervorgegangen, ist zu ersehn daß das Feineisen des neuen Processes kein Silicium
enthält, während das des englischen und deutschen Fein-Processes resp. 0,63
und 0,62 Proc. ergibt, und hinsichtlich des Phosphor-Gehaltes verglichen, daß der deutsche
Proceß denselben von 0,56 auf 0,50 Proc., also nur um 0,06 Proc. reducirt, dagegen
der neue Feinproceß um 0,32 Proc., mithin fünfmal mehr Phosphor aus dem Roheisen
entfernt. An Schlacken oder Silicaten finden sich in dem Patent-Feineisen
0,15 Proc. weniger vor, als in dem Eisen vom englischen Feinungs-Proceß. Die
Analyse des ersteren, verglichen mit der des englischen Stangeneisens, zeigt, daß
während dieses 0,122 Proc. Silicium enthält, das Patent-Feineisen davon keine
Spur hat; auch die Vergleichung hinsichtlich des Phosphors gibt ein annähernd
ähnliches Resultat (0,106 zu 0,0087).
Die Analyse des gepuddelten Eisens, aus dem Patent-Feineisen bei einmaligem
Erhitzen und Auswalzen zu Barren dargestellt, zeigt eine reinere Qualität des Eisens
als das der berühmtesten Eisenproducenten Europas, aus den reinsten Erzen bei
Holzkohlen hergestellt.
Die Oekonomie bei Verwendung des Patent-Feineisens durch Ersparen an Kosten
der Arbeit, Brennmaterial etc. beim Puddelproceß, ist durch zahlreiche Versuche
vollständig bewiesen. Wenn alle Vortheile des neuen Processes zur Geltung kommen,
werden etwa die halben Kosten der Umwandlung des Roheisens in Stabeisen gespart und
ergibt sich dabei eine Verbesserung in der Qualität, welche der Differenz gleich
ist, die zwischen dem gewöhnlichen mit Steinkohlen erzeugten Eisen und dem
Holzkohleneisen besteht.
Die durch den neuen Proceß erlangten Vortheile sind:
1) Bessere Qualität, welche der Reinheit des Feinmetalles zuzuschreiben ist, da eben
so gutartiges Stabeisen daraus hergestellt werden kann, wie aus dem Roheisen welches
aus den besten Erzen, bei Holzkohlen geschmolzen, erfolgt.
2) Das Feinmetall verlangt, da es von Silicium und Phosphor ebenso frei ist wie
Stabeisen, nur die Entkohlung, welche weniger Geschicklichkeit bei der Arbeit
erfordert und größere Sicherheit bezüglich der Qualität des Productes gewährt.
3) Große Ersparung an Productionskosten, welche aus der Abkürzung der Zeit des
Puddelns hervorgeht, die ihre Ursache darin hat, daß ein großer Theil der
Unreinigkeiten durch den Feinproceß entfernt ist. Weißes Feineisen wird in 12 bis 15
Minuten entkohlt und eine Charge von 500 Pfd. in 45 Minuten gepuddelt, incl. der Zeit des Ofenbesetzens, Einschmelzens,
Aufbrechens oder Puddelns und des Ballens, sowie der Entfernung der Ballen aus dem
Ofen; graues Frisch-Roheisen erfordert 65 Minuten und
Gießerei-Roheisen etwa 70 Minuten. Sieben Chargen in einer Schicht oder
Tagesarbeit sind leichter zu vollenden, als fünf Chargen von demselben Roheisen,
wenn es nicht dem patentirten Feinen unterworfen wird; die fünf Chargen erfordern
nämlich 10 Stunden, um das Roheisen in geschmeidiges Eisen zu verwandeln. Es ist
thunlich, mit dem Patent-Feinmetall 3 Sätze von Arbeitern in 24 Stunden zu
beschäftigen, anstatt 2 Sätze, wie es jetzt gebräuchlich ist, also 21 Chargen in 24
Stunden zu verarbeiten, anstatt 10 Chargen und bleibt dabei hinreichend Zeit zu
Reparaturen, so daß die Production eines Werkes verdoppelt werden kann, ohne Zunahme
des Aufwandes an Capital und ohne Zunahme der Kosten für Reparaturen.
4) Die Ersparung an Brennmaterial per Tonne des
producirten Eisens beträgt die Hälfte, durch erhöhte Production veranlaßt.
5) Verminderung der Generalkosten per Tonne Eisen
ebenfalls auf die Hälfte, aus gleicher Ursache.
6) Zurückführung der Löhne auf 40 Proc. per Tonne wegen
verminderter Arbeit.
7) Die Puddelofen-Schlacken bei Verwendung des Patent-Feinmetalles
enthalten nur ¼ des Phosphors welchen die Schlacken beim Verpuddeln des nicht
gefeinten Roheisens haben, und geben deßhalb ein weit besseres Roheisen, wenn sie
beim Hohofenbetriebe zur Beschickung mit verwendet werden.
Die Kosten des Feinens in dem Schalenguß sind sehr gering, da der Flußspath ein
wohlfeiles Material ist und etwa nur 70 Pfd. erforderlich sind, um 1 Tonne Roheisen
zu feinen. Diese Kosten werden nahezu dadurch compensirt, daß das Brennmaterial und
der Kalkzuschlag erspart werden, welche zur Reduction der Puddelschlacken von
ungefeintem Roheisen mehr erforderlich seyn würden, da sie nur geringe Quantitäten
von Silicium enthalten und deßhalb weniger Brennmaterial und Kalk erfordern. Der
vereinigte Rückstand von Flußspath und Eisenoxyd in den Gußschalen ist reiner Kalk
mit dem desoxydirten Eisen zusammengesintert und für den Hohofenbetrieb eben so
werthvoll wie frischer Kalk und Eisenerz. W.