Titel: | Apparat zur Bereitung von Leuchtgas aus Theer; von Mc. Cracken in New-York. |
Fundstelle: | Band 200, Jahrgang 1871, Nr. C., S. 356 |
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C.
Apparat zur Bereitung von
Leuchtgas aus Theer; von Mc. Cracken in
New-York.
Mit einer Abbildung auf Tab. VII.
Cracken's Gas-Apparat.
Der in Figur
14 abgebildete Gas-Apparat dient zur
Darstellung von Gas aus Theer und ist für Mc. Cracken am 12. Juli und 13. Sept. 1870 in den
Vereinigten Staaten patentirt worden.
Die Retorten A sind in gewöhnlicher
Weise mit Mundstücken versehen, und auf diesen sitzen die
Aufsteigröhren B, welche sich dann
in die Sattelröhren und Tauchröhren fortsetzen. C ist die Hydraulik. Am hinteren Ende
jeder Retorte mündet ein Rohr D ein,
durch welches der Theer aus der Hydraulik in die Retorte
einfließt. Zwischen der Hydraulik und dem oberen Ende von D ist ein Gefäß E angebracht, dessen unterer Theil
mittelst des Rohres F in beständiger
freier Communication mit der Hydraulik steht, während der obere
Theil durch das Verbindungsrohr G
mit dem Rohr D communicirt. Die
Röhren sind so angeordnet, daß einerseits ein freier Abfluß des
Theeres in die Retorte, andererseits ein sicherer
Wasserverschluß in der Hydraulik stattfindet. Durch das Rohr H wird Dampf eingeführt.
Der Vorgang beim Betriebe ist nun folgender: Der Theer fließt von
der Hydraulik C frei nach E über, von da in einem dünnen
Strome durch das Rohr G und dann
abwärts durch D in die Retorte. Der
durch H einströmende Dampf geht
denselben Weg, nimmt den Theer auf, und überhitzter Wasserdampf
und Theerdampf gelangen mit einander in die Retorte, wo sie
zersetzt werden und zur Bildung permanenter Gase dienen.
Statt einer einfachen Retorte kann man sich auch einer
verbesserten Retorte bedienen, welche durch eine Scheidewand in
zwei Theile getheilt ist. Die Scheidewand erstreckt sich nicht
allein horizontal der ganzen Länge nach durch die Retorte
hindurch, sondern auch am hinteren Ende nach abwärts, so daß
eine Verbindung zwischen dem oberen und dem unteren Theile nur
hinten am Boden stattfindet. Der obere Theil der Retorte steht
mit dem Theer-Zuführungsrohr, der untere Theil mit dem
Gas-Aufsteigrohr in Verbindung.
Nach dem amerikanischen Gas-Light-Journal wird das Cracken'sche Verfahren in der
Gasanstalt zu New-Britain, einer Stadt von 11,000
Einwohnern im Staate Connecticut, mit Erfolg praktisch
betrieben. Die Redaction unserer Quelle bemerkt jedoch in Bezug
auf dasselbe Folgendes:
„Wir sehen keinen Grund, warum dieses Verfahren
bessere Resultate liefern soll als frühere ähnliche
Apparate. Die Destillation von Theer mit überhitztem
Wasserdampf ist in: Princip nichts Neues, ebensowenig die
Anwendung von getheilten Retorten, welche dazu dienen
sollen, die Dämpfe längere Zeit in Berührung mit den
glühenden Retortenwandungen zu erhalten. Der Grund, warum
die Theerdestillation praktisch keinen Erfolg gehabt hat,
scheint uns überhaupt nicht in den Apparaten zu liegen,
sondern im Theer selbst. Es ist hiermit ebenso, wie mit der
Carburation. Man hat fortwährend Carburateurs erfunden, und
gemeint, damit sey die Sache gethan; in Wirklichkeit ist
aber die Carburation nicht an den Apparaten, sondern an der
Carburationsflüssigkeit gescheitert. Wir hatten kein Carbür, welches bei
gewöhnlicher Temperatur richtig verdunstete; die einzelnen
Kohlenwasserstoff-Verbindungen im sogenannten Benzin
waren von zu hohem und dabei auch von zu verschiedenem
Siedepunkt, um eine gleichmäßige und ökonomisch
vortheilhafte Carburation zu geben. Aehnlich ist es auch mit
dem Theer. Hätten wir es mit Theeren zu thun, welche
bedeutende Mengen Kohlenwasserstoff-Verbindungen mit
niedrigem Siedepunkt enthalten, mit benzinhaltigen Theeren,
so würden die bereits für diesen Zweck erfundenen Apparate
längst genügt haben ein vortheilhaftes Theergas
darzustellen. Derartiger Theer ergibt sich aber nur bei
niedriger Destillations-Temperatur, also z.B. bei der
Fabrication des Paraffins, weßhalb denn auch aus den
Rückständen der Paraffinfabriken bekanntlich ein brillantes
Gas bereitet wird, und zwar in den allereinfachsten
Apparaten; die Theere aber, welche sich bei der Fabrication
des Gases ergeben, und auf deren Verwendung die Erfinder es
doch eigentlich abgesehen haben, sind bei einer viel zu
hohen Temperatur erzeugt, um für die weitere Zersetzung zu
Gasen selbst mit Anwendung von Wasserdampf praktisch
verwendbar zu seyn. Eine Gasfabrik, die aus ihrem Theer noch
mit Vortheil Gas producirt, beweist damit nur, daß sie
schlecht betrieben wird; denn sie läßt bei zu niedriger
Temperatur ihrer Oefen einen Theil des Gases im Theer
sitzen, den sie hinterher durch eine zweite Destillation des
Theeres gewinnt, während sie ihn bei richtigem Betriebe
direct aus den Kohlen hätte gewinnen sollen.“
(Journal für Gasbeleuchtung, 1871, Nr. 3.)