Titel: | Ueber die Popper'schen Kesseleinlagen und über ein Verfahren, den Kesselstein zu beseitigen; von Dr. O. Kohlrausch, Chemiker des österr.-ungar Rübenzucker-Industrie-Vereines. |
Fundstelle: | Band 200, Jahrgang 1871, Nr. LXXI., S. 260 |
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LXXI.
Ueber die Popper'schen Kesseleinlagen und über ein
Verfahren, den Kesselstein zu beseitigen; von Dr. O. Kohlrausch, Chemiker des österr.-ungar Rübenzucker-Industrie-Vereines.Aus dem „Marktbericht,“ Organ für Handel
und technischen Fortschritt der landwirthschaftlichen
Gewerbe, vorzugsweise für Rübenzucker-Industrie, März
1871, S. 142.
Kohlrausch, über die Popper'schen
Kesseleinlagen.
Um den in jüngster Zeit verschiedentlich an mich ergangenen
Anfragen über den Effect der Popper'schen Patent-Kesseleinlagen nachzukommen,
theile ich kurz die in dieser Beziehung hier in Seelowitz in der
Robert'schen Zuckerfabrik
gemachten Erfahrungen mit, trotzdem ich mir bewußt bin, nichts
wesentlich Neues über diesen Gegenstand bringen zu können.
Der erste Versuch, bei Beginn der Campagne eingeleitet,
scheiterte daran, daß die Zapfen der an den Rändern der
Blecheinlagen angebrachten Zuganker, welche die Bleche in ihrer
richtigen Lage erhalten, aus den Löchern herausgegangen waren
und sich in Folge dessen die Einlagen verschoben hatten. Durch
Umbiegen der Zapfen wurde diesem Uebelstand vorgebeugt und der
Kessel wurde nach dreimonatlicher Gangdauer am 2. März
geöffnet.
Es bestätigten sich die schon oft hervorgehobenen günstigen
Erscheinungen bei dem mit einer Einlage versehenen Kessel. Wenn
die Wände desselben auch nicht ganz glatt erschienen, so war
doch der anhaftende Kesselstein nur sehr dünn, an den meisten
Stellen wie Cartonpapier; ich beobachtete auch wohl Kesselsteine
von 1 Millimet. Stärke, aber hier gerade ließ er sich am
leichtesten mit dem Messer abstoßen, war spröde und enthielt gar
keinen Schlamm.
Die Feuerbleche sowohl wie die Seitenwandungen waren in dieser
Weise beschaffen; die sich sonst auf den Feuerblechen
ansetzenden abgesprungenen Kesselsteinplättchen und der im Laufe
des Frühjahres in bedeutender Menge aus der
„Schwarzawa“ in den Kessel gebrachte
Schlamm befanden sich sämmtlich auf der Einlage. Gerade über dem
eigentlichen Feuerraume auf eine Länge von etwa 60 Centimeter
lag derselbe gemischt mit abgesprungenem Kesselstein in großer
Menge, stellenweise 5–6 Centimeter hoch.
Es ist eine schon lange in der Praxis bekannte Thatsache, daß die
Kessel, wenn sie auch noch so gut horizontal, ja selbst vorn
etwas gehoben eingemauert werden, sich mit der Zeit nach dem
Heizraum zu etwas senken; der Hauptnutzen der Einlage besteht
nun eben darin, daß Schlamm etc. sich in ihr sammeln kann,
welcher sonst durch die Neigung des Kessels und durch die
lebhaftere Wasserbewegung von und zu den heißesten Stellen
desselben sich hauptsächlich über dem Feuerraum festsetzt und
ein Verbrennen der Feuerbleche veranlaßt.
Die in der Einlage befindlichen Kesselsteinstücke hatten alle
annähernd eine Stärke von 1 Millimet., so daß es beinahe
scheint, als wenn derselbe nach Erreichung einer gewissen Dicke
vermöge seiner Sprödigkeit von selbst abspringt. – Wie
bedeutend die Wassercirculation in dem Kessel mit Einlage seyn
muß, geht daraus hervor, daß der Schlamm in Menge an die obere
Kesselwandung geworfen war.
In dem Kessel ohne Einlage war der Kesselstein 4–5
Millimet. stark, dabei zähe und mit dem Messer wohl abzuschaben,
aber nicht in kleinen Platten abzubrechen. Auf den Feuerblechen
lagen Schlamm- und Kesselsteinstücke über dem
festangesetzten Kesselstein noch 3–4 Centimeter hoch.
Leider sind auch hier in Seelowitz keine genauen Zahlen betreffs
Kohlenersparniß constatirt, aber es liegt auf der Hand, daß eine
solche stattfinden muß, da die Wandungen des Kessels reiner
sind, daher zur Erhitzung derselben weniger Heizmaterial
gebraucht wird, und ferner in Folge der rascheren Circulation
des Wassers von und zu den heißesten Theilen des Kessels eine
vermehrte Dampfentwickelung stattfinden muß. Der Kessel wird
also sehr wahrscheinlich bei demselben Kohlenverbrauch
leistungsfähiger als früher seyn, oder aber bei derselben
Leistung weniger Kohlen verbrauchen.
Ueber die weiteren Vortheile der Popper'schen Einlagen beim praktischen Betriebe, z.B.
Verlängerung der Gangdauer des Kessels, leichteres Reinigen,
geringere Explosionsgefahr etc. verweise ich auf schon früher
ausgesprochene Ansichten, welchen ich beipflichte. (Napravil's Bericht über die Popper'schen Kesseleinlagen, im
polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVIII S. 97.)
Einer auffallenden Erscheinung will ich noch Erwähnung thun. Beim
Durchbrechen der Kesselsteinplättchen erschien die Masse faserig
krystallinisch und bei Betrachtung der Bruchfläche mit einer
guten Loupe war diese faserig krystallinische Structur ganz
deutlich zu sehen; ebenso Ablagerungen von Kieselsäure an
einzelnen Stellen. Die Bruchflächen machten den Eindruck des
Fasergypses aus den Gypslagern der Flötzgebirge. (Schon Johnston fand in dem Kesselsteine
eines Hochdruckdampfkessels kleine Krystalle von schwefelsaurem
Kalk, welche sich aus dem gypshaltigen Wasser abgesetzt
hatten.)
Da die Vermuthung nahe lag, daß durch die Hitze von Außen
einerseits, und durch den Druck im Inneren des Kessels
andererseits, sich Anhydrit gebildet hatte, so untersuchte ich
den Kesselstein.
Er bestand aus
24,817 Proc.
Kieselsäure,
65,332 „
schwefelsaurem Kalk,
3,800 „
kohlensaurem Kalk
und außerdem geringen Mengen von Eisenoxyd
und Magnesia. Die Verunreinigungen waren gewiß zum großen Theil
nur außen der Substanz mechanisch anhaftend, und ich glaube, daß
die Krystalle für sich untersucht als Resultat ziemlich reinen
schwefelsauren Kalk ergeben hätten. Es ist wohl denkbar, daß
diese Erscheinung hauptsächlich eine Folge der Popper'schen Einlage ist.
Während sich Thon und Verunreinigungen des Wassers in Kesseln
ohne Einlage mit an die Wandung des Kessels festsetzen, die
Gypspartikelchen trennen und damit eine Krystallisation
derselben verhindern, so sind in Kesseln mit Einlage Gyps und
kohlensaurer Kalk einerseits, und Thon und Sand etc.
andererseits scharf getrennt. Letztere lagern sich in der
Einlage ab, während erstere zum Theil, zumal der in Wasser
äußerst fein suspendirte Gyps längere Zeit mit dem circulirenden
Wasser herumgerissen werden und so allmählich die feinen, fast
nur aus Kalkverbindungen bestehenden krystallinischen
Kesselsteinplättchen bilden; dem äußerst geringen Gehalt dieses
Kesselsteines an Thon dürfte es zuzuschreiben seyn, daß derselbe
so spröde und brüchig ist.
Der Nutzen der Popper'schen Einlagen
ist nicht zu verkennen und es ist als sehr wahrscheinlich
anzunehmen, daß in kurzer Zeit in allen sich für die Einlage
eignenden Kesseln diese Erfindung angewandt werden wird.
Zugleich theile ich die Art und Weise mit, in welcher in der
gräflich von Seilern'schen Kurowitzer
Cementkalk-Fabrik die Bildung von
Kesselstein verhindert wird.
Der dortige Kessel – bezogen von Sievers und Comp. in Kalk
bei Deutz (bei Cöln am Rhein) – ist ausziehbar, nimmt
sehr wenig Raum ein, da er vertical ist, hat aber trotzdem eine
große Heizfläche. Er hat 48 Zoll Durchmesser, 112 Zoll Höhe und
140 Quadratfuß Heizfläche. Bei 8 Zoll Kolbendurchmesser, 14 Zoll
Kolbenhub, 110 Hüben per Minute, hat
die mit diesem Kessel verbundene Maschine bei 5 Atmosphären
Dampfüberdruck und voller Cylinderfüllung 30,9 theoretische
Pferdekräfte.
Der große Rost gestattete die Benutzung jeden beliebigen
Brennmateriales. Die Röhren im Inneren des Kessels werden durch
die Feuergase von ihrer äußeren Seite berührt und das Wasser
befindet sich in den Röhren, in welchen es circulirt. Diese
Einrichtung hat den Vortheil, daß die Vernietungen der Röhren im
Wasserraum des Kessels liegen, mithin nicht abbrennen können,
und daß die Röhren mit ihrer äußeren Oberfläche als Heizfläche
berechnet werden, also mehr Heizfläche bieten als bei anderen
Systemen.
Der Kessel hatte nominell einen Wasserverbrauch von 18 Kubikfuß
per Stunde, welche Zahl jedoch
in der Praxis nie ganz erreicht wurde. Es werden mittelst des
erzeugten Dampfes täglich in 12 Arbeitsstunden 200 Centner
Cementkalk gebrochen, vermahlen, gesiebt und verpackt, außerdem
eine kleine Schrottmühle getrieben und im Herbst das Dreschen
der auf dem Gut erzeugten Halmfrüchte besorgt.
Ich habe durch diese detaillirte Beschreibung nur nachweisen
wollen, wie ungeheuer der Kessel angestrengt werden mußte, um
diesen Anforderungen zu genügen und wie sehr es daher
angezeigt erschien, einer Kesselsteinbildung vorzubeugen.
Als im Sommer des Jahres 1869 der Betrieb eröffnet wurde, mußte
der Kessel nach etwa vierwöchentlicher Gangdauer auseinander
genommen werden, weil eine Verpackung undicht geworden war. Hier
zeigte sich, daß nach so kurzer Zeit schon eine 2 Millimet.
starke Schicht von sehr hartem Kesselstein gebildet war, und daß
die im Feuerraum befindlichen, unter einem rechten Winkel sich
schneidenden Röhren sehr schwer und unbequem zu putzen waren,
weil man nur von drei Seiten zu denselben gelangen konnte, die
vierte aber durch die Nähe einer Mauer fast unzugänglich war.
– Um fernerhin Betriebsstörungen zu vermeiden, ließ ich
(mir war die Einrichtung und Inbetriebsetzung dieser Fabrik
anvertraut) aus Berlin das sogenannte Eiermann'sche Halogenin
kommen.
Dasselbe hat folgende Zusammensetzung:
20,897 Proc.
organische Substanzen (Melassenrückstände),
scheinbar
15,901 „
Chlorbaryum und
61,043 „
Chlorammonium.
Der Rest von 2 Proc. entfällt auf Verunreinigungen.
Das Pfund dieser Mischung kostete 10 Sgr., und es wären –
nach Arbeiten, im Laboratorium der gräfl. v. Seilern'schen Versuchsstation
ausgeführt, zu urtheilen – 7,2 Pfund Halogenin täglich
nöthig gewesen, um eine Kesselsteinbildung im Kessel zu
verhüten. Es hätte dieß täglich 2 Rthlr. 12 Sgr. ausgemacht und
ich zog vor, mir das Pulver selbst aus Chlorbaryum,
Chlorammonium und Melasse darzustellen, indem ich das Gemisch in
denselben Verhältnissen zusammensetzte, wie es die Analyse des
Halogenins ergab. Es stellten sich jedoch mehrere Uebelstände
beim Gebrauch des Pulvers ein. Das Wasser schäumte, wurde mit
der Zeit schmutzig durch die zugesetzte organische Substanz, und
ferner war das Beschlagen der Maschinentheile mit verflüchtigtem
Chlorammonium unangenehm, welches ein häufiges Putzen derselben
nöthig machte. Außerdem stellte sich bei einer Oeffnung des
Kessels später heraus, daß der Bildung von Kesselstein doch
nicht ganz vorgebeugt war und sich an manchen Stellen der
Kesselwandungen ziemlich starke Krusten, zum Theil aus
schwefelsaurem Baryt bestehend, abgelagert hatten.
Es mußte etwas Anderes gefunden werden, um der Kesselsteinbildung
vorzubeugen; oxalsaures Ammoniak zum Ausfällen des Kalkes war zu
theuer und Oxalsäure hätte genau für das Quantum von
doppeltkohlensaurem und schwefelsaurem Kalk passend hinzugesetzt
werden müssen, wenn nicht der Kessel durch die saure Reaction
des Wassers Schaden erleiden sollte; täglich aber das
Wasser mit Oxalsäure zu titriren, wäre wohl im Laboratorium im
Kleinen gegangen, aber in der Praxis war es nicht
durchführbar.
So blieb denn nur das kohlensaure
Natron übrig, welches ja auch in manchen Fabriken im
Dampfkessel zur Fällung des Gypses, unter Bildung von
schwefelsauren Natron und kohlensaurem Kalk, angewandt wird. Um
auch die Niederschläge von kohlensaurem Kalk nicht im Kessel zu
haben, wenn selbe auch wohl kaum Kesselstein gebildet, sondern
sich unten im Kessel als Schlamm abgesetzt hätten, und um auf
jeden Fall sicher zu gehen, daß aller Kalk unschädlich gemacht
sey, wurde folgende Vorrichtung getroffen.
Die Wasserpumpe, welche mit der Maschine durch einen Treibriemen
in Verbindung war und eventuell durch Schieben des Riemens auf
eine Leerscheibe abgestellt wurde, pumpte früher das
Speisewasser in einen Vorwärmer, von wo es durch eine zweite
Pumpe der Maschine in den Kessel gelangte. Diese Verbindung
wurde abgestellt und dafür das Speisewasser in einen Bottich
gepumpt, welcher neben dem Maschinenhaus auf einem zweiten
Bottich stand, der um anderthalb Fuß länger war. Der obere
Bottich faßte, bis zu einer Marke gefüllt, die Hälfte des in
einem Tage benöthigten Speisewassers.
Durch die Analyse hatte ich nachgewiesen, daß im Liter unseres
Wassers 0,1246 Grm. Kalk enthalten war und 0,037 desselben auf
schwefelsauren Kalk, 0,1935 Grm. auf kohlensauren Kalk entfiel.
Diese Zahlen multiplicirt mit der Pfundzahl der täglich
verbrauchten Wassermenge und dividirt durch 2 (da 1 Liter = 2
Pfund ist), mußten die absolute Zahl des im täglichen
Wasserbedarf befindlichen Kalkes ergeben, und hierauf wurde die
Menge des zum Ausfällen nöthigen kohlensauren Natrons berechnet.
Die Wassermenge in dem bis zur Marke gefüllten Bottich war
bekannt und dem entsprechend wurde nun kohlensaures Natron
zugesetzt, das Wasser aufgekocht mit einem Theil des
Retourdampfes der Maschine, welcher sonst durch den Auspuff in
den Schornstein geleitet wurde, um den Zug zu vermehren, und
dann die ausgeschiedenen kohlensauren Kalkverbindungen des
Wassers absitzen gelassen, was nach einer halben Stunde ziemlich
vollständig geschehen war. Zwei Zoll vom Boden des Bottiches
befand sich ein Hahn auf der Seite, wo der untere Bottich um 1
1/2 Fuß vorstand, durch welchen das nun reine Wasser ablief; es
passirte noch ein einfaches Flanellfilter, wo die letzten Spuren
suspendirten Kalkes entfernt wurden und sammelte sich dann in
dem unteren Bottich. Der abgeschiedene kohlensaure Kalk in dem
oberen Gefäß, welcher am Boden desselben liegen blieb, wurde von
Zeit zu Zeit durch ein mit einem Spund versehenes
Loch entfernt. Der Spund wurde hierbei herausgezogen und der
Kalk mit einem Besen hinausgekehrt.
Aus dem unteren, dem Sammelbottich, lief dann das Wasser, sobald
man den Hahn im Maschinenhaus öffnete, in das dort befindliche
Reservoir, von wo es in den Kessel gepumpt wurde.
Der Kessel ist vor kurzer Zeit nach sechswöchentlicher Gangdauer
geöffnet und ohne jeden Kesselstein gefunden worden.
Anfänglich wurde sehr häufig, später als die zuzusetzende Menge
von kohlensaurem Natron genau bekannt war, von Zeit zu Zeit mit
oxalsaurem Ammoniak auf die Reinheit des Wassers geprüft und
dasselbe ohne jede Spur von Kalk gefunden; derselbe war
vollständig ausgefällt und entfernt. Das Wasser enthielt
schwefelsaures Natron, von zersetztem Gyps herrührend, und
überschüssig zugesetztes kohlensaures Natron. Daß sich aus
diesem vollständig kalkfreien Wasser kein Kesselstein absetzen
konnte, liegt auf der Hand.
Ich versuchte zuerst mit der theoretisch berechneten, dem
schwefelsauren Kalk entsprechenden Menge kohlensauren Natrons
den an Schwefelsäure gebundenen Kalk zu entfernen, indem ich von
der Voraussetzung ausging, daß durch das Kochen des Wassers ein
Aequivalent Kohlensäure des doppelt-kohlensauren Kalkes
ausgetrieben und kohlensaurer Kalk ausfallen würde, daher nur
der als Gyps vorhandene Kalk durch kohlensaures Natron zu
entfernen sey.
1 Liter Wasser enthielt 0,037 Grm. schwefelsauren Kalk, ein Eimer
daher 2,10 Grm., zu deren Umsetzung in kohlensauren Kalk ich
1,64 Grm. kohlensaures Natron gebraucht hätte. Versuche mit
dieser Menge angestellt, gaben ganz unbefriedigende Resultate;
es stellte sich heraus – wie dieß oft geschieht –
daß die theoretisch richtige Zahl, welche im Laboratorium recht
befriedigende Resultate ergab, in der Praxis ganz unbrauchbar
war. Die hier bedeutend größere Wassermenge konnte nicht so
vollständig in's Sieden gebracht, beziehungsweise darin erhalten
werden und die Folge hiervon war, daß einestheils noch
doppelt-kohlensaurer Kalk im Wasser gelöst blieb,
anderntheils aber der ausgefällte einfach-kohlensaure
Kalk so fein suspendirt war, daß er sich nicht absetzte und das
Flanelltuch so mit Schlamm verstopfte, daß nicht einmal der
Inhalt eines Bottiches ohne Auswaschen des Tuches rasch
durchlief. Es blieb daher nichts Anderes übrig, als den
doppelt-kohlensauren Kalk ebenfalls mit auszufällen; auch
hier reichte die äquivalente Gewichtsmenge kohlensauren Natrons
nicht aus, und ich setzte daher in geringen Portionen so lange
mehr zu, bis aller Kalk entfernt war.
Es wurden für die täglich verbrauchten 180 Kubikfuß Wasser 3 Pfd.
Soda = 30 kr. benöthigt. Diese Menge würde genügt haben, um den
Kalk des Wassers auch ohne Kochen auszufällen, aber es hätten
dann einige Reservebottiche vorhanden seyn müssen, um das Wasser
einige Stunden stehen lassen zu können, theils zur vollständigen
Ausfällung, theils um dem ausgefällten Kalk Zeit zum Absitzen zu
lassen. Das Aufkochen bewirkte eine raschere Ausfällung und ein
schnelleres Absitzen, indem die Gyps- und
Kalkpartikelchen zusammengeballt wurden, und außerdem
wahrscheinlich das durch das kohlensaure Natron deplacirte und
vom Wasser absorbirte. Eine Aequivalent Kohlensäure des
doppelt-kohlensauren Kalkes aus dem Wasser
herausgetrieben wurde, und nicht von Neuem auf den ausgefällten
einfach-kohlensauren Kalk einwirken konnte.
Der durch das Aufkochen herbeigeführte Dampfverlust war in
unserem Falle irrelevant, da – wie schon oben bemerkt
– die Retourdämpfe zum Kochen des Wassers benutzt wurden,
welche sonst zur Vermehrung des Zuges in den Schornstein
geleitet wurden; es wurde während des Wasserkochens das Ventil
im Schornstein mehr geöffnet, so daß der Zug doch vollständig
ausreichte.
Um der allzugroßen Anhäufung von Soda und Glaubersalz im Kessel
vorzubeugen, wurde das Wasser desselben alle 14 Tage abgelassen
und der Kessel mit 15–20 Pfund Dampfdruck
ausgeblasen.
Die Vortheile, welche wir durch das Verfahren erreichten, den
Kalk vorher zu entfernen, sind leicht ersichtlich. Man arbeitet
ohne Betriebsstörung, vermindert die Explosionsgefahr und schont
den Kessel ungemein; wir haben uns für die täglich aufgewandten
30 kr., welche die Soda kostet, durch diese Vortheile als
reichlich entschädigt betrachtet.
Ich brauche wohl kaum zu bemerken, daß dieses Verfahren für sehr
große Fabriken, in welchen Tausende Kubikfuß Wasser zum Speisen
der Kessel täglich verwandt werden, nicht anwendbar ist, aber
ich glaube es bei kleineren Betrieben, sowohl für stationäre als
auch transportable Dampfkessel nach den gemachten Erfahrungen
bestens empfehlen zu können.