Titel: Die Allen-Dampfmaschine.
Fundstelle: Band 200, Jahrgang 1871, Nr. LXVII., S. 249
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LXVII. Die Allen-Dampfmaschine. Nach Engineering, Januar 1871, S. 64. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Allen's Dampfmaschinensystem. Auf der letzten Pariser Weltausstellung hatte C. T. Porter als technischer Leiter der Whitworth Company (jetzt Sir Joseph Whitworth and Comp.) in Manchester mehrere Dampfmaschinen nach dem System Allen ausgestellt, welche durch die große Geschwindigkeit ihres Ganges und die eigenthümliche Einrichtung der Steuerung besonders bemerkenswerth waren. Seit jener Zeit ist Porter an die Spitze der amerikanischen Allen Engine Company in New-York getreten, welche den Bau dieser Dampfmaschinen in den Vereinigten Staaten übernommen hat. In der Hauptausführung wohl unverändert, erhielt die Allen-Dampfmaschine mehrere zweckmäßige Detailveränderungen, weßhalb Mittheilungen über dieses bis jetzt wenig beschriebene, in Fig. 1 bis 8 in den wesentlichsten Ansichten und Durchschnitten dargestellte Maschinensystem Beachtung verdienen. Die in Rede stehende Dampfmaschine gehört zu jenen mit variabler Expansion und constanter Ausströmung, dabei mit entlasteten und direct getriebenen Schiebern. Ursprünglich lagen die Austrittsschieber zwischen den Eintrittsschiebern und dem Cylinder, gegenwärtig werden erstere auf der Cylinderseite entgegengesetzt den letzteren angeordnet. Was die Schieber selbst betrifft, so sind dieselben aus Figur 1 und 4 im Durchschnitt zu entnehmen und ist hieraus zu ersehen, daß die Eintrittsschieber offene rechteckige Rahmen mit parallelen Flächen bilden, welche auf zwei einander gegenüberliegenden Schieberspiegeln gleiten und vier Dampfeinlaßwege zugleich öffnen, was einen geringen Widerstand beim Eintritt sowie einen scharfen, raschen Abschluß bewirkt. Die Austrittsschieber sind nach demselben Princip construirt und jeder derselben öffnet dem ausströmenden Dampf zwei Durchgänge (Fig. 1). Der Querschnitt der Austrittscanäle beträgt 1/8 bis 1/10 der Kolbenfläche. Die Schieber erhalten eine rasche Bewegung und sind nach der Figur 4 so angeordnet, daß etwaiges Condensationswasser aus dem Cylinder entweichen kann. Die schädlichen Räume sind unbedeutend. Trotzdem die Schieber entlastet sind und jahrelang dampfdicht bleiben, so ist dennoch für einen sehr bequemen Zugang zu denselben gesorgt; man hat einfach die ohne alle Dichtung, nur mittelst gehobelter oder geschabter Flächen aufgepaßten Kastendeckel abzuschrauben. Die Steuerung betreffend, werden die Schieber mit einer Coulisse von einem einzigen Excenter in Bewegung gesetzt, welches auf der Kurbelwelle so aufgekeilt ist, daß die Schwingungen der Coulisse um ihren Aufhängepunkt mit den Kolbenhüben zusammenfallen. Die Ein- und Austrittsschieber werden unabhängig von einander bewegt, und zwar letztere von einem festen Punkte am Ende der Coulisse, daher ihr Hub ganz unveränderlich ist. Die Einlaßschieber dagegen werden von dem stellbaren Gleitstück der Coulisse angetrieben. Steht dieses Gleitstück dem Aufhängepunkt der Coulisse am nächsten, so öffnen die Schieber die Dampfwege gar nicht; verschiebt man dasselbe gegen das andere Ende, so kann der Dampfzutritt auf's Aeußerste bis zur halben Füllung stattfinden. Die Stellung des Gleitstückes in der Coulisse innerhalb dieser Grenzen wird durch den Regulator und hiermit eine vollkommene Regelmäßigkeit der Geschwindigkeit der Maschine erreicht. Der Aufhängepunkt der Coulisse ist so bestimmt, daß die Dampfwege an beiden Enden des Cylinders um gleichviel sich öffnen und der Dampfzutritt bei derselben Kolbenstellung, also bei gleichem Füllungsgrade, abgeschnitten wird. Die Abbildungen stellen eine Maschine mit Vorwärtslauf dar. Im anderen Fall, für entgegengesetzten Gang, ist die Coulisse vom Aufhängepunkt nach abwärts und endlich bei Maschinen mit Vor- und Rücklauf nach auf- und abwärts (d. i. eine Doppelcoulisse) anzuordnen. Die Verbindung mit den Eintrittsschiebern ist mittelst einer Gabel so hergestellt, daß nach Auslegung derselben die Steuerung von Hand beliebig geschehen kann, welche einen ganz unbedeutenden Kraftaufwand erfordert. Man kann vor Beginn der Inbetriebsetzung der Maschine mit Dampf durchblasen und – ausgenommen die todten Punkte – von jeder Stellung anlassen. Die Gelenke der Schiebersteuerung haben Stahlbolzen, welche sich in stählernen Pfannen drehen; beide sind gehärtet und genau eingeschliffen. Diese Verbindungen zeigen selbst nach Jahre langem Gange keine Spur einer Abnutzung; sie bedürfen keiner mühevollen Adjustirung und gerathen nicht in Unordnung. Die Allen-Dampfmaschine läuft mit einer Kolbengeschwindigkeit bis 600 FußDie Angaben sind in englischen Maaßeinheiten ausgedrückt. (182,88 Meter) pro Minute. Bei kleineren Maschinen beträgt der Kolbenhub das Doppelte des Cylinderdurchmessers, während derselbe bei großen Maschinen bis zum 1 1/2fachen herabgeht. Die hin- und hergehenden Schwungmassen sind – entgegen dem allgemeinen Gebrauche – nicht leicht, sondern so viel als zulässig stark und schwer gehalten. Der Hub ist kurz und die in dem ersten Theile des Hubes angehäufte Arbeit wird während des letzten Theiles desselben, wo der Dampfdruck auf den Kolben wegen der Expansion bis nahe dem Atmosphärendrucke sinkt, wieder an die Kurbel abgetreten. Die schwingenden Massen vertreten ein Kraftmagazin, wie ähnlich das Schwungrad es ist. Zur näheren Beurtheilung dieser Wirksamkeit dienen folgende Angaben. Bei einer Allen-Dampfmaschine mit 16 Zoll (406 Millimeter) Cylinderdurchmesser und 30 Zoll (762 Millimet.) Hub wiegen die hin- und herschwingenden Theile 1200 Pfund (544 Kilogrm.) und da die Umdrehungszahl pro Minute 120 beträgt, so ist zum Ingangsetzen und Anhalten in den todten Punkten ein Druck von 36,8 Pfd. pro Quadratzoll (2,4 Kilogrm. pro Quadratcentimeter) Kolbenfläche – bei kleineren Maschinen mehr – erforderlich. Bei einer Maschine von 6 Zoll (152 Millimet.) Kolbendurchmesser, 12 Zoll (304 Millimet.) Hub und 100 Pfd. (45,4 Kilogrm.) Gewicht der schwingenden Massen entspricht, diese Arbeit dem Druck von 54 Pfund pro Quadratzoll (3,6 Kilogrm. pro Quadratcentimeter. Zur Berechnung wurde hierbei die von C. T. Porter in seiner Abhandlung The Stema engine Indicator gegebene Formel p = (W . L . n . R)/a zu Grunde gelegt, in welcher W das Gewicht der hin- und herschwingenden Massen, L die Kurbellänge in Fußen, R die Tourenzahl pro Secunde, n die Constante 1,227, a die Kolbenfläche pro Quadratzoll und p den erforderlichen, gesuchten Druck pro Quadratzoll bezeichnen. Bei so schweren, mit großer Geschwindigkeit bewegten Theilen ist eine sorgfältige Ausgleichung derselben durch Gegengewichte nothwendig, worauf alle Sorgfalt verwendet wird. Bei der abgebildeten Allen-Dampfmaschine ist das Gegengewicht in der Kurbelscheibe, diametral gegenüber der Kurbelwarze angebracht, zu dem Zwecke, nicht allein die Kurbel selbst auszubalanciren, sondern auch die schwingenden Massen auszugleichen. Wie man in Fig. 1 sieht, ist die Kurbelscheibe breit gehalten und an dem der Warze gegenüberliegenden Theil, behufs Eingießens von Blei, hohl geformt. Die Maschine arbeitet daher auch mit anerkennenswerthem ruhigem Gang. Was die constructive Ausführung anbelangt, so ist für hinreichende Stärke der Theile, für genau gearbeitete, hinlänglich große und keiner starken Abnutzung ausgesetzte Reibungsflächen, nicht minder für Einfachheit der Anordnung alle Sorge getragen. Die Grundplatte ist massig, um stets die nöthige Steifheit zu bewahren. Der Cylinder sammt den Schiebergehäusen für Ein- und Ausströmung des Dampfes sind in einem Stück gegossen; die Auflagerung des Cylinders ist solid und leicht zu adjustiren, die Cylinderdeckel sind hohl gegossen und der Dampf wird direct in den Cylinderraum eingeführt. Der Kolben ist massiv, von einer Höhe gleich der Hälfte des Durchmessers, und an beiden Enden mit je einem Liderungsring versehen. Derselbe ist warm auf die Kolbenstange aufgezogen. Das genau cylindrische Loch im Kolben ist um 0,0025 des Stangendurchmessers enger gemacht, so daß nach dem Erkalten die Verbindung ohne Bruch nicht aufgehoben werden kann. Der Kreuzkopf aus Gußeisen gleitet in gußeisernen Führungen von 1/5 der Kolbenfläche. Die Bleuelstange hat die sechsfache Kurbellänge; Kurbel- und Kreuzkopfzapfen erhalten das Doppelte der üblichen Größe. Die Schmierung wird mit Sorgfalt durchgeführt. Die Schieber und der Cylinder haben einen gemeinschaftlichen Schmierapparat (Figur 3 und 4). Die Oelung der Gleitflächen des Kreuzkopfes erfolgt automatisch durch die in Fig. 1 und 2 ersichtliche Anordnung. Das Oel geht von der oberen Führung durch vier Löcher des Kreuzkopfes hindurch und wird über die unteren Flächen vertheilt. Der Kurbelzapfen wird durch die in Fig. 1 ersichtliche Anordnung geschmiert. Das Schmiergefäß ist am Zapfenlager befestigt. Eine an der Kurbel befestigte Platte streift bei jeder Umdrehung gegen den Schmierdocht und das derart abgenommene Oel gelangt durch die Bohrungen des Kurbelzapfens zwischen die Reibungsflächen; in ähnlicher Weise geschieht dieß auch beim Excenter. Der Kreuzkopfzapfen wird geschmiert, indem beim Beginne des Vorganges des Kolbens ein durchbohrter nasenförmiger Schmierfänger (Fig. 5) an dem Docht der in Figur 6 ersichtlichen Schmierbüchse anstreift. Zwei dieser Allen-Dampfmaschinen wurden auf dem letzten Fair of this American Institute in New-York ausgestellt und prämiirt. Die größere Maschine hatte 16 Zoll (406 Millimeter) Cylinderdurchmesser und 30zölligen (761 Millimet.) Hub. Die Tourenzahl betrug 125 pro Minute, die Kolbengeschwindigkeit 625 Fuß (190,5 Meter) und der Druck 80 Pfd. pro Quadratzoll (5,3 Kilogrm. pro Quadratcentimeter), wobei 140 Pferdestärken indicirt wurden. Die Füllung war circa 1/4. Der genaue Bremsversuch ergab einen Nutzeffect von 90 Proc. Der KohlenverbrauchZur Verwendung gelangte nach amerikanischen Berichten der im vorhergehenden Heft dieses Journals S. 171 beschriebene Allen-Dampfkessel. wurde mit 2 3/4 Pfd. (1,25 Kilogrm.) pro indicirte Pferdekraft ermittelt. J. Z.

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Tafel Tab. VI
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