Titel: | Ueber die Fabrication von Stärkesyrup und Stärkezucker; von Carl Krötke in Berlin. |
Fundstelle: | Band 200, Jahrgang 1871, Nr. XL., S. 140 |
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XL.
Ueber die Fabrication von
Stärkesyrup und Stärkezucker; von Carl Krötke in
Berlin.
Krocker, über Fabrication von Stärkesyrup und
Stärkezucker.
Ueber den in der Ueberschrift genannten Gegenstand hat Hr. Carl
Krötke in Berlin (Chausseestraße
Nr. 34 a) unter Verweisung auf seine
im Jahre 1848 bei Basse in
Quedlinburg erschienene Schrift über „Stärkesyrup und
Traubenzucker“, und indem er sich bereit erklärt,
denen, welche sich speciell für die Fabrication von Stärkesyrup
oder Stärkezucker interessiren, Rath und Auskunft darüber zu
ertheilen, in der Vierteljahresschrift für technische Chemie,
1869 S. 449, eine Abhandlung veröffentlicht. Dieselbe bezieht
sich hauptsächlich auf ein Verfahren, die Umwandlung der Stärke
in kürzerer Zeit als bisher zu bewirken. Hr. Krötke beschreibt dasselbe, wie
folgt:
„Die Stärkesyrup-Fabrication wird noch heute
nach dem alten und neuen Verfahren betrieben, also in
kupfernen Kesseln über offenem Feuer und in großen hölzernen
Bottichen durch Dampf. Zur Umwandlung der Kartoffelstärke in
Syrup werden bei offener Feuerung 2 1/2 Stunden, beim
Dampfbetriebe 1 1/2 bis 2 1/2 Stunden gebraucht, je nachdem
mit oder ohne Dampfspannung gekocht wird.
Durch mein neueres Verfahren, einen Zusatz von Salpetersäure
zur Schwefelsäure zu nehmen, ist es mir gelungen, die Stärke
in der halben Zeit, als bei dem gewöhnlichen Zusatze von
Schwefelsäure, gaar zu kochen. Wenn also die Stärke bei
Dampfkocherei mit Spannung in 1 1/2 Stunden nach der
bekannten Jodprobe gaar wurde, so würde sie durch den Zusatz
von Salpetersäure in 3/4 Stunde gut werden.
Bei Trauben- oder Kistenzucker ist die Ersparniß an
Zeit und an Feuerung nach meinem Systeme noch
vortheilhafter; denn der Zucker erforderte 4 bis 6 Stunden
Kochzeit, jetzt dagegen nur 2 bis 3 Stunden, je nachdem
Kisten- oder Couleurzucker bereitet werden soll.
Mit dem Zusatze der Salpetersäure wird folgendermaßen
verfahren: Angenommen, es sollen 30 Centner frische, nasse
Stärke zu Syrup verkocht werden, so wird Alles wie bisher
behandelt; es werden aber, sobald die
Schwefelsäure abgewogen worden, pro Pfund 4 Loth concentrirte Salpetersäure dazu
gegossen. Gewöhnlich wird beim Syrupkochen 1 Pfd.
Schwefelsäure pro Centner nasse
Stärke genommen; es würden sonach bei 30 Ctrn. Stärke 30
Pfd. Schwefelsäure verwendet, und dazu 4 Pfd. Salpetersäure
gegossen werden.
Wenn die Schwefelsäure gebraucht werden soll, wird sie
abgewogen, ebenso die Salpetersäure; es wird dann letztere
zur Schwefelsäure gegossen, und die Mischung darauf sogleich
in den Stärkekochkessel oder das Kochfaß gegeben. Hat man
bisher 2 Stunden lang gekocht, um der Stärke die Syrupsgaare
zu geben, so muß man jetzt schon nach 3/4 Stunde die
Jodprobe vornehmen. Ist die Stärke noch nicht gaar, so
probirt man nach 5 bis 15 Minuten wieder; nach einer Stunde
Kochzeit ist die Umwandlung der Stärke in Syrup gewiß
erfolgt.
Es kann dieß nun nicht in allen Fabriken als Norm betrachtet
werden; denn in einigen Fabriken wird weniger Schwefelsäure
angewendet und folglich länger, bis 3 Stunden, gekocht; das
Verhältniß bleibt sich aber in sofern gleich, als in Folge
des Zusatzes von Salpetersäure (pro Pfund Schwefelsäure 4 Loth) doch immer nur die
halbe Kochzeit gegen die bisher gewöhnliche nöthig ist.
Alle anderen Zusätze, als Kohle und Soda, bleiben dieselben;
nur wird etwas mehr Schlämmkreide genommen. Um zu prüfen, ob
in der zu Syrup verkochten Stärke alle Säure getödtet oder
neutralisirt ist, wendet man die Lackmuspapier-Probe
an, welche allgemein bekannt ist.“
In der Abhandlung wird ferner die Wichtigkeit der Jodprobe für
die Syrupfabrication hervorgehoben. Man muß das Kochen der Masse
fortsetzen, bis eine Probe derselben mit Jodtinctur nicht mehr
violett oder röthlich wird, sondern die Rum- oder
Jodfarbe zeigt, dann aber mit dem Kochen aufhören. Wenn man das
Kochen der Stärke schon dann unterbricht, wenn die Probe noch
violett ist, so geht der Syrup in Gährung über; kocht man aber,
nachdem mit Jod die Rumfarbe eingetreten ist, noch 10 bis 15
Minuten länger, so krystallisirt er. In beiden Fällen erhält man
dann Syrupe, welche schwer verkäuflich sind.
Um dem Syrup eine helle Farbe zu geben, verwendet man nach Krötke in neuerer Zeit außer der
Knochenkohle auch schweflige Säure; diese Säure trägt auch dazu
bei, die Gährung zu verhindern, falls der Syrup nicht vollkommen
gaar gekocht wurde. Die Verwendung derselben geschieht auf
folgende Weise: Nachdem abgestumpft oder die Schwefelsäure durch
Schlämmkreide neutralisirt worden und die nöthige Knochenkohle
zugesetzt ist, werden, wenn 30 Ctr. nasse Stärke gekocht wurden,
15 Pfd. schweflige Säure (von der Stärke, daß sie an der
Syrupswaage 3 1/2 bis 4° zeigt) zu der
Masse in dem Neutralisir-Bottich unter Umrühren gegossen;
es wird sonach pro Centner frische
Stärke 1/2 Pfd. dieser Säure genommen. Um nachher den Anflug von
Säure aus der Masse zu beseitigen, setzt man pro Pfund Säure 2 Loth, also auf 15
Pfd. Säure 1 Pfd. krystallisirte Soda zu, welche vorher in 1/2
Quart heißem Wasser aufgelöst wurde.
Krötke gibt ferner folgende
Beschreibung der Fabrication des sogenannten Kisten- oder
Blockzuckers (Traubenzucker in Kisten), indem er bemerkt, daß
dieselbe in den letzten Jahren sehr an Ausdehnung gewonnen habe,
so daß es jetzt Fabriken gebe, welche außer dem Syrup jährlich
10,000 Centner und mehr Kistenzucker darstellen.
„Wenn 30 Ctr. feuchte Stärke zu Kistenzucker verkocht
werden sollen, so wird, wie beim Syrupkochen, dasselbe
Quantum Wasser zum Auflösen der Stärke genommen; ebenso
kommt dieselbe Portion Wasser in das Kochfaß. Statt daß beim
Syrupkochen pro Centner Stärke
nur 1 Pfd. Schwefelsäure genommen wurde, werden hier 1 1/2
Pfd. Schwefelsäure und 6 Loth Salpetersäure zugesetzt;
wurden also 30 Ctr. Stärke zum Verkochen bestimmt, so
gehören dazu 45 Pfd. Schwefelsäure und 6 Pfd. Salpetersäure.
Das Kochen der Stärke dauerte früher, ohne den Zusatz von
Salpetersäure, gewöhnlich 4 Stunden, jetzt aber nur 1 1/2
bis 2 Stunden.
Nachdem die Stärke 3/4 Stunde lang gekocht hat, schreitet man
zu der beschriebenen Jodprobe, und zeigt sich die
Syrupsgaare, so wird gerade noch einmal so lange gekocht.
Wenn die Syrupsgaare sich also schon nach 3/4 Stunde zeigt,
so würde man noch 3/4 Stunde, also im Ganzen 1 1/2 Stunden
zu kochen haben. Die Erfahrung hat gelehrt, daß nach diesem
Verfahren ein vorzüglicher Kistenzucker erzielt wird.
Nachdem der Dampf abgesperrt und das Kochen unterbrochen
worden, werden in das Kochfaß 15 Pfd. Knochenkohle,
pulverisirtes Beinschwarz, gestreut; dann läßt man noch 5
Minuten lang aufkochen und darauf die zu Zucker gekochte
Stärke in den Absetzbottich laufen, um mit Schlämmkreide
oder anderem kohlensauren Kalke zu neutralisiren. So wie die
Neutralisation beendet ist, werden noch 30 Pfd. Beinschwarz
unter fortwährendem Umrühren in die Masse gestreut.
Ist dieß geschehen, so werden, wie beim Syrup, 15 Pfd.
schweflige Säure und 1 Pfd. krystallisirte Soda zugesetzt;
es bleibt dann das Ganze 6 bis 8 Stunden ruhig stehen, um
sich klar abzusetzen.
Nach dieser Zeit wird die klare süße Flüssigkeit zum
Abdampfen in den Vacuum Apparat gebracht. Zwar kann man auch
in Gefäßen mit kupfernen Dampfspiralen
eindampfen; der Zucker wird aber nicht so schön weiß, als
wenn er im Vacuum eingedampft wurde. Die Flüssigkeit wird
nun nach der Syrupswaage, dem Aräometer, bis auf 36°
Baumé eingedampft; zwar wird er bei 35° auch
fest und hart; es wird aber jetzt sehr darauf gesehen, daß
der Zucker 36 bis 36 1/2° wiegt; die Käufer schmelzen
nämlich den Zucker, wägen ihn selbst mit der Zuckerwaage,
und stellen es zur Bedingung, daß die Waare hoch eingedampft
werde. Sobald der Zucker die nöthigen Grade, also 36 bis 36
1/2°, wiegt, wird er filtrirt, und von dem Filter
läuft er in den Lager- oder Abkühlbottich.
Die Filter sind sehr einfach und werden am besten auf
folgende Weise hergestellt: Man nimmt ein Faß von
Fichtenholz mit Stäben, welche 1 1/4 Zoll stark sind; es muß
3 Fuß Höhe haben, oben 2 Fuß und unten 20 Zoll weit seyn. In
dieses Faß wird ein Korb von geschälten Weidenruthen
eingefügt; dieser Korb muß genau in das Faß passen. Auf dem
Boden des Fasses sind zwei Leisten von 1 Zoll Stärke
angenagelt, so daß zwischen dem Korbe und dem Boden ein Raum
bleibt, damit der Zucker gut ablaufen kann. In den Korb
kommt ein Beutel von Nesselzeug (einem glatten baumwollenen
Zeug); hierdurch wird nun der Zucker filtrirt; er läuft
glänzend klar in den Lagerbottich.
In dem Beutel bleibt der Gyps, welcher sich beim
Neutralisiren gebildet hat, zurück. Dieser Gyps enthält noch
viel Süße; er wird daher durch Wasser ausgesüßt oder
ausgepreßt; die dadurch gewonnene Flüssigkeit kommt in den
Neutralisationsbottich, um sich mit dem nächsten Kochen zu
klären. Das Krystallisiren des Zuckers dauert 3 bis 4 Tage;
um es aber zu beschleunigen, nimmt man etwas Farinzucker und
rührt solchen mit dem Zucker in dem Lagerbottich zusammen.
In diesem Falle muß aber die Flüssigkeit im Lagerbottich bis
auf 25 bis 30° R. abgekühlt seyn, weil der zugesetzte
Zucker sonst schmelzen würde.
Man rührt nun den Zucker alle 2 Stunden durch einander;
dadurch werden die sich bildenden Krystalle zusammen
gebracht und hängen sich fest an einander. Schon am zweiten
Tage nach dem Zusatze des Farins ist der Zucker so weit, daß
er in die Kisten gefüllt werden kann; er hat dann die Dicke
des Honigs, welcher Krystalle gebildet hat, aber noch so
flüssig ist, daß er gegossen werden kann. Der Zucker wird in
Kisten von Fichten- oder Pappelholz gegossen; diese
sind 30 bis 32 Zoll lang und 10 Zoll im Quadrat; die dazu
verwendeten Breter sind nur 1/4 bis 3/8 Zoll stark. Die
Breter zu den Kisten werden einfach mit Drahtnägeln zusammen
genagelt; sollte sich eine nicht dichte Fuge finden, durch
welche der Zucker heraus dringen könnte, so wird ein
Stückchen Schreibpapier eingeklebt. Der in die Kisten
gefüllte Zucker ist schon am anderen Tage hart;
die Deckel werden dann aufgenagelt, und der Zucker kann
darauf versandt werden oder auf Lager kommen.
Seine Verwendung findet dieser Zucker in den Bierbrauereien,
zur Weinfabrication, Destillation und bei den
Bonbons-Fabrikanten. Der Preis des Zuckers ist immer
1/3 bis 1/2 Thlr. pro Centner
höher als der Syrupspreis; er kostet dagegen nicht mehr, als
der Syrup, und bietet das Angenehme dar, daß nie Verluste
vorkommen, und daß er bei richtiger Fabrication auch nie dem
Verderben ausgesetzt ist.“
Zuletzt bemerkt Krötke noch Folgendes
über die bei der Fabrication des Stärkesyrupes und Stärkezuckers
angewendeten Apparate:
„Im Jahre 1848 wurden alle Stärkekochfässer so gebaut,
daß mit Dampfspannung gekocht werden konnte; diese
Kochfässer ertrugen eine große Spannung und hatten, wie ein
Dampfkessel, Sicherheitsventil, Manometer und Luftventil.
Solche Fässer existiren noch in alten Fabriken, werden aber
bei neuen Anlagen nicht mehr angewendet, weil es, trotz
aller Vorsicht, vorkam, daß hier und da ein Boden heraus
gesprengt wurde, und außer diesem Schaden auch Menschenleben
verloren gingen.
Zwar kann man mit dem Kochen etwas früher fertig werden, aber
man hat den großen Nachtheil, daß die gekochte Stärke sehr
dünnflüssig gewonnen wird. Der Dampf strömt nämlich in
diesen alten Fässern direct in die Masse, und dadurch, daß
die Dämpfe sich condensiren, wird solche sehr verdünnt, so
daß die Flüssigkeit nur 14 bis 15° an dem Aräometer
zeigt.
In den neuen Kochfässern dagegen liegt eine kupferne Spirale.
Hier geht der Dampf also durch, bringt die Masse zum Kochen
und fließt als condensirtes Wasser ab. Die Flüssigkeit
erhält auf diese Weise 19 bis 20° nach der
Syrupswaage; man erspart dadurch an Feuermaterial, weil man
5° weniger abzudampfen hat. Das ganze Arbeiten mit
diesem Fasse ist einfacher und nicht gefährlich; ich gebe
daher im Nachstehenden die genaue Beschreibung zur Anlage
eines solchen Kochfasses.
Die Stäbe werden von gutem Fichtenholz, 2 1/2 Zoll stark,
genommen. Das Faß wird, um täglich zwei Mal 30 Ctr. nasse
Stärke zu verkochen, 8 Fuß hoch gemacht. Es hat unten 5 Fuß
6 Zoll und oben 5 Fuß Durchmesser; es ist oben offen, erhält
einen Deckel zum Auslegen und einen Brütenfang. Der Deckel
besteht aus 5 bis 6 Theilen, weil er sonst zu schwer seyn
würde; der Brütenfang steht auf den: sechsten Theile fest,
und dieser Theil ist auf dem Kochfasse befestigt. Der
Brütenfang wird viereckig aus 3/4 Zoll starken fichtenen
Bretern hergestellt, hat eine lichte Weite von 10 Zoll und
ist so hoch, daß er über das Dach der Fabrik
reicht, um den Brüten in die Luft zu führen. Das Kochfaß
wird auf ein starkes Gerüst so hoch gestellt, daß die
gekochte Stärke durch die Hähne, welche dicht über dem Boden
angebracht sind, in die Neutralisirbottiche ablaufen
kann.
Die kupferne Schlange oder Spirale hat 5 bis 6 Windungen und
darf nur einen Durchmesser von 4 Fuß 6 Zoll haben, damit sie
bequem in das Kochfaß gebracht werden kann. Die Kupferrohre,
welche zur Schlange genommen werden, haben einen Durchmesser
von 2 1/2 Zoll, und die Ringe werden durch messingene
Klammern mit einander verbunden. Es darf an der Schlange
nichts von Eisen seyn; alle Schrauben und Muttern müssen aus
Messing oder Kupfer hergestellt werden, weil Eisen von den
säurehaltigen Massen aufgelöst wird. Die Schlange kommt
waagrecht auf den Boden des Kochfasses zu liegen; der Dampf
wird durch ein Rohr, welches im Fasse selbst angebracht
wird, der Schlange zugeführt. Der verbrauchte Dampf, das
condensirte Wasser, geht seitlich durch ein 3/4 Zoll starkes
Rohr, welches mit der Kupferschlange in Verbindung steht,
durch das Holz des Kochfasses und wird nach dem
Dampfkessel-Speiseapparat geführt.
Statt der Vacuum-Apparate, welche, von Kupfer, sehr
theuer sind, werden in neuerer Zeit zum Abdampfen die
sogenannten Robert'schen Apparate
angewendet; diese sind von starkem Eisenblech und kaum halb
so theuer; sie erfüllen vollkommen den Zweck und haben sich
in meiner Praxis gut bewährt.“
(Vierteljahresschrift für technische Chemie, 1869 S. 449;
polytechnisches Centralblatt, 1870 S. 1689.)