Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 199, Jahrgang 1871, Nr. , S. 423 |
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Miscellen.
Miscellen.
Schienenreiniger bei Locomotiven.
Zur Vermeidung des sogenannten Schleifens der Treibräder von Locomotiven beim
Befahren von Steigungen und feuchtem Schienengeleise, wird bekanntlich Sand auf die
Schienen gestreut. Da nun sämmtliche Laufräder der nachfolgenden Fahrzeuge über die
größere Reibung darbietenden Geleise laufen müssen, so wird hierdurch nicht allein
ein vermehrter Kraftbedarf zum Fahren, sondern auch eine größere Abnutzung der
Schienen und Räder unvermeidlich.
Man versuchte schon allerlei, den Sand sofort nach dem Passiren der gekuppelten
Locomotivräder von den Schienen wieder zu entfernen, aber bis jetzt ohne Erfolg.
Die Amerikaner Ortiz und Valladare entfernen nun – wie es scheint mit recht praktischem
Erfolg – den Sand durch Dampf und führen deßhalb zu diesem Zweck links und
rechts ein enges, nur 1/16 Zoll weites Röhrchen vom Dampfkessel in der Nähe der
Probirhähne bis hinter die letzten Treibräder der Locomotive, wo jedes Röhrchen nahe
dem Schienenstrange endet. Oeffnet der Locomotivführer beim Befahren einer Steigung,
woselbst zur Vermehrung der Adhäsion der Treibräder Sand gestreut werden muß, den
Hahn dieser Dampfleitung, so wird der Sand von den Schienen weggefegt, ehe die
Laufräder auf die mit Sand bestreuten Schienentheile gelangen, wodurch jeder
Reibungsverlust vermieden wird, so daß die Kosten des verbrauchten Dampfes mehr als
ersetzt werden. (Nach dem Engineering and Mining
Journal, October 1870, S. 225.)
Dampfmaschine von vier Pferdekräften mit verticalem Kessel von
Paxman und Davey,
Ingenieure der Standard Eisenwerke in Colchester.
Textabbildung Bd. 199, S. 423
Es ist dieses jene Maschine, deren Kessel bei den unlängst in Oxford
abgehaltenen, vergleichenden Proben (polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVIII S.
598) unter allen dort geprüften Kesseln die besten Resultate lieferte. Es ist
ein verticaler Kessel mit verhältnißmäßig hoher Feuerbüchse, in welche 16
Siederohre reichen, die, durch die Decke der Feuerbüchse gehend, den oberen
Theil des Kessels mit dem unteren verbinden. Am unteren Ende sind dieselben bis
auf circa 3/4 ihres Durchmessers zusammengezogen. Um
die Heftigkeit des aufsteigenden Stromes in diesen Röhren zu mäßigen, sind auf
die oberen Oeffnungen derselben Kappen aufgesetzt, welche ein seitliches
Ausweichen des aufsteigenden Wassers verursachen. Der Rauchfang ist an seinem
unteren Ende mit einer schmiedeeisernen verstellbaren Platte versehen, welche
das directe Abströmen der Verbrennungsgase hindert. Der Kessel welcher die
Maschine trägt, steht auf einem gußeisernen Kasten, der als Wasserbehälter
dient. Die ganze Feuerbüchse kann behufs Reinigung oder Untersuchung leicht
herausgenommen werden, da sie mit Schrauben an den Kessel befestigt ist.Man vergl. hiermit Messinger's verticalen Dampfkessel, welcher im
polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVI S. 273 beschrieben ist.
Es wird weiter über eine Probe eingehend berichtet, welcher dieser Kessel neuerdings
unterworfen wurde. Dieselbe wurde mit großer Sorgfalt und Genauigkeit unter
Vermeidung aller Einflüsse, welche das Resultat beirren könnten, durchgeführt, und
ergab eine Verdampfung von 9,5 Pfund Wasser pro 1 Pfund
Kohle (mittelmäßiger Qualität), ein Resultat welches von einem verticalen Kessel
gleicher Größe noch nicht erreicht und von den besten horizontalen Kesseln kaum
übertroffen wurde. (Nach dem Engineer, October 1870, S.
258; aus der Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und
Architekten-Vereines, zweites Januarheft 1871, S. 26.)
Rauchverzehrung bei Kesselfeuerungen.
Zur Beförderung der Verbrennung und wenigstens annähernden Rauchverzehrung bringt W.
Walker in Manchester nach
seinem Patent ein kleines Flügelrad in jeder Feuerthür an, welches durch aus dem
Kessel vermittelst eines kleinen Rohres zugeführten Dampf in Bewegung versetzt wird.
Nach jedesmaligem Nachfeuern und Schließen der Thür öffnet der Heizer den Hahn
dieser Dampfzuleitungsröhre, wodurch Luft über das Feuer geblasen und zufolge der
raschen Schraubenbewegung der zugeführten Luft ein inniges Vermischen derselben mit
dem sich bildenden Rauch erreicht, sowie endlich der Weg dieses Gasgemisches bis zur
Feuerbrücke, also über den heißesten Theil der Feuerung, zu Gunsten der vollkommenen
Verbrennung verlängert wird. Nach einiger Zeit wird der Dampfhahn geschlossen und
hiermit die Bewegung des Flügelrades bis zum nächsten Nachlegen unterbrochen. (Nach
dem Engineer, Januar 1871, S. 20.)
Ganz in ähnlicher Absicht hat D. Walker in Leith eine
Anordnung angegeben, nach welcher heiße Luft unter den
Rost am hinteren Ende oder in die Feuergase nächst der Feuerbrücke geleitet
wird.
Dabei soll aber die Erwärmung der Luft nicht, wie dieß üblich ist, bloß durch die
abziehenden Verbrennungsproducte geschehen, sondern die Luftleitung soll zur
Erreichung einer möglichst hohen Temperatur die heißesten Ofenzüge passiren. Er
stellt demnach irgend ein Gebläse außerhalb auf den Kesseln auf und treibt durch vom
Hauptrohr abgehende
Zweigröhren aus Eisen oder feuerfestem Thon, welche die heißesten Feuercanäle
durchziehen, Luft unter die sich bildenden Verbrennungsgase. Der Antrieb des
Gebläses erfolgt von der Hauptmaschine aus, oder mittelst einer kleinen
Donkeymaschine. (Nach dem Mechanics' Magazine, Januar
1871, S. 27.)
Befestigung von Riemenscheiben etc. auf Wellen.
Die Amerikaner Reinshagen und Buckmann in Cincinnati (Ohio) haben ein Patent auf eine
Befestigungsmethode von Riemenscheiben, Zahnrädern u. dergl. auf Wellen,
insbesondere hohlen, genommen, welche darin besteht, daß die Nabe des betreffenden
Transmissionstheiles eine größere Länge wie sonst erhält, dagegen mit Längenspalten
versehen wird, um durch Auftreiben passender Ringe die Scheibe, das Rad etc. auf der
Welle mittelst Reibung festzuspannen. Die Nabe erhält außen eine Neigung von 1 : 5,
nach welcher auch die Spannringe innen abgedreht seyn müssen.
Solche Scheiben, Räder etc. können an beliebigen Stellen der Transmissionswellen
angebracht und sehr bequem wieder weiter geschoben oder ganz beseitigt werden, wie
dieß der Zweck erheischt. Die Welle selbst erleidet hierbei keine Schwächung durch
eine Keilnuth. (Nach dem Scientific American, December
1870, S. 354.)
Die Nähmaschinen-Fabrication in Amerika.
Die Zahl der durch die 12 hervorragenden Nähmaschinen-Compagnien in Amerika
während des Jahres 1870 fabricirten Nähmaschinen belief sich auf 320669 welche zum
Durchschnittspreise derselben (first class machines) von
75 Dollars gerechnet, den bedeutenden Werth von 24050175 Dollars repräsentiren.
Diesen hauptsächlich aus New-York und Boston stammenden Nähmaschinen begegnet
man in allen Welttheilen. Die ebenfalls in bedeutender Anzahl erzeugten Nähmaschinen
billiger Gattung – im Werthe von 2 bis 20 Dollars – sind in obigen
Zahlen nicht inbegriffen; ebenso sind dabei die billigeren Nachahmungen der besten
amerikanischen Nähmaschinen nicht berücksichtigt, wie solche in England und auf dem
Continent gebaut aber als amerikanisches Fabricat verkauft und bezahlt werden.
Deutschlands Nähmaschinen-Fabrication ist von nicht geringem Umfang und
Hamburg allein weist 6 große Etablissements für Nähmaschinen auf, welche ihren Markt
vorzugsweise in Rußland finden, wohin Amerika verhältnißmäßig wenig directen Absatz
hat.
Trotz dieser Concurrenz behaupten die Nähmaschinen amerikanischen Ursprunges ihre
hohen Preise im Ausland, in Folge ihrer ausgezeichneten und vollendeten Ausführung;
große Mengen derselben werden alljährlich exportirt. Die bedeutendsten Fabrikanten
haben in jeder Hauptstadt Europa's eigene Agenten und jeder Dampfer bringt große
auswärtige Bestellungen. So erreichte die erheblichste Zahl eines Bestellers die
Summe von 86781 in einem Jahr.
Es scheint trotz der bedeutenden Zunahme der Maschinennäharbeit in vielen
Geschäftszweigen keine Abnahme an Handarbeit einzutreten.
Da die Selbstkosten einer guten Nähmaschine zwischen 12 1/2 und 60 Dollars, dagegen
die Verkaufspreise von 60 bis 350 Dollars schwanken, so muß der Geschäftsgewinn bei
der Fabrication ein bedeutender seyn. (Scientific
American, Januar 1871, S. 18)
Die mechanische Arbeit eines felddienstmäßig ausgerüsteten
preußischen Infanteristen.
Das „hannoversche Wochenblatt für Handel und Gewerbe“ bringt in
Nr. 32 hierüber einen interessanten Artikel, dem wir im Auszug Folgendes
entnehmen:
Nach den Angaben eines preußischen Officiers beträgt die Gesammtbelastung eines
felddienstmäßig ausgerüsteten preußischen Infanteristen durchschnittlich 28,633
Kilogramme. Das Durchschnittsgewicht eines Menschen zu 70 Kilogrammen angenommen,
beträgt das
fortzubewegende Gesammtgewicht 70 + 28,633 = 98,633 Kilogr. Da die gewöhnliche
Schrittlänge eines Infanteristen zu 0,732 Meter vorgeschrieben ist, und in der
Marschcolonne 100 Schritte pro Minute geschehen, so
beträgt die Ganggeschwindigkeit pro Secunde 73,2/60 =
1,22 Meter. Die von Poisson construirte Formel für die
Schrittarbeit eines Menschen ist W (e + h), worin W die fortzubewegende Gesammtlast, e die Größe um welche der Mensch bei jedem Schritt
seinen Schwerpunkt hebt und senkt, und h die Höhe
ausdrückt, welche der horizontalen Geschwindigkeit des Fortschreitens entspricht.
Nun ist W = 98,633, h
berechnet sich auf eine hier nicht näher auszuführende Weise zu 0,076 Meter, und e kann zu 0,07 Meter angenommen, resp. berechnet werden.
Dann ist die mechanische Arbeit pro Schritt
98,633 (0,07 + 0,076) = 14,4 Meter-Kilogr.
Bei dem oben citirten Marschcolonnenschritt hätte daher der Infanterist an
mechanischer Arbeit zu leisten:
1440
Meter-Kilogramme pro
Minute.
86400
„
„ „
Stunde,
259200
„
„ „
während 3stünd. Marsche,
432000
„
„ „
„ 5
„
„
Vergleicht man letztere beiden Werthe, bemerkt die oben citirte Quelle, mit den
täglichen Leistungen der Menschen an Maschinen, so findet
man, daß unter den allergünstigsten Umständen bei freien Accord-Arbeiten an Kurbelwinden 263578 Meter-Kilogr.
verlangt werden können, und nur bei Zuchthausarbeiten an
Laufrädern die tägliche Leistung sogar die Größe von 342528 Meter-Kilogrammen
erreichen kann.
Erwägt man jetzt noch, daß bei dieser Arbeitsberechnung der Marsch auf horizontalem Wege und unter den sonst günstigsten
Umständen und Verhältnissen berechnet, also weder Hitze, Staub, Geruch,
Hackentritte, Ellenbogenbüffe, vor Allem aber gehörige (reichliche) Nahrung,
Nachtruhe, vorausgesetzt wurde, so erkennt man das Mühselige und überaus
Anstrengende, nothwendigerweise Erschöpfende der Arbeit des Soldaten, ganz abgesehen
davon, daß er diese furchtbaren Arbeiten immer mit dem Gedanken der nächstkommenden
schrecklichen Verwundung, Verstümmelung seines Körpers oder gar des nahen Todes zu
verrichten hat.
Anwendung der Sägespäne in Schmiedewerkstätten.
Ein Correspondent des Coachmaker's Magazine macht auf den
Werth von Sägespänen aufmerksam, ein Material welches Schmiere, Fett etc. von den Arbeitsstücken aufsaugt, leicht beseitigt und
daher die zur Bearbeitung gelangenden Feilen schützt. In
keiner gutgeleiteten Schmiedewerkstätte sollte bei jeder Bohrmaschine eine wohlgefüllte Kiste mit Sägespänen fehlen, welche so groß
sey, daß ein Radreif nach dem Bohren eingestellt werden kann. Reibt man Eisentheile
mit Sägespänen ab, um die von der Bearbeitung herrührende Schmiere zu beseitigen, so
wird diese so vollkommen aufgesaugt, daß nur wenig Putzwolle zur gänzlichen
Reinigung aufgewendet werden muß. Dieses Mittel soll auch beim Schraubenschneiden etc. nicht außer Acht gelassen werden.
Sägespäne von Eichen- oder Eschenholz werden am meisten geschätzt. Wohl
besitzen Fichten-Sägespäne ein größeres Absorptionsvermögen; dieselben
hinterlassen aber auf der Putzfläche einen harzigen Rückstand, welcher auf die
Feilen nachtheiliger wirkt als Eisen. Der Einsender dieser Notiz gibt den mittleren
wöchentlichen Verbrauch in seiner Werkstätte – mit 8 Bohr- und 25
Feilarbeitern – zu etwa 3 Bushels (1 Bushel = 36,35 Liter) an. (Scientific American, Januar 1871, S. 53.)
Das Kaltwalzen von Eisen in Amerika.
Auf den Eisenwerken von Jones und Laughlins in Pittsburg ist, wie Dr. Klüpfel in einem längeren Bericht über das
Eisenhüttenwesen in den Vereinigten Staaten (berg- und hüttenmännische Zeitung, 1871 S.
50) mittheilt, die Fabrication von polirtem Rund- und Flacheisen mittelst
Walzen im kalten Zustand in aller Stille zu hoher Vollkommenheit ausgebildet worden.
Das prächtige Product, welches bis jetzt einzig und allein von genannter Firma (auch
unter dem Namen „American Iron
Works“ ) dargestellt wird, ist auch schon auf dem deutschen
Markte aufgetreten und hat entschieden eine Zukunft. Namentlich das Rundeisen für
Transmissionen, Achsen etc. ist in Amerika sehr beliebt und wird von dem Werke nicht
billiger abgegeben, als dieselben Artikel auf dem gewöhnlichen Wege mittelst
Abdrehens hergestellt werden können. Das Rund- und Flacheisen, welches in das
Kaltwalzwerk kommen soll, wird zuerst im gewöhnlichen Walzwerk auf die verlangten
Dimensionen ausgewalzt und es werden sodann die langen Stangen außerhalb des
Walzwerkes in große, in die Erde eingelassene Säurebottiche gebracht. Aus den
Säurebottichen kommen die Stangen in solche mit Kalkwasser. Von hier herausgenommen,
werden sie sauber abgerieben und neben der Kaltwalzenstraße aufgehäuft. Diese
ungemein sauber und glänzend aussehenden Walzenstraßen sind in einer Linie wie folgt
aufgestellt: zuerst ein Rundeisen-Walzwerk für gröbere Sorten mit einer
Blechstraße daneben, von einer besonderen ungefähr 30pferdigen liegenden Maschine
getrieben; dann kommt ein kleines Universalwalzwerk und nachher eine
Kleineisenstraße, durch die allgemeine Transmission der Arbeitsmaschinen mit Riemen
getrieben. Während Dr. Klüpfel's Anwesenheit wurde z.B. 2 1/2 zölliges
Rundeisen gewalzt. Dieses kam in die Grobeisenstraße und wurde ungefähr 25 mal durch
ein und dasselbe Kaliber gelassen, indem man die Stange nach jedem Durchgang ein
klein wenig drehte. Außerdem wurde 2 mal am Stellrad der Oberwalze ein wenig
gedreht. Die Maschine machte während dessen pro Minute
40 Umgänge. Während dieser Durchgänge wird die Stange zusehends blanker, zuletzt
wird sie auf den Boden gelegt und man beseitigt mit hölzernen Hämmern die gröbsten
Biegungen die sie während des Walzens erhalten hat. Sodann werden die Stangen
eingefettet und einstweilen auf hölzerne Gestelle gelegt, bis das Richten an sie
kommt. Letzteres ist die Hauptsache der ganzen Arbeit und es kommt wesentlich auf
die Geschicklichkeit der hierbei beschäftigten Arbeiter an, ob es schnell genug und
doch sehr pünktlich geschieht. Es waren 5 Richtbänke vorhanden, an deren jeder 3
Arbeiter beschäftigt waren. Auf jeder sind 5 Schlitten beweglich, deren größter eine
Schraubenpresse ist. Das Rundeisen wird auf die beiden äußersten Schlitten auf
kleine Rollen gelegt, durch deren Drehung die beiden Hülfsarbeiter die Stange in
Rotirung erhalten, während der Meister mit der Kreide in der Hand die ausweichenden
Stellen beobachtet und dieselben nach Bedarf mittelst der Presse gerade biegt.
Dieses wird so lange wiederholt, bis sich kein ausbiegender Punkt mehr zeigt. Zur
letzten Vollendung der Geradrichtung sind sodann 3 Drehbänke vorhanden, in welchen
sauber zugleich die Wellen auf die genaue Länge abgeschnitten werden. Sodann werden
sie gereinigt und in Kisten verpackt. Bei der ganzen Fabrication kommt Alles auf
genaue Arbeit und wenig auf das erforderliche Capital an, da ja Walzenstraßen,
Richtbänke etc. ganz nach Bedarf nach und nach vermehrt werden können. Es ist daher
auffallend, daß man in Deutschland noch nicht daran gedacht hat, die Sache
nachzumachen, denn die Arbeiter wären hier jedenfalls viel billiger zu beschaffen
als in Amerika, und was das Material betrifft, so kommt dasselbe in Pittsburg ganz
unverhältnißmäß theuer zu stehen. (Deutsche Industriezeituug, 1871, Nr. 8.)
Die Schmelzbarkeit des Platins in der Löthrohrflamme; von W.
Skey.
Nach der bisherigen Annahme sollte das Platin nur bei einer, mittelst des
gewöhnlichen Löthrohres nicht erreichbaren Hitze schmelzbar seyn; wenigstens habe
ich vergebens nach Angaben gesucht, welche das Gegentheil nachweisen.
Als ich vor Kurzem mit Untersuchungen über die Wirkungen der Flamme des
Heißluftlöthrohres beschäftigt war, fand ich eine genaue Bestimmung des
Schmelzbarkeitsgrades des Platins für nöthig und beobachtete bei derselben, daß,
wenn der durch Leitung verursachte Wärmeverlust verhütet wird, Platin mittelst eines
gewöhnlichen Löthrohres in einer Kerzenflamme zum Schmelzen gebracht werden kann. Zu
diesem Zwecke ersetzte ich die allgemein gebräuchliche Metallspitze des Instrumentes
durch ein Rohr aus Thon oder aus Glas, also aus Materialien welche im Vergleich zu
Metallen schlechte
Wärmeleiter sind. Mit dieser Vorrichtung gelang es mir, die Spitzen feiner
Platindrähte zu Kügelchen zu schmelzen. Zu den betreffenden Versuchen wurde das
gewöhnliche hydrostatische Löthrohrgebläse und die Flamme einer Stearinkerze
benutzt. Um dem etwaigen Einwurfe zu begegnen, daß das von mir benutzte Platin
vielleicht einen Gehalt von einem leichtflüssigeren Metalle gehabt habe, durch
welches sein Schmelzpunkt niedriger geworden, stellte ich mir zu speciellen
Versuchen ein von solchen Verunreinigungen absolut freies Platin dar.
Da der Schmelzpunkt des Platins bei 2534° C. liegt, so müssen wir aus diesem
Versuche schließen, daß bei Beobachtung geeigneter Vorsichtsmaßregeln gegen
Wärmeverlust durch Leitung, mittelst des gewöhnlichen Löthrohres bei Anwendung der
angegebenen Flamme diese hohe Temperatur erreicht werden kann. (Chemical News, vol. XXII p.
268.)
Mit Recht erinnert Prof E. J.
Chapman zu Toronto in Chemical News vol.
XXIII p. 29 an die Jedem, der sich mit dem Löthrohre
einigermaßen beschäftigt hat, wohlbekannte Thatsache, daß die Schmelzbarkeit des
Platins in der Löthrohrflamme schon vor langen Jahren von Plattner beobachtet worden
ist. Dieser ausgezeichnete Metallurg sagt in seiner „Probirkunst mit dem
Löthrohre“ (4. Auflage, S. 16): „Will man sich überzeugen,
ob man im Stande ist, eine hinreichend starke Oxydationsflamme hervorzubringen,
so darf man nur versuchen, das eine Ende eines 0,1 Millimeter starken
Platindrahtes zum Kügelchen zu schmelzen. Man biegt den Draht, von dem einen
Ende ungefähr 3 bis 6 Millimet. entfernt, unter einem rechten Winkel und hält
das umgebogene Ende so in die äußere Flamme, daß die Achsenlinie desselben genau
mit der Achsenlinie der Löthrohrflamme zusammentrifft und nicht vibrirt. Ist die
Flamme wirksam genug, so bemerkt man sehr bald, wie sich mit einemmale ein
Kügelchen bildet, welches um so größer ist, je kräftiger die Flamme war.
– Aehnlich spricht sich Hnr. O. Lenz in seiner „Löthrohrschule“ und B.
Kerl in seinem „Leitfaden“
aus.
H.
Ueber die Erzeugung einer Patina auf Bronze und Eisen.
In der Versammlung des Vereines zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen im Juli
1869 hielt Hr. S. Elster in
einen Vortrag über die Erzeugung der antiken Patina auf unseren Monumenten. An einer
Bronzestatue des Hirtenknabens auf dem Hofe der Gewerbe-Akademie, welche der
Vortragende mit seiner Patina versehen hatte, suchte derselbe nachzuweisen, daß
diese der antiken Patina nachgebildet, und daß letztere selbst ein Kunstproduct sey,
hervorgegangen aus einer sorgfältigen Naturbeobachtung der Alten. Analysen der
antiken Patina zeigen z.B. einen Gehalt an Chlor in derselben, welches im Metall
selbst fehle, ferner Thonerde, indem bei der Erzeugung der Patina Alaun angewendet
worden sey; Kalk stamme von der Anwendung von Knochenkohle oder aus dem zur Beize
verwendeten Schmutz der Schweißwolle der attischen Schafe, welcher oxalsauren Kalk
enthalte, her. Zur Erzielung einer festen Patina diente der Saft der
Zwiebelgewächse, des Knoblauchs und anderer Pflanzenstoffe. Das Studium der antiken
Patina zeige, daß dieselbe der Pflege bedürfe; die aufgefundenen Bronzen aus
Herculanum, die von Lava umflossen waren, seyen gut erhalten, während die aus
Pompeji, welche von Aschenregen verhüllt und theilweise dem Zutritt der Luft
ausgesetzt waren, sich zerfressen zeigten und ein dunkles Ansehen hätten Um unsere
Monumente mit der antiken Patina zu versehen, sey es nothwendig, daß dieselben erst
chemisch gereinigt, dann mit der Patinalösung behandelt und jährlich mit geeigneten
Oelen, welche sich mit der Patina verbinden, abgerieben werden. Hiermit sey bei der
Statue des Seydlitz auf dem Zietenplatze (in Berlin)
begonnen. Geschehe dieß, so würden auch unsere Statuen sich uns in classischer
Schönheit zeigen; die antike Patina werde wiedergegeben werden und mit ihr die
Enkaustik der Marmor-Denkmale.
Hr. Director Reuleaux bemerkte
im Anschluß an diesen Vortrag, daß ein Amerikaner auf der Pariser Ausstellung
patinirte Gegenstände aus Gußeisen vorgezeigt und für die Ueberlassung des
Verfahrens den Preis von 2000 Frcs. gefordert habe. Es seyen nun in der Werkstatt
der königl. Gewerbe-Akademie Versuche angestellt worden, um ein Verfahren zur
Erzeugung einer Patina auf Eisengußstücken zu ermitteln. Es handelte sich hierbei hauptsächlich um die
Hervorbringung einer Oxydschicht, welche das Rosten des Eisens verhindere. Der
Vortragende zeigte eine Anzahl Kunstgegenstände aus Gußeisen, als Teller, Schalen
und Untersätze von Maschinenmodellen, vor. Die ersteren zeigen eine gelbbräunliche
Patina, ähnlich der Bronze; die letzteren eine schwarze Farbe, welche so präparirt
ist, daß die Herstellung derselben in der Technik leicht ausführbar ist, und die
Gußstücke gegen das Rosten, wenigstens unter Dach und Fach, vollkommen geschützt
sind, wie sich dieß an den seit einigen Jahren fast täglich im Gebrauch befindlichen
Modellen der kinematischen Sammlung herausgestellt habe. Die Patina werde durch
Erhitzung der Gegenstände unter Zuführung organischen Oeles erzeugt. Der Vortragende
will die Versuche noch fortsetzen, sprach die Hoffnung aus, auch die gelbbraune
Patina bis zur vollkommeneren Haltbarkeit gegen Rost zu bringen, und will dann
später das Verfahren genau mittheilen.
Hr. Bergrath Dr. Wedding
knüpfte hieran die Bemerkung, daß ein gleiches Verfahren bereits seit längerer Zeit
mit Erfolg auf der Eisenhütte zu Ilsenburg unter Benutzung einer eisernen Muffel
angewendet werde, und seines Wissens von dem Hütteninspector Schott eingeführt worden sey Hr. Director Reuleaux bestätigte dieß und zeigte ein
ebenfalls zur Stelle gebrachtes Kunstgußstück der Ilsenburger Hütte vor, welches mit
einer blau- und orangefarbigen Patina überzogen war. (Verhandlungen des
Vereines zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, 1869 S. 182.)
Erzeugung eingebrannter Photographien auf Porzellan und
Email.
Kleffel theilt in seinem Werkchen: „Das Neueste
auf dem Gebiete der Photographie“ folgendes
Schmelzfarben-Verfahren mit, welches er als einfach und sicher empfehlen zu
können glaubt.
Die lichtempfindliche Mischung besteht aus 100 Grm. Wasser, 6 Grm. Melasse, 5 Grm.
Gummi arabicum, 5 Grm. doppelt-chromsaurem Kali und 10 Tropfen Ammoniak. Sie
wird filtrirt; zwei Tage alt, arbeitet sie am besten. Man gießt sie wie Collodium
auf eine gut gereinigte Spiegelplatte und trocknet bei mäßiger Wärme. Die Platte
wird, noch warm, unter einem Transparent-Positiv belichtet, im Schatten an
trüben Tagen 6 bis 7 Minuten, an sonnigen 2 bis 3 Minuten lang. Man stellt die
Platte nach der Belichtung im Dunkelzimmer in der Nähe des warmen Ofens an die Wand.
Dann nehme man Baumwolle, zu einem Bausch geformt, reibe diesen auf
Porzellanfarbenpulver und fahre damit leicht über der belichteten Platte hin. Bei
richtiger Belichtung erscheint das Bild in kurzer Zeit; man muß jedoch so lange mit
der Entwickelung fortfahren, bis das Bild überkräftig erscheint, da beim Einbrennen
die Bilder so weit zurückgehen, wie ein Eiweißbild im Goldbade. Auch hat man
besonders darauf zu achten, daß die höchsten Lichter rein bleiben. Zu langes
Hervorrufen verursacht Schleier. Ueberbelichtete Bilder erscheinen hart, zu kurz
belichtete sind total verschleiert.
Das gut entwickelte Bild wird mit Collodium (190 Th. Alkohol, 190 Th. Aether, 3 Th.
Collodiumwolle und 1 Th. Ricinusöl) überzogen und nach Erstarrung des Häutchens in
reines Wasser gelegt. Einige Minuten nachher bedeckt man das Häutchen mit einem
kleinen Stück feuchten Fließpapieres, schlägt die Collodiumränder um das Fließpapier
zurück, und hebt das Bild vom Glase. Dann taucht man das Bild mit dem Papier in eine
Mischung von 1 Th. Schwefelsäure und 7 Th. Wasser, bis es nicht mehr gelblich
erscheint. Es wird hierauf in häufig zu erneuerndes Wasser und zuletzt in ein Gefäß
mit Gelatinelösung (2 Th. Gelatine, 3 Th. Glycerin und 75 Th. Wasser) gelegt. In
dieser Lösung trennt man das Fließpapier vom Bilde und fängt das letztere auf dem
gereinigten Porzellan- oder Email-Gegenstande auf, die Bildseite dem
Porzellan zugekehrt. Nach dem Trocknen radirt man mit dem Federmesser alle die
Theile weg, welche nicht mit eingebrannt werden sollen.
Vor dem Einbrennen überzieht man das Bild mit einem Flußmittel, bestehend aus 5 Th.
gebranntem Borax, 3 Th. gebranntem Feuerstein und 1 Th. reiner Mennige für
Porzellanbilder, dagegen aus 10 Th. Bleiglätte, 5 Th. Feuerstein und 1 Th. Borax für Emailbilder.
Jedes wird für sich möglichst fein gerieben, dann gut gemischt. Die Feuersteine
werden geglüht und durch rasches Einwerfen in kaltes Wasser abgekühlt; dieß wird
öfters wiederholt. Die Steine werden im Mörser gestampft, durch Seide gesiebt, das
Pulver in der Reibschale fein gerieben. Das Bild wird mit Terpenthinöl eben
befeuchtet und mit so viel Flußpulver eingestäubt, als daran haften will.
In einer eisernen Muffel läßt sich ganz gut einbrennen. Die Muffel ist ein aufrecht
stehender Cylinder von starkem Eisenblech, oben mit einem Deckel, an der Seite mit
einem eisernen Rohr versehen, welches den Gegenstand während des Brennens zu
beobachten gestattet. Die noch neue Muffel wird mit einem Brei aus Kaolinerde und
Wasser gut ausgeschmiert, getrocknet und zwei Mal ausgeglüht. Das Brennen geschieht
unter einem gut ziehenden Schornstein. Auf die Herdplatte stellt man einen eisernen
Dreifuß von 4 Zoll Höhe, die Muffel ohne Deckel darauf, und darunter, bis zur vollen
Höhe, bringt man glühende Holzkohlen. Dann baut man, die Herdwand als Rückwand
benutzend, von losen Mauersteinen eine Wand, doch so, daß das Beobachtungsrohr sich
außerhalb der Wand befindet. Den Raum zwischen Herd und Steinwand füllt man mit
Holzkohlen, hin und wieder eine glühende Kohle dazwischen werfend, bis etwa 2 Zoll
vom oberen Rande der Muffel. Sind die Wände der Muffel glühend, so legt man den
Deckel auf, und auf diesen noch so viel Kohlen, daß die ganze Muffel mit glühenden
Kohlen umgeben ist. Ein Emailbild braucht zum Einbrennen 7 bis 9 Minuten, ein
Porzellanbild 25 bis 30 Minuten. Man reißt nach dieser Zeit die provisorische Mauer
ein und entfernt die Kohlen allmählich. Nach einer halben Stunde kann man das
Geschirr aus der Muffel nehmen. Diese ist bis dahin vor Luftzug zu schützen.
(Industrieblätter, 1870, Nr. 47.)
Verwendung von Lithofracteur zum Sprengen eiserner
Geschütze.
Wie aus Versailles berichtet wird, ist die Sprengung der colossalen eisernen Geschütze des Mont Valerien und der übrigen Forts am 11. Februar und den
folgenden Tagen vollständig und mit geringen Kosten gelungen. Die Arbeiten leitete
der Ingenieur-Officier v. Förster unter Assistenz
des hierzu speciell commandirten, zur Zeit als Landwehrmann im Felde stehenden
Werkführers der Dynamit- und Lithofracteur-Fabrik in Deutz, aus
welcher das Material bezogen worden war. Es genügte, so heißt es, 4 bis 5 Pfd. lose
auf die Geschützrohre aufgelegter Lithofracteur, um dieselben zu zertrümmern und zu
ferneren militärischen Zwecken vollständig unbrauchbar zu machen. Das Sprengmaterial
wurde in Quantitäten von etwa 4 Pfd. auf den Kopf des Rohres gelegt und dieser wurde
auf 4 Fuß Länge ab- und in viele Stücke zerschlagen. Bei weniger großen
Geschützen genügte eine Ladung von 2 bis 2 1/2 Pfd. Bei zwei besonders schweren
Geschützen bildeten sich nur lange, durch die ganze Eisenstärke hindurch gehende
Risse, was nach dem Urtheil der anwesenden Artillerie-Officiere vollständig
hinreichte.
Ueber den Graphit des Ennsthales in Steiermark.
In den Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt
zu Wien wird uns ein Urtheil übermittelt, welches ganz dazu angethan ist, das auf
Grund der im chemisch-technischen Laboratorium des Hrn. Professor Bauer vorgenommenen Analyse gefällte
Urtheil des Hrn. Stingl (S.
115 in diesem Bande des polytechn. Journals, zweites
Januarheft 1871) wesentlich zu modificiren. Jene abweichende oder, wenn man will,
nach anderer Seite hin ergänzende Besprechung gelangt zu nachstehendem praktisch
bemerkenswerthen Schlusse:
„Die Analyse, wie das Eigengewicht reihen diesen Rohstoff zu den
Graphiten. Der petrographische Charakter jedoch (dem
Referenten wurden Stücke zur Ansicht vorgelegt) nähert sich dem Anthracit, namentlich scheint die Härte eine größere zu seyn, als dem reinen Graphit
zukommt. Die Lagerung dieses Minerales in den silurischen Schiefern des
Ennsthales deutet schon an, daß der Carbonisirungsproceß der photogenen Einschlüsse
dieser Formation nicht so weit vorgeschritten seyn kann als wie bei jenen,
welche in den krystallinischen Schiefern ruhen, wie z.B. die Graphite von Hafnerluden, Passau, Swojanow etc. Die vorgelegten
Stücke vermitteln zwar eine sehr weit vorgeschrittene Uebergangsstufe von
Anthracit zum ächten Graphit, welche am besten durch die Bezeichnung anthracitischer Graphit benannt würde. Der
Ennsthalgraphit ist in seinem natürlichen Vorkommen technisch nicht gleichwerthig jenem natürlichen Vorkommen in
den krystallinischen Schiefern, welche das
böhmisch-österreichisch-bayerische Massiv begleiten, er kann erst
durch größere Arbeit auf dieselbe Stufe der Reinheit gebracht
werden.“ (Berggeist, 1871, Nr. 19.)
Die Synthese des Indigblau's.
Die Anwendung der modernen Lehre von der Constitution aromatischer Verbindungen auf
die Familie des Indigos, wie sie zuerst von Baeyer und
Knop gemacht ist, und dieselben zur Darstellung des
ersten sauerstofffreien Indigoderivates, des Indols, geführt hatte, hat nun A. Emmerling und E. Engler auf
den Weg zur Synthese des Indigblau's selbst gebracht. Die Industrie wird freilich
von dieser Entdeckung sofort noch keine Anwendung machen, indem die genannten
Chemiker bis jetzt nur so geringe Mengen erhalten haben, daß sie eben nur die
Identität ihres Productes mit dem natürlichen Indigblau außer Zweifel stellen
konnten. Die moderne Chemie aber feiert in dieser Entdeckung einen neuen Triumph;
sie zeigt von Neuem, daß ihre Anschauungsweise nicht bloß von speculativem
Interesse, sondern auch von hoher praktischer Bedeutung ist.
A. Emmerling und E. Engler
stellten zuerst durch trockene Destillation von Benzoesäure mit essigsaurem Kalk
Acetophenon, C¹⁶H⁸O², dar, das Methylketon der
Benzoesäure, führten dieses durch warme rothe rauchende Salpetersäure in die
Nitroverbindung C¹⁶H⁷O, NO⁴ über, spalteten von dieser
durch einfaches Erhitzen zwei Molecüle Wasser ab, und bewirkten endlich eine
Reduction durch vorsichtiges Erhitzen mit Zinkstaub und Natronkalk. So vollzieht
sich die Bildung des Indigblau's C¹⁶ H¹⁰ N²
O⁴ aus 2 Molecülen Nitroacetophenon nach der Gleichung:
C¹⁶H¹⁴N² O⁶ =
C¹⁶H¹⁰N²O⁴ + 2H²O² + 2O
Bei der Reduction bewirkt die Hitze besonders bei einigermaßen größeren Mengen leicht
eine tiefergehende Zersetzung. Das Indigblau ist deßhalb bisher nur durch Erhitzen
kleiner Mengen der Mischung in Reagensröhrchen über der Bunsen'schen Lampe erhalten, wo es einen dunkeln Anflug bildete, der sich
von einer Stelle zur anderen weiter sublimiren ließ. Die Reaction in Reagensröhren
wurde etwa 300mal wiederholt und so eine hinreichende Menge erhalten, um durch
Behandeln mit Kalk und Eisenvitriol eine Lösung zu liefern, welche an der Luft die
für Indigblau so charakteristische blaue Haut ausschied.
Am Schluß ihrer Mittheilung (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu
Berlin, November 1870, S. 885) bemerken die Verfasser, daß ihre Synthese auch für
die Aufklärung der chemischen Processe des Thier- und Pflanzenlebens nicht
ohne Bedeutung sey. „Das Indigblau, bisher nur als ein Product der
Stoffmetamorphose gewisser Pflanzen und zuweilen auch als Zersetzungsproduct
thierischer, jedenfalls eiweißartiger Stoffe beobachtet, kann durch directe
Synthese aus den drei Säuren Benzoesäure, Essigsäure und Salpetersäure, mit
Hülfe von wasserentziehenden und reducirenden Kräften künstlich dargestellt
werden, welche Kräfte der Pflanze ja auch, wenn auch unter ganz anderen Formen
und Bedingungen, zu Gebote stehen.“ (Zeitschrift des Vereines
deutscher Ingenieure, 1871, Bd. XV S. 44.)
Zur Färberei mit Safranin.
Das (im vorhergehenden Heft dieses Journals S. 332 besprochene) Safranin,Der Name dieses Productes ist der französischen Bezeichnung des Safflors
„Safranon“ entlehnt.
welches sich nach
eingegangenen Berichten immer mehr bewährt, kann auf folgende Art schön gefärbt
werden. Man stellt sich für 50 Pfd. Garn ein Bad aus Marseiller Seife her, bringt dasselbe auf 40–50° R., setzt
etwas Farbstoff hinzu und gibt darauf dem Garne einen rosa Grund unter fleißigem Umziehen. Man setzt einem frischen Bade auf je
50 Pfd. 1/2 Pfd. vorher aufgelöstes Zinnsalz hinzu,
erwärmt auf 30–40° und fügt die Auflösung des Safranins nach Bedürfniß
zu. Auf diesem Bade färbt man das aus der Seife abgerungene Garn unter fleißigem
Umziehen und Zusatz von Farbstoff fertig. Man spült, kann dieß aber auch unterlassen
und trocknet zuletzt in mäßiger Wärme.
Dieses Verfahren erzeugt erfahrungsmäßig lebhaftere und
beständigere Farben, als das einfache Verfahren mit
Seife. Es ist noch hervorzuheben, daß nach allen bisher an uns gelangten
Kundgebungen das Safranin dem Safflor an Aechtheit sehr bedeutend voran, in der Schönheit der Farbe in Nichts nachsteht.
(Reimann's Färberzeitung,
1871, Nr. 9.)
Vermeidung der Nachtheile von Metallkesseln beim
Färben.
Um in Messingkesseln Scharlach auf Wolle, sowie andere Farben färben zu können, bei
welchen das Messing durch Säure angegriffen würde, setzt man nach einer Mittheilung
in Reimann's Färberzeitung der
Zinnsolution auf je 10 bis 15 Pfd. Wolle 1/2 Loth Quecksilbersublimat zu und wartet
ab, bis der Kessel silberweiß schimmert. Man färbt dann wie gewöhnlich. Beim Färben
löst sich nach und nach der Quecksilberbeschlag ab. Man erreicht also auf diese
Weise das Färben in einem Quecksilberkessel, denn das Messing wird von dem
Quecksilber ganz überdeckt, welches sich darauf niederschlägt. Man kann in Folge
dessen an vielen Stellen statt Kupfer- und Zinnkesseln mesfingene anwenden,
welche ungleich billiger sind; ferner wird es auch möglich seyn, die Zinnkessel zu
sparen, welche für manche Zwecke nothwendig sind, indem man den Kupferkessel durch
eine Quecksilberlösung im Inneren mit Quecksilber überzieht. Weiter läßt sich
Jodgrün bekanntlich weder auf Kupfer- noch Zinnkesseln färben; man muß eine
Holzkufe dazu haben. Viele Färber haben indessen keine Dampfeinrichtung und können
aus diesem Grunde das Jodgrün bis jetzt nicht färben. Dieß wird aber der Fall seyn,
wenn man die kupfernen Kessel vorher durch Auflösung von Sublimat in denselben
verquecksilbert und dann färbt. Da die Erhitzung dabei nicht groß ist, so wird das
Quecksilber an dem Kessel nicht haften bleiben und dieser kann leicht wieder zu
demselben Zwecke später benutzt werden. Was von dem Jodgrün gilt, gilt auch von
einigen anderen Farbstoffen, welche nur auf Holz zu färben sind.
Behandlung des Holzes zur Verwandlung in Papierzeug; von Mène.
Das vorher zu Spänen oder zu Sägemehl zerkleinerte Holz wird zunächst, wie Flachs, in
Wasser gelegt; die Zeitdauer dieses Einweichens wird durch die Natur und den weniger
fein vertheilten Zustand des Holzes bedingt. Durch diese Behandlung werden viele
Substanzen aus dem Holze entfernt, so daß es sich nunmehr leichter in Papierzeug
verwandeln läßt. Das Rottenlassen in Wasser hat auch die Wirkung, die mechanische
und theilweise auch chemische Zersetzung der stickstoffhaltigen und inkrustirenden
Bestandtheile des Holzes herbeizuführen, so daß es sich später leichter bleichen
läßt, und bei der Anwendung von Chlor zu diesem Zwecke nicht gelb wird, wie dieß der
Fall ist, wenn diese Stoffe nicht vorher entfernt werden. Das gerottete Holz wird
vor jeder weiteren Verarbeitung mit kochendem Wasser gründlich ausgewaschen und
gedämpft, und alsdann mit einem Alkali behandelt. (Revue
hebdomadaire de chimie, vom 8. September 1870.)
Prüfung des Aethyl-Aethers und Essigäthers auf einen
Gehalt an Alkohol.
Hierzu schlägt C. Frederking in der pharmaceutischen
Zeitschrift für Rußland das Glycerin vor. In einer
graduirten Röhre werden zu dem Ende gleiche Volumina Aether und wasserfreies
concentrirtes Glycerin tüchtig durchgeschüttelt; der im Aether enthaltene Alkohol
geht in das Glycerin über und vermehrt dessen Volumen, wogegen das Volumen Aether um
so viel abnimmt als Alkohol in demselben enthalten war. Somit kann auch vor der
Rectification sowohl Wasser als Alkohol dem Aether behufs Reindarstellung entnommen
werden, wobei dann das mit Alkohol oder Wasser gemischte Glycerin durch Abdampfen
wieder von diesen Stoffen rein erhalten werden kann. Auch ätherische Oele können auf
diese Weise mit Glycerin auf ihren Alkoholgehalt geprüft werden.
Unterscheidung des ächten vom gefälschten Rothwein.
Die Herren Cottini und Fantogini haben sich in Prof. Gueri's Laboratorium mit der Unterscheidung des ächten vom
gefälschten Rothwein und speciell des natürlichen Farbstoffes von denjenigen
Stoffen, die zur künstlichen Färbung zugesetzt werden könnten, beschäftigt. Sie
empfehlen 50 Kubikcentimeter des zu prüfenden Rothweins mit 6 Kubikcentimeter
Salpetersäure von 42° Baumé (= 1,40 spec. Gewicht) zu mischen und auf
90 bis 95° Cels. zu erhitzen. Der natürliche Wein zeigte unter diesen
Umständen selbst nach einer Stunde keine Veränderung, während die künstlich
gefärbten innerhalb 5 Minuten ihre Farbe verloren. (Berichte der deutschen
chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1870, Nr. 17.)
Chinesischer Kitt.
Unter den vom Hofrath Dr. v. Scherzer aus Peking eingesendeten Rohstoffen für die Industrie befand sich
auch ein unter dem Namen Schio-liao bekannter Kitt, der im Norden China's als
Anstrich von Holzgegenständen aller Art Verwendung findet und die Eigenschaft
besitzt, diese Gegenstände nach innen und außen wasserdicht zu machen. Dr. v. Scherzer hat in Peking
Holzkisten mit diesem Anstrich gesehen, welche die langwierige Reise über Sibirien
nach St. Petersburg und zurück gemacht hatten und sich noch in vollkommen gutem,
wasserdichtem Zustande befanden. Sogar aus Stroh geflochtene Körbe, welche zum
Transport von Oel dienen, werden durch diesen Anstrich für den erwähnten Zweck
vollkommen tauglich. Pappendeckel gewinnt dadurch das Ansehen und die Festigkeit von
Holz. Die meisten öffentlichen Holzbauten sind mit Schio-liao bestrichen und
erhalten dadurch ein röthliches, unschönes Ansehen, gewinnen aber an
Dauerhaftigkeit. Der Kitt wurde in der Versuchsstation des österreichischen
Ackerbauministeriums untersucht, und es wurden die darüber von Dr. v. Scherzer gemachten
Mittheilungen vollkommen bestätigt gefunden. Auch durch den Wiener Gewerbeverein
wurden Versuche damit angestellt. Wenn man zu 3 Theilen frischen, geschlagenen
(defibrinirten) Blutes 4 Theile zu Staub gelöschten Kalkes und etwas Alaun zerrührt,
so erhält man eine dünnklebrige Masse, welche sofort verwendet werden kann.
Gegenstände welche ganz besonders wasserdicht gemacht werden sollen, werden von den
Chinesen zwei-, höchstens dreimal bestrichen. In Europa ist dieser Anstrich
für den geschilderten Zweck noch nicht bekannt, und doch ist derselbe eines der
bewährtesten und billigsten Mittel, um Holzgegenstände etc. vollkommen wasserdicht
zu machen. (Arbeitgeber.)