Titel: | Ueber die Wirkung des Lichtes auf Mischungen von doppeltchromsauren Alkalien und Gelatine. |
Fundstelle: | Band 199, Jahrgang 1871, Nr. XXXVIII., S. 131 |
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XXXVIII.
Ueber die Wirkung des Lichtes auf Mischungen von
doppeltchromsauren Alkalien und Gelatine.
Swan, über die Wirkung des Lichtes auf Mischungen von
doppeltchromsauren Alkali und Gelatine.
Bei der immer zunehmenden Bedeutung derjenigen Verfahren, welche sich auf die
photographischen Eigenschaften der Chromsäure stützen, wie z.B. der Kohledruck, der
Lichtdruck, die Photolithographie und die Schmelzfarbenverfahren, ist die richtige
Erkenntniß der Veränderungen welche das Licht in der dabei verwendeten empfindlichen
Schicht hervorbringt, von großer Wichtigkeit. Die frühere Annahme, daß die Gelatine
durch Aufnahme eines Theiles des Sauerstoffes der Chromsäure, also durch Oxydirung
unlöslich gemacht werde, ist durch die Forschungen des um die Kohlephotographie sehr
verdienten Hrn. Swan als durchaus falsch hingestellt
worden; aus ihnen geht vielmehr hervor, daß die desoxydirte Chromverbindung, ein
basisches Chromoxyd, die Gelatine unlöslich macht.
Hr. Swan hat über diesen Gegenstand vor der Londoner
photographischen Gesellschaft einen lehrreichen Vortrag gehalten, dem das
„photographische Archiv“ (Novemberheft 1870) das Folgende
entnimmt:
„Doppelt-chromsaures Kali ist, wie salpetersaures Silber, im reinen
Zustande unempfindlich gegen den Einfluß des Lichtes. Anders ist es, wenn es mit
organischer Substanz gemischt ist. Wird z.B. ein Blatt Papier mit einer
Auflösung von doppelt-chromsaurem Kali übergossen und dem Lichte
ausgesetzt, so verändert das Papier seine Farbe, und zeigt dadurch, daß
doppelt-chromsaures Kali in Verbindung mit Papier durch das Licht
zersetzt wird. Eine Mischung von Gelatine und doppelt-chromsaurem Kali
wird durch das Licht unlöslich in warmem Wasser. Hierauf basirt sich der
Kohledruck. Es ist daher das Studium dieses Vorganges von großer Wichtigkeit,
und mehr noch dadurch, daß verschiedene andere werthvolle photographische
Verfahren, u.a. der Lichtdruck, dieselbe Grundlage haben.
Als ich mich zuerst mit dem Kohledruck beschäftigte, kannte man die Ursachen des
Unlöslichwerdens der Gelatine nicht, und dieß erschwerte das Verfahren sehr; nur
dadurch, daß ich sie bald nachher auffand, ist es mir gelungen, das Verfahren
praktisch zu gestalten. Die mit Bichromat getränkten Gelatinepapiere wurden oft
während des Trocknens ganz unlöslich. Wenn die mit einer gewissen Sorte Gelatine
und Farbe präparirten Blätter löslich blieben, während die mit anderer Gelatine
und Farbe präparirten unlöslich wurden, so konnte man daraus schon einen Schluß
ziehen; man konnte bei der Präparation solche Stoffe anwenden, die sich bewährt
hatten, und diejenigen vermeiden, welche ungünstige Resultate ergaben. Doch war
diese umhertastende Arbeitsweise keineswegs zufriedenstellend. Oft wurden von
einer Anzahl ganz gleich präpariter Papiere einige im Dunkeln unlöslich, während
andere löslich blieben. Es mußte also hier noch etwas Anderes im Spiele seyn.
Ich fand, daß diese Veränderung während des Trocknens der Papiere stattfand, daß
Hitze sie beschleunigte, und daß lösliche Schichten in trockener Luft ihre
Löslichkeit behielten.
Da ich nun wußte, unter welchen Bedingungen die Schicht unlöslich wurde, konnte
ich schon das Trocknen so einrichten, daß das Papier löslich blieb. Und dennoch
wurde es zu Zeiten ohne erfindliche Ursache unlöslich; die Empfindlichkeit
variirte; und nicht selten war die oberste Schicht unlöslich, die dann dem
Abdruck einen grauen Ton ertheilte. Durch diese Unregelmäßigkeiten entdeckte ich
schließlich, wodurch die Gelatine schon im Dunkeln unlöslich wurde. Ich wußte,
daß die Chromsäure und ihre löslichen Salze sehr leicht durch Stoffe zersetzt
werden, die Verwandtschaft zum Sauerstoff haben; diese Stoffe ziehen den
Sauerstoff aus der Säure an, reduciren sie zu einer niedrigen Oxydationsstufe
und verwandeln schließlich die Chromverbindung aus einer Säure in eine Basis.
Diese Umwandlung wird durch Weinsteinsäure, Oxalsäure und Citronensäure leicht
bewirkt. Aus der Chromsäure und dem doppeltchromsauren Ammon wird schon durch
die Hitze allein der weniger fest gebundene Sauerstoff ausgetrieben. Ferner
wußte ich, daß die Gelatine mit gewissen Metalloxyden unlösliche Verbindungen
eingeht; und so kam ich auf den Gedanken, die unlösliche Gelatine, mit der ich
im Kohleverfahren so viel zu schaffen hatte, möchte eine Verbindung von Gelatine
mit Chromoxyd oder einem Chromoxydsalze seyn. Ich versuchte den Zusatz eines
solchen Salzes zu einer heißen Auflösung von Gelatine, und fand, daß letztere
sofort fest wurde, und weder durch Erwärmen noch durch heißes Wasser flüssig
gemacht werden konnte. Die Theorie des Kohleverfahrens ist daher diese: das
Licht reducirt in Verbindung mit der Gelatine die Chromsäure des Bichromats zu
Chromoxyd, und dieß verwandelt die Gelatine in jene lederartige Substanz, der
wir beim Kohleverfahren so häufig begegnen.
Zuckerzusatz zu der Gelatinemischung befördert die Reduction der Chromsäure;
Glycerin und Glucose wirken noch schädlicher.
Ich fand, daß die Chromgelatineverbindung in Chlorkalk und in
Wasserstoffsuperoxyd löslich ist.
Es wurden mir nun hierdurch die Ursachen mancher Fehler klar und ich konnte
dieselben leicht überwinden, namentlich das Unlöslichwerden der Schicht an der
Oberfläche, welche tonige Abdrücke liefert, dadurch, daß ich während des
Trocknens des Papieres auf den Boden des Raumes Chlorkalk streute.“