Titel: | Zur Chlorbereitung aus Chlorwasserstoff und Sauerstoff; von Prof. Julius Thomsen. |
Fundstelle: | Band 199, Jahrgang 1871, Nr. XXXVII., S. 128 |
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XXXVII.
Zur Chlorbereitung aus Chlorwasserstoff und
Sauerstoff; von Prof. Julius
Thomsen.
Aus den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft zu
Berlin, 1870, Nr. 19.
Thomsen, über Chlorbereitung aus Chlorwasserstoff und
Sauerstoff.
In der Abhandlung des Hrn. Henry Deacon über sein
Verfahren der Chlorbereitung aus Chlorwasserstoff und SauerstoffMan s. die Mittheilung über Deacon's Verfahren im
polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVIII S. 540. – die mir freilich nur durch den Auszug im chemischen Centralblatt,
1870, Nr. 46 bekannt ist – heißt es: „die Reaction selbst ist eine
Wärmequelle, da 4 Volumina Salzsäure und 1 Volumen Sauerstoff 2 Volumina Wasser
und 2 Volumina Chlor geben; bei der Vereinigung von Sauerstoff und Wasserstoff
werden nach Favre und Silbermann 34462 Wärmeeinheiten frei, bei der Vereinigung von Chlor
mit Wasserstoff nur 23783, so daß die bei der Reaction auftretende Wärme 10679
Wärmeeinheiten beträgt, welche vom Wasser und Stickstoff absorbirt werden;
diese Wärmeentwickelung genügt, um die durch Strahlung verloren gehende Wärme zu
ersetzen.“
Die Reaction ist freilich eine Wärmequelle; aber mit Rücksicht auf die Größe täuscht
sich der Verfasser. Ich verweise mit Rücksicht auf diese Frage auf das, was ich im
Jahre 1854 in Poggendorff's Annalen Bd. XCII S. 40
mitgetheilt habe:
„Ganz anders verhält es sich, wenn zugleich Sauerstoff zugegen ist; unter
diesen Umständen wird selbst Platin in Chlorplatin verändert, denn dann zersetzt
der Sauerstoff den Chlorwasserstoff in Wasser und Chlor. Auch dieses stimmt mit
der Theorie überein; denn es istIn meiner citirten Abhandlung sind die Zahlen für O = 1 angegeben; hier
sind sie für H = 1 berechnet und die Aequivalentformeln durch
Molecularformeln ersetzt.
(H² O) = 58016
Calorien
2 (H Cl) =
47792 „
also
(H² O) > 2 (H Cl).
Die Zersetzung des Chlorwasserstoffes
durch den Sauerstoff (atmosphärische Luft) in Chlor und Wasser
geschieht bekanntlich schon bei ziemlich niedriger Temperatur.
Während einerseits der Sauerstoff den trockenen
Chlorwasserstoff zersetzt, wird andererseits das Wasser
vom Chlor unter Sauerstoffentwickelung zersetzt, wenn überschüssiges
Wasser vorhanden ist; denn es ist
(H² O
Aq) = 69488 Calorien
2 (H Cl Aq) = 78464
„
also
2 (H Cl Aq) > (H² O Aq),
welches ebenfalls mit der Erfahrung übereinstimmt, und es zeigt auch der Versuch,
daß die erstere Zerlegung, die des Chlorwasserstoffes durch Sauerstoff nicht
möglich ist, wenn das Gemisch eine gewisse Menge Wasserdämpfe enthält, wie es
z.B. der Fall ist, wenn man atmosphärische Luft durch concentrirte Salzsäure
leitet; denn hier sind die Verhältnisse nicht mehr die ursprünglichen; die
Affinität zwischen dem Wasser und dem Chlorwasserstoff verhindert die
Zersetzung, ganz übereinstimmend mit dem, was aus den Zahlen
hervorgeht.“
Aus dem Inhalte dieses Citates geht demnach hervor, daß die Größe der bei der
Reaction des Sauerstoffes auf gasförmige Chlorwasserstoffsäure freiwerdenden Wärme 10224 Wärmeeinheiten für jedes Atom Sauerstoff beträgt, oder
nur halb so viel Wärme als von Hrn. Deacon berechnet wird; denn seine Zahl 10679 gilt für 1
Aequivalent Sauerstoff. Die Ursache ist diejenige, daß Hr. Deacon die bei der Bildung des Wassers sich entwickelnde Wärme in Rechnung
gebracht hat, anstatt diejenige welche die Bildung des Wasserdampfes begleitet.
Universitätslaboratorium zu Copenhagen, im December 1870.