Titel: Entlasteter Dampfschieber und Kolbenconstruction von W. Church.
Fundstelle: Band 198, Jahrgang 1870, Nr. XXI., S. 106
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XXI. Entlasteter Dampfschieber und Kolbenconstruction von W. Church. Nach Armengaud's Génie industriel, Juli 1870, S. 29. Mit Abbildungen auf Tab. II. Church's entlasteter Dampfschieber und Kolbenconstruction. Die vom Ingenieur Church (in Finsbury, Grafschaft Derby, England) angegebene Construction für entlastete Dampfschieber hat sowohl bei Locomotiven der Great Northern railway in England als auch in Frankreich bei der chemin de fer de l'Est Eingang gefunden und ist nachstehend mit Hülfe der Abbildungen in Figur 16 bis 21 beschrieben. Als Anhang zu derselben wird schließlich Church's Kolbenconstruction (Figur 22) mitgetheilt. Figur 16 stellt im Grundriß den entlasteten und zu diesem Behufe mit zwei ringförmigen Kappen versehenen Schieber dar. Fig. 17 ist ein Horizontalschnitt durch den Schieberkasten einer Zweicylindermaschine, bei welcher der Dampfkasten zwischen beiden Cylindern angebracht ist. Fig. 18 ist ein nach der Linie 1,2 der Figur 16 geführter Querschnitt. Fig. 19 bis 21 stellen eine Schieberanordnung dar, bei welcher die Schieber selbst Rücken an Rücken gleiten, indem die Scheidewand im Dampfkasten beseitigt ist. In allen Figuren sind dieselben Theile mit gleichen Buchstaben bezeichnet und zwar mit A die Dampfcanäle, mit B die Scheidewand im Dampfkasten, mit C der Schieber, mit D die ringförmigen, am Schieberrücken zur Entlastung angebrachten Kappen. E sind Verbindungsringe; e Garnituren oder metallene Dichtungsringe, um die Kappe D dampfdicht abzuschließen. Der Zweck dieser Schieberconstruction ist, zu verhüten daß der Dampf im Schieberkasten auf den Theil des Schieberrückens drückt, welcher von den Entlastungskappen bedeckt ist oder richtiger gesagt, welcher innerhalb der Berührungslinie der Kappen D und der metallenen Dichtungsringe e befindlich ist. Wie aus Figur 17 und 18 im Schnitt zu entnehmen ist, sind die Kappen D innen und außen von conischer Form und zwar lediglich zu dem Zweck, um den Dichtungsring e zu befähigen als Expansionsring zu wirken und die Kappe auf die Trennungswand B (resp. auf den zweiten Schieberrücken wie in Fig. 1921) zu pressen, wenn der Dampf vom Dampfkasten abgeschlossen wird. Die ringförmige Ruth d sowie die Oeffnungen d' in der Entlastungskappe, ferner die Oeffnungen c' im Befestigungsring E (Fig. 16) haben die Aufgabe, allen Dampf abzuführen, welcher zwischen die Kappen und die Scheidewand B resp. den zweiten Schieber (Fig. 21) gelangen könnte. Tritt Dampf in den Schieberkasten, so wird die Kappe durch den auf die ringförmige Fläche zwischen dem Metallring e und der äußeren Begrenzung der Kappe D wirkenden Druck auf ihre Sitzfläche gepreßt. Die Kappen D sind um den Punkt p (Figur 17) frei beweglich, um einerseits eine ungleiche Abnutzung der Schieber oder der Kappensitzflächen auszugleichen, andererseits um zu gestatten daß sich im Falle der Undichtheit der Maschine (wenn sich im Cylinder etwa Wasser ansammelt) die eine Schieberseite etwas heben kann. Der Metalldichtungsring e ist in der Weise angeordnet, daß er den verschiedenen Stellungen der Kappe oder des Schiebers folgen kann; es drückt ihn daher der Dampf zugleich gegen die Kappe D sowie gegen den Ring E. Diese Garnitur e ist am äußeren Umfang ebenfalls conisch abgedreht und zwar zunächst, um die Berührungsfläche zwischen demselben und der Kappe D zu vermindern und dann um dem Dampf eine große Druckfläche am Boden des Ringes zu bieten, so daß keine Undichtheit an der oberen Fläche stattfinden und die Wirkung stören kann. Der innerhalb der Kappen D sich etwa ansammelnde Dampf wird durch die Canäle J (Fig. 17) abgeführt, welche in der Scheidewand B angebracht sind. Die Rühre J' (als Fortsetzung der Canäle J) ist in Communication mit der äußeren Luft und mit einem Hahn versehen, um im Falle einer Unregelmäßigkeit in der Thätigkeit der Entlastungskappen abgeschlossen zu werden, was einfach zur Folge hat, daß alsdann die Schieber für diese Zeit wie gewöhnliche Anordnungen (also ohne Entlastung) functioniren würden. Die Trennungswand B wird durch die Stellschraube b an der Rückseite des Dampfkastens (Fig. 17) und vorn durch zwei Träger b' in ihrer Lage erhalten. Entfernt man den Schieberkastendeckel, so können die Schieber herausgenommen werden, ohne die Lage der Scheidewand verändern zu müssen. Eine andere Befestigungsart der Trennungswand besteht darin, dieselbe in eine Ruth, welche im Dampfkasten angebracht ist, einzuschieben. Die Abbildungen in Figur 19, 20 und 21 stellen eine Schieberanordnung dar, bei welcher die Trennungswand gänzlich weggelassen ist und die Schieber Rücken an Rücken functioniren. In diesem Falle ist, wie man sieht, nur der eine Schieber mit einer Entlastungskappe D versehen, welche unmittelbar auf dem ebenen Rücken des anderen gleitet. Der im inneren Kappenraum sich etwa ansammelnde Dampf kann durch die Canäle J und J' im Mittelsteg der Dampfausblascanäle in die Atmosphäre entweichen. Die Dampfwege (Figur 20 u. 21) sind möglichst kurz gehalten, um die zur Füllung derselben nöthige Dampfmenge auf das Nothwendigste zu reduciren. Zur Berechnung der Größe der Kappen, bezeichne A die Fläche des Schieberrückens; B die Fläche jenes Theiles des Schiebers, welcher den Schieberspiegel am Ende des Schubes überragt; C die totale Querschnittsfläche der Dampfwege und D die Fläche der ringförmigen Kappen, welche den Druck auf den Schieberrücken aufnehmen sollen, so gilt die Formel A – (B + C) = D. Wenn beispielshalber der Schieber 0,30 Meter lang und 0,45 Meter breit ist, so berechnet sich die totale Fläche des Schieberrückens A = 1350 Quadratcentimeter. Die Schieberfläche, welche am Ende des Schubes die Schieberspiegelkante überragt, messe in diesem Falle B = 280, die Querschnittsfläche der beiden Dampfwege C = 320 Quadratcentimeter. Es bestimmt sich daher D = 1350 – (280 + 320) = 750 Quadratcentimeter, d. i. die Kreisfläche innerhalb der Berührungslinie der Kappe D mit dem Metalldichtungsring e. Church's Kolbenconstruction. – Dieser Kolben ist in Fig. 22 im Schnitt dargestellt. s und s' bezeichnen kleine Ventile, welche in der Art im Kolbenkörper angeordnet sind, daß der Dampfdruck abwechselnd von der einen und von der anderen Seite auf den Ring L und durch dessen Vermittelung auf die Liderungsringe m, n und o wirken und letztere nach auswärts gegen die Cylinderwand pressen kann. Die Wirkung dieser Anordnung ergibt sich aus der Abbildung von selbst.

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Tafel Tab.
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Tab. II