Titel: | Das österreichische Mahlverfahren; von Friedrich Kick, Professor am Polytechnicum in Prag. |
Fundstelle: | Band 197, Jahrgang 1870, Nr. CXXXII., S. 514 |
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CXXXII.
Das österreichische Mahlverfahren; von Friedrich
Kick, Professor am Polytechnicum in Prag.
Aus den „Technischen
Blättern,“ 1870 S. 135.
Mit Abbildungen.
Kick, über das österreichische Mahlverfahren.
Die Hoch- oder Griesmüllerei, auch Wiener, österreichisches, ungarisches, Prager oder
endlich sächsisches Mahlverfahren genannt, ist jene
Methode der Vermahlung des Weizens, welche durch allmähliche
Verkleinerung der Getreidekörner die möglichste Sonderung jener Theile
bezweckt, aus welchen der Weizen besteht.
Dieses zuerst in der Wiener
Gegend einheimische Mahlverfahren liefert die schönsten und weißesten
Mehle, und die feineren Mehlsorten überhaupt auch in verhältnißmäßig größerer
Quantität als die anderen Mahlmethoden, bei welchen eine
mehr oder minder rasche Verkleinerung stattfindet und
welche im Gegensatz zur Hochmüllerei die Bezeichnung Flachmüllerei oder Halbflachmüllerei
führen.
Um das Arbeitsverfahren beim Vermahlen des Getreides beurtheilen zu können, müssen
wir den Bau des Getreidekornes einer genauen Betrachtung
unterziehen. Wir wählen hierzu den Weizen, da diese Getreideart vorzüglich den
Müller beschäftigt, weil aus ihr die Mehle für die Küche in ihren mannichfachen
Abstufungen gewonnen werden. Andererseits kann uns das Weizenkorn der Typus auch der
anderen Getreidearten seyn, deren für den Mahlproceß wesentliche und abweichende
Eigenschaften sich leicht anfügen lassen.
Fig. 1., Bd. 197, S. 514
Fig. 1.; Weizen in doppelter
Naturgröße; b Bärtchen, i Furche, k Keim, o Mehlkörper.
Das Weizenkorn, welches der beistehende Holzschnitt in drei Ansichten und einem
Durchschnitt in doppelter Naturgröße darstellt, besteht aus mehreren feinen Hüllen, deren äußerste oben das Bärtchen b bildet, dem Keime k
und dem, den größten Theil des Kornes einnehmenden Mehlkörper
o, welcher im Schnitte, je nach der Beschaffenheit
des Weizens, ein weißes mehliges oder ein graulich hornartiges Aussehen zeigt.
Jedes Weizenkorn hat ferner eine Furche 1, welche, wie aus dem Querschnitte
ersichtlich ist, bis tief in das Innere des Kornes
eindringt.
Die das Weizenkorn umhüllenden Häutchen bilden in der Furche
die am Schnitte ersichtliche Einstülpung und es zeigt daher schon diese oberflächliche Betrachtung,
daß es unmöglich ist, das Weizenkorn seiner „Schale“ vollkommen
zu entkleiden, d.h. es zu schälen.
Gäbe es selbst mechanische Mittel, die Trennung dieser Schichten an den zugänglichen
Theilen der Oberfläche vollkommen zu bewirken, so wären dieselben in der Spalte oder
Furche doch unwirksam, da eine Entfernung der Hautschichten aus dieser, ohne
Theilung des Kornes, nicht erfolgen kann.
Ein vollkommenes Schälen des Weizenkornes ist somit
unmöglich.
Es muß wahrlich Wunder nehmen, daß man trotz dieser so nahe liegenden Folgerung
Maschinen mit der Bestimmung construirte, die „Schale“ auch aus
der Spalte zu entfernen, und daß man in Zeitschriften und Werken lesen kann, es sey
Aufgabe des Constructeurs, eine Getreideschälmaschine herzustellen, welche die
Schale auch aus der Furche entfernt.
Fig. 2., Bd. 197, S. 515
Fig. 2.; Schematische Darstellung
des vergrößerten Weizenkornes; a Epidermis, b Schichte Querzellen, a
und b Fruchthaut, c
Samenhaunt, d Kleberzellschichte, e Stärkezellen, f
Bärtchen, k Keim.
Doch zeigt die Betrachtung des Weizenkornes mit freiem Auge noch andere wichtige
Thatsache: Der Keim liegt geschützt in einer Mulde
Mehlkörpers, bedeckt durch die Oberhaut des Kornes. Man ist daselbst durch die
intensivste Reibung der Körner an einander oder der Körner an Reibflächen, nicht
im Stande den Keim aus dem ungebrochenen Korne zu
reißen. Man versuche nur mit einem scharfen Messerchen den Keim ohne
Verletzung des Mehlkörpers zu entfernen und man wird aus der dazu nöthigen
Achtsamkeit und Mühe erkennen können, daß eine nur oberflächlich das Korn
abreibende Kraft – jene der Schälmaschinen – nie im Stande ist den
Keim zu entfernen. Dieß bestätigt auch die Erfahrung, denn selbst die intensivst wirkenden Schälmaschinenentfernen den Keim
nicht.
Es muß daher als Humbug bezeichnet werden, wenn Maschinenbauer von ihren
Schälmaschinen sagen: „sie befreien den Weizen vom Bärtchen, dem Keime und der Oberhaut.“
Die Betrachtung des Weizens mit freiem Auge genügt jedoch zur genauen Kenntniß dieses
Rohmateriales nicht; es ist zum genauen Verständnisse der Erscheinungen des
Mahlprocesses vielmehr nothwenig, die einzelnen Bestandtheile des Getreidekornes der
mikroskopischen Untersuchung zu unterziehen.
Thut man dieß, so findet man die äußerste Schichte, die Oberhaut oder Epidermis a aus langgestreckten,
nach der Längsachse des Getreidekornes laufenden Zellen bestehend; diese Zellen
gehen gegen die Spitze des Kornes zu in die polygonale Form über und tragen
zahlreiche Härchen, das sogenannte Bärtchen. Unter der Oberhaut liegt eine Schichte
Querzellen
b und beide zusammen bilden die Fruchthaut, an welche sich innig die Samenhaut
c anschließt, deren äußere Zellpartien einen gelbbraunen
Farbstoff führen. Man vergleiche die vorstehende schematische Darstellung (Fig. 2) mit den nachstehenden mikroskopischen Bildern
(Fig. 3 bis 5).
Fig. 3., Bd. 197, S. 516
Fig. 3.; Partien der Fruchthaut
(80mal vergrößert); a Epidermis, b Innenschicht, a' Bärtchen.
Diese Schichten bilden zusammen die gewöhnlich – aber irrig – als
„Oberhaut“ bezeichnete Haut oder Schale, welche keine
nahrhaften Bestandtheile enthält und ebenso schwer verdaulich wie Stroh ist.
Durch mechanische Mittel allein ist man nicht im Stande diese Schichten –
deren wesentlichste wir nur anführten – getrennt abzuscheiden (am
leichtesten gelingt noch das Ablösen der Epidermis der Schichte a, denn diese Schichten Partien der Fruchthaut
haften meist ziemlich fest an einander und ihrerseits wieder auf der nächst
tieferen Schichte den Kleberzellen.
Die Kleberzellschicht
d besteht aus dickwandigen, mit feinkörnigem Kleber
erfüllten, in allen drei Richtungen ziemlich gleich großen Zellen, an welche sich
die Stärkezellen
e anschließen, welche das ganze Innere des Kornes
erfüllen. Nur dort wo die Stärkezellen an die Kleberzellen grenzen und mit ihnen
verwachsen sind, zeigt das Mikroskop etwas dickere Zellwände, welche aber bald gegen
das Innere des Kornes zu
so fein werden, daß sie – weil voll gefüllt mit Stärkekörnern – sich
der Beobachtung fast entziehen.
Fig. 4., Bd. 197, S. 517
Fig. 4.; Kleberschicht (80mal
vergrößert).
Die Stärkezellen enthalten nebstbei
Kleber, wenn auch in geringerer Menge als die Kleberzellen; und zwar nimmt der
Klebergehalt gegen das Centrum des Kornes ab. Hiervon überzeugt man sich leicht
bei Betrachtung im Mikroskope dadurch, daß man einen feinen Schnitt mit
wässeriger Cochenille Lösung befeuchtet. Der Kleber besitzt ein großes
Farbenspeicherungsvermögen und erscheint roth gefärbt, während die Stärkekörner
und Zellwände ungefärbt bleiben.
Was endlich die Zusammensetzung des Keimes betrifft, so sey erwähnt, daß derselbe aus
äußerst vielen ungemein kleinen Zellen besteht, deren dichte Lagerung, verbunden mit
der Feinheit der Zellwände und dem Oelgehalte, bedingt daß der Keim sich nicht so
leicht zertheilen läßt wie der spröde Mehlkörper des Kornes. Hiervon kann man sich
sehr leicht überzeugen, wenn man einige Keime in einer Reibschale zu verreiben sucht
oder wenn man dasselbe mit einem Getreidekorn vornimmt.
Aus dem Querschnittsfragment (Fig. 5) ersieht man das
dichte Aneinanderliegen der Frucht- und Samenhaut, dieser und der
Kleberschichte, endlich die innige Verbindung der
letzteren mit den Stärkezellen. Einem Schälen des Weizenkornes ist also nicht nur
die Furche des Kornes hinderlich, in welche sich Frucht- und Samenhaut wie
Kleberschichte einstülpt, sondern es wird jene Operation auch wesentlich erschwert
durch das dichte Haften der Schichten unter einander. Die Epidermis wird wohl an den
zugänglichen Stellen abgerieben, die tieferen Schichten hingegen lassen sich nur
äußerst schwierig von der Kleberschichte trennen, diese selbst aber kann ohne
Mitreißen von Stärkezellen gar nicht abgezogen werden.
Die vollkommenste Schälmaschine könnte somit nicht mehr erreichen, als ein Abreiben
der Frucht- und Samenhaut an den zugänglichen Partien des Kornes. Die
Kleberschicht darf sie hierbei nicht angreifen, da sonst Theile des Mehlkernes
mitgerissen werden.
Sind scharfe Kanten und Ecken das Wirksame, wie bei jenen Schälmaschinen die mit
Reibeisenblechen oder Sägeblättern armirt sind, so ist der Angriff ein zu
intensiver, viele Körner werden stark verletzt und gebrochen; wirken hingegen, wie
bei Henkel und Seck's
Schälmaschine, die Theile der Maschine nicht reißend, sondern nur reibend
und liegt die Hauptwirkung in der Reibung der rasch bewegten Getreidekörner
unter sich, so wird nur an einigen exponirten Stellen die
Epidermis abgerieben und dadurch meist das Bärtchen, nicht aber der Keim, entfernt;
ein eigentliches Schälen findet aber nicht statt, die
Wirkung ist vielmehr ein höchst intensives Putzen.Dasselbe gilt auch von der eben erst veröffentlichten Maschine des Ingenieurs
Glas in London (Engineering. Juni 1870, S. 428), welche wir jener von Seck (polytechn. Journal, 1869, Bd. CXCIV S. 29)
entschieden nachsetzen.
Fig. 5., Bd. 197, S. 518
Fig. 5.; Querschnittsfragment des
Weizenkornes (160mal vergrößert); a – b Fruchthaut, c Samenhaut, d
Kleberschicht, e Stärkezellen.
Es gibt keine undankbarere Aufgabe, als die Construction einer Schälmaschine für
Weizen in der Absicht, an allen zugänglichen Stellen die Frucht- und Samenhaut zu entfernen;
denn selbst wenn fernen; denn selbst wenn die Lösung gelänge, so bliebe doch die
tiefe Hautfalte in der Spalte übrig und alle weiteren
Operationen der Müllerei müßten ganz dieselben bleiben.
Anders als Weizen und Roggen
verhält sich Gerste und Reis,
bei welchen das Schälen gelingt.
Bei Gerste und Reis ist die Samen- und Fruchthaut mit den Spelzen verwachsen
und läßt sich mit diesen trennen; zudem ist bei ersterer die Spalte seicht, während
sie bei letzterem fehlt. Die Verbindung der Samenhaut mit der Kleberschichte ist bei
Gerste eine ganz lose, bei Reis sind beide Schichten sogar ganz unverbunden. Daher
läßt sich der Reis leicht schälen und kommt auch nur geschält in dem Handel vor; die
Gerste hingegen wird bei Erzeugung von Rollgerste (Graupen) oft so vollkommen
geschält, daß sie ein dem Reise ähnliches Ansehen erhält.
Zeigt auch die Kleberzellschicht bei den verschiedenen Körnerfrüchten nicht die
gleiche Beschaffenheit bezüglich der Dicke der Zellwände, der Farbe u. dgl., so
steht doch die Thatsache fest, daß bei keiner Getreideart ein Abschälen dieser
Schicht möglich ist, ohne das Korn auf's Empfindlichste zu verletzen. Am geschälten Reise, der bei
oberflächlicher Betrachtung nur aus Stärkezellen zu bestehen scheint, findet sich
auch die dünne, hier fast weihe Kleberschicht erhalten.
Durch die Verkleinerung des Weizens beim Mahlen erhält man als Endproducte der
Manipulationen Mehl und Kleie.
Letztere enthält die zerrissenen Partien der Frucht- und Samenhaut und
Kleberzellschichte in mehr oder minder zertheilter Form; ersteres, das Mehl, besteht
zumeist aus feinverkleinerten Stärkezellen, welchen mehr oder weniger Splitterchen
der äußeren Schichten beigemengt sind.
Dieses Resultat erhält man stets, mag die Mahlmethode welche immer seyn, mag die
mechanische Verkleinerung durch Stampfen, Quetschen oder Zerreiben stattfinden. Da
jedoch die äußeren Schichten weit zäher und widerstandsfähiger sind als der mehlige,
aus äußerst dünnwandigen Zellen bestehende Kern, so kann die Verkleinerung des
Stärkemehlgewebes schon weit vorgeschritten seyn, während die äußeren Partien noch
größere Blättchen bilden. Das gebildete Mehl schützt – eine weiche Unterlage
bildend – die äußeren Partien vor allzufeiner Zerreibung und ist es daher
durch kein mechanisches Mittel möglich, bei Verkleinerung des Getreidekornes die
sämmtlichen äußeren Partien eben so fein zu verreiben wie den mehligen Theil
desselben. Stets werden im Mahlgut sich größere Blättchen finden, welche durch Siebe
entfernt, als Kleie aus dem Mehle abgesondert werden können.
Je rauher und schärfer aber die Reibflächen sind, welche das Korn verkleinern, je
schneller und intensiver die Zertheilung – wie bei der Flachmüllerei –
erfolgt, um desto mehr sehr feine Splitterchen der
äußeren Schichten gelangen in's Mahlgut, können durch Siebe nicht mehr entfernt
werden, färben das Mehl dunkel und machen die daraus bereiteten Speisen weniger
schmackhaft.
Ist hingegen das Verkleinerungsmittel nicht rauh, wirkt es mehr quetschend als zerreißend, wie bei den Walzenmühlen, oder läßt man die gewöhnlichen Zertheilungsmittel, die
Mühlsteine, nur stufenweise verkleinernd wirken, wie dieß
beim österreichischen Mahlverfahren geschieht, dann ist
eine weit bessere und vollständigere Abscheidung der Häutchen möglich und das so
erzeugte Mehl wird feiner, weißer seyn.
Beim österreichischen Mahlverfahren stellt man die Steine
beim ersten Durchgang des Getreides so weit auseinander, daß nur ein geringes
Abreiben und Brechen der Körner erfolgt; hierbei werden, geschah es nicht früher
durch die Schälmaschinen, die Bärtchen und Theile der Fruchthaut abgerieben. Man
nennt diese Operation Spitzen, oder falls die Steine etwas mehr
angreifen, Hochschroten. Da beim Hochschroten auch ein
Brechen der Getreidekörner meist der Furche entlang stattfindet, so ist das Product
dieser Operationen mit etwas Mehl, Hülsenstückchen und abgestoßenen Keimen gemengt;
diese Producte werden durch Siebe getrennt, und man erhält ein schwarzes Mehl,
schlechte Kleie und Hochschrot.
Letzteres passirt nun bei niederer gestellten Steinen
abermals den Mahlgang, es findet das erste Schroten d. i.
ein weiteres Brechen statt und man erhält Theilchen der verschiedensten Größe: Mehl, Dunst,Aus dem gewöhnlichen Leben sind die Begriffe von Mehl, Gries und Schrot
bekannt und genügt es daher hier zu bemerken, daß man unter Dunst (auch
Griesdunst genannt) ein Product versteht, welches sich zwischen den Fingern
bereits merklich kernig anfühlt und doch feiner ist als Gries.
Griese und Schrot. Indem diese
Producte durch Siebe getrennt werden, findet nur ein Sortiren
nach der Größe statt; es gelangen somit alle jene Schalentheilchen (Kleie),
welche gleiche Feinheit mit dem Mehle haben, in dieses, die welche gleicher Größe
mit dem Dunste sind, in den Dunst u.s.w.
Es ist nicht wohl möglich, aus dem Mehle die gleich feinen Schalentheilchen zu
entfernen; dieß gelingt aber bei den Griesen und Dünsten und zwar dadurch, daß man
auf einen dünnen Strom herabfallenden Grieses Luft bläst oder Luft saugend wirken
läßt und so die specifisch leichtere Kleie ausbläst. Die Maschinen welche diese
Arbeit verrichten, führen bekanntlich den Namen Griesputzmaschinen.
Fragen wir uns nun: aus welchen Theilen des Getreidekornes bestehen die einzelnen
Producte? Das beim ersten Schroten gewonnene Mehl wird
schon ein besseres – d.h. weniger Kleietheilchen enthaltendes – seyn
als jenes vom Hochschroten; es wird aber deren noch immer viele enthalten müssen, da
der Stein brechend und hierbei die Schale auch zerreißend wirkt.
Dunst und feine Griese sind zumeist kleine Bruchstücke
des Mehlkörpers und fallen beim Brechen aus den inneren
und innersten Theilen des Kornes ab, sie sind verunreinigt durch eben so feine
Kleienstückchen. Entfernt man diese durch die Griesputzmaschinen, so erhält man reine Griese, welche, ihrer Abstammung aus den innersten
Korntheilen gemäß, auch den Namen Kerngriese führen, oder
wegen ihrer Verwandlung zur Herstellung der feinsten Mehle, Auszugmehle, auch Auszuggriese heißen.
Die gröberen Griese, die AuflösungenUnter Auflösungen versteht man Bruchstücke, welche größer als die groben
Griese und feiner als Schrot sind. und das
Schrot, sind Bruchstücke, welche je größer sie sind, um
so gewisser noch mit Theilen der Kleberschicht, der Samen- und Fruchthaut an
einem Theile ihrer Oberfläche bedeckt sind, daher in der Farbe weit dunkler als die
reinen Griese erscheinen. Die groben Griese werden der Reinigung auf den
Putzmaschinen unterworfen, die Auflösungen und das Schrot aber gelangen wie sie sind
zu allmählicher Verkleinerung, während dieß bei den Griesen erst nach dem Putzen
geschieht.
Kommen schon beim Hochschroten Keime aus dem Verbande mit
dem Korn, so werden dieselben doch vorzüglich beim Schroten abgestoßen und gelangen,
entsprechend ihrer Größe, zumeist ziemlich unverletzt in die groben Griese, welchen
sie durch ihre gelbe Farbe ein gelb gesprenkeltes Aussehen geben.
Die vom Mahlgange kommenden Producte des 1. Schrotens werden also einer Sortirung, Griese und Dünste
nebstbei einem Putzen unterworfen.
Das nachstehende Schema liefert einen Ueberblick über die Manipulation.
Producte des ersten
Schrotens.
Textabbildung Bd. 197, S. 521
Es sey hier erwähnt, daß man in den österreichischen Mühlen dem feinsten Mehl
meist Nr. 00 gibt, dem gröbsten Nr. 6; bei Gries hingegen ist Nr. 5 der
feinste, Nr. 0 der gröbste. Gries Nr. 6 ist in manchen Mühlen dasselbe, was
wir hier Dunst nennen.
Durch den Schrotcylinder getheilt
in; feine – Gries Nr. 4 und 5; Dunst; Mehl; mittlere – Gries Nr.
3, 2, 1, 0 und Auflösung; grobe Theile (Schrot); zum Mahlgang zurück zum zweiten
Schroten; zum Seiden- oder Mehlcylinder, und scheidet in Mehl Nr. 5 od.
6.; Dunst u. Gries; zur Putzmaschine; zum
Griescylinder; Auflösung zu weiterer Vermahlung; Gries Nr. 3, 2,
1, 0 zur Putzmaschine;
In gleicher Weise ist der Vorgang beim zweiten, dritten
und vierten Schroten.Die Anzahl der Schrotungen ist in den Mühlen sehr verschieden. Man hat sich jedoch die Zertheilung nicht so zu denken, daß beim
Hochschroten etwa eine Halbirung, beim ersten Schroten ein Vierteln u.s.w.
stattfindet, sondern die Zertheilung findet bei richtig
gestellten Steinen vielmehr so statt, daß bei den auf einander folgenden Schrotungen
die Theilchen immer mehr die polyedrische oder Kugelform verlieren und die Gestalt von Blättchen
annehmen. Bei dem ersten, zweiten und dritten Schroten wird daher der größte Theil
des Mehlkörpers in Form von Mehl und Griesen abgerieben und ist das dem vierten
Schroten ausgesetzte Material schon so blätterig, daß keine Griese mehr abgestoßen werden können, sondern ein mit vielen äußeren
Schalentheilchen vermischter Dunst gewonnen wird, nebst diesem erhält man Mehl und
grobe und feine Schalen.
Es sind dieß Blättchen, aus Kleberschicht, Samen- und Fruchthaut bestehend, an
welchen jedoch noch eine merkliche Quantität der Stärkezellen haftet. (In manchen
Mühlen nennt man diese Blättchen Streifen, u. zw. die vom
vierten resp. fünften Schroten bleibenden: Weißstreifen
und nach nochmaligem Ausmahlen: Schwarzstreifen.) Die
feinen und groben Schalen werden in manchen Mühlen zusammen, in anderen getrennt
ausgemahlen. Erstere führen auch den Namen Haspan. Unter
ausgemahlenen Schalen und ausgemahlenem Haspan versteht man jene Schalen, resp. Haspan, die durch
wiederholte Passage durch den Mahlgang von den anhaftenden Mehltheilen befreit, dann
als Futter für Rind und Pferd dienen und unter dem allgemeinen Namen Kleie bekannt
sind.
Aus der nachfolgenden Tabelle, welche den österreichischen
Mahlproceß in seinen Hauptoperationen und den hierbei fallenden Producten
versinnlicht, ist ersichtlich, daß beim ersten, zweiten und dritten Schroten Griese und Dünste fallen; wir
wissen nach dem früher Mitgetheilten, daß das Putzen derselben auf den Putzmaschinen
erfolgt und müssen auch als bekannt voraussetzen, daß hierbei die mit sehr feiner
Kleie gemengten Griese in reine Griese, Ueberschläge
Ueberschläge sind Gemenge aus Gries und Kleie. und Kleie gesondert werden. Die Ueberschläge
werden wieder geputzt und so erhält man endlich drei Sorten
Griese – Auszug-, Mundmehl-
und Semmelmehl-Griese
und Kleie (Flugkleie). – Beim Dunste ist die
Scheidung von der Kleie weit schwieriger, er muß nicht nur weit öfter die Maschine
Passiren, sondern auch die Ueberschläge, welche viel Mehlkerntheilchen enthalten,
müssen auf's Sorgfältigste geputzt werden. Thut man dieß, so kann man bis sechs merklich verschiedene Sorten
geputzten Dunstes erhalten und der nun bleibende Ueberschlag bildet eine
siebente Dunstsorte, welche nicht weiter geputzt wird.
Wir wollen im Nachstehenden das Verfahren beim Putzen der
Griese und Dünste in Kürze mittheilen.
Fig. 6., Bd. 197, S. 523
Fig. 6.; Ueberschlag; Gries
Das Putzen der groben Griese erfolgt in gut und
reichlich eingerichteten Mühlen auf drei
gemeinschaftlich arbeitenden Putzmaschinen derart, daß der vom Schrotcylinder
kommende grobe Gries zuerst die Maschine I (siehe beistehenden Holzschnitt)
passirt und hier in Gries,Wir sehen hier von der Verschiedenheit der Griesnummern (3, 2, 1, 0) ab,
da diese auf die Manipulation weiter keinen Einfluß üben, sondern nur
insofern von Wirkung sind, als Gries jeder obigen Nummer durch eine
besondere Abtheilung der Putzmaschine geht.
Ueberschlag und Kleie
getheilt wird. Der so gewonnene, einmal (d.h. durch eine Maschine I in ihren
verschiedenen Etagen) Gries kommt auf die zweite Maschine und gibt hier wieder
Gries, Ueberschlag und Kleie; der nun zweimal geputzte Gries kommt zur Maschine
III und auch hier fällt Gries, Ueberschlag und Kleie. Dieser letzte Gries führt
den Namen erster geputzter Gries oder Auszuggries.
Betrachten wir nun die Wirkung der drei Putzmaschinen näher, so ist einleuchtend, daß
aus dem noch ganz ungeputzten Griese, der zur I. Maschine kommt, durch den Wind viel
Kleie ausgeblasen wird und daher auch der Ueberschlag nebst Griesen viel Kleie
enthalten wird. In die II. Maschine kommt schon reinerer Gries, es wird daher auch
der Ueberschlag schöner seyn; noch mehr ist dieß bei der Maschine III der Fall.
Man kann daher
den
Ueberschlag
der
Maschine
III
gleichsetzen
dem
auf
II
auflaufenden
Griese
„
„
„
„
II
„
„
„
I
„
„
und dieß führt zu folgender Manipulation:
Der Ueberschlag von III wird mit dem von I kommenden Griese auf die Maschine II
aufgegeben, der Ueberschlag von II geht zurück zur Maschine I und man erhält
schließlich Auszuggries, Ueberschlag von I und Kleie. Der Gries bewegt sich durch I, II nach III;
der Ueberschlag von III, II nach I.
Der in der Maschine I sich sammelnde Ueberschlag wird, nachdem eine genügende Menge
beisammen ist, ebenso wie der vom Schrotcylinder kommende Gries durch alle drei
Maschinen der Reihe nach gejagt und es scheidet sich in der dritten Maschine der
sogenannte zweite geputzte
Gries (Gries 2. Qualität) oder Mundmehlgries ab. Die Ueberschläge werden hier, wie früher, zurückgeführt
und sammeln sich in I an, um neuerlich für sich den Weg nach III zu betreten und
endlich in III den dritten geputzten Gries oder Semmelmehlgries zu geben, während die rückmarschirenden
Ueberschläge sich abermals in I sammeln und später der feinen Auflösung bei der
Vermahlung beigesetzt werden.
Der Unterschied der Auszug- , Mundmehl- und Semmelmehl-Griese
ist sehr bedeutend und erklärt die Differenz der aus ihnen erzeugten Mehle. So fand
ich den Semmelmehlgries Nr. 1 zwischen 30 bis 40 Proc. aus Keimen bestehend, während im Auszuggriese dieser Nummer nur äußerst
geringe Mengen sich fanden. Diese Thatsache bestätigt die frühere Angabe, daß der
Keim zähe ist und sich schwer zerreiben läßt.
Das Putzen der feinen Griese erfolgt schwieriger als das
der groben, da der Luftstrom mehr gute Theilchen in den Ueberschlag treibt und die
Kleie weniger leicht entfernt. Man wendet daher bei im Uebrigen gleichem Vorgange
und gleichem Resultate oft 4 Putzmaschinen an.
Das Putzen des Dunstes ist selbstverständlich der noch
größeren Feinheit der Theilchen wegen noch schwieriger, man wendet mit Vortheil 5
Putzmaschinen an, u. zw. in analoger Weise. Bei
geringerem Platze oder beschränkteren Mitteln kann man auch mit weniger Maschinen
ausreichen, ja selbst mit einer, wobei dann 5 Passagen durch dieselbe Maschine
erfolgen.
In ganz gleicher Weise wie beim Griesputzen erster,
zweiter und dritter (geputzter) Gries oder
Auszug-, Mundmehl- und Semmelmehlgries erhalten wurde, so wird bei
weiter fortgesetzter Operation erster, zweiter, dritter,
vierter, fünfter und sechster geputzter Dunst
erhalten und bleibt endlich in der Maschine I als Ueberschlag der
sogenannte siebente ungeputzte Dunst.
Nur durch dieses, scheinbar extreme Putzen der Dünste und
Griese ist man im Stande dieselben zum Theil so
kleienfrei herzustellen, daß daraus die feinsten Mehle gemahlen werden können, Mehle
wie sie nach der Methode der Flachmüllerei gar nicht zu erhalten sind. Der
Vorzüglichkeit des Mahlverfahrens wegen errangen die österreichischen Mehle in allen
Ausstellungen die ersten Preise und ist das österreichische, insbesondere das Wiener
Gebäck, das erste der Welt.
Ist auch das Putzen der Dünste und Griese der Kernpunkt des Mahlprocesses, so ist
doch auch die richtige
Vermahlung der Griese von höchster Wichtigkeit. Man kann
hier eigentlich von
keiner Vermahlung im strengen Sinne, sondern sollte richtiger von einer Theilung der Griese, vom Müller „Auflösen“ genannt, sprechen. Es werden
nämlich die groben Griese – wie aus der Tabelle ersichtlich – in alle
je folgenden feineren Sorten getheilt oder aufgelöst. Hierdurch ist es möglich, noch
ein weiteres Putzen anzuwenden und so auch aus den groben Griesen, welchen viele
Schalentheile anhängen, diese zu entfernen. Würde man die groben Griese rasch
niedermahlen, so würde das resultirende Mehl mindestens um 2 Nummern geringere
Qualität zeigen.
Die Vermahlung der Auflösungen zeigt im Wesentlichen
dieselben Verhältnisse wie jene der Griese, auch sie ist ein
Theilen. Die vom ersten Schroten kommende grobe
Auflösung wird entweder dem ersten reinen Schrote beigegeben und beim zweiten Schroten mit vermahlen, oder getrennt behandelt
und liefert dieselben Mehle, Dünste und Griese, welche beim zweiten Schroten fallen.
(Siehe Tabelle.) Die mittlere Auflösung gibt ihrer
größeren Feinheit wegen auch nur feine Griese (Nr. 3, 4, 5) nebst Mehl und Dunst;
die feine Auflösung endlich gibt nur Dunst und Mehl. Daß
beim Vermahlen der verschiedenen Auflösungen auch Schalenstückchen abgetrennt werden
müssen, ist wohl an sich klar; diese werden durch die Cylindersiebe getrennt und
kommen zur weiteren Ausmahlung zu den vom Schroten fallenden feinen Schalen oder dem
Haspan.
Das Vermahlen des Dunstes ist der großen Feinheit dieses
Productes wegen kein Theilen, sondern der Dunst wird direct zu Mehl vermahlen.
Allerdings muß das beim Dunstvermahlen gebildete Mahlgut auch den Mehlcylinder
passiren und wird hier in Mehl und Dunst geschieden, doch ist der hier verbleibende
Dunst nur ein kleiner Bruchtheil der zum Vermahlen gebrachten Dunstmenge und wird
bei einer nächsten Dunstvermahlung einfach beigegeben und zwar stets der nächst
minderen Dunstgattung.
Das Vermahlen der Schalen bezweckt die an den groben
Schalen (Streifen) und an den feinen Schalen (Haspan) anhaftenden Theile des
Mehlkörpers abzureiben und so auch jenes Mehl zu gewinnen, welches ehemals mit der
Kleie als Futter veräußert wurde. Bei dem ersten „Abmahlen“ der
groben Schalen und des Haspan wird – wie aus der Uebersichts-Tabelle
ersichtlich ist – ein grobes Mehl erhalten und eine Reihe kleinerer
Schalen- resp. Haspantheilchen, welche die Bezeichnung weiße Dreier, Vierer,
Fünfer und weißer Dunst führen; zudem bleiben auch größere Theile, welche
„grobe Schalen zum ersten Mal (abgemahlen)“ oder
„Haspan zum ersten Mal“ heißen.
Die zum ersten Mal abgemahlenen groben Schalen, wie der Haspan, werden ein zweites
Mal vermahlen und man erhält (siehe Tabelle) ausgemahlene
Schalen und ausgemahlenen Haspan als Futter;
nebstdem grobe Mehle und schwarze Dreier, Vierer, Fünfer und schwarzen Dunst.
Endlich werden noch die weißen Dreier, Vierer etc. abgemahlen und liefern Mehl Nr. 5
und feine Kleie, deßgleichen die schwarzen Dreier, Vierer etc., welche Mehl Nr. 6
und gleichfalls feine Kleie geben.
Die Vermahlung ist nun beendet und das Resultat ist eine Reihe von Mehl- und Kleie-Sorten. Der mühsame und complicirte Proceß bezweckt die
möglichste Scheidung der Schalentheilchen von dem Inneren des
Kornes zur Herstellung einer möglichsten Quantität hochfeiner, weißer
Mehle.
Liebig hat zwar ganz richtig behauptet, daß in dem weißen
Mehle weniger Kleber – weniger fleischbildender Nährstoff – sich
finde; aber dennoch wird die Vorliebe für weiße Mehle immer größer und allgemeiner
und das österreichische Mahlverfahren dringt stets in weitere und weitere
Kreise.
Unstreitig ist der kleberreichste Theil des Getreidekornes die unter der Samenhaut
liegende Kleberschicht und da dieselbe zumeist in die Kleien kommt, so hat man diese
mit in das Brod gebacken. Hierüber sagt mein geehrter College Med. Dr. Vogl Folgendes:
„Das Kleienbrod, wie es von den Anhängern des
Vegetarianismus als vornehmste Nahrung und als Ersatzmittel der
stickstoffhaltigen Fleischnahrung genossen wird, möchte seinen Zweck weit besser
erfüllen, wenn seiner Zubereitung mehr Aufmerksamkeit geschenkt würde. Die
mikroskopische Untersuchung der Defäcationen eines Vegetarianers zeigte mir
nämlich, daß gerade jene Elemente welche die Träger der stickstoffhaltigen
Bestandtheile des Getreidekornes sind, die Kleberzellen, zum weitaus größeren
Theile unverändert d.h. mit Kleber gefüllt ausgeschieden werden. Die Ursache
hiervon liegt offenbar in der unzureichenden
Verkleinerung der Kleberschicht beim Mahlproceß, indem diese zum
größten Theile bloß in Zellcomplexe von größerem oder geringerem Umfange
zerrieben wird und so nur der Inhalt der wenigen wirklich gesprengten Zellen
– das Klebermehl – in das Mehl übergeht. Die derben und dichten
Wände der Kleberzellen aber setzten der Einwirkung der Verdauungskräfte einen
bedeutenden Widerstand entgegen.“
Dieselbe Erscheinung müßte sich wohl auch bei jenen Thieren dem Beobachter darbieten,
die mit ähnlichen Verdauungsapparaten wie der Mensch ausgestattet sind und denen sehr häufig Kleie als
Futter gereicht wird, so beim Schweine und Pferde. Es dürfte sich daher die
Beachtung von Vogl's Beobachtung, auch von den
Vegetarianern gänzlich abgesehen, sehr empfehlen.
Gerade zum österreichischen Mahlprocesse, dessen Wesen die
stetige Sonderung und getrennte weitere Verkleinerung der Theilproducte ist, würde
ein gesondertes Feinmahlen der Kleie ganz gut passen.
Die Kleie ließe sich ganz wohl für sich vermahlen, weil dann die Mehltheilchen
fehlen, welche sie vor der Verkleinerung schützen. Es stehen also keine technischen Schwierigkeiten im Wege, den Vegetarianern ein
nahrhafteres Kleienbrod zu schaffen. Daß die Müller die Kleie nicht weiter
vermahlen, hat seinen Grund nur darin, daß die damit verknüpfte Arbeit bis jetzt nicht gezahlt wird. Sogar die ganz groben Mehlsorten
finden selbst bei der ärmeren Classe bei uns wenig Anwerth; um wie viel weniger
würde gemahlene Kleie gekauft werden. So ganz kann sich der Mensch doch nicht der
leitenden Führung des Geschmackes entschlagen, die Mehrzahl folgt lieber derselben
als den Ernährungs-Rathschlägen der Chemie, und vielleicht hat sie nicht
unrecht, denn: „grau ist alle Theorie“. Sey dem wie ihm wolle,
jedenfalls ist die Theorie noch lückenhaft; mir ist z.B. nicht bekannt, daß je
untersucht wurde, warum der Kleber – und daher auch die schwarzen Mehle
– mancher Weizenernten bitter schmecke.
Kritik des österreichischen Mahlverfahrens. – Hat
man die Absicht sehr weiße, feine Mehle in bedeutender Menge zu gewinnen, so ist das
österreichische Mahlverfahren der Methode nach vollkommen. Diese mag in verschiedenen Mühlen sehr abweichend zur Ausführung
gebracht werden, im Wesentlichsten herrscht in Oesterreichs Kunstmühlen doch volle
Uebereinstimmung. Das Princip der Vermahlung entspricht dem
Baue des Weizenkornes und Vervollkommnung kann nur in den verwendeten
Mitteln – den Maschinen und Geräthen, der mechanischen Behandlung und der
Anordnung der Mühle – erstrebt werden.
Alles was die Sonderung der Theile des Kornes erleichtert, alles was den Betrieb
vereinfacht, soll der Müller mit Freude begrüßen, das Wesen der Hochmüllerei aber
stets hochhalten. Ohne die allmähliche Verkleinerung, ohne Sonderung der
Einzelproducte, ohne Putzen der Dünste und Griese, endlich ohne getrenntes und
allmähliches Vermahlen dieser letzteren, ist es nie möglich so feine, weiße Mehle,
d.h. so kleienfreie Mehle zu erhalten; denn ein vollkommenes Schälen des Weizens
Uebersichts-Tabelle des
österreichischen Mahlverfahrens.
Textabbildung Bd. 197, S. 528
Heißt es in dieser Tabelle: Mehl
Nr. 5 oder,Nr. 6
so bedeutet dieß, daß eine oder die andere Mehlgattung, je nach Beschaffenheit des Weizens
gewonnen wird; steht aber z.B. Mehl
Nr. 3 und 4 oder Mehl
Nr. 00Nr. 0,
so drückt dieß aus, daß zwei Mehlsorten gleichzeitig
durch den mit verschiedenem Gaze überzogenen Mehlcylinder fallen.
Ueberschlag zum 2. geputzten Dunste etc. will heißen: der Ueberschlag wird
zuerst zum 2. geputzten Dunste gereinigt, der neue Ueberschlag zum 3.
geputzten Dunste u.s.w. zum 4, 5. und 6. geputzten Dunste und 7. ungeputzten Dunste.
Putzen des Weizens; geputzter
Weizen; Futterstaub; Spitzen oder Hochschroten; Mehl Nr. 5* oder Nr. 6;
schlechte Kleie; Hochschrot; Erstes bis viertes Schroten; Erstes
Schroten; erstes reines; Mehl Nr. 3 und Nr. 4; Dunst; erster
geputzer Dunst; Ueberschlag zum 2. geputzen Dunst etc.**; feine Kleie; Gries;
Auszuggries Nr. 0 bis 5; Ueberschläge zu den 2. Griesen etc.; Kleie; grobe
Auflösung; Schrot; Zweites Schroten; zweites Schrot; Drittes Schroten;
Mundmehlgries Nr. 0; Auszuggries Nr. 1 bis 5; Ueberschläge zu
den 2. gep. Griesen; Mehl Nr. 2 1/2 und 4 drittes Schrot; Viertes
Schroten; Auszugriese Nr. 3, 4, 5; Mehl Nr. 4; grobe Schalen; werden zweimal
abgemahlen (f. unten); 4. geputzter Dunst; Ueberschlag zum 5. gep. Dunst etc.;
(Kein Gries und kein Auflösen.); grobe Auflösung; mittlere
Auflösung; kleine Auflösung; Feine Schalen oder Haspan; Vermahlen d.
Auflösungen; Für sich oder beim 2. Schroten getheilt gibt; Ueberbleibsel zum 3.
Schroten beigegeben; Mehl Nr. 3 und 4; Dunst erster gep. Dunst etc.; Griese Nr.
3, 4, 5 Auszuggr. etc.; Ueberbleibsel zum 1. Haspan; Mehl Nr. 4; Dunst zum 3.
oder 4. gep. Dunst etc.; Ueberbleibsel zum 2. Haspan; Vermahlen der Auszuggriese
und Dünste; Gries nr. 0; Griese Nr. 1 bis 5; Dunst zum 1 geputzen Dunst etc.;
Mehl Nr. 3 u. 4; Gries Nr. 2; Nr. 3; Nr. 4; Nr. 5; Dunst zum 1 gep. Dunst; Mehl
Nr. 2 oder Nr. 3; Auszugdunst; Mehl Nr. 1; Mehl Nr. 00; Nr. 0; Auszugdunst zum
ersten Mal; Auszugdunst zum zweiten Mal u. 1. geputzter Dunst Mehl Nr. 0;
Vermahlen der Mundmehlgriese und Dünste; Mundmehl-Gries Nr. 0 und 1;
Gries Nr. 2; Nr. 3; Nr. 4; Nr. 5; Dunst zum 2. geputzten Dunst; Mehl Nr. 3 u. 4;
Mundmehldunst; Mehl Nr. 2 1/2; Gries Nr. 3; Mehl Nr. 2; Gries Nr.
4; Gries Nr. 5; Mehl Nr. 1; Mundmehldunst mit 2 u. 3. geputzen Dunst; Mehl Nr.
1; Vermahlen des Semmelmehlgriese und Dünste; Semmelmehl-Gries Nr. 1 u.
2; Semmelmehldunst; Mehl Nr. 4 oder 5; Semmelmehldunst mit 4. und 5. geputzen
Dunst; Vermahlen des 6. und 7. Dunstes; 6. geputzter Dunst; beim ersten Mal
gibt: Mehl Nr. 2 1/2; beim zweiten Mal gibt: Mehl Nr. 3; 7. ungeputzter Dunst;
Mehl Nr. 4; Vermahlen der Schalen und des Haspan; Große Schalen; erste
Vermahlung; Haspan; zum ersten Mal abgemahlen; Mehl Nr. 5; weiße Dreier; weiße
Vierer; weiße Fünfer; weiße Dunst; zum ersten Mal; zweite Vermahlung;
ausgemahlene Schalen (Futter für Pferde); Kleie; Mehl Nr. 6; feine Kleie (Futter
für Kühe); ausgemahlener Haspan (Fütter für Pferde und Kühe); schwarze Dreier;
schwarze Vierer; schwarze Fünfer; schwarze Dunst
Textabbildung Bd. 197, S. 529
Vermahlen der Mundmehlgriese und
Dünste; Mundmehl-Gries Nr. 0 und 1; Gries Nr. 2; Nr. 3; Nr. 4; Nr. 5;
Dunst zum 2. geputzten Dunst; Mehl Nr. 3 u. 4;
Mundmehldunst; Mehl Nr. 2 1/2; Gries Nr. 3; Mehl Nr. 2; Gries Nr.
4; Gries Nr. 5; Mehl Nr. 1; Mundmehldunst mit 2 u. 3. geputzen Dunst; Mehl Nr.
1; Vermahlen des Semmelmehlgriese und Dünste; Semmelmehl-Gries Nr. 1 u.
2; Semmelmehldunst; Mehl Nr. 4 oder 5; Semmelmehldunst mit 4. und 5. geputzen
Dunst; Vermahlen des 6. und 7. Dunstes; 6. geputzter Dunst; beim ersten Mal
gibt: Mehl Nr. 2 1/2; beim zweiten Mal gibt: Mehl Nr. 3; 7. ungeputzter Dunst;
Mehl Nr. 4; Vermahlen der Schalen und des Haspan; Große Schalen; erste
Vermahlung; Haspan; zum ersten Mal abgemahlen; Mehl Nr. 5; weiße Dreier; weiße
Vierer; weiße Fünfer; weiße Dunst; zum ersten Mal; zweite Vermahlung;
ausgemahlene Schalen (Futter für Pferde); Kleie; Mehl Nr. 6; feine Kleie (Futter
für Kühe); ausgemahlener Haspan (Fütter für Pferde und Kühe); schwarze Dreier;
schwarze Vierer; schwarze Fünfer; schwarze Dunst
ist, wie wir gezeigt haben, unmöglich und mahlt man rasch
nieder, so gelangen immer viel feine Schalenstückchen in's Mehl.
Alles was bei Einhaltung dieser Grundzüge schneller oder besser zum Ziele führt, kann
der Müller freudig ergreifen, insbesondere rechnen wir hierher die Anwendung der Walzen – die Walzenmühlen – als Beihülfe bei der allmählichen Verkleinerung.
Es verbietet uns der Raum, ausführlich hierauf einzugehen und wir begnügen uns daher
an einem Beispiele die Wichtigkeit und Nützlichkeit der
Walzenmühlen darzuthun. – Oben wurde erwähnt, daß in den groben
Semmelmehl-Griesen zwischen 30 und 40 Proc. Keime sich finden. Löst man
diesen Gries zwischen Mühlsteinen in gewöhnlicher Weise auf, so werden die Keime
zerrissen und müssen aus den feineren Griesen erst mühsam ausgeblasen werden; bringt
man aber obigen Gries zwischen richtig gestellte und
richtig arbeitende Walzen, so wird er gequetscht; dadurch werden nur jene Stückchen
getheilt, welche aus dem Stärkemehlkörper des Kornes bestehen, während die Keime nur
plattgedrückt und dann durch Siebe entfernt werden können. Je
härter der Weizen, um so vollkommener ist diese Wirkung und nachdem der
ungarische und Banater Weizen zu den härtesten Weizensorten zählt, so darf es nicht
Wunder nehmen, daß gerade in Ungarn die Walzenmühlen bei der Verkleinerung nebst den gewöhnlichen Mahlgängen eine große Rolle
spielen; hingegen ist es natürlich, daß man im Auslands, bei weichem Weizen und bei Flachmüllerei, von der Anwendung der Walzen nichts
wissen will.
Der österreichische Müller hat die Fortschritte und Verbesserungen in den
Mühlenmaschinen, welche anderwärts erprobt wurden, bei sich eingeführt; das
österreichische Mahlverfahren macht den umgekehrten Weg, es ist unübertrefflich und
bald wird es in allen Staaten Europa's Mühlen geben, welche nach dieser Methode
mahlen.
Prag, den 7. Juli 1870.