Titel: | Oefen zum Verkohken der Steinkohlen (Pernolet's System) mit Condensationsapparaten, von Benut und Renaut. |
Fundstelle: | Band 197, Jahrgang 1870, Nr. CV., S. 411 |
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CV.
Oefen zum Verkohken der Steinkohlen (Pernolet's System) mit Condensationsapparaten, von Benut und Renaut.
Aus Armengaud's
Génie industriel, Juni 1870, S. 281.
Mit Abbildungen auf Tab.
VIII.
Benut und Renaut, Oefen zum Verkohken der Steinkohlen.
Der im Nachstehenden beschriebene Verkohkungsofen ist nach dem Principe der bekannten
Knab'schen Oefen mit geheizter SohlePolytechn. Journal, 1859, Bd. CLIV S. 97. construirt; mit demselben sind aber verschiedene Apparate verbunden, welche
ein neues Verkohkungsverfahren bedingen, womit weit vortheilhaftere Resultate
erzielt werden.
Man erhält bei Anwendung dieses Verfahrens nicht allein Kohks von guter
Beschaffenheit, sondern gewinnt auch die Nebenproducte (Theer, Ammoniakwasser etc.),
welche sich während des Verkohkungsprocesses bilden und die bisher kaum beachtet
wurden, für manche Anlagen sogar eine Quelle von mancherlei Unannehmlichkeiten
bildeten.
Die Vorzüge des Pernolet'schen Verfahrens bestehen in
Folgendem:
1) Dasselbe gibt vortreffliche Kohks für technische Zwecke, zum Heizen der
Locomotiven, zu metallurgischen Operationen etc., während dabei das entwickelte Gas
aufgefangen wird und entweder zum Heizen der Kohksöfen oder zur Beleuchtung benutzt
werden kann; im ersteren Falle wird eine Ersparniß an Brennmaterial ermöglicht, im
letzteren Falle wird das Gas, nachdem es gehörig gereinigt worden, mit dem durch
Destillation der Steinkohle in Retorten dargestellten Leuchtgase gemischt, oder mit
Hydrocarbüren, um seine Leuchtkraft zu erhöhen.
2) Bei Anwendung des Pernolet'schen Verfahrens werden als
Nebenproducte der Theer und die in demselben enthaltenen Essenzen und Oele, sowie
das Pech und das Ammoniakwasser (welches zur Darstellung von schwefelsaurem
Ammoniak, einem sehr werthvollen Düngmittel, benutzt wird) gewonnen.
Allerdings werden diese günstigen Resultate nur mit einer Vermehrung der ersten
Anlagekosten der Oefen erlangt; aber die Vortheile welche die Industrie jetzt aus
allen Nebenproducten der Steinkohle zu ziehen weiß, verleihen diesem System einen
wirklichen Vorzug vor den gebräuchlichen einfacheren Verfahrungsweisen.
Nach diesen allgemeinen Bemerkungen gehen wir zur eingehenden Beschreibung der
verschiedenen Apparate über, welche dieses System erfordert.
Die Kohksöfen.
Figur 1 ist
ein durch die Achse eines der Kohksöfen geführter Längsschnitt;
Fig. 2 ist ein
unterhalb der Sohle durch die Züge nach der Linie 1–2 der Figur 1 geführter
Horizontalschnitt;
Fig. 3 stellt
die Vorderansicht von zwei gekuppelten Oefen (eines Doppelofens) nach der Linie
3–4 der Fig.
1 dar;
Fig. 4 ist ein
Querschnitt nach der Linie 5–6 der Fig. 1;
Fig. 5 ist ein
zweiter Querschnitt, welcher zum hinteren Theil und nach der Linie 7–8 der
Fig. 1
durch den alle Oefen verbindenden und die Verbrennungsproducte ihres Herdes nach der
gemeinschaftlichen Esse leitenden Canal geführt ist.
Sechsunddreißig derartige Oefen sind mit einander verbunden und bilden eine Batterie.
Auf einer Schienenbahn gelangen die Wagen zu dem Gebäude, in welchem die Steinkohlen
zerkleint werden.
Das hier dargestellte Kohlenklein wird in kleine, je einen Hektoliter fassende Wagen
geladen und diese werden auf einer, auf den Oefen selbst angelegten doppelspurigen
Eisenbahn A und A', an die
zum Beschicken der Oefen dienenden Oeffnungen a und a' (von 0,3 Met. Durchmesser) gefahren und in dieselben
entleert.
Die Oefen werden mit Kohle beschickt bis deren Schicht eine gleichmäßige Höhe von
0,70 bis 0,80 Met. über der Sohle B erreicht hat; an den
zwei Enden der Oefen muß die Kohlenschicht eine schiefe Ebene bilden.
Da die Oefen einen nutzbaren Raum von 8,30 Met. Länge auf 0,80 Met. Breite haben, so
gelangt jedesmal eine Charge von ungefähr 50 Hektolitern zur Verkohkung.
Sollen die Oefen in Betrieb gesetzt werden, so verschließt man die Aufgeböffnungen
a und a', indem man die
Deckel b und b' mit Lehm
verstreicht (Fig.
1); ebenso verschließt man die Vorderthüren C
und die Hinterthüren D; dann wird der Rost E beschickt. Derselbe hat sehr beschränkte Dimensionen,
1 Met. Länge auf 0,27 Met. Breite, weil er nur die untere Fläche der Sohle B erhitzen muß; die obere Fläche und die Seitencanäle
F (Fig. 4 und 5) werden durch das beim
Verkohlen erhaltene Gas erhitzt.
Nachdem alle diese Anordnungen getroffen sind, regulirt man die Oeffnung des auf den
Oefen angebrachten Gasventiles G (Fig. 1), zündet das auf
dem Roste befindliche Brennmaterial an und die Operation beginnt; dieselbe muß
sechsunddreißig bis zweiundsiebenzig Stunden dauern. Nachdem die Kohlenmasse den
gehörigen Temperaturgrad erreicht hat, entwickeln sich die Gase und die
Wasser- und Theerdämpfe, welche durch die oben im Ofengewölbe angebrachte
Oeffnung g in den Sammelapparat H gelangen.
Dieser Sammler führt sie den verschiedenen später zu beschreibenden
Condensationsapparaten zu, und das Gas wird dann durch die Leitung I den Oefen zugeführt, welche es erhitzen soll, und
gelangt durch das Rohr I' zu den gußeisernen Büzen i in dem oberen Seitencanal eines jeden dieser Ofen.
Einerseits bestreichen somit die vom Feuerkasten kommenden Flammen die untere Fläche
der Herdsohle in ihrer ganzen Ausdehnung, und treten von hier direct durch zwei
Oeffnungen j (von 0,35 Met. Länge und 0,22 Met. Breite)
in die Zugesse J, deren Dimensionen der Anzahl der Oefen
entsprechen müssen; die Sohle wird oberhalb der Feuerbrücke durch kleine, aus
Backsteinen aufgeführte Pfeiler c von 0,11 Met. auf
0,023 Met. gestützt, welche 0,023 Met. von einander entfernt stehen.
Andererseits erhitzt das aus der Büze oder dem Brenner i
ausströmende Gas die Seitenflächen und tritt, nachdem es die beiden Züge F, von 0,40 Meter Höhe auf der ganzen inneren Länge der
Oefen, nämlich 7,90 Met., durchströmt hat, durch eine im Niveau des Herdes
angebrachte Oeffnung unter die Sohle, wo es sich mit den vom Feuerraum herkommenden
Flammen mischt. Mittelst eines über dem Brenner befindlichen Hahnes i' kann der Eintritt des Gases in die Züge regulirt
werden. Die Stäbe des Rostes E liegen nahe aneinander,
um die Lösche zurückzuhalten und zu verbrennen.
Wenn die Verkohkung vollständig erfolgt ist, verschließt man das Ventil des
Gassammlers G, nimmt die Deckel b, b' der Aufgeböffnungen a, a' ab, schließt
den Hahn i' der Büze i,
öffnet die Thüren C und D,
und schreitet zum Austragen der Kohks, wozu ein besonderes Instrument, der sogen.
„Treiber“ (repoussoir) dient,
welcher entweder durch Menschenkraft oder auf mechanischem Wege, mittelst einer
Locomobile bewegt wird.
Dieser Treiber besteht aus einer gerippten Gußeisenplatte, welche die ganze Breite
des Ofens hat und auf Führungsrollen ruht; dieselbe wird durch Zahnräderwerk und
Zahnstange bewegt und über die Sohle, welche zur Erleichterung des Ausräumens einen
Fall hat, hingeführt, so daß die ganze Kohksmasse auf einer schiefen Ebene, der sogen.
Austragsebene weggeschoben wird.
Die ganze Charge bildet eine zusammenhängende Masse, welche mit dem Hammer
zerschlagen und dann in Wagen zum Magazin oder an die Abfuhrplätze transportirt
wird. Die erhaltenen Kohks sind, wenn die Operation gut geleitet wurde, weiß oder
diamantähnlich; sie bilden kleine Bündel, welche gruppirt und in der Masse isolirt
sind; diese Kohks sind auch sehr zerreiblich; sie werden zu Feuerungen verwendet, in
denen eine hohe Temperatur erzeugt werden soll, wie für Hohöfen, Kupolöfen,
Locomotiven u.s.w. Die Retortenkohks werden hingegen bekanntlich nur bei solchen
Feuerungen verwendet, welche eine viel geringere Hitze geben sollen.
Nach beendigtem Austragen wird der Ofen mit einer neuen Charge von Kohlen beschickt;
man darf nicht unterlassen, das Feuer der Herde in der Zeit zwischen zwei Chargen zu
unterhalten.
Zum Bau eines Ofens sind 10 Kubikmeter feuerfeste und 10 Kubikmeter gewöhnliche
Ziegelsteine erforderlich; das Gewicht des dazu nöthigen Guß- und
Schmiedeeisens beträgt beiläufig eine Tonne.
Das Ausbringen per Tonne destillirter und verkohlter
Steinkohle läßt sich in folgender Weise aufstellen:
Kohks
800
Kilogr.
Theer, als wasserfrei angenommen
25
„
Ammoniakwasser
50
„
Also im Ganzen 875 Kilogr. per 1000 Kilogr. Steinkohlen.
Hierzu muß man aber auch noch die fehlerhaften Kohks oder sogen.
„Brände“ (têtes noires)
rechnen, welche auf dem Roste der Feuerungen gebrannt werden und ungefähr 3 bis 5
Procent der verkohlten Steinkohle betragen.
Die Kosten für Handarbeit, einschließlich des Beschickens der Oefen, des
Verstreichens der Fugen, der Speisung des Herdes und des Austragens der Kohks,
betragen:
1,65 Francs
Unterhaltung
des Gezähes
0,22 „
„
der Oefen
0,30 „
––––––––––
im Ganzen
2,17 Francs
per Tonne erhaltener Kohks.
Die Condensationsapparate.
Wir haben weiter oben gesehen, daß die bei der Destillation entwickelten Gase sich in
die Kondensatoren begeben, in welchen sie sich der ihnen beigemischten fremdartigen
Dämpfe entledigen.
Welches Condensationssystem man auch anwenden mag, so muß man auf je 1000 binnen 24
Stunden erzeugter Kubikmeter Gas 20 Quadratmeter Condensationsfläche rechnen.
Eine Tonne Steinkohlen welche in 24 Stunden 800 Kubikmeter Gas gibt, erfordert für
die Condensation eine Fläche von 16 Quadratmeter, also für eine Batterie von 36
Oefen 600 Quadratmeter.
Die in Fig. 6
im Grundriß, in Fig.
7 und 8 im Aufriß und im Durchschnitt dargestellten Kondensatoren sind von
neuer Erfindung. Sie haben zweierlei Einrichtung, je nachdem die durch Netzen zu
bewirkende Condensation innerhalb oder außerhalb stattfindet, und mit Brunnenwasser
oder Ammoniakwasser.
In dem Falle wo das Netzen im Inneren des Apparates durch Ammoniakwasser geschieht,
tritt das Gas durch das Rohr K zu, welches mit der
Tubulatur eines der beiden blechernen Apparate L, L'
verbunden wird, deren jeder durch verticale Scheidewände in sechs Kammern getheilt
ist. Das Gas dringt in die erste dieser Abtheilungen hinab, passirt unter der
Scheidewand, welche in einer gewissen Entfernung vom Boden aufhört, steigt in der
zweiten Abtheilung oder Kammer empor, strömt dann wieder hinab in der dritten, und
so fort bis es durch die Tubulatur k in den zweiten
Apparat L' gelangt; es wird nur bei seinem Niedergange
angefeuchtet und condensirt.
Das Ammoniakwasser welches aus dem mit drei Abtheilungen versehenen Behälter M zufließt, fällt in den unteren Theil des Condensators
und fließt von hier durch kleine, zu diesem Zwecke angeordnete Heber n in die Theercisterne N.
Der Condensator L² für äußerliches Netzen durch
Brunnenwasser (Fig.
8), ist ebenfalls in sechs Kammern getheilt, jedoch durch horizontale,
nicht durch verticale Scheidewändel. Das Gas tritt oben in den Apparat ein, und
streicht nach und nach von einer Kammer zur anderen hinab, den Scheidewänden
folgend; unten findet es einen Ausgang und gelangt durch das Rohr K' (Fig. 6) in den
Röhrencondensator P, wo seine Reinigung und Condensirung
vervollständigt wird.
Die Apparate werden von einem hölzernen Gerüst R
getragen, welches über den Theercisternen N angebracht
wird.
Da die Kondensatoren eine sehr geringe Breite haben, so besitzen sie nur wenig
Stabilität; sie müssen daher gut unterschwellt und fest mit einander verbunden
werden, um den Windstößen widerstehen zu können.
Auf dem Gerüst wird das Reservoir M aufgestellt, welches
zur Aufnahme des Brunnenwassers und des Ammoniakwassers in drei Gefache getheilt
ist; dasselbe wird mittelst einer Handpumpe gespeist.
Von diesem Behälter M gehen eiserne Leitungsröhren m ab, welche das Gaswasser für das Netzen dem
Condensator und das Brunnenwasser den Oefen zum Auslöschen der verkohlten Masse
zuführen. Das Wasserreservoir muß eine für die gedachten Zwecke mehr als
hinlängliche Wassermenge fassen.
Die Theercisterne N muß die während eines acht-
bis vierzehntägigen Betriebes condensirten Quantitäten von Theer und Ammoniakwasser
fassen können.
Um den Theer nahezu wasserfrei zu erhalten, muß man denselben längere Zeit in der
Cisterne verweilen lassen; das Gaswasser und der Theer welche beim Betriebe der
Verkohkungsöfen gewonnen werden, haben nämlich ziemlich gleiche Dichtigkeit und
scheiden sich daher nur sehr langsam von einander. Die Cisterne wird in der Nähe des
Condensators angebracht, nicht nur um das Condensations- und das
Netzungswasser zur Hand zu haben, sondern auch um das Ansaugen der das
Ammoniakwasser in das Reservoir hebenden Pumpe zu erleichtern.
Dieses Wasser wird mit Ammoniak möglichst gesättigt, indem man es acht- bis
zehnmal mit dem in den Kondensatoren enthaltenen Gase in Contact bringt.
Der auf dem Grundrisse Fig. 6 angedeutete und in
Fig. 9 in
größerem Maaßstabe im Schnitt dargestellte Röhrencondensator P ist der letzte Apparat in welchen das Gas eintritt bevor es die Oefen
heizt; derselbe kann entweder mit Luft oder mit Wasser betrieben werden.
Beim Betriebe mit Luft tritt das Gas durch die Tubulatur S ein und circulirt um die verschiedenen vom Mantel P umschlossenen Vertheilungsröhren p und die
in diesen enthaltene Luft; es tritt alsdann durch die Tubulatur T aus.
Beim Betriebe mit Wasser tritt das Gas durch die Tubulatur S' ein, circulirt in den Röhren und entweicht durch die Tubulatur T'; das Wasser bespült also die Röhren von außen.
Die Luft- und Wasserströme erfolgen in der Richtung von unten nach oben; die
Gas- und Dampfströme hingegen verfolgen die Richtung von oben nach unten (wie
durch die Pfeile angedeutet ist), so daß sie immer kältere Luft- und
Wasserschichten antreffen; diese Condensationsmethode ist die rationellste.
Der Röhrenkühler hat den bedeutenden Vorzug, daß man dessen kühlende Wirkung durch
Regulirung des Luftzuges, beziehungsweise des Wasserzuflusses, nach Belieben erhöhen
oder vermindern kann.
Sowohl eine zu starke als eine ungenügende Condensation zieht bei der Leuchtgasfabrication die
größten Uebelstände nach sich, und diese werden bei derber Anwendung des Röhrenkühlers vermieden.
Da die Dämpfe und Gase mit einer sehr hohen Temperatur in den Apparat treten, so
veranlassen sie durch Erhitzung der Luft einen natürlichen Zug; man kann den Zug
auch mittelst der Esse des Etablissements verstärken.
Der Apparat hat eine Kühlfläche von 80 Quadratmeter und entspricht einer Production
von 4000 Kubikmeter Gas in 24 Stunden. Da die Röhren des Kühlers einen drei und
einhalbmal größeren Gesammtquerschnitt haben als das Hauptrohr welches die
entwickelten Gase und Dämpfe zuleitet, so ist die Geschwindigkeit im Apparate eine
geringere und das Gas verweilt länger in demselben. Ein Dampfstrahl genügt zum
Ablösen aller Ansätze, ohne daß es erforderlich ist den Betrieb zu unterbrechen. Der
Röhrenkühler hat vor den übrigen Condensatoren auch noch den Vorzug, daß er
dreißigmal weniger Raum einnimmt und für eine gleiche Kühlfläche 25 Proc. weniger
kostet.