Titel: | Ueber die Verbrennbarkeit des Diamantes und die Wirkung hoher Temperaturen auf denselben; von Morren. |
Fundstelle: | Band 197, Jahrgang 1870, Nr. XIII., S. 23 |
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XIII.
Ueber die Verbrennbarkeit des Diamantes und die
Wirkung hoher Temperaturen auf denselben; von Morren.
Aus den Comptes rendus,
t. LXX p. 990; Mai 1870.
Morren, über die Verbrennbarkeit des Diamantes.
Bekanntlich herrscht in der Wissenschaft hinsichtlich der mehr oder weniger leichten
Verbrennbarkeit des Diamantes, besonders aber hinsichtlich seines Verhaltens bei
sehr hohen Temperaturen einige Unsicherheit. Wird der Diamant schwarz, bläht er sich
auf und verschwindet er, indem er sich verflüchtigt? Dieß sind einige Fragen, über
welche die nachstehenden Beobachtungen Aufschluß geben.
Zunächst muß ich sagen, bei welcher Gelegenheit diese Versuche angestellt wurden. Ein
geschickter Juwelier in Marseille hatte den Auftrag erhalten, die goldene Fassung
zweier sehr kostbaren, als Hemdknöpfe benutzten Diamanten neu zu emailliren. Die
beiden Steine aus ihrer Fassung ohne Benachtheiligung derselben herauszunehmen, war
schwierig und sehr mühsam. Der Juwelier, welcher derartige Arbeiten schon öfter
ausgeführt hatte, entschloß sich, die Knöpfe mit den montirten Diamanten in ihrer
Fassung zu emailliren, und er wendete, da ihm keine Holzkohle zur Hand war, zum
Erhitzen der Emaillirmuffel Steinkohle an. Die Emaillirung war vollständig gelungen.
Beim Herausnehmen aus der Muffel zeigte es sich aber, daß die zwei Diamanten schwarz geworden waren. Der Künstler versuchte durch
verschiedene Mittel und namentlich durch sehr starkes Reiben den Steinen ihr
ursprüngliches Feuer wieder zu geben, was ihm aber nicht gelang; sie blieben
schwarz, von der Farbe eines sehr dunklen Graphits; ihr Glanz war bedeutend
vermindert. Man mußte daher die Diamanten aus ihrer Fassung lösen und sie nach Paris
senden, wo die erste Berührung mit der Schleifscheibe genügte, ihre verschwundene
Schönheit und ihr früheres Feuer wieder herzustellen. Das Gewicht der Diamanten
hatte sich nicht verändert.
Ich führte einen analogen Versuch aus, wendete aber anstatt der Muffel ein Platinrohr
an, in welchem die Diamanten in einem Platinschiffchen lagen.Die HHrn. Laurin, Juweliere in Marseille, haben
mir Diamanten zu meinen Versuchen verschafft. Durch dieses Rohr leitete ich einen Strom von Leuchtgas und erhitzte es zum Hellrothglühen. Die Diamanten, geschliffene,
waren vorher sehr sorgfältig gewogen worden. Beim Herausnehmen aus dem Rohre waren
sie sämmtlich schwarz; auch war das Platinschiffchen an mehreren Stellen mit einem
schwarzen Anfluge überzogen, welcher aber pulverförmig, amorph, feinem Kienruß
ähnlich war und sich leicht entfernen ließ. Die Diamanten hingegen zeigten unter dem
Mikroskop ein blätteriges krystallinisches Ansehen, von der Metallfarbe des
Graphits, ganz analog der krystallinischen Kohle der Gasretorten. Durch Reiben
ließen sich wohl einige von den Blättchen entfernen, die übrigen aber hafteten sehr
fest; die Diamanten hatten sämmtlich an Gewicht zugenommen. Der sie bedeckende
Ueberzug von Kohlenstoff erwies sich, gleich der Retortenkohle, als Leiter der
Elektricität.
Ungeachtet der guten Wärmeleitungsfähigkeit dieses die Diamanten überziehenden
Kohlenstoffes (in Folge deren sowohl Graphit als Zuckerkohle bekanntlich so schwer
zu verbrennen ist) glaubte ich daß es, um die schwarze Decke von den Diamanten zu
entfernen, hinreichen würde sie auf einem Platinbleche bei Luftzutritt zum
Rothglühen zu erhitzen. In der That verschwand die schwarze Schicht vollständig und
die Diamanten hatten ihren ursprünglichen Glanz und ihr früheres Gewicht wieder
erlangt. Man darf aber hierbei, aus den im Nachfolgenden angegebenen Gründen, die
Temperatur nicht zu hoch steigern, sonst würden die Diamanten ihren Glanz einbüßen
und ihr Gewicht würde sich verändern.
Erhitzt man Diamant in reinem und trockenem Wasserstoffgas, anstatt in Leuchtgas, so kann man die Temperatur nicht nur zum
Weißglühen, sondern bis beinahe zum Schmelzpunkte des Platins steigern. Der Diamant
bleibt unverändert; sein Glanz, seine Politur werden eher erhöht als vermindert und
nach dem Erkalten hat er das Ansehen als ob er so eben erst aus der Hand des
Schleifers hervorgegangen sey.
Wendet man dagegen Kohlensäuregas an, so verliert der
Diamant sowohl an seiner Politur als an seinem Gewichte ein wenig, besonders wenn
der Versuch lange dauert. Fängt man das durch die Platinröhre geleitete Gas
sorgfältig auf, so findet man daß die Kohlensäure zersetzt wurde, indem das Gas
Kohlenoxyd und Sauerstoff enthält. Ich glaubte anfänglich daß der Diamant bei diesem
Zerfallen der Kohlensäure eine Rolle spiele; dieß ist aber nicht der Fall, da das
Rohr und das Schiffchen aus Platin für sich allein in derselben Weise wirken. Die Kohlensäure wird
durch das weißglühende Platin zum Zerfallen veranlaßt, in derselben Weise wie das
Wasser bei dem Grove'schen Versuche, und der Diamant muß
bei dieser hohen Temperatur verbrennen, wenn Antheile des beim Zerfallen der
Kohlensäure frei gewordenen Sauerstoffes mit ihm in Berührung kommen.
Uebrigens sind Versuche zur Verbrennung des Diamantes bekanntlich schon öfters
gemacht worden. Die Florentiner Akademie wendete dazu einen großen (Tschirnhausen'schen) Hohlspiegel an, Lavoisier benutzte ein mächtiges Brennglas u.s.w.; es ist
jedoch, um diesen Körper bei Luftzutritt, anstatt (wie gewöhnlich) in Sauerstoffgas
zu verbrennen, hinreichend ihn auf dünnes Platinblech zu legen und dieses mittelst
der Glasbläserlampe zum Rothglühen zu erhitzen, worauf sich der Diamant wie eine
Kohle entzündet und verbrennt. In Sauerstoff fährt er für sich allein zu brennen
fort, sobald er sich einmal entzündet hat, wogegen man bei der Verbrennung in
gewöhnlicher Luft das ihm zur Unterlage dienende Platinblech weiter erhitzen muß.
Bei allen diesen Versuchen bleibt der Diamant weiß wie ein Stück matt geschliffenes
Glas; er wird weder schwarz noch bläht er sich auf, und wenn er frei ist von Nissen
und Spalten, so zersplittert er beim Erhitzen nicht. Ein vorhandener Riß wird durch
das Erhitzen größer und die abgetrennten schwächeren Theile verbrennen schneller als
die stärkeren.
Ein sehr interessanter Umstand, welcher beweist daß die Widerstandsfähigkeit des
Diamantes gegen die Verbrennung nicht an allen Stellen gleich groß ist, zeigt sich,
wenn man die Verbrennung vor dem vollständigen Verschwinden des Diamantes
unterbricht. Untersucht man nämlich den nicht verbrannten Rest unter dem Mikroskop,
so gewahrt man die sehr zahlreichen Facetten kleiner gleichseitiger Dreiecke, welche
neben einander liegenden Oktaedern angehören. Dagegen zeigen die mit gekrümmten
Facetten versehenen, zum Glasschneiden geeigneten Diamanten eine Structur welche mir
beinahe als faserig erschien, da sie in langen Prismen oder Fasern besteht, welche
von gleichseitig dreieckigen Endfacetten begrenzt sind. Es war mir nicht möglich,
meine Versuche auch auf den schwarzen Diamant
auszudehnen, da ich mir in Marseille einen solchen nicht verschaffen konnte; ich
suche jetzt in Paris nach dieser Varietät.
Fast alle Chemiker welche bisher Verbrennungsversuche mit Diamant ausgeführt haben,
benutzten dabei eine Unterlage von Holzkohle. Nun enthält die Holzkohle fast stets
mehr oder weniger gekohlten Wasserstoff, wodurch sich das verschiedene Ansehen der
Rückstände von der Verbrennung des Diamantes erklärt.