Titel: | Ueber die Vertheilung des Kalis und Natrons in den Pflanzen; von E. Peligot. |
Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. XV., S. 63 |
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XV.
Ueber die Vertheilung des Kalis und Natrons in
den Pflanzen; von E. Peligot.Im Anschluß an seine früheren Mittheilungen, so wie an solche Payen's in den Comptes
rendus. hat der Verfasser neue Untersuchungen über diesen Gegenstand
angestellt, von denen wir hier aus seiner umfangreichen Abhandlung das
Wesentlichste wiedergeben.
Aus den Comptes rendus, t. LXIX p. 1269; December
1869.
Peligot, über die Vertheilung des Kalis und Natrons in den
Pflanzen.
Die Frage, um welche es sich handelt, ist die: haben die Pflanzen das Vermögen dem
Boden die Alkalien zu entnehmen, welche er enthält, oder assimiliren sie nur das
Kali mit Ausschluß des Natrons?
Die früheren Aschenanalysen hatten zu dem Schlusse geführt, daß Kali und Natron
gleichzeitig in den Pflanzen vorkommen, das erstere indessen in überwiegender Menge,
und man hielt beide Alkalien für unentbehrliche Bestandtheile der
Pflanzennahrung.
Ich habe dagegen durch zahlreiche Bestimmungen zu beweisen gesucht, daß bei vielen
Pflanzen des künstlichen Anbaues kein Natron in der Asche enthalten ist, während es
in anderen dicht daneben gewachsenen Pflanzen vorkommt. Ich habe gezeigt, daß bei
den meisten Analysen das Natron nur durch Differenz bestimmt worden ist, ohne daß
man dessen Anwesenheit direct nachgewiesen hätte, und ich habe eine Methode mittelst
der Efflorescenz des schwefelsauren Natrons angegeben, durch welche man das Natron
mit Sicherheit nachweisen kann.
Die bisher bekannt gewordenen, von den meinigen abweichenden Ansichten, sind dieß
mehr scheinbar als wirklich; sie beruhen nur auf unrichtiger Erklärung der
beobachteten Thatsachen, wie das Nachfolgende beweisen wird.
Ich habe dieses Jahr Getreide untersucht, welches auf einem sehr salzreichen Boden in
den Salzsümpfen der Camargue geerntet war; Gasparin hatte
in 1,525 Grm. der Asche desselben auf 0,379 Grm. Kali 0,071 Grm. Natron gefunden.
Vor dem Einäschern habe ich die Körner, wie ich dieß gewöhnlich thue, mit kaltem
destillirtem Wasser gewaschen, um den anhaftenden Staub zu entfernen. Das
Waschwasser zeigte sich sehr kochsalzhaltig, ein Umstand dem ich die Abweichung
zwischen den eben angedeuteten und meinen zahlreichen Resultaten zuschreibe. Von 300
Grammen Körner erhielt ich durch rasches Waschen 0,212 Grm. Kochsalz. Aus diesen
(und anderen) Beobachtungen schließe ich, daß der auf salzhaltigem Boden gewachsene
Weizen eine gewisse von der Meeresluft herrührende Menge von mechanisch an der
Oberfläche der Körner abgelagertem Kochsalz enthält, dessen Herkunft durchaus nicht
mit der Absorption durch die Pflanzenwürzelchen verwechselt werden darf. Hiermit
stehen die bekannten Erfahrungen aus den Küstengegenden in vollem Einklang.
Es gibt allerdings auch gewisse Pflanzen, welche in ihren Geweben Kochsalz enthalten,
dagegen gelangt das im Wollschweiß der Schafe der Camargue nachgewiesene Natron
gewiß von außen hinein, da man in der aus diesem Schweiß anderwärts dargestellten
Potasche das Natron bisher nicht als Bestandtheil aufgeführt hat.
Dasselbe gilt von den Futterpflanzen aus den salzhaltigen Böden am Mittelmeer, welche
Payen untersucht hat. Ohne behaupten zu
wollen, daß unter den verschiedenartigen Pflanzen welche die Wiesen zusammensetzen,
es keine gäbe, deren Gewebe Natron enthielte, glaube ich doch, daß man in der
betreffenden Analyse das zufällig an der Oberfläche abgelagerte Salz von dem aus dem
Boden geschöpften trennen sollte.
Ich habe kürzlich eine Reihe von Pflanzen untersucht, welche alle in den dem Meere
abgewonnenen Poldern in der Nähe der Inseln Noirmoutiers geerntet worden; sie waren:
Weizen, Roggen, Bohnen, Raps, Luzerne, Lein, Wicken, Gerste, Kartoffeln.
Die Aschen aller dieser Pflanzen enthalten Kochsalz. Dieses scheint sich an der
Oberfläche zu finden, denn kaltes Wasser entfernt es zum Theil, doch scheint es
nicht möglich zu seyn, alles abzuwaschen, da die Gewebe der durchschnittenen
Pflanzen Wasser aufsaugen. Am meisten enthalten die Hüllen der Samen. Beim
Verdampfen des Waschwassers erhält man einen salzigen Rückstand, der nach dem Glühen
je nach den Pflanzen zwischen 50 und 85 Procent seines Gewichtes Chlornatrium
enthält.
Meiner Ansicht nach ist es also erforderlich, bei diesen Untersuchungen ebenso wohl
die geographische Lage wie die chemische Natur der Erdböden zu berücksichtigen, und
der Nichtbeachtung dieser Verhältnisse ist allein die Nichtübereinstimmung meiner
Untersuchungsresultate mit denjenigen anderer Forscher zuzuschreiben.
Es fragt sich sogar, ob nicht das Regenwasser, welches stets geringe Mengen Kochsalz
enthält, an fern vom Meere gelegenen Orten ebenfalls eine Quelle für geringe in den
Aschen gefundene Salzmengen seyn kann.
Endlich habe ich noch eine Untersuchung gemacht, welche die Frage beantworten sollte,
ob gewisse Pflanzen, welche außer dem von außen zugeführten kein Kochsalz enthalten, wenn sie vom Meere
entfernt gewachsen sind, die Eigenschaft erlangen dem Boden Natron zu entziehen wenn
sie in Poldern stehen. Zu dieser Untersuchung eignen sich besonders die
Kartoffelknollen, da sie, vor Berührung mit der salzhaltigen Luft geschützt, ihre
Mineralbestandtheile nur aus dem Boden entnehmen können.
Die Lösung der Asche voll 1 Kilogrm. in den Poldern von Bourgneuf gewachsener nicht
gewaschener Kartoffeln wurde mit Barytwasser behandelt. Die Asche enthielt 92 Proc.
lösliche Salze. Die nach meinem früher beschriebenen Verfahren erhaltenen
Salpeterkrystalle, welche den größten Theil des Kalis darstellen, befanden sich in
einer Mutterlauge welche das Natron enthalten mußte. Die Behandlung derselben mit
Schwefelsäure und starkes Glühen des Rückstandes lieferte aber schwefelsaures Kali
welches vollkommen natronfrei war. Die Lösung dieses Salzes in Wasser gab nämlich
bei freiwilligem Verdampfen ganz durchsichtige Krystalle ohne jede Spur von
Verwitterung.
Außerdem habe ich das schwefelsaure Salz mit der größten Sorgfalt analysirt und aus
0,500 Grm. 0,667 statt der nach der Berechnung erforderlichen 0,668 Grm.
schwefelsauren Baryt erhalten.
Es scheint also erwiesen, daß diese Kartoffeln ebenso wie die weit vom Meere entfernt
gewachsenen kein Natron enthalten.
Ein gleiches Resultat lieferte ein Versuch in Grignon, bei welchem die im freien
Felde gezogenen Kartoffeln auch nach dem Begießen mit verschiedenen Natronsalzen
kein Natron in der Asche zu erkennen gaben.
Aehnliche Resultate erhielt ich bei der Untersuchung des Repssamens, den ich
ebenfalls vollkommen natronfrei fand.
Man kann aus diesen Versuchen den Schluß ziehen, daß das Natron in den Pflanzen unter
verschiedenen Verhältnissen vorkommt:
1) Manche Pflanzen entziehen dem Boden Natron durch ihre Würzelchen; dasselbe bildet
dann einen Bestandtheil der Asche; wieder andere enthalten kein Natron.
2) In vielen Meerespflanzen findet sich das Natron in Form von Salzwasser in den
Gewebssäften.
3) Endlich findet sich das Natron als Kochsalz auf allen Pflanzen die in einer
salzhaltigen Atmosphäre wachsen, als ein Ueberzug ihrer Oberfläche; die Gegenwart
des Natrons in der Asche beweist dann durchaus nichts für die Nützlichkeit desselben
zur Entwickelung dieser Pflanzen.