Titel: | Ueber Ellershausen's Verfahren zur Stabeisenfabrication. |
Fundstelle: | Band 195, Jahrgang 1870, Nr. CXXIII., S. 458 |
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CXXIII.
Ueber Ellershausen's Verfahren zur
Stabeisenfabrication.
Aus Engineering, Januar 1870, S.
21.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Ueber Ellershausen’s Verfahren zur
Stabeisenfabrication.
Unter Bezugnahme auf frühere Mittheilungen über das vor einiger Zeit in Nordamerika
patentirte Verfahren des Hütten-Ingenieurs Franz Ellershausen zum Verfrischen von RoheisenPolytechn. Journal Bd. CXCII S.
105. beschreiben wir im Nachstehenden die zur Ausführung dieses Processes
dienenden Einrichtungen mit Hülfe einiger Abbildungen. Das Verfahren besteht in der
Anwendung von Eisenoxyden oder Eisenerzen, welche dem eingeschmolzenen Roheisen
zugeschlagen worden; neu sind die zur Herstellung eines gehörigen Gemenges aus den
Materialien benutzten Vorrichtungen. Das ursprüngliche Verfahren wurde dem deutschen
Ingenieur, dessen Namen es trägt, patentirt und in praktischem Maaßstabe von den
HHrn. Schönberger und Comp. zu Pittsburg in Pennsylvanien, mit verschiedenen
von Thomas Blair von demselben Hause eingeführten, neuerlichst gleich, falls
patentirten Verbesserungen zur Ausführung gebracht.
Der Ellershausen-Proceß läßt sich als ein Ersatz
für das erste Stadium des gewöhnlichen Puddelprocesses betrachten, insofern der
Sauerstoff des Eisenoxydes, welches in den dem Roheisen zugeschlagenen Eisenerzen
enthalten ist, sich mit dem Kohlenstoffe des Roheisens zu Kohlensäure verbindet,
welche in die Atmosphäre entweicht. Ebenso wird der Siliciumgehalt des Roheisens zum
großen Theile eliminirt, wie beim Puddeln. Von den entschwefelnden Wirkungen des
Verfahrens wird sogleich die Rede seyn. Das Roheisen bildet, nachdem es mit den
Erzen oder Oxyden gemengt worden, die sogen. „pig
blooms“ oder „pig
scraps“ (zum Verpuddeln vorbereitetes Roheisen in Form von
Gänzen oder Masseln und
von Bruch- oder Platteneisen) und wird in diesem Zustande in einen Puddelofen
eingesetzt und in demselben zur hellen Gelbgluth erhitzt. Diese „pig blooms“ oder Masseln, deren jede etwa
200 Pfd. wiegt, gerathen bei dieser Temperatur allerdings nicht in Fluh, erweichen
aber, so daß sie mit einer Brechstange aufgebrochen und zu Balls gepuddelt werden
können, von denen ein jeder ungefähr 100 Pfd. wiegt. Diese Balls werden auf dem
Pittsburger Werke erst unter gewöhnlichen Quetschwerken gezängt und dann zu Schienen
oder Stäben verwalzt.
Wir müssen zunächst von den zum Mengen oder Vermischen des flüssigen Roheisens mit
dem Erze dienenden Vorrichtungen reden. Zu diesem Zwecke müssen beide Substanzen
jedesmal in so kleinen Mengen zusammengemischt werden, daß sie sich innerhalb des
sehr kurzen Zeitraumes, in welchem das flüssige Roheisen erstarrt, gegenseitig
durchdringen und mit einander innig verbinden. Dieß erreicht Blair dadurch, daß er sowohl das in Fluß gerathene Metall, als auch das
gekörnte Oxyd (welches sich gleichfalls wie eine Flüssigkeit bewegen kann), jedes
für sich in die obere Mündung einer besonderen schiefstehenden Rinne eintreten läßt,
indem die beiden, diese Substanzen enthaltenden Gefäße einander gegenüber und zwar
mit den unteren Enden so nahe gestellt werden, daß ihr Inhalt beim Ausfließen
zusammentrifft und sich vermischt, sobald er die Gefäße verlassen hat. Blair läßt das gekörnte Oxyd in einem flachen Strome
zutreten, indem er am oberen Ende der das selbe zuführenden Rinne einen Schieber von
beinahe der ganzen Breite des Gefäßes selbst anbringt und den Zufluß des Oxydes
durch Heben oder Senken dieses Schiebers nach Belieben regulirt. Das flüssige
Roheisen läßt er in einem gleichfalls flachen Strahle von fast gleicher Dicke
zutreten, indem er einen oder mehrere kleine Dämme quer durch die Rinne legt, über
welche sich das Metall in gleichem Niveau ausbreitet.
Fig. 1 ist ein
Verticalschnitt und Fig. 2 ein Grundriß des auf dem Pittsburger Werke eingeführten
Mengungs- oder Mischungsapparates; Fig. 3 zeigt in
vergrößertem Maaßstabe eine Drehscheibe von 18 Fuß (engl.) im Durchmesser, welche
den wesentlichsten Theil des Apparates bildet. Diese Drehscheibe A ruht auf Rollen B und
erhält mittelst des an ihr angebrachten gezahnten Kranzes C,
C durch das von einer Dampfmaschine getriebene Zahnrad D eine langsame rotirende Bewegung. Auf der Drehscheibe
ruht ein aus einzelnen Segmenten E, E, E (Fig. 2)
zusammengefügter ringförmiger Trog. Diese Segmente bestehen aus einem Theile, der
den Boden e und die innere Seitenwand e² bildet, ferner aus einem besonderen Theile e² welcher die äußere Seitenwand bildet und in
eine in dem Boden e angebrachte Nuth paßt. Die
Seitenstücke
e² passen auch an ihren seitlichen Enden in
einander, und werden mittelst einer in den hervorstehenden Lappen e³ zweier an einander stoßender Seitentheile
angebrachten metallenen Krampe zusammengehalten. Der auf diese Weise gebildete Trog
ist durch herauszunehmende Scheidewände F, F (Fig. 2), welche
in entsprechende, in den Seitenwänden e¹
angebrachte Coulissen passen, in Fächer getheilt.
Auf der Säule G ist ein mit einer geneigten Rinne H¹ versehener Behälter H befestigt, welcher zur Aufnahme des aus dem Hohofen oder dem Kupolofen
abgestochenen flüssigen Roheisens bestimmt ist. Letzteres fließt aus diesem Behälter
in Form eines flachen Stromes in den ringförmigen Trog E. Gleichzeitig läßt man aus einem geeigneten Gefäße einen ebenfalls flachen
und breiten Strahl von Oxydpulver in den Trog E in der
Weise eintreten, daß, sobald das flüssige Metall die Rinne H¹ und das Oxyd sein Gefäß verlassen hat, beide Substanzen zu einem
einzigen Strome sich vereinigen und innig mit einander vermischt in den Trog
gelangen, in welchem die conglomerirte Masse sogleich erstarrt.
Sobald der Trog in dieser Weise gefüllt und die Masse hinlänglich erkaltet ist, wird
letztere nach Hinwegnahme der Scheidewände F, F und der
die Außenwand bildenden Theile e² entfernt und
auf die bereits oben angedeutete Weise weiter behandelt.
Das Füllen des Drehtroges geschieht entweder in der Art, daß man denselben so langsam
rotiren läßt, daß jedesmal alle Fächer gefüllt werden, sowie sie vor die Mündung der
Rinne gelangen, oder aber, und vorzugsweise, mit rascherer Drehung, so daß sich in
jedem Fache nur eine dünne Schicht auf einmal bilden kann; bei dieser Modifikation
des Verfahrens erhält man dann die erforderliche Reihe von solchen Schichten, indem
man den Trog entsprechend oft hinter einander rotiren läßt.
Wenn Platten- oder Bruchroheisen zum Verpuddeln erzeugt werden soll, so können
die Abtheilungen auf der Drehscheibe wegfallen; dieselbe wird dann nur mit einem
flachen Troge versehen, so daß jedesmal bloß eine dünne Scheibe von dem Conglomerate
gegossen wird, die man mittelst einer passenden Vorrichtung aus dem Troge
entfernt.
Hinsichtlich der mit dem Verfahren erzielten Resultate theilen wir den kürzlich von
Dr. Würth erstatteten
Bericht mit. Es heißt in demselben:
„Die nach dem Ellershausen-Processe
erzeugten Roheisengänze bestehen aus einem Conglomerate von theilweise
entkohltem Roheisen und granulirtem Eisenerz (100 Theile Roheisen und 30 Theile
Erz). Ist dieses Konglomerat in der gehörigen Weise angefertigt – und es
bedarf einer nur sehr kurzen Erfahrung der Arbeiter, um stets ein gutes Gemisch
zu erhalten
– so behält es bei seiner Verarbeitung im Puddelofen fast ganz seine
ursprüngliche Gestalt bei. Die beim gewöhnlichen Puddelprocesse auftretende
große Schwierigkeit, das Eisen und die Oxyde in innige Berührung mit einander zu
bringen, um das Eisen zu entkohlen, fällt bei Ellershausen's Verfahren weg.“
„Die der Einwirkung des beigemengten Oxydes dargebotene große Oberfläche
verursacht, daß das Roheisen entkohlt wird, ohne daß es, wie dieß im Puddelofen
der Fall ist, erst flüssig zu werden braucht. Das Kohlenoxydgas, dessen
Hindurchtreten durch die flüssige Eisen und Schlackenmasse beim Puddelprocesse
das Kochen hervorruft, entweicht durch das poröse Conglomerat, ohne daß man es
bemerkt. Das nach Ellershausens Verfahren fabricirte
Stabeisen ist von besserer Qualität, als das vermittelst des Puddelprocesses
dargestellte Product. Verschiedene Eisenhüttenbesitzer, welche mit der neuen
Methode experimentirt haben, behaupteten mir gegenüber dieß auf das
Entschiedenste; auch habe ich selbst die mit der neuen Methode erzielten
praktischen Resultate oft beobachtet. (Roheisen, welches, wenn es gepuddelt
wird, äußerst stark rothbrüchig ausfällt, wird „neutral,“
wenn es nach Ellershausen's Verfahren behandelt
wird.) Die Analysen der erzielten Producte liefern den Beweis, daß der Schwefel
weit vollständiger eliminirt wird, als durch den Puddelproceß; dasselbe ist der
Fall mit dem Silicium, während der Phosphor mindestens ebenso gut entfernt wird,
als es vermittelst des sorgfältigsten Puddelns möglich ist. (Man vergleiche die
untenstehen den Analysen.)“
„Das aus einem bedeutend kupferhaltigen Roheisen durch Behandlung mit
„Cornwall-Erz“ (aus der Grafschaft Lancaster in
Pennsylvanien) erzeugte Stabeisen (mit 0,15 Proc. Kupfergehalt) war sehr
rothbrüchig; doch ist dieß auch der Fall, wenn es durch Puddeln dargestellt
wird.“
„Auf den Werken von Schönberger und Comp. wurden mittelst des Ellershausen-Processes bis jetzt beinahe 4000 Tonnen Stabeisen
fabricirt; zur Herstellung des Conglomerates wurden wenig über 28 Procent Erz
(Magneteisenstein und Erz vom Iron mountain in
Missouri) genommen und das Mehrausbringen an Rohschienen überstieg die Menge des
verfrischten Roheisens um beinahe 5 Procent. Nehmen wir diese Zahl an und
veranschlagen wir den Abbrand beim gewöhnlichen Puddeln nur zu 5 Procent, so
haben wir gegenüber der älteren Methode einen Gewinn von 10 Procent. Während es
beim Puddelprocesse als allgemeine Regel gilt, daß per Tonne Rohschienen zur Bildung einer festen Herdsohle mindestens
100 Pfd. Brucheisen, nebst einer wandelbaren, jedoch bedeutenden Menge Erz und
Schlacke, erforderlich sind, ist dagegen bei Verarbeitung der nach Ellershausen's Verfahren dargestellten Roheisenmasseln per Tonne Stabeisen weiter Nichts nöthig, als
ungefähr 40 Pfd. Erz. Die zur Verarbeitung von 800 Pfd.
„Conglomerat“ (welche etwa 600 Pfd. Rohschienen geben)
erforderliche Zeit beträgt in einem gut construirten einfachen Puddelofen nicht über fünf Viertelstunden, da es nicht nöthig
ist, nach jeder fünften bis sechsten Charge den Herd zu repariren; per Schicht lassen sich sieben Chargen mit
Leichtigkeit machen, so daß der Ofen 4200 Pfd. zu produciren im Stande ist,
gegenüber einer Productionsfähigkeit von 2400 Pfd. beim Puddelprocesse. Der
Kohlenverbrauch per Tonne Stabeisen kann nicht viel
mehr als die Hälfte des Consums beim Puddeln betragen; dieß ist durch
zahlreiche, von Wm. Lyon in Pittsburg abgeführte
Versuche nachgewiesen worden. Selbstverständlich ist auch die Abnutzung der
Gezähe eine weit geringere; ebenso braucht man nicht viel mehr als die halbe
Anzahl von Oefen; somit fallen auch die Ausgaben für Reparaturen weit geringer
aus. Da der Puddler mit weniger Anstrengung beinahe doppelt so viel
Schmiedeeisen zu machen im Stande ist als mit dem Puddelprocesse, so kann er
auch nicht mehr denselben hohen Lohn per Tonne
beanspruchen.“
„Die auf den Schönberger'schen Werken zur
Herstellung des „Conglomerates“ benutzten Erze sind
Magneteisenstein von 65 Proc. Eisengehalt, ohne Schwefel und mit nur einer Spur
von Phosphor, ferner rother Hämatit vom Iron
mountain mit gleichem Gehalte an Eisen. Die HHrn. Lyon, Shorb und Comp.
verwenden zu dem gedachten Zwecke braunen Hämatit, enthaltend: 0,21 Proc.
Phosphorsäure, 60 Proc. Eisenoxyd und 13 Proc. Wasser; der Rest besteht in
Kieselsäure und Thonerde.“
Analysen.
a) Roheisen von Schönberger und Comp., aus Eisensteinen vom
Lake Superior, nebst nur geringem Zusatze von
Sterling- und Marmora-Erzen mit Kohks erblasen.
b) Aus a) gepuddeltes Stabeisen.
c) Aus a) nach dem Ellershausen-Processe erzeugtes Schmiedeeisen.
a.
b.
c.
Chemisch gebundener
Kohlenstoff Graphit
2,87 1,34
0,43
0,39
Silicium
1,02
0,20
0,09
Schwefel
0,14
0,011
0,006
Phosphor
0,58
0,120
0,140
Eisen
92,46
–
–
Kupfer, Kobalt, Calcium, Aluminium und Schlacke wurden nicht bestimmt.
Ein aus sehr schwefelhaltigen Erzen auf dem Schönberger'schen Werke erblasenes Roheisen enthielt 0,42 Proc. Schwefel; das
aus demselben durch Puddeln erzeugte Stabeisen zeigte einen Schwefelgehalt von
0,027; das mittelst des Ellershausen-Processes
dargestellte dagegen enthielt nur 0,012 Proc. Schwefel.
d) Roheisen von der den HHrn. Lyon, Shorb und Comp.
gehörenden Sligo-Hohofenhütte.
e) Roheisen von Penna (dieselben
Besitzer),
f) Aus d)
durch Puddeln erzeugtes Stabeisen.
g) Aus d)
nach Ellershausen's Methode dargestellt.
h) Ebenso. (Lyon,
Shorb und Comp.)
i) Stabeisen, von Lyon, Shorb und Comp. aus e) nach Ellershausen's
Verfahren producirt.
d.
e.
f.
g.
h.
i.
Eisen
93,01
94,45
–
–
–
–
Mangan
0,21
Spuren Co
–
–
–
–
Silicium
0,93
0,41
0,17
0,16
0,07
0,05
Phosphor
0,57
0,22
0,25
0,22
0,16
0,15
Schwefel
0,03
0,009
Spur
Spur
Spur
Spur
Kohlenstoff chem. gebundenGraphit
1,05 3,86
1,34 3,18
0,34
0,29
0,31
0,24
Schlacke und Spuren von
Cu, Co, Al und Ca
6,34
6,40
–
–
–
–
k) Puddelschlacke von a).
l) Schlacke vom Ellershausen-Processe.
k.
l.
Kieselsäure
14,02
8,95
Eisenoxyd
17,71
16,01
Eisenoxydul
60,31
68,88
Kalkerde
2,08
1,74
Magnesia
0,84
0,85
Thonerde
1,44
1,31
Phosphorsäure
2,54
1,74
Schwefeleisen
0,88
0,72
Das Roheisen a) wurde mit Puddelschlacke gepuddelt; beim
Verfrischen nach Ellershausen's Verfahren lieferte es
seine eigene Schlacke und in Folge dessen enthält k)
mehr Phosphorsäure und Schwefel, als l).
Außer auf dem Werke von Schönberger und Comp. ist der Ellershausen-Proceß kürzlich auch in großem Maaßstabe auf Burden's Eisenhüttenwerken zu Troy (Vereinigte Staaten)
eingeführt worden; hier hat die Drehscheibe 26 Fuß Durchmesser und das Eisen wird
direct aus dem Hohofen abgestochen. Ebenso ist es in der Westerman Mill
zu Sharon (Vereinigte
Staaten) in Anwendung und hat auch dort, wie versichert wird, gute Resultate
gegeben. In England ist das Verfahren zu Dowlais versucht worden; wir glauben
jedoch, daß man dort die Arbeit des Aufbrechens der „pig blooms“ (Masseln) im Puddelofen so
groß fand, daß der durch die Ersparung des ersten Stadiums des Puddelprocesses
erzielte Vortheil dadurch aufgewogen wurde. Eine Vergleichung dieses Resultates mit
dem zu Pittsburg erhaltenen läßt annehmen, daß die hier verwendeten amerikanischen
Roheisensorten gewisse Qualitäten besitzen, welche sie zum Verfrischen nach Ellershausen's Verfahren geeigneter machen, als die zu
Dowlais benutzten und es ist daher wünschenswerth, daß diese Eigenschaften genau
ermittelt werden.