Titel: | Ueber die Vergleichung der Quecksilber-Thermometer mit dem Luft-Thermometer; von Bosscha und Regnault. |
Fundstelle: | Band 195, Jahrgang 1870, Nr. XVII., S. 55 |
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XVII.
Ueber die Vergleichung der
Quecksilber-Thermometer mit dem Luft-Thermometer; von Bosscha und Regnault.
Aus den Comptes rendus, t. LXIX p. 875, 879; October
1869.
Bosscha und Regnault, über die Vergleichung der
Quecksilber-Thermometer.
In dem „niederländischen Archiv der Harlemer Gesellschaft“ hat
Hr. Bosscha zwei Abhandlungen veröffentlicht, von denen
die erste sich mit der Herleitung einer empirischen Formel aus den Versuchen von Regnault über die absolute Ausdehnung des Quecksilbers
befaßt, um diese Ausdehnung jenen Versuchen gemäß in Function der Temperatur
auszudrücken, und zwar genauer als es durch die von Regnault selbst gegebene Formel geschieht. Ueber die zweite Abhandlung,
deren Gegenstand die Untersuchung des Ganges der Quecksilber-Thermometer,
wegen deren Vergleichung
mit dem Luft-Thermometer ist, spricht sich der Verfasser in einem Schreiben
an den beständigen Secretär der französischen Akademie, mit welchem er dieser jene
beiden Abhandlungen vorlegt, folgendermaßen aus:
„Man erinnert sich, daß Regnault in Folge
seiner Versuche über die Messung der Temperaturen, zwischen 0° und
100° C. einen kleinen Unterschied im Gange des
Quecksilber-Thermometers und des Luft-Thermometers zugegeben hat.
Nach ihm blieben die Quecksilber-Thermometer zwischen jenen
Temperatur-Grenzen beständig zurück gegen das
Luft-Thermometer; aber dieser Schluß steht im Widerspruch mit anderen
älteren Versuchen von Regnault selbst und mit denen
anderer Physiker, welche den Unterschied im Gange beider Instrumente zu
bestimmen suchten.“
Nachdem sodann der Verfasser hervorgehoben hat, von welcher Wichtigkeit die genaue
Kenntniß des Ganges der Quecksilber-Thermometer für die Versuche mit dem
Calorimeter sey, weil die bei demselben zu beobachtenden Anfangs- und
End-Temperaturen meistens nur sehr wenig verschieden seyen, und deßhalb ein
kleiner Fehler in der Bestimmung dieser Temperaturen einen großen Fehler in der
Bestimmung der an das Calorimeter abgegebenen Wärmemenge zur Folge haben könne,
glaubt er aus den älteren Versuchen von Regnault eine
größte Abweichung ε im Gange des
Quecksilber-Thermometers von dem des Luft-Thermometers zwischen
0° und 100° von + 0°, 3, aus den neueren und mehr ausgedehnten
dagegen, welche derselbe Physiker in seiner Abhandlung „sur la mesure des températures“
mitgetheilt hat, ε zu – 0°,2 bis
– 0°,1 annehmen zu können; er schließt daraus auf einen möglichen
Fehler von 1 1/2 Proc. in der Bestimmung der an das Calorimeter abgegebenen
Wärmemenge und auf eine Ungewißheit von 2 Proc. bei den bisher bestimmten
specifischen und latenten Wärmen, so lange Zweifel über den wahren Gang der
Quecksilber-Thermometer beständen, und fährt dann fort:
„Wie ich erwartete, verschwindet durch eine genaue Berechnung der
Widerspruch zwischen den älteren Versuchen Regnault's
über die Messung der Temperaturen von 0° bis 100° und dessen
neueren, welche in der erwähnten Abhandlung „sur la mesure des températures“ mitgetheilt sind
und sich auf die Bestimmung der Temperaturen über 100° beziehen,
gänzlich; denn es geht daraus mit voller Evidenz hervor, daß jener Unterschied
durchaus nur der verschiedenen Natur des bei der Verfertigung der Thermometer
angewendeten Glases zuzuschreiben ist. Zwischen 0° und 100° geben
alle Quecksilber-Thermometer aus
gewöhnlichem Glase eine höhere Temperatur an, als das Luft-Thermometer,
nur die aus
Krystallglas von Choisy-le-Roi zeigen
eine tiefere an, und dieser Unterschied blieb Hrn. Regnault verborgen, weil seine Rechnungen nicht die genügende
Annäherung gestatteten.“
„Während aber meine Rechnungen so die Möglichkeit einer genauen Bestimmung
des Ganges eines Quecksilber-Thermometers zwischen 0° und
100° zeigen, bleibt es nicht weniger wahr, daß, so lange der Gang des
angewendeten Instrumentes nicht sorgfältig bestimmt ist, die (oben angegebene?)
Ungewißheit in den für die specifischen und latenten Wärmen gefundenen Zahlen
bestehen bleibt; denn die Untersuchung der Versuche des Hrn. Regnault hat zu dem überraschenden (?) Schluß
geführt, daß zwei genau calibrirte Thermometer, deren
Fix-Punkte 0° und 100°
genau zusammenfallen, zwischen diesen Punkten
Unterschiede von fast einem halben Grad zeigen können.“
„Regnault hat bei seinen Versuchen beständig
Thermometer aus Krystallglas von Choisy-le-Roi angewendet; da aber diese Thermometer die
einzigen sind, welche zwischen 0° und 100° weniger angeben als das Luft-Thermometer, so bilden sie
gleichsam eine Ausnahme unter den Quecksilber-Thermometern und stimmen
nicht mit denen überein, deren man sich gewöhnlich bedient, noch auch mit denen
welche von anderen Physikern angewendet werden. Daraus folgt, daß die
Zahlenwerthe der bei der Berechnung der Dampfmaschinen benutzten Constanten,
welche eine so wichtige Rolle in der Wärme-Theorie spielen, nicht auf die
gewöhnlichen Umstände, wie sie in der Praxis vorkommen, anwendbar sind, und
nicht auf solche, in denen sich andere Physiker befinden, wenn diese Werthe
nicht zuvor auf eine constante und streng definirte Einheit, den hunderttheiligen Grad des Luft-Thermometers,
reducirt worden sind.“
Hr. Bosscha folgert nun weiter die Nothwendigkeit einer
Correction aller calorimetrischen Versuche Regnault's,
wofür er als Beispiele anführt, daß die Wärmemenge welche ein Kilogr. Wasserdampf
von 100° abgibt, wenn er in Wasser von 0° übergeht, wahrscheinlich um
3,5 Calorien vermehrt, und daß die specifische Wärme des Wassers von 107°,
welche Regnault zu 1,00384 angibt, auf 1,01071 erhöht
werden müsse, und meint schließlich:
„Diese Beispiele werden genügen, um zu zeigen wie unerläßlich es ist,
nicht nur bei künftigen Versuchen den Gang des Quecksilber-Thermometers,
dessen man sich bedienen will, durch dessen Vergleichung mit dem
Luft-Thermometer zu bestimmen, sondern auch, wenn es möglich ist, den
genauen Werth der Correction zu ermitteln, welcher alle von Regnault aus seinen Versuchen gezogenen Zahlenwerthe
unterzogen werden müssen, um sie auf das Luft-Thermometer zu beziehen. So
lange man den Gang der Thermometer, durch welche Regnault die Temperaturen seiner Calorimeter bestimmt hat, nicht genau
kennt, sind alle von ihm gefundenen specifischen und latenten Wärmen mehr oder
weniger unsicher und verlieren einen großen Theil ihres Werthes.“
Diesem Briefe läßt Regnault eine eingehende Erwiderung
folgen, welche den doppelten Zweck hat, einmal die Einwendungen Bosscha's gegen seine calorimetrischen Versuche
zurückzuweisen, und dann die Physiker vollständig darüber in Kenntniß zu setzen, wie
Regnault bei der Verfertigung und Anwendung seiner
Quecksilber-Thermometer verfährt, und wir halten diese Entgegnung in beiden
Beziehungen für wichtig genug, um sie hier fast wörtlich mitzutheilen. Nach einer
kurzen und zustimmenden Erwähnung der ersten Abhandlung von Bosscha geht Regnault auf dessen zweite
Abhandlung über.
„Die zweite Abhandlung befaßt sich mit der Vergleichung des
Quecksilber-Thermometers mit dem Luft-Thermometer. Hr. Bosscha findet sich veranlaßt, das was ich über
diesen Gegenstand veröffentlicht habe, einer Besprechung zu unterziehen und
kommt zu dem Schlusse, daß alle meine calorimetrischen Versuche einer
wesentlichen Correction bedürfen, und zwar deßhalb, weil ich die Angaben meiner
Quecksilber-Thermometer nicht gehörig in Temperaturen des Luft
Thermometers übersetzt habe; in dieser Beziehung kann ich Hrn. Bosscha nicht beistimmen, ich werde vielmehr
beweisen, daß er sich in allen Punkten im Irrthum befindet.“
„Hr. Bosscha bespricht zuerst meine Abhandlung
über die Messung der Temperaturen und sagt: „Hr. Regnault hat zugegeben, daß zwischen 0° und 100° ein
kleiner Unterschied im Gang des Quecksilber-Thermometers und des
Luft-Thermometers vorhanden ist; nach ihm blieben die
Quecksilber-Thermometer zwischen diesen Temperatur-Grenzen in
ihren Angaben immer zurück gegen das Luft-Thermometer“
Dieß habe ich niemals gesagt, alle Versuche in dieser Abhandlung beweisen das
Gegentheil; ich habe diesen Satz nur über die Thermometer aus Krystallglas von
Choisy-le-Roi ausgesprochen, die
ich zu jener Zeit hauptsächlich angewendet habe. Die Thermometer aus allen anderen Glassorten, deren ich mich bedient
habe, zeigen eine Abweichung im entgegengesetzten Sinne; denn es ist klar, daß
alle Quecksilber-Thermometer, welche über 100° weniger hohe
Temperaturen anzeigen als das Luft-Thermometer, zwischen 0° und 100° diesem
voreilen müssen.“
„Die Thermometer aus Krystallglas von Choisy-le-Roi zeigen bei hohen Temperaturen größere
Abweichungen vom Luft-Thermometer als die aus anderen Glassorten
verfertigten, und doch habe ich jenen den Vorzug gegeben, und zwar aus folgendem Grunde. Wenn
man die Temperaturen des Luft-Thermometers als Abscissen und die
Unterschiede zwischen diesen Temperaturen und denen des
Quecksilber-Thermometers als Ordinaten nimmt, so erhält man für die
Thermometer aus jenem Krystallglase eine Curve ohne Inflexion, welche die
Abscissenlinie nur in den beiden Fix-Punkten, bei 0° und
100°, schneidet; die Curve liegt zwischen 0° und 100°
unterhalb der Abscissen-Achse, entfernt sich aber auch in der Mitte bei
50° kaum wahrnehmbar von ihr; über 100° entfernt sie sich aufwärts
von derselben, zuerst langsam, dann aber viel rascher, und diese Gestalt der
Curve macht nicht nur die graphische Construction sicherer, sie erleichtert auch
das Aufsuchen einer Interpolations-Formel. Für die Thermometer aus
anderen Glassorten zeigt die Curve Inflexionen und schneidet die
Abscissen-Achse in drei Punkten, natürlich bei 0° und 100°
und dann noch in einem dritten Punkt, welcher von 160° bis 240°
variirt; die Curve liegt zwischen 0° und 100° über der Abscissen-Achse, geht bei 100°
unter sie herab, biegt dann aber wieder um und schneidet sie wieder aufwärts
steigend bei einer Temperatur welche für jedes Instrument eine besondere ist.
Hier ist also die Curve in ihrer Gestalt viel weniger einfach. Uebrigens besteht
die Krystallglas-Fabrik von Choisy-le-Roi schon seit 15 oder 18 Jahren nicht mehr;
ich konnte mich also seitdem auch ihrer Fabricate nicht mehr
bedienen.“
„Die Glasröhren zu den Thermometern welche ich seit zwanzig Jahren
anwende, stammen von einer einzigen Bestellung her, welche ich gemeinsam mit
Hrn. Fastré bei einer Glasfabrik in Paris
gemacht habe. Die Untersuchung einer großen Zahl verschiedener Glassorten hatte
mir gezeigt, daß dieses Glas sehr rein ist und daß es zu Thermometern verwendet
nur schwache Verrückungen des Null-Punktes zeigt und zwischen 0°
und 140° die geringsten Abweichungen vom Luft-Thermometer gibt. Es
ist dieß ein gewöhnliches Glas, enthält aber etwas Blei, weßwegen der Gang der
daraus gefertigten Quecksilber-Thermometer die Mitte hält zwischen denen
aus gewöhnlichem Glase und denen aus Krystallglas, so daß ihre größte Abweichung
von dem Luft-Thermometer bei 55° niemals ein Zehntel Grad
erreicht.“
„In meiner Abhandlung über das Messen der Temperaturen habe ich mich nicht
mit Temperaturen zwischen 0° und 100° befaßt, weil es nur darum zu
thun war, die Unterschiede in dem Gang der Quecksilber-Thermometer zu
zeigen und ich dazu die Bedingungen suchen mußte, unter welchen jene
Unterschiede am größten werden, und ich habe dort bewiesen, nicht nur daß zwei
Thermometer aus verschiedenen Glassorten, wenn auch mit denselben
Fix-Punkten, nicht im Einklang bleiben, sondern auch, daß zwei Thermometer
aus derselben Glassorte, ja sogar aus derselben Capillar-Röhre
verfertigt, bei höheren Temperaturen nicht mehr in Uebereinstimmung bleiben. Die
aus dieser Arbeit gezogenen Schlüsse, welche in meinen anderen Abhandlungen oft
wiederholt werden, sind:
1) Das Quecksilber-Thermometer kann für genaue Versuche nicht zum Messen
der Temperaturen angewendet werden, weil ihm die erste unentbehrliche Bedingung
oder Eigenschaft, die Vergleichbarkeit fehlt.
2) Es ist nicht möglich, eine allgemeine Tabelle
aufzustellen zur Umwandlung der Angaben verschiedener
Quecksilber-Thermometer, wären sie auch aus einem und demselben Glase
verfertigt, in Grade des Luft-Thermometers; denn eine solche Tabelle ist
nur für das Quecksilber-Thermometer gültig, welches direct mit dem
Luft-Thermometer verglichen worden ist. Daraus folgt aber offenbar, daß
jedes Quecksilber-Thermometer, das zu genauen Versuchen dienen soll,
zuvor mit dem Luft-Thermometer verglichen werden muß, und das habe ich immer gethan, sowohl zwischen 0°
und 100° als für
höhere Temperaturen. Nach diesem wird mir nun wohl Niemand die
Sorglosigkeit zutrauen, zur Umwandlung der Angaben meiner
Quecksilber-Thermometer in Grade des Luft-Thermometers Tabellen
angewendet zu haben und anzuwenden, welche ich in den Mémoires de l'Académie t. XXVI veröffentlicht und zu
einem besonderen Studium angefertigt habe, nämlich einzig dazu, den Unterschied
im Gange der Quecksilber-Thermometer zu zeigen.“
„Da sich mir aber hier die Gelegenheit darbietet, so will ich noch kurz
mittheilen, wie ich mit meinen Quecksilber Thermometern verfahre; die Physiker
können darnach beurtheilen, welchen Grad des Zutrauens sie von dieser Seite in
meine Messungen setzen können.“
„Ich unterscheide drei Classen der Quecksilber-Thermometer:
1) die Aich-Thermometer (thermomètres
étalons), von – 10° bis + 110°,
2) die Quecksilber-Thermometer für hohe Temperaturen, von –
10° bis + 350°, welche ich aber nie über 300° anwende,
und
3) die sehr empfindlichen Thermometer für die Calorimeter, welche nur von
0° bis + 30° reichen.
Alle diese Thermometer haben willkürliche Theilungen, sind aber genau calibrirt
und aus derselben Glassorte gefertigt, welche ich oben genannt habe.“
„Von den Aich-Thermometern lasse ich
eine große Zahl, zehn oder zwölf mit einander anfertigen, weil sie lange Zeit
dienen sollen und es immer einige darunter gibt, welche ganz verworfen werden
müssen oder nur zu weniger genauen Beobachtungen verwendet werden können. Ich fange dann damit
an, diese Thermometer in Bezug auf die Aenderung des Null-Punktes zu
untersuchen. Dazu bestimme ich einige Zeit nach ihrer Verfertigung den
Null-Punkt in schmelzendem Eis, den Siedepunkt in dem
Siede-Apparat und unmittelbar darauf wieder den Null-Punkt im Eis.
Ergibt sich hierbei ein wesentlicher Unterschied (etwa 2 Zehntel Grad) zwischen
den beiden Null-Punkten, so wird das Thermometer verworfen; ich lasse die
Kugel abschneiden und eine neue anblasen: denn sehr oft bängt diese
Veränderlichkeit des Null-Punktes davon ab, wie die Kugel geblasen und
abgekühlt wurde. In Folge dieser ersten Prüfung müssen oft die Hälfte und mehr
dieser Instrumente als unbrauchbar bei Seite gelegt werden.“
„Die übrigen werden nun einer neuen Probe unterworfen, welche darin
besteht, daß man sie in einer großen Wanne voll Wasser, welches durch eine
Maschine in beständiger und gleichförmiger Bewegung erhalten wird, rings um den
in der Mitte befindlichen Behälter eines Luft-Thermometers aufhängt, das
Wasser durch Gasflammen, die man beliebig reguliren kann, allmählich erwärmt und
es dann in der Nähe von 25°, 50° und 75° jedesmal einige
Zeit auf einer constanten Temperatur erhält. Für diese constanten Temperaturen
werden sowohl die Angabe des Luft-Thermometers als die der sämmtlichen
Quecksilber-Thermometer mehrfach abgelesen und notirt; die
Quecksilbersäulen dieser letzteren sind ganz unter Wasser getaucht und ihre Höhe
wird an der dabei angebrachten Theilung mittelst eines horizontalen Fernrohres
durch eine Glasplatte hindurch abgelesen, welche die eine Seite der Wanne
bildet. Dieselbe Reihe von Beobachtungen wird aufgezeichnet, während man die
Temperatur des Wassers wieder sinken läßt.“
„Auf diese Weise erhält man also die Vergleichung der
Quecksilber-Thermometer mit dem Luft-Thermometer, und wenn eine
große Zahl derselben nur sehr kleine Abweichungen in ihrem Gange zeigt, was
immer der Fall ist, wenn sie aus demselben Glas verfertigt sind, so wähle ich
sie als Aich-Thermometer, jedoch mit dem Vorbehalt, sie später
zurückzustellen, wenn ich Unregelmäßigkeiten in ihrem Gange wahrnehmen sollte.
Ich gebe jedem eine Nummer und construire die Curve, welche dessen Gang in Bezug
auf das Luft-Thermometer darstellt. Eine solche Vergleichung wird
indessen nicht nur einmal gemacht, ich ergreife vielmehr jede Gelegenheit, und
solche bieten sich in meinem Laboratorium oft dar, um eine neue Vergleichung der
Aich-Thermometer mit dem Luft-Thermometer anzustellen und zu
erkennen, ob bei ihnen keine Veränderung eingetreten ist. Aus dem Glase
gefertigt, welches ich seit langer Zeit anwende, weichen die
Quecksilber-Thermometer zwischen 0° und 100° nur sehr wenig (höchstens
2/10 Grad in der Mitte) vom Luft-Thermometer ab; jedenfalls sind aber
jene Aich-Thermometer in Bezug auf ihre Abweichung von diesem genau
corrigirt, und es bleibt bezüglich der genauen Bestimmung der Temperatur keine
Ungewißheit, als die welche für die Angabe des Luft-Thermometers selbst
besteht, da diese keiner absoluten Genauigkeit fähig ist.“
„Die Thermometer für die Calorimeter werden
durch Vergleichung ihres Ganges mit dem der Aich-Thermometer graduirt;
denn man kann auf diesen Instrumenten nur einen einzigen Fix-Punkt, den
Null-Punkt, bestimmen, da ihr Gang 30 Grade nicht überschreitet. Da nun
die Aich-Thermometer in Bezug auf das Luft-Thermometer corrigirt
sind, so ist es klar, daß die Thermometer für die Calorimeter in gleicher Weise
corrigirt werden können. Bei den speciellen Versuchen sollen diese Thermometer
nur innerhalb sehr enger Temperatur-Grenzen Anwendung finden, die ich von
10 bis 15 Grad annehme. Ich bestimme den Null-Punkt eines solchen
Instrumentes im schmelzenden Eis, dann verfolge ich seinen Gang mit dem
Aich-Thermometer von 0° bis 30° und ganz besonders zwischen
den Temperaturen 0° und 15°, innerhalb deren die des Calorimeters
bei den Versuchen bleiben soll; ich berechne den Werth des hunderttheiligen
Grades in Theilen des Thermometers, welcher die größte Uebereinstimmung gibt
zwischen den Temperaturen dieses Thermometers und der corrigirten Temperatur des
Aich-Thermometers innerhalb der Grenzen welche die Temperatur des
Kalorimeters einhalten soll. Die große Wasserkufe, welche zur Vergleichung
dieser Thermometer dient, bleibt stets im Dienst; jeden Tag nach Beendigung der
Versuche hängt man die Thermometer des Calorimeters neben dem
Aich-Thermometer auf, das immer in der Wasserkufe bleibt, und diese
enthält Wasser, dessen Temperatur wenig von der des Wassers in den Calorimetern
verschieden ist. Man erhält so jeden Tag eine Vergleichung der
Calorimeter-Thermometer mit dem Aich-Thermometer.“
„Die Hauptbestimmung dieser Thermometer besteht darin, die
Temperatur-Aenderung Δϑ des
Calorimeters während des Versuches anzugeben; diese Instrumente müssen also
möglichst empfindlich seyn. Da meine Thermometer mit willkürlichen Theilungen
versehen sind, so werden die Δϑ mit
Logarithmen berechnet und zwar auf 4, gewöhnlich sogar auf 5 Decimalen. Damit
soll indessen nicht gemeint seyn, daß die durch das Instrument angegebene
Temperatur auf 1/10000 oder 1/100000 Grad genau ist; ich glaube vielmehr, daß
man dafür selten, vielleicht niemals auf 1/100° sicher rechnen kann. Aber
die Unterschiede Δϑ können eine viel
größere Genauigkeit erreichen, und da diese Werthe, wie sie in meinen Tabellen eingetragen
sind, schon bezüglich der störenden Ursachen corrigirt wurden, diese
Correctionen aber sich durch aufeinanderfolgende Additionen sehr kleiner Größen
ergeben, die entweder auf einer graphischen Curve abgegriffen oder durch eine
Interpolationsformel berechnet wurden, so muß man den Decimalbruch hinreichend
weit fortsetzen, damit die Summe nicht mit einem fühlbaren Fehler behaftet ist
und der Experimentator über ihren Werth nicht ein wenig zu viel verfügen kann,
was immer gefährlich ist.“
„Die Quecksilber-Thermometer für hohe
Temperaturen setze ich unmittelbar in die Oelwanne welche zu meinen
Versuchen dienen soll, und bringe sie da in eine Lage, welche immer unverändert
bleibt während der Versuche für die sie bestimmt sind, weßhalb denn auch immer
ein mehr oder weniger beträchtlicher Theil der Quecksilbersäule außerhalb des
Bades seyn wird. In der Mitte dieses Oelbades stelle ich den Behälter für ein
Luft-Thermometer auf und zwar in gleicher Höhe mit den Kugeln der
Quecksilber-Thermometer, und lasse die Flüssigkeits-Schichten des
Oelbades, dessen Temperatur für jede einzelne Beobachtung möglichst genau
constant erhalten wird, durch einen Rührer beständig unter einander mischen. Ich
stelle also die Vergleichung meiner Quecksilber-Thermometer mit dem
Luft-Thermometer ganz unter denselben Bedingungen an, unter welchen sie
bei den Versuchen gebraucht werden; ich corrigire zugleich deren Abweichung vom
Luft-Thermometer und den Fehler welcher aus dem nicht eingetauchten Theil
der Quecksilbersäule entspringt; ich construire mittelst dieser Beobachtungen
eine Curve, auf welcher nach den Angaben der Quecksilber-Thermometer die
entsprechenden Temperaturen des Luft-Thermometers abgegriffen werden, und
nur diese letzteren trage ich in die Tabellen ein, welche die Ergebnisse meiner
Versuche enthalten sollen.“
„Nach meiner Ansicht ist dieses Verfahren das einzige, welches genaue Ergebnisse zu liefern vermag, wenn man nicht
direct das Luft-Thermometer anwenden kann; ich habe nie ein anderes
Verfahren angewendet, und man findet die Beschreibung desselben schon in meiner
Arbeit über die specifische Wärme der Gase, bei welcher ich zum erstenmal nicht
unmittelbar das Luft-Thermometer angewendet habe. Kurz, das
Quecksilber-Thermometer ist für mich immer nur ein Thermoskop und seine Angaben werden sowohl für gewöhnliche wie für
höhere Temperaturen immer in Grade des Luft-Thermometers übersetzt, und
zwar nicht nach einer theoretischen Formel, sondern nach einer graphischen
Construction oder einer sie ersetzenden Interpolationsformel, deren Elemente
immer durch directe Versuche mit jedem einzelnen Quecksilber-Thermometer
gefunden wurden, so
daß jedes dieser Instrumente mit einer graphischen Construction versehen ist,
auf welche alle Vergleichungen desselben mit dem Luft-Thermometer, die zu
machen sich Gelegenheit darbietet, aufgetragen werden. Solcher Constructionen
besitze ich über hundert, einige meiner Thermometer sind schon seit dreißig
Jahren im Gebrauch und sehr oft mit dem Luft-Thermometer verglichen
worden. Ich konnte also für meine Versuche mit vollständiger Sachkenntniß
jedesmal das Verfahren wählen, welches bei unseren gegenwärtigen Hülfsmitteln
das sicherste ist und kann daher behaupten, daß unter
diesem Gesichtspunkte die Ergebnisse meiner Versuche keiner Correction
bedürfen.“
G. D.