Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 194, Jahrgang 1869, Nr. , S. 449 |
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Miscellen.
Miscellen.
Getreidemühle von J. Norman in
Glasgow.
Die jüngst von Norman patentirte Mühle ist zunächst nur
für kleine, für Handbetrieb eingerichtete Mühlen oder in der Landwirthschaft zum
Schroten der Futterkörner bestimmt, soll aber auch in größerem Maaßstab ausgeführt,
rotirenden Steinen Concurrenz bieten.
Die Mühle besteht aus zwei geneigt angeordneten, mit Furchen versehenen
Metallplatten; die untere ist fest am Gestelle, die obere dagegen wird in einem
gewissen verstellbaren Abstand von einer rotirenden Welle aus mittelst Excenter oder
Kurbel rasch hin und her bewegt.
Das Mahlgut wird durch einen Rumpf zwischen die Platten geführt, daselbst verkleinert
und gelangt beim Austritt zwischen zwei bewegte Walzen, welche die Wirkung der
Mahlplatten ergänzen. (Mechanics' Magazine, August 1869,
S. 29.)
Der Montcénis-Tunnel.
Aus Florenz, 24. November meldet ein Telegramm: Gestern
hat an dem Tunnelbau des Montcénis auf italienischer Seite die letzte
Sprengung stattgefunden. Der italienische Theil, 740 Meter lang, ist fertig.
Russische Riesen-Kanone.
Nach Mittheilung des zu Berlin erscheinenden Militär Wochenblattes vom 17. November
1869 ist am Schlusse des Monats August der Chef der Artillerie in Kronstadt, General Pestisch, nach der Perm'schen
Eisengießerei abgereist, um dem Probeschießen mit einer daselbst nach Rodman'scher Manier, mit Abkühlung von innen nach außen
hin gegossenen, glattgebohrten Monstre-Kanone von 20 Zoll Kaliberdurchmesser
beizuwohnen. Das Projectil dieser gigantischen Kanone wiegt 27 1/2 Pud oder 1100
Pfd., die Pulverladung derselben wird 140 Pfd. betragen und gleichzeitig bei dieser
Schießprobe auch die nach General-Major Pestisch's
eigener Angabe construirte Laffette dieses Geschützes zum Versuch kommen. Diese
Kanone ist zur Armirung eines mit Thürmen versehenen Monitors bestimmt, dessen
Constructions-Zeichnungen der Contre-Admiral Popoff entworfen hat.
Nomenclatur des Stahles; von Bergrath Dr. Wedding in Berlin.
Je wichtiger der Stahl für die Industrie wird, je mehr die Stahldarstellung an
Ausdehnung gewinnt und je mehr Stahlerzeugungsarten erfunden und angewendet werden,
um so mehr Namen tauchen für die verschiedenen Stahlsorten auf, Namen, welche meist
nichts mit der Qualität des Stahles, nichts mit der Erzeugungsart zu thun haben,
sondern gewöhnlich nur den verewigen sollen, der sich für den Erfinder hält. Man
könnte diese Eitelkeit wohl verzeihlich finden, wenn nicht die Folge davon eine
unendliche Verwirrung wäre, durchdringbar nur für den, welcher beständig den
Fortschritten und Neuerungen dieses Industriezweiges folgt, und wenn nicht durch
diese Verwirrung dem absichtlichen und unabsichtlichen Betruge Thür und Thor
geöffnet würde.
Es dürfte daher eine allgemein angenommene Nomenclatur, welcher sich auch weitere
Aenderungen, Verbesserungen u.s.w. leicht einordnen lassen, nicht nur ein bloßes
theoretisches Interesse haben, sondern auch von Wichtigkeit für Handel und Wandel
seyn können. Möge der nachfolgende Entwurf eine Anregung geben, auf Grund deren
vielleicht noch bessere Vorschläge hervortreten!
Man unterscheidet die beiden Hauptgruppen;
I. Rohstahl und II. Feinstahl.
I. Unter Rohstahl versteht man jeden Stahl in dem
Zustande, in welchem er aus der Stahlerzeugungsmethode hervorgeht. Nach den
Stahlerzeugungsmethoden aber unterscheidet man 1) Rennstahl, 2) Frischstahl. 3) Flußstahl. 4) Erzstahl, 5) Kohlungsstahl.
1) Der Rennstahl ist gewonnen durch directe Reduction der
Erze. d.h. durch Rennarbeit. Wird die Reduction im Herde
ausgeführt (catalonischer Stahl), so erhält man Herdrennstahl; geschieht sie im Schachtofen (z. Th. beim
Wootz-Stahl), so erhält man Schachtofenrennstahl
oder Ofenrennstahl; geschieht sie in geschlossenen
Gefäßen (z.B. nach Clay's, Renton's, Chenot's und Anderer
Methoden), so erhält man Retortenrennstahl.
2) Der Frischstahl entsteht durch die Entkohlung flüssigen
Roheisens. Ist der Frischstahl im Herde bei Holzkohlen dargestellt, so erhält man
Herdfrischstahl; geschieht die Darstellung in
Flammöfen durch Puddeln, so ist das Product Flammofenfrischstahl oder Puddelstahl; durch
den Bessemerproceß endlich erhält man (z.B. vielfach in Schweden) Bessemerfrischstahl.Das von Tunner eingeführte Wort Bessemern ist, obgleich falsch gebildet in Folge
der zufällig mit anderen Zeitwörtern übereinstimmenden Endigung, so sehr terminus technicus geworden, daß der Versuch
einer Aenderung erfolglos, aber auch unnöthig seyn würde.
Wird bei einem der Frischprocesse statt des Sauerstoffes der Luft der Sauerstoff
eines anderen Körpers zur directen oder indirecten Oxydation des Kohlenstoffes im
Roheisen verwerthet, so läßt sich der Name dieses Körpers leicht der Benennung des
Stahles vorfügen, z.B. Salpeterpuddelstahl.
3) Der Stahl, welcher durch Zusammenschmelzen von Roheisen und Schmiedeeisen erzeugt
wird, möge den allgemeinen Namen Flußstahl erhalten, ein
Name, der an das Roheisen (Floß) erinnernd, die Flüssigkeit des Productes bezeichnet
und geeignet erscheint, den für diese Sorten Rohstahl oft fälschlich gewählten Namen
Gußstahl zu verdrängen. Ist die Operation im Tiegel vorgenommen (Réaumur's
Methode), so entsteht
Tiegelflußstahl, geschieht sie im Flammofen (Martin-Siemens' Methode), Flammofenflußstahl, in der Bessemerbirne, Bessemerflußstahl oder kurz Bessemerstahl. Zu
der letzten Sorte gehören die meisten im Handel als Bessemerstahl bezeichneten
Sorten, während Bessemerfrischstahl seltener vorkommt; denn gewöhnlich erzeugt man
zuerst Bessemereisen und führt dieses durch Zusatz von Roheisen in den
Bessemerflußstahl zurück.
4) Erfolgt die Oxydation des Kohlenstoffes im Roheisen durch Zusammenschmelzen des
letzteren mit Eisenerz, so wird Erzstahl erzeugt.
Geschieht dieß im Tiegel (z.B. nach Uchatius' Methode),
so erhält man Tiegelerzstahl; durch den Flammofen (Siemens' Methode) gewinnt man Flammofenerzstahl; wird die Operation in Gruben ausgeführt (Ellershausen's Methode), so ist das Product Grubenerzstahl. Man sieht, daß diese Methoden sich
einerseits eng an die Rennarbeiten, anderseits an die Frischarbeiten anschließen,
und daß die genaue Benennung des erzeugten Stahles in dieser Gruppe daher zuweilen
Schwierigkeiten machen wird, doch solche Mittelglieder und Uebergänge finden sich ja
überall und dürfte kein Grund seyn, die gemachte Abgrenzung ganz zu verwerfen.
5) Schließlich bleibt noch die Stahldarstellung durch Kohlung des Schmiedeeisens
übrig, welche Kohlungsstahl liefert. Geschieht die
Kohlung in der Glühhitze durch Cementation, so erhält man Cementstahl, geschieht sie durch Schmelzung des Schmiedeeisens mit Kohle
oder kohligen Substanzen (natürlich Roheisen nicht eingeschlossen), so erhält man
Kohlenstahl (z. Th. Damaststahl, Bréant's, Luynes' Stahl u.s.w.).
II. Wird irgend eine dieser Rohstahlarten durch Schweiß- oder Umschmelzarbeit
verbessert (raffinirt), so liefert dieß Feinstahl.
1) Aus der Schweißarbeit (dem Gerben) geht der Gerbstahl
hervor.
2) Aus der Umschmelzarbeit geht der Gußstahl hervor.
Geschieht das Umschmelzen in Tiegeln, so erhält man Tiegelgußstahl, geschieht es im Flammofen, so ist das Product Flammofengußstahl. Will man die Art des Rohstahles näher
bezeichnen, aus welcher der Feinstahl erzeugt ist, so läßt sich dieß durch
Combinationen, wie Puddelgerbstahl, Bessemergußstahl
u.s.w. leicht erreichen. (Berg- und hüttenmännische Zeitung, 1869, Nr.
44.)
Ueber ein künstlich dargestelltes krystallisirtes
Silberamalgam; von Ernest Dumas.
Beiläufig 10 Kilogr. von silberhaltigem Quecksilber, welches in der Münze zu Bordeaux
in einer eisernen Flasche aufbewahrt winde, und aller Wahrscheinlichkeit nach um das
Jahr 1832 zum Verquicken oder Entsilbern des vom Umschmelzen der Sechsfrankenthaler
herrührenden Gekrätzes gedient hatte, wurden durch Gemsenleder filtrirt. Dieses
Quecksilber hinterließ einen Rückstand von Krystallen, von denen die schönsten
ausgesucht wurden. Dieselben gleichen dem krystallisirten natürlichen Silberamalgam;
sie enthalten:
Silber
27,4
Quecksilber
72,6
–––––
100,0
Außerdem enthalten sie Spuren von Gold.
Klaproth fand in dem natürlichen Silberamalgam:
Silber
36
Quecksilber
64
––––
100
eine Zusammensetzung die fast genau der Formel AgHg² entspricht, welche erfordert:
Silber
34,68
Quecksilber
65,32
––––––
100,00
Die der Zusammensetzung des von mir analysirten Productes entsprechende Formel würde
= AgHg³ seyn, welche erfordert:
Silber
26,5
Quecksilber
73,5
–––––
100,0
(Comptes rendus, t. LXIX p. 760; October 1869.)
Leichte Darstellung von chlorsaurem Baryt; von Moritz Brandau.
Bekanntlich ist es mit Schwierigkeiten verbunden, andere chlorsaure Salze als das des
Kali's direct rein darzustellen; ebenso ist aber bisher keine leicht ausführbare
Methode zur Darstellung derselben aus letzterem bekannt, da die einzige verwendbare
durch Abscheidung des Kali's als Kieselfluorkalium sehr umständlich ist. Ich habe
nun einen sehr leicht ausführbaren Weg gefunden in der Abscheidung des Kali's als
Kalialaun. Man verfährt dabei in folgender Weise.
Schwefelsaure Thonerde (das käufliche krystallisirte, 18 Aeq. Wasser enthaltende
Salz), Schwefelsäure und chlorsaures Kali werden im Verhältniß von 1 : 1 : 2
Mol.49 Gewichtstheile Schwefelsäure, 333 Theile schwefelsaure Thonerde und 122
1/2 Th. chlorsaures Kali. mit so viel Wasser, daß das Gemenge einen dünnen Brei bildet, etwa 1/2
Stunde lang auf dem Wasserbade unter häufigem Umrühren erwärmt. Das Product ist eine
Lösung von Chlorsäurehydrat mit Alaun, überschüssiger schwefelsaurer Thonerde und
überschüssiger Schwefelsäure, aus der, besonders nach dem Erkalten, reichlich
Alaunkrystalle ausgeschieden sind. Man mischt die völlig
erkaltete Masse mit ihrem mehrfachen Volumen Alkohol, filtrirt und wäscht
die rückständige Krystallmasse mit Alkohol von 50 Procent aus. Die alkoholischen
Filtrate werden darauf mit Barythydrat neutralisirt, wodurch chlorsaurer Baryt,
schwefelsaurer Baryt und etwas Thonerdehydrat entstehen. Man verdampft auf dem
Wasserbade den größten Theil des Alkohols, filtrirt die wässerige Lösung des
chlorsauren Baryts und wäscht den rückständigen Niederschlag mit Wasser. Die
filtrirten Lösungen enthalten nun reinen chlorsauren Baryt, welcher durch Verdampfen
derselben leicht krystallisirt oder durch Ausfällen des Baryts mit Schwefelsäure zur
Darstellung von Chlorsäure selbst benutzt werden kann.
Bedingung für das leichte Gelingen des Versuches ist, daß schwefelsaure Thonerde und
Schwefelsäure in kleinen, Ueberschusse angewendet werden, da sonst dem Barytsalze
chlorsaures Kali beigemengt bleibt, und daß vor Zusatz von Alkohol die Mischung
erkaltet ist, damit die Chlorsäure nicht auf denselben einwirken kann, was außerdem
durch die Anwesenheit der größeren Menge Wasser verhindert ist. (Annalen der Chemie
und Pharmacie, Bd. CLI S. 361.)
Reaction auf Aetznatron; von C. Müller
jun. in Straßburg.
Indem ich einer Lösung von gewöhnlicher Soda (kohlensaurem Natron) eine sehr
verdünnte Lösung von übermangansaurem Kali (1/10,000) beifügte, färbte sich dieselbe
augenblicklich grün. Mit reinem kohlensauren Natron
bleibt die Lösung roth. Mit den anderen Natronsalzen verhält es sich ebenso. Ich
fand, daß dieser Farbenwechsel durch das Aetznatron, das sich in geringer Quantität
in der käuflichen Soda fand, hervorgerufen wurde. Folglich bittet sich hier ein
leichtes Verfahren dar, Aetznatron im kohlensauren Natron zu erkennen. Ich habe mich
überzeugt, daß diese Grünfärbung nicht durch unterschwefligsaures Natron bewirkt
wird, denn dasselbe entfärbt die Lösung des übermangansauren Salzes mit Bildung
eines braunen Niederschlages. Die Grünfärbung ist bei einem Gehalt von 1/500
Aetznatron noch sehr deutlich.
Die Kalisalze der nämlichen Prüfung unterwerfend, fand ich, daß Aetzkali mit
übermangansaurem Kali ebenfalls eine grüne Färbung hervorbringt, nur ist die
Reaction nicht so empfindlich wie bei den Natronsalzen. Keines der gewöhnlichen
Salze der Alkalien und alkalischen Erden bringt die grüne Färbung hervor, sie
bleiben alle roth im
Augenblick der Prüfung, mit Ausnahme von Chlorcalcium und salpetersaurem Kalk,
welche augenblickliche Entfärbung und hierauf eine Gelbfärbung bewirken. Die Hydrate
der Erdalkalien geben kaum bemerkbare Farbenwechsel, mit Ausnahme von
Strontiumoxydhydrat, welches die Lösung stark blau färbt, jedoch bald verbleicht.
Reiner Salmiakgeist bewirkt keinen Farbenwechsel; dagegen gibt der aus den
Gasfabriken kommende, welcher empyreumatische Stoffe enthält, eine Entfärbung des
übermangansauren Salzes, was vorauszusehen war. Ich lenke daher die Aufmerksamkeit
auf folgende drei Punkte: 1) Eine Lösung von 1/10,000 übermangansaurem Kali macht es
möglich, in irgend einem Natronsalze 1/500 Aetznatron zu erkennen. 2) Die gleiche
Lösung kann dazu dienen, brenzliche Stoffe in käuflichem Salmiakgeist nachzuweisen.
3) Kann dieselbe einigermaßen dazu dienen, Aetznatron von Aetzkali zu unterscheiden.
(Neues Jahrbuch für Pharmacie, Bd. XXXII S. 92.)
Natronhaltige glasige Phosphorsäure.
In neuerer Zeit kommt unter dem Namen Acidum phosphoricum
glaciale ein Präparat in schönen, runden, klaren Stängelchen vor, welches
nach E. Brescius kaum bemerkbare Spuren von alkalischen
Erden oder Erden, dagegen 15 Proc. Natron enthält, was etwa 50 Proc. NaO, PO⁵
entspricht. Diese glasige Säure ist mithin ein Gemisch von gleichen Theilen
metaphosphorsaurem Natron (NaO, PO⁵) und Metaphosphorsäure (PO⁵, HO).
(Zeitschrift für analytische Chemie, Bd. VI S. 187.)
Ueber die explosiven Eigenschaften des
Chlorstickstoffes.
Nimmt man an, daß bei der Explosion des Chlorstickstoffes die entwickelten Gase,
Chlor und Stickstoff, dasselbe Volum einzunehmen gezwungen sind, welches der
Chlorstickstoff selbst einnahm, so würden sie nach H. Samte Claire Deville und Hautfeuille einen
Druck von 5361 Atmosphären ausüben und eine Temperatur von 2118° C. annehmen.
Der Effect der Explosion würde einer Arbeit = 135280 Kilogramm-Metern
entsprechen. Erfolgt die Explosion an der Luft, so daß die entwickelten Gase nur
einen Luftdruck von 760 Millimet. zu überwinden haben. so soll die Temperatur der
Gase circa 1698° C. betragen. Diese Zahlen sind
unter der Voraussetzung berechnet, daß bei der Zersetzung des Chlorstickstoffes
38478 Wärmeeinheiten entwickelt werden. (Comptes rendus,
t. LXIX p. 152.)
Ueberführung der Phenylsäure in Anilin; von Fr. Perron.
Die Phenylsäure kann mit Ammoniak zusammen direct Anilin bilden,Textabbildung Bd. 194, S. 452Siehe das Nähere in M. Reimann, Technologie des
Anilins, Berlin 1866, und desselben On Aniline and
its derivatives, London 1868. aber man muß, um diese Umbildung zu erreichen, die Mischung beider Körper
lange unter Druck erhitzen. Wenn man indessen vor der Mischung die Phenylsäure in
Alkohol löst, so bildet sich beim Mischen fast augenblicklich Anilin und die
gewöhnlichen Reagentien auf diesen Körper haben mir mit der erhaltenen Flüssigkeit
Farben-Erscheinungen gegeben, welche der Existenz von Anilin in der
Flüssigkeit zugeschrieben werden müssen.
Eine concentrirte Auflösung von Chlorkalk erzeugt eine sehr hübsche, in Alkohol
lösliche grüne Färbung, die von Wasser zerstört wird.
Man sieht daraus, daß Phenylsäure und Ammoniak bei Gegenwart von Alkohol Anilin
bilden. (Musterzeitung für Färberei etc., 1869, Nr. 21.)
Herstellung und Anwendung von Chloranilin und Chlorotoluidin;
von Poulain.
Durch Einleiten von Chlor in Benzol bei Gegenwart von etwas Jod erzeugt Poulain Monochlorobenzol (C¹²H⁵Cl).
Das Product wird rectificirt und mit Salpetersäure
behandelt.
Dabei entsteht Nitrochlorobenzol
H³C¹² Cl HNO⁴
welches bei Gegenwart einer Säure durch Eisen oder Zink
oxydirt wird und dann ein Salz des Chloranilins
gibt.C¹²H⁴ClNO⁴ + 6 H =
C¹²H⁶ClN + 4 HO. Zur Herstellung der freien Basis behandelt man das Salz mit freiem
Alkali.
Wendet man statt Benzol Toluol an und verfährt ebenso, so
bekommt man Chlorotoluidin.
Um aus diesen Präparaten eine rothe Farbe zu bekommen,
braucht man nur eine Mischung von 1 Theil Chloranilin und
2 Theilen Chlorotoluidin bei passender Temperatur mit
etwas Anilin oder Toluidin zu
erhitzen. Man gewinnt dabei chlorwasserstoffsaures
Rosanilin.
Um Violett zu erhalten, braucht man folgendes
Verhältniß:
1 Chlorotoluidin2 Chloranilin
oder auch Bromanilin undBromtoluidin, Jodanilin oder
Jodotoluidin.
Zersetzt man Chloranilin, Bromanilin oder Jodanilin für sich, so erhält man reines
Blau.
Zersetzt man Chlor-, Brom- oder Jodanilin für sich, so erhält man eine
gelbe Farbe. – Französisches Patent. (A. a.
O.)
Mischung zum Verdicken und Fixiren von Anilinfarben; von
Joseph Clayton.
Man kocht 4 Pfd. Leim mit 2 1/2 Gallons (à 4 1/2
Liter) Wasser, bis er aufgelöst ist, indem man nach Bedarf umrührt. Nachdem die
Lösung bis auf 2 Gallons eingekocht ist, fügt man 2 Gallons Terpenthin hinzu, und
kocht wieder. Man läßt die Mischung dann bis 43° C. abkühlen, fügt ihr darauf
4 Gallons Blutalbumin-Lösung, welche per Gallon
etwa 3 Pfund Albumin enthält, hinzu, und rührt gut um. Für den Gebrauch vermischt
man diese Composition mit dem gleichen Volum einer Albumin-Lösung, welche per Gallon 1 1/2 Pfd. Albumin enthält, und mit der
Anilin- oder sonstigen Farbe. Diese Mischung ist nicht nur wohlfeil, sondern
erhöht auch den Glanz der Farben. – Patentirt in England. (Mechanics' Magazine, October 1869, S. 261;
polytechnisches Centralblatt, 1869 S. 1464.)
Russischgrün auf Filzhüten.
Auf 10 Pfund Filzhüte siedet man dieselben in einem Bade an, welches in der gehörigen
Menge Wasser
1/4 Pfund rothes chromsaures Kali,
1
„ Alaun,
3 Loth Zinnsalz und
2 „ Schwefelsäure, sowie
6 „ Kochsalz
enthält. Man läßt unter fleißigem Wenden eine und eine halbe
Stunde lang sieden, alsdann die Hüte in der Flotte kalt werden und über Nacht darin
liegen.
Am anderen Morgen kocht man
2 Pfund Gelbholz
in einem frischen Kessel Wasser ab und thut je nach der
gewünschten Nüance mehr oder weniger von einer Mischung aus gleichen Theilen Indigocarmin und schwefelsaurer
Indigo-Solution hinzu. Man kann auch einfach 8 Loth Indigocarmin in
dem Kessel aufkochen lassen. – Man bringt die Hüte in diese Flotte und läßt
sie in derselben etwa 3/4 Stunden kochen. Nun nimmt man die Hüte heraus, schreckt
den Kessel mit Wasser ad und fügt die Abkochung von
1/2 Pfund Blauholz
hinzu, bringt hinein, erhitzt zum Kochen und läßt die Hüte so
lange darin, bis das Grün dunkel genug ist. (Musterzeitung für Färberei etc., 1869,
Nr. 21.)
Mittel zur Beschwerung baumwollener Garne.
Im polytechn. Journal Bd. CXCIII S. 324
(zweites Augustheft 1869) wurde ein Verfahren zur Herstellung eines ächten Grau's
aus Schwefelquecksilber mitgetheilt. Da dieser Körper
sehr schwer ist, so eignet er sich besonders zur Beschwerung
von Baumwollengarnen. Man färbt die Waare möglichst dunkel mit der schweren
Quecksilberverbindung und färbt dann schwarz, als ob man gewöhnliches Garn vor sich
hätte.
Stellt sich das Quecksilbersalz zu hoch, so kann man denselben Proceß mit Bleisalzen
ausführen. Man gießt Regenwasser auf krystallisirten Bleizucker, fügt Bleiglätte
hinzu und läßt unter Umrühren mehrere Tage lang stehen. Die klare Flüssigkeit gießt
man dann ab. Andererseits löst man Schwefelleber in kaltem Wasser. Man legt das Garn
in die klar abgezogene Auflösung des Bleizuckers mehrere Stunden lang ein, windet es
sehr gut ab und bringt es dann in die Schwefelleber. Darin wird es umgezogen, sehr
gut abgerungen und dann gespült, worauf man die Operation wiederholt. – Den
schwarzen Niederschlag, welcher sich nach einiger Zeit in dem Gefäß mit
Schwefelleberlösung ansammelt, bewahrt man auf, um ihn durch Kochen mit etwas
Königswasser – bei Quecksilber – oder starker Salpetersäure wieder
aufzulösen.
Für helle Farben wendet man Zinnoxyd zur Beschwerung an. Man löst Pinksalz in möglichst wenig kaltem
Wasser, läßt die Baumwolle darin und führt sie gut abgewunden in
Ammoniakflüssigkeit, windet ab, spült und wiederholt die Procedur, bis die
Beschwerung eine hinreichende ist.
Für dunkelblaue Garne macht man sich eine Chamäleonlösung,
die man schwach ansäuert. Man nimmt hier die Baumwolle so lange durch, bis sie mehr
oder minder braun und damit schwerer geworden ist. Dann färbt man in der Küpe und
verfährt weiter wie bekannt.
Die Beschwerung mit Chamäleon eignet sich auch für dunkelbraune und schwarze Garne, ja für gewisse
Braun hat man nur nöthig zu beschweren, die Farbe ergibt sich dabei von selbst.
(Musterzeitung für Färberei etc., 1869, Nr. 20.)
Schweinekoth als Walkmittel.
Für difficile Farben wendet man in neuerer Zeit beim Walken Schweinekoth an, den man
einfach mit Wasser anrührt. Die auf diese Weise erlangten Resultate sollen ganz
außerordentliche seyn, und viele Walker betrachten diese Anwendung als ein
besonderes Geheimniß. (Musterzeitung für Färberei etc., 1869, Nr. 21.)
Ueber das Verkleben des Pergamentpapieres.
Das Verkleben des Pergamentpapieres bietet bekanntlich nicht geringe Schwierigkeiten.
Auf der glatten und steifen Fläche haftet das Klebmittel (Leim, Gummi, Kleister) nur
mangelhaft und verbindet deßhalb das Papier mit anderen, namentlich ebenfalls
glatten Stoffen, wie geleimtes Papier, Pappe, Holz etc. ganz ungenügend; fast gar
keine Haftbarkeit besitzt das mit sich selbst verbundene Pergamentpapier. In der
Buchbinderei, für Cartonnage-Arbeiten konnte dasselbe deßhalb lange keinen
rechten Eingang finden. Bereits im Jahre 1865 machte jedoch Brandegger in Ellwangen ein von dem Orgelbauer Ebermayer aufgefundenes einfaches Verfahren (im polytechn. Journal Bd. CLXXV S. 86)
bekannt, das Pergamentpapier zur Aufnahme des Klebmittels zu stimmen. Die Oberfläche
desselben wird vorher mit Alkohol oder starkem Branntwein erweicht und dann noch
feucht auf den mit dem Klebmittel bestrichenen Gegenstand angedrückt. Soll das
Pergamentpapier mit sich selbst verbunden werden, so behandelt man beide sich
berührenden Flächen in dieser Weise. Das so Zusammengeklebte soll eher reißen, als
sich an der Verbindungsstelle trennen lassen.
Ein anderes, dem Praktiker ohne Zweifel noch handlicheres und auch schneller
förderndes Mittel wurde uns dieser Tage von Hrn. L. Stoll, amerikanischem Consul in Mannheim, mitgetheilt. Dasselbe eignet sich
namentlich zur Verbindung von Pergamentpapier mit Pergamentpapier. Man legt nämlich
einfach einen Streifen ungeleimten gewöhnlichen Papieres
zwischen die zu verbindenden Flächen. Das Pergamentpapier haftet dann nicht an
seiner eigenen Fläche, sondern je beiderseitig an der Zwischenlage. Proben, welche
uns vorgelegt wurden, wie Mustersäckchen für Waarenproben, Briefcouverten ließen in
der That hinsichtlich Festigkeit der verbundenen Theile nichts zu wünschen übrig.
Trennen läßt sich allerdings die Verbindung; es reißt aber nur die Zwischenlage in
sich selbst ab, nicht von der Pergamentfläche; die Verbindung entspricht also
hinsichtlich ihrer Stärke der des gewöhnlichen Papieres. – Für
Wasser-, resp. Eissäcke zur Bereitung kalter Aufschläge bei Kranken läßt sich
die genannte Verbindung jedoch nicht anwenden, weil der Klebstoff durch das Wasser
langsam gelöst wird und der Sack auseinanderfällt. Hier kann bloß die natürliche
klebrige Beschaffenheit, welche das Pergamentpapier selbst in der sehr kurzen Zeit
seiner Bildung aus dem gewöhnlichen Papier besitzt, zur Herstellung einer durchaus
soliden, durch Wasser wie durch mechanischen Zug ganz untrennbaren Verbindung
benutzt werden.
Bei einem kleinen vergleichenden Versuche, den wir selbst anstellten, ergab sich, daß
Gummi, als Klebstoff angewendet, unter keinen Umständen das Pergamentpapier fest
bindet, weder bei Benetzen des letzteren mit Weingeist, noch bei Anwendung einer
Zwischenlage von ungeleimtem Papier. Kleister und Leim erhöhen hingegen ihre
Bindekraft in beiden Fällen beträchtlich und bei Papierzwischenlage etwa in gleicher
Weise. Die mit Weingeist benetzten Flächen bindet jedoch Leim in stärkerem Grade
(auf den Leim allein bezog sich auch die frühere Mittheilung von Brandegger). Bei Anfertigung von Papparbeiten wird man
also am besten so verfahren, daß man, mit Ausschluß des Gummi, in der Regel den
Kleister als Bindemittel des Pergamentpapieres mit sich wie mit anderen Stoffen
unter Anwendung einer Zwischenlage von ungeleimtem Papier benutzt, für ganz
besonders starke Verbindungen hingegen den Leim unter Benetzung der Flächen mit
Weingeist. (Badische Gewerbezeitung, Juli 1869, Nr. 7.)
Ueber die Darstellung von Oelpergament aus verschiedenen
Stoffen und von verschiedenen Farben; von Dr. T. C. Hofmann.
Nicht allein den thierischen Häuten kann man einen Oelanstrich geben, wodurch man sie
zum leicht wieder auslöschbaren Beschreiben tauglich macht, sondern diese
Zubereitung läßt sich auch mit Leinwand, dünnem Tuche und starkem Papier vornehmen,
welches letztere hierzu besonders vortheilhaft zu verwenden ist. Die Methode, wie
das Oelpergament am zweckmäßigsten bereitet wird, ist folgende:
Man spannt die Leinwand oder das Papier, welches zum Oelpergament verwendet werden
soll, in einem dazu eingerichteten Rahmen, aber nicht mittelst durchgezogenen Fäden,
sondern mit genau schließenden Preßhölzern, welche man fest zusammenschraubt und
dann anzieht. Dann bestreicht man diese ausgespannte Fläche mit einer Mischung aus
Bleiweiß, Gyps, Kalk und Leim, welche folgendermaßen zubereitet wird:
1 Theil feingeriebenes Bleiweiß, 2/3 Theile gut gebrannter und gemahlener und
gebeutelter Gyps, 1/4 Theil gelöschter und zerriebener Kalk werden innig gemischt
und mit Wasser so lange gerieben, bis ein gleichförmiger, keine Körnchen mehr
zeigender Teig sich gebildet hat.
Alsdann werden 2/3 Theile vom besten Pergamentleim in Wasser gekocht und in diese
Lösung der Teig von den vorhergenannten Ingredienzien sorgfältig verrührt. Durch
allmähliches Zugießen von Wasser gibt man der Masse eine solches Consistenz, daß sie
sich leicht mit der Bürste auftragen läßt. Mit dieser Grundirfarbe wird das ausgespannte Papier
angestrichen und zwar so sorgfältig, daß der Anstrich stets glatt und eben
erscheint. Nach jedesmaligem Trocknen wird der Anstrich 3–4mal wiederholt und
die letzte Lage, wenn trotten, mit Bimsstein leicht abgeschlissen.
Auf diesen Grund wird nun der Oelanstrich, welcher weiß oder verschiedenfarbig seyn
kann, aufgetragen. Man vermischt zu diesem Zwecke 1 Theil bestes Leinöl mit 1/3
gutem gebleichtem Glättefirniß und überstreicht mit dieser Mischung ebenfalls nach
jedesmaligem Trocknen den Grund 3–4mal. Dieser Ueberzug verbindet sich mit
dem Leimgrund zu einer festen Masse, welche dem Wasser widersteht und welche sich
nicht abreiben läßt.
Zur Bereitung des farbigen Oelpergaments wird dem Leinölanstrich für Gelb, Ocker, für
Roth, Zinnober, für Blau. Berlinerblau, für Schwarz, Frankfurterschwarz zugesetzt
und alsdann so wie oben beschrieben verfahren.
Auf diese farbigen Pergamente kann man mit Bleistift oder mit anderen farbigen
Stiften schreiben und zeichnen, und diese Zeichnungen unbeschadet wegwaschen und
durch neue ersetzen. Das Gelingen der Herstellung des Oelpergaments hängt, wie ich
schließlich noch bemerken muß, ganz besonders davon ad, daß man niemals einen
Anstrich macht, ehe der vorhergehende völlig trocken ist.
(Gewerbeblätter für Kurhessen.)
Neue Conservirungsflüssigkeit für Fleisch.
Zur Conservirung von Fleisch ließ sich J. v. Liebig
folgende Flüssigkeit in England patentiren. In 10 Gallons (100 Pfd.) Wasser werden
36 Pfund Kochsalz und 1/2 Pfund krystallisirtes phosphorsaures Natron gelöst; der
Zusatz von phosphorsaurem Natron bezweckt das Kochsalz von Kalk und Magnesia zu
reinigen. Bei Anwendung von Seesalz ist der Zusatz von phosphorsaurem Natron auf 1
Pfund zu steigern. Diese Lösung läßt man stehen, bis sie klar geworden ist und zieht
sie dann von dem weißen erdigen Niederschlage ab. Zu so erhaltenen 11 1/2 Pfund
Salzwasser setzt man 6 Pfund Fleischextract, 1 1/2 Pfund Chlorkalium und 10 Unzen
Natronsalpeter. (Deutsche Industriezeitung, 1869, Nr. 36.)
Ueber das Anwelken der Saatkartoffeln zur Beschleunigung ihres
Wachsthums; von Prof. Nobbe.
Manche reichtragende Spätkartoffeln können in vielen Gegenden nicht zur völligen
Reife gelangen, besonders in gebirgigen Gegenden, weil hier die klimatischen
Verhältnisse eine kürzere Vegetationsperiode fordern. Diesem Uebelstande für die
Landwirthschaft läßt sich nur durch Beschleunigen des Pflanzenwachsthums begegnen;
und es ist klar, daß eine solche Beschleunigung sowohl durch Veränderung der äußeren
Bodenverhältnisse, wie durch Einwirkung auf die verwendeten Samen möglich ist.
Nach den Versuchen des Professor Nobbe in Chemnitz, über
welche das Aprilheft des landwirthschaftlichen Centralblattes einen Bericht bringt,
bietet nun das Anwelken der Kartoffeln
„durch die Concentrirung des Zellsaftes“ ein solches Mittel zur
Beschleunigung des Wachsthums. Die im Jahre 1867 mit Spätkartoffeln angestellten
fünf Versuchsreihen, unter denen eine Kartoffeln enthielt, die am 30. März bis 7.
Mai auf trockenem Sande bei einer Temperatur von 30 bis 40° C. aufbewahrt
waren, ergaben als Resultat, daß das Anwelken der Kartoffeln im Verhältniß zu den
gleichzeitig frisch gelegten den Massenertrag um 30 Procent, die Knollenzahl um 22
Procent und die Sprossenzahl um 12 Procent erhöht.
Das Anwelken der Saatkartoffeln unter Lichtzutritt würde nach diesen in der genannten
Abhandlung ausführlich mitgetheilten Werthen als eine so einfache wie vortheilhafte
Maßregel nicht allgemein genug zu empfehlen seyn. Es befördert die Geschwindigkeit
und Energie der Keimung und sichert den so erzeugten Pflanzen einen Vorsprung,
welcher den späteren Lebensphasen und dem Ernteergebniß zu statten kommt. Ferneren
Untersuchungen bleibt vorbehalten, den förderlichsten Grad der Welke, dessen
Ueberschreitung nachtheilig einwirken würde, zu bestimmen. (Böttger's polytechnisches Notizblatt.)