Titel: | Darstellung des Ferridcyankaliums; von E. Reichardt in Jena. |
Autor: | Eduard Reichardt [GND] |
Fundstelle: | Band 194, Jahrgang 1869, Nr. CIII., S. 503 |
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CIII.
Darstellung des Ferridcyankaliums; von E. Reichardt in Jena.
Reichardt, Verf. zur Darstellung des rothen
Blutlaugensalzes.
Die Bereitung des rothen Blutlaugensalzes aus dem gelben wird stets durch Einwirkung
des Chlors auf letzteres bewerkstelligt; weit leichter und geeigneter wirkt Brom und dasselbe ist auch für größte Mengen bei seinem
jetzt so billigen Preise dem Chlor zu substituiren.
Man löst, wie gewöhnlich, Blutlaugensalz in Wasser auf und kann die Lösung noch warm
verwenden; es ist überhaupt nur darauf zu sehen, daß Brom in nicht zu großer Menge
auf einen Theil der Lösung einwirke, damit nicht, analog dem Verhalten des Chlors,
weitere Zersetzungen eintreten. Deßhalb ist es nöthig, das Brom in kleinen Mengen
und unter Umrühren oder Schütteln der Flüssigkeit zuzusetzen; die Einwirkung geht
äußerst rasch vor sich und sobald das Brom verschwunden, erneuert man den Zusatz,
bis endlich die bekannte Reaction auf Eisenoxydlösung eintritt, entweder die
dunkelgrüne Färbung, oder auch dunkelbraune; man braucht nicht ängstlich zu seyn,
daß bei letzterer Reaction schon zu viel Brom verwendet worden.
Der Ueberschuß von Brom liegt am Boden des Gefäßes und wird nunmehr nach beendigter
Darstellung die Flüssigkeit sofort abgehoben oder entfernt und zur Krystallisation
verdunstet. Am Geeignetsten hebt man, um es der Blutlaugensalzlösung zuzufügen,
unmittelbar aus dem mit etwas Wasser versehenen Gefäße, indem man die zu brauchenden
Mengen durch
einfaches Eintauchen einer kleinen Pipette oder eines offenen, unten spitz
ausgezogenen Glasrohres und Schließen mit dem Finger schnell überträgt, was ohne
Belästigung im Auditorium oder Arbeitszimmer geschehen kann. Sofort beginnt die
Umsehung, bemerkbar durch die dunklere Färbung, und in wenigen Minuten ist der
Vorgang beendet.
Der chemische Proceß soll in der einfachen Ausscheidung von 1 Aequivalent K und Bindung desselben durch Cl oder hier durch Br
beruhen; jedoch war es selbst bei vorsichtigem Arbeiten nicht möglich, bestätigende
Controlle bei Anwendung des Chlors zu bieten und die lästige Einwirkung eines
Uebermaaßes von Chlor durch die Bildung von Berlinerblau oder ähnlichen Producten,
Chlorcyan u.s.w. war kaum zu vermeiden und war besonders störend für den weiteren
Verlauf der Krystallisation. Anders bei dem Brom.
Die Formel verlangt:
2(2 KCy + FeCy + 3 HO) + Br = 3 KCy + Fe²Cy³ + KBr; oder
422,8 Grm. krystallisirtes gelbes Blutlaugensalz gebrauchen 79,97 = 80 Grm. Brom =
100 : 19 = circa 6,33 Kubikcentimeter.
Der Verbrauch von Brom wurde leicht durch vor- und nachheriges Wiegen des
Bromgefäßes ermittelt.
I. 50 Grm. Blutlaugensalz gebrauchten 9,7 Grm. Brom; die Rechnung verlangt 9,45 Grm.;
eine kleine Menge Brom fand sich am Boden des Gefäßes im Uebermaaß.
II. 50 Grm. Blutlaugensalz gebrauchten genau 9,5 Grm. Brom. Die Einwirkung des Broms
auf diese Quantität Blutlaugensalz dauerte 4 1/2 Minuten, so daß der Versuch eine
sehr schätzenswerthe Vermehrung für die Collegienexperimente wird.
Als die Gesammtmenge des Broms auf einmal in die Blutlaugensalzlösung gegeben wurde,
war die Einwirkung zu stürmisch und entwickelten sich reichlich Gasblasen, sowie der
Geruch nach Cyan und Chlorcyan.
Die fertige Lösung des rothen Blutlaugensalzes kann man ohne alle Belästigung in
Arbeitszimmer verdunsten und zur Krystallisation bringen; selbstverständlich tritt
sogleich von Anfang an die letztere weit reiner auf, als bei dem früheren Verfahren
mit Chlor.
Das Pfund Brom wird schon in zweiter Hand mit wenig mehr als 2 Rthlr. verkauft; die
Verwendung für diesen Zweck schließt aber so viele Vortheile in sich, daß es selbst
bei höherem Preise vorzuziehen wäre; die Mutterlaugen können übrigens später wieder
auf Brom verarbeitet werden.
Somit wird das Brom eine ausgebreitete Verwendung für die Umwandlung dieser
Cyanverbindungen erhalten; auch zur Oxydation des Eisenchlorürs eignet es sich ganz
vorzüglich und werde ich in einer späteren Arbeit darauf eingehen.